Das Verkehrslexikon
Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 09.01.2017 - 11 O 233/15 - Unfall zwischen einem nach links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Fahrzeug und einem entgegenkommenden Motorrad
LG Mönchengladbach v. 09.01.2017: Haftung bei einem Unfall zwischen einem nach links in eine Grundstückseinfahrt abbiegenden Fahrzeug und einem entgegenkommenden Motorrad
Das Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 09.01.2017 - 11 O 233/15) hat entschieden:
Kommt es zur Kollision zwischen einem Krad und einem aus dem Gegenverkehr nach links in eine Grundstückseinfahrt einbiegenden Kfz, wobei das Kfz bereits die Gegenfahrbahn benutzt und dadurch den Motorradfahrer zu einer Vollbremsung veranlasst, überwiegt der Verursachungsbeitrag der Fahrerin des Kfz an dem Unfallgeschehen im Rahmen der nach § 17 StVG anzustellenden Abwägung derart, dass der Mitverursachungsbeitrag des Motorradfahrers dahinter vollständig zurücktritt.
Siehe auch Linksabbiegen in eine Grundstückseinfahrt - Kollision mit überholendem oder entgegenkommendem Fahrzeug und Unfälle mit Kradbeteiligung - Motorradunfälle
Tatbestand:
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 23. Mai 2014 in M ereignete.
Am 23. Mai 2014 befuhr die Zeugin ... mit einem PKW der Marke BMW den D weg in M in südwestlicher Richtung. In Höhe der Hausnummer 23 wollte sie links über die entgegenkommende Fahrspur in eine Hofeinfahrt einbiegen, um anschließend zu wenden. Sie ordnete sich daher zur Mitte der Fahrbahn hin nach links ein und ließ zunächst einen entgegenkommenden Transporter passieren. Anschließend kam es zu einer Kollision mit dem bei der Beklagten zu 2. versicherten Motorrad des Beklagten zu 1., der im Unfallzeitpunkt den D weg in entgegenkommender Richtung befuhr. Der Beklagte zu 1. vollzog kurz vor Erreichen des von der Zeugin ... gesteuerten PKW eine Vollbremsung. Hierbei verlor er die Kontrolle über sein Motorrad und kam zu Fall. Das Motorrad schleuderte in der Folge gegen die Front des PKW des Klägers. Die weiteren Einzelheiten des Unfallhergangs sind zwischen den Parteien streitig.
Auf Grund des Unfalls entstanden dem Kläger Reparaturkosten für die Instandsetzung seines PKW in Höhe von 4.889,66 €. Für die Einholung eines Gutachtens über die Unfallfolgen wandte er 828,95 € auf. Für die Anmietung eines Ersatzwagens vom 24. Mai 2014 bis zum 4. Juni 2014 entstanden ihm zudem Kosten in Höhe von 1.136,45 €. Auch macht er eine allgemeine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € geltend. Aus diesen Einzelbeträgen setzt sich die Klageforderung zusammen.
Der Kläger behauptet, er sei der Eigentümer des im Zeitpunkt des Unfalls von der Zeugin ... geführten PKW. Die Zeugin ... sei im Unfallzeitpunkt noch nicht in die entgegenkommende Fahrspur eingefahren gewesen, sondern habe sich lediglich auf ihrer Fahrspur nach links zur Mitte der Fahrbahn hin eingeordnet. Es habe keine Veranlassung für den Beklagten zu 1. bestanden, sein Motorrad so heftig abzubremsen, wie er dies tatsächlich getan hat, da sie ihn ohnehin habe passieren lassen wollen. Der Beklagte zu 1. sei zudem auch mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 6.880,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2014 zu zahlen,
- die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere außergerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25. November 2015 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, dass der Kläger tatsächlich Eigentümer des von der Zeugin ... geführten PKW ist.
Sie behaupten, die Zeugin ... sei mit dem PKW des Klägers unmittelbar vor dem Beklagten zu 1. auf die entgegenkommende Fahrspur eingefahren, um weiter in die gegenüber liegende Grundstückseinfahrt zu fahren. Auch durch eine sofortige Bremsung habe der Beklagte zu 1. die spätere Kollision nicht mehr verhindern können.
Weiter tragen die Beklagten vor, dass die von dem Kläger begehrten Mietkosten nicht in der geltend gemachten Höhe ersatzfähig wären. Auch müsse sich der Kläger ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gelangten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P, E, G und J, durch Beiziehung der Akte der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, Az. 310 Js 6087/14, sowie durch Einholung eines verkehrsunfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2016 sowie vom 4. April 2016 und das Gutachten des Sachverständigen L vom 20. Juli 2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Gericht ist gemäß § 32 ZPO iVm. § 20 StVG zuständig. Der streitgegenständliche Unfall hat sich in seinem Zuständigkeitsbereich ereignet.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 6.880,06 € zzgl. Zinsen.
a) Es steht zwar zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger Eigentümer des in den streitgegenständlichen Unfall verwickelten, von der Zeugin ... geführten PKW des Marke BMW ist. Dies hat die Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung glaubhaft bestätigt. Sie konnte detailliert, plausibel und in sich widerspruchsfrei schildern, dass der Kläger den streitgegenständlichen PKW vor ca. 2 bis 2 ½ Jahren erworben hat. Sie konnte auch noch die Adresse des Autohandels angeben. Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieser Aussage bestehen aus Sicht des Gerichts daher nicht. Zudem hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung den dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu Grunde liegenden, auf ihn lautenden Kaufvertrag vorgelegt. Auch dies ist trotz des Trennungs- und Abstraktionsprinzips ein starkes Indiz für seine Eigentümerstellung.
b) Weiter haftet der Beklagte zu 1. grundsätzlich für die von dem Kläger eingeklagten Schäden als Fahrer und Halter des unfallbeteiligten Motorrads aus § 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1 StVG. Ebenso ergibt sich eine gleichlaufende grundsätzliche Haftung der Beklagten zu 2. aus § 115 VVG. Denn die von dem Kläger geltend gemachten Schäden sind beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs in Form des Motorrads des Beklagten zu 1. entstanden und die Beklagten haben weder vorgetragen noch den Nachweis geführt, dass der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wurde, § 7 Abs. 2 StVG.
c) Allerdings trifft auch den Kläger als Halter des unfallbeteiligten PKW eine Haftung aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG. Auch er hat weder vorgetragen noch den Nachweis geführt, dass der Unfall durch höhere Gewalt iSd. § 7 Abs. 2 StVG verursacht wurde.
d) Steht die grundsätzliche Haftung mehrere Unfallbeteiligter – wie vorstehend erläutert – fest, hängt in ihrem Verhältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes gemäß §§ 17, 18 Abs. 3 StVG von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, inwieweit die Schäden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sind. Bei der hiernach vorzunehmenden Abwägung sind lediglich unfallursächliche Umstände zu berücksichtigen, die unstreitig oder bewiesen sind.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ergibt sich im vorliegenden Fall eine Alleinhaftung des Klägers. Maßgeblich für dieses Ergebnis ist, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts die weit überwiegende Verantwortlichkeit der Zeugin ... für den streitgegenständlichen Unfall feststeht.
(i) Die Behauptung der Beklagten, dass die Zeugin ... im Unfallzeitpunkt bereits auf die Gegenfahrbahn eingefahren war und den Beklagten zu 1. hierdurch zu einer Vollbremsung veranlasst hat, hat sich durch die erhobenen Beweise bestätigt.
Der Beklagte zu 1. hat im Rahmen der persönlichen Anhörung wiederholt angegeben, dass die Zeugin ... plötzlich und ohne zu blinken auf die Gegenspur eingefahren sei. Hierdurch sei er zu der späteren Vollbremsung veranlasst worden. Er habe eine sonst drohende Kollision vermeiden wollen. Auch hat er angegeben, dass das Fahrzeug des Kläger nach der streitgegenständlichen Kollision noch ein Stück zurückgesetzt worden sei. Auf den in der Gerichtsakte befindlichen Lichtbildern sei daher nicht die Position der Fahrzeuge im Kollisionszeitpunkt festgehalten.
Dafür, dass diese Schilderung den tatsächlichen Unfallablauf zutreffend wiedergibt, spricht bereits, dass andernfalls kein plausibler Grund für unstreitige Bremsmanöver des Beklagten zu 1. ersichtlich ist. Dem von dem Kläger behaupteten Ablauf des Unfallgeschehens, ist kein Anlass für das auch von dem Kläger geschilderte plötzliche Abbremsen durch den Beklagten zu 1. zu entnehmen.
Zudem wird die Schilderung des Unfallhergangs durch weitere Beweismittel bestätigt.
Die Aussage des Zeugen ... war zwar hinsichtlich der Frage, ob das Fahrzeug des Klägers sich im Unfallzeitpunkt bereits auf der Gegenfahrspur befand, unergiebig. Er konnte lediglich aussagen, dass sich das Fahrzeug des Klägers im Abbiegevorgang befand. Die Frage, ob es im Zeitpunkt der Kollision noch stand oder bereits rollte, konnte er nicht sicher beantworten. Er hielt es auch lediglich für möglich, dass das Fahrzeug des Klägers nach dem Unfall noch zurückgesetzt wurde.
Gleiches gilt zunächst für die Aussage des Zeugen .... Auch er konnte zu dem eigentlichen Unfallhergang mangels eigener Wahrnehmung nichts aussagen. Allerdings hat er bestätigt, dass das Fahrzeug des Klägers nach der Kollision noch ein Stück zurückgesetzt wurde. Er konnte sich noch an ein Aufleuchten der Rückfahrscheinwerfer erinnern.
Der Sachverständige L hat in seinem Gutachten vom 20. Juli 2016 jedoch detailliert begründet, nachvollziehbar und insgesamt überzeugend dargelegt, dass die Zeugin ... den PKW des Klägers im Unfallzeitpunkt bereits in die entgegenkommende Fahrspur eingefahren war. Der Sachverständige hat an Hand der an den unfallbeteiligten Fahrzeugen festgestellten Schäden, an Hand der Angaben der Unfallbeteiligten, an Hand des Verlaufs der Brems-, Blockier- und Kratzspuren des Motorrads des Beklagten zu 1. sowie an Hand der Lage der von den beteiligten Fahrzeugen abgefallenen Splitter ermittelt, dass der PKW des Klägers zumindest mit dem Vorderwagen auf die Gegenfahrspur aufgefahren war. Zugleich hat er mangels hierfür vorgefundener Hinweise ausgeschlossen, dass der PKW des Klägers in der Position kollidierte, in der auf den in der Gerichtsakte befindlichen Lichtbildern dokumentiert ist. In seinem Gutachten rechnet der Sachverständige an Hand der vorgefundenen Brems-, Blockier- und Kratzspuren nachvollziehbar vor, mit welchen Geschwindigkeiten und in welche Richtung sich die unfallbeteiligten Fahrzeuge kurz vor der Kollision bewegt haben. Weiter legt der Sachverständige den konkreten Kollisionshergang plausibel dar. Ebenso sind die Ausführungen zu den nachkollisionären Bewegungen der am Unfall beteiligten Fahrzeuge einleuchtend. Schließlich sind auch sind die Ausführungen des Sachverständigen zum Reaktionsverhalten des Beklagten zu 1. überzeugend.
Im Ergebnis verbleiben dem Gericht keine Zweifel daran, dass sich der streitgegenständliche Unfall so wie vom Sachverständigen ermittelt tatsächlich zugetragen hat: Der Beklagte zu 1. näherte sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 49 – 56 km/h der späteren Unfallstelle. Die Zeugin ... fuhr in die entgegenkommende Fahrspur ein, als das Motorrad des Beklagten zu 1. noch ca. 33 – 39 m entfernt war. Der Beklagte zu 1. erkannte die Gefahr rechtzeitig, leitete jedoch eine Überreaktion ein, in dessen Folge das Motorrad stürzte. Anschließend prallte das rutschende Motorrad mit einer Geschwindigkeit von 15- 20 km/h gegen die Front des PKW des Klägers, welcher zu diesem Zeitpunkt eine Geschwindigkeit von etwa 12 – 18 km/h innehatte
Soweit die Zeugen ... und ... ausgesagt haben, dass sich das von ihnen geführte Fahrzeug im Zeitpunkt der Kollision noch auf der eigenen Fahrspur befand und noch nicht auf die entgegenkommende Fahrspur bewegt worden war, sowie, dass ihr Fahrzeug auch nach der Kollision nicht versetzt wurde, ist dies durch die vorgenannten Beweise widerlegt. Die fehlerhafte Wahrnehmung der genannten Zeugen mag durch die allgemein in einer Unfallsituation reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit von Zeugen begründet sein. Jedenfalls erschüttern diese Zeugenaussagen die Überzeugung des Gerichts von dem vorstehend geschilderten Ablauf des streitgegenständlichen Unfallgeschehens nicht.
(ii) Ausgehend von diesem Sachverhalt, überwiegt der Verursachungsbeitrag der Zeugin ... an dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen im Rahmen der nach § 17 StVG anzustellenden Abwägung derart, dass der Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. dahinter vollständig zurücktritt.
Zwar war das Unfallgeschehen nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen L, denen sich das Gericht anschließt, für beide Beteiligten nicht unabwendbar iSd. § 17 Abs. 3 StVG. Die Zeugin ... hat jedoch gravierende Verstöße gegen ihr im Verkehr obliegende Pflichten begangen, während der Beklagte zu 1. lediglich durch das Verhalten der Zeugin ... zu einer zwar fehlerhaften, aber nicht völlig verfehlten Überreaktion veranlasst wurde.
Die Zeugin ... hat zunächst gegen § 9 Abs. 3 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift muss derjenige, der abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Dadurch, dass sie nach den im Rahmen der Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen trotz des sich nähernden Beklagten zu 1. in die entgegenkommende Fahrspur eingefahren ist, hat sie dieses Gebot nicht beachtet.
Zugleich hat sie gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen. Hiernach hat sich ein Fahrzeugführer beim Abbiegen in ein Grundstück und beim Wenden so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Zeugin ... wollte nach eigenem Bekunden in die gegenüberliegende Grundstückseinfahrt einfahren, um anschließend zu wenden. Hierbei hat sie jedoch – wie der spätere Unfall belegt – nicht sichergestellt, dass andere Verkehrsteilnehmer in Person des Beklagten zu 1. nicht gefährdet und zu Schaden kommen.
Vor dem Hintergrund dieses in zweifacher Hinsicht verkehrswidrigen Verhaltens, tritt der Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 1. vollständig in den Hintergrund.
Insofern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass gegenüber erheblich verkehrswidrigem Verhalten die einfache Betriebsgefahr anderer unfallbeteiligter Fahrzeuge in vollem Umfang zurücktritt (ebenfalls für einen Abbiegevorgang beispielsweise OLG Hamburg, Beschluss vom 27. Februar 2012, Az. 15 U 15/12, BeckRS 2012, 10180). Zudem ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Betriebsgefahr des von dem Beklagten zu 1. geführten Motorrads ohnehin geringer war als die Betriebsgefahr des PKW des Klägers (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 2006, Az. 1 U 137/05, NZV 2006, 415).
Weiter ist zu beachten, dass nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststeht, dass der Beklagte zu 1. tatsächlich mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Der Zeuge P hat zwar geschildert, dass er ein hochtouriges Motorengeräusch des von dem Beklagten zu 1. geführten Motorrads wahrgenommen hat. Konkrete Rückschlüsse auf eine bestimmte Geschwindigkeit lassen sich hiervon jedoch nicht ableiten. Auch den Schilderungen der Zeugen ... und ..., dass der Beklagte zu 1. "ziemlich schnell" bzw. "zu schnell" gefahren sei, lässt sich eine konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung nicht entnehmen. Der Sachverständige L hat insofern lediglich festgestellt, dass der Beklagte zu 1. mit einer Geschwindigkeit zwischen 49 und 56 km/h gefahren ist. Auf Grund dieses Beweisergebnisses, kann dem Beklagten ein Geschwindigkeitsverstoß nicht vorgeworfen werden.
Somit verbleibt als dem Beklagten zu 1. vorzuwerfender Verursachungsbeitrag lediglich die Überreaktion beim Einleiten einer Vollbremsung, in deren Folge er die Kontrolle über sein Motorrad verlor. Insofern ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um eine spontane Reaktion handelte, mit der der Beklagte zu 1. eine Kollision vermeiden wollte. Letztlich wurde diese Fehlreaktion durch das vorherige verkehrswidrige Verhalten der Zeugin ... hervorgerufen. Eine solche spontane Überreaktion ist letztlich auch dann nicht vorwerfbar, wenn aus nachträglicher Sicht ein anderes Verhalten zweckmäßiger gewesen wäre. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine den gesamten Umständen nach völlig verfehlte Reaktion vorliegt (OLG, Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2008, Az. 1 U 188/07, BeckRS 2008, 11934; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 2006, Az. 1 U 137/05, NZV 2006, 415). Hiervon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.
Im Ergebnis verbleibt kein vorwerfbarer Mitverursachungsbeitrag des Beklagten zu 1.
2. Auch der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch steht ihm mangels Bestehens des Hauptanspruchs nicht zu.
3. Soweit der Kläger als Nebenforderung den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 € begehrt, kann ihm auch dies nicht zugesprochen werden. Da nach den vorstehenden Ausführungen eine berechtigte Hauptforderung nicht bestand, befanden sich die Beklagten auch nicht in Zahlungsverzug.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf 6.880,06 EUR festgesetzt.