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BGH Urteil vom 01.06.2017 - VII ZR 95/16 - Aufklärungspflicht des Kfz-Sachverständigen
BGH v. 01.06.2017: Aufklärungspflicht des Kfz-Sachverständigen über unübliche Honorarhöhe
Der BGH (Urteil vom 01.06.2017 - VII ZR 95/16) hat entschieden:
Ein Gutachter, der dem Geschädigten eines Verkehrsunfalls die Erstellung eines Gutachtens zu den Schäden an dem Unfallfahrzeug zu einem Honorar anbietet, das deutlich über dem ortsüblichen Honorar liegt, muss diesen über das Risiko aufklären, dass der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer das Honorar nicht in vollem Umfang erstattet (Anschluss an BGH, Urteile vom 28. Juni 2006, XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168; vom 24. Oktober 2007, XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470 und vom 25. März 2009, XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101).
Siehe auch Sachverständigenkosten im Verkehrsrecht und Zur Kostenerstattung für Privatgutachten, die in das Verfahren eingebracht oder nicht eingebracht wurden
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Kfz-Haftpflichtversicherer, begehrt von dem beklagten Kraftfahrzeugsachverständigen aus abgetretenem Recht Rückzahlung eines angeblich überhöhten Gutachterhonorars in Höhe eines Teilbetrages von 392,72 €. Der Beklagte macht - ebenfalls aus abgetretenem Recht - widerklagend Erstattung restlichen Gutachterhonorars in Höhe von 3,09 € geltend.
Der Beklagte wurde am 6. Juni 2011 nach einem von dem Versicherungsnehmer der Klägerin schuldhaft verursachten Verkehrsunfall von dem Geschädigten mit der Begutachtung der entstandenen Schäden an dessen Kraftfahrzeug beauftragt. Anlässlich der Beauftragung unterzeichnete der Geschädigte eine Honorarvereinbarung, nach der ein anhand der Schadenssumme zu berechnendes Grundhonorar sowie die Zahlung von Pauschalbeträgen für bestimmte Nebenkosten vorgesehen waren. Ferner trat er seinen "auf Reparaturaufwand bzw. auf Wiederbeschaffungsaufwand gerichteten Schadensersatzanspruch" aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Honorarforderung sicherungshalber an den Beklagten ab.
Der Beklagte erstattete am 8. Juni 2011 ein Gutachten, das Reparaturkosten in Höhe von 2.294,44 € netto auswies. Mit Rechnung vom gleichen Tag berechnete er hierfür ein sich aus einem Grundhonorar von 680 € und Nebenkosten von 197,40 € zusammensetzendes Honorar von 877,40 € netto, zuzüglich Umsatzsteuer insgesamt 1.044,11 €.
Die Klägerin zahlte auf das Honorar einen Teilbetrag von 848 € und lehnte eine weitere Regulierung ab. Der Geschädigte zahlte daraufhin den noch offenen Betrag in Höhe von 196,11 € an den Beklagten und begehrte in einem gegen die Klägerin geführten Rechtsstreit dessen Erstattung. Das Gericht gab der Klage statt und führte zur Begründung aus, es bestünden keine Anhaltspunkte, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung oder der Zahlung die deutliche Überhöhung des Honorars habe erkennen können, er habe auch keine Markterforschung betreiben müssen, um einen möglichst preisgünstigen Gutachter zu finden. Die Klägerin zahlte den tenorierten Betrag an den Geschädigten und ließ sich von diesem mit Vereinbarung vom 9. Juli 2014 sämtliche Ansprüche gegen den Beklagten im Zusammenhang mit der Honorarrechnung vom 8. Juni 2011 abtreten. Sie macht geltend, das Honorar des Beklagten übersteige in Höhe eines Betrages von 392,72 € das übliche Honorar für eine vergleichbare Leistung.
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 341,95 € nebst Zinsen stattgegeben, im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen und der Widerklage in Höhe von 3,09 € nebst Zinsen stattgegeben; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des anteiligen Honorars in Höhe von 392,72 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB aus abgetretenem Recht zu, da der Beklagte und der Geschädigte bei Vertragsschluss eine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen hätten. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der Honorarvereinbarung gemäß § 138 Abs. 1 BGB oder für Wucher gemäß § 138 Abs. 2 BGB lägen nicht vor. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB werde angenommen, wenn die verlangte Leistung um 100 % über dem Marktwert liege. Hier sprächen zwar viele Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte sowohl hinsichtlich des Grundhonorars als auch der Nebenkosten deutlich höher abrechne als andere Gutachter. Das erstinstanzlich eingeholte Gutachten komme jedoch - ungeachtet der Frage, ob es einen richtigen Vergleichsmaßstab für ein übliches Honorar entwickelt habe - lediglich zu dem Ergebnis, dass das Honorar von 1.044,11 € um ca. 400 € zu hoch sei. Darin liege kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Auch sei die Grenze zu einem sittenwidrigen Verhalten nicht überschritten. Grundsätzlich bestehe Vertragsfreiheit und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Geschädigte beispielsweise in einer Zwangslage bei Vertragsschluss befunden habe.
Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 392,72 € gemäß § 280 BGB aus abgetretenem Recht zu. Allerdings greife der Einwand des Beklagten, der Geschädigte habe angesichts der Zahlung der Klägerin keinen Schaden erlitten, nicht durch. Leistungen des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten könnten nicht im Wege des Vorteilsausgleichs angerechnet werden, da der Haftpflichtversicherer nicht den Gutachter entlasten solle. Es liege aber keine Pflichtverletzung des Beklagten vor. Die möglicherweise überhöhte Honorarrechnung stelle keine Pflichtverletzung dar, da ihr eine wirksame Honorarvereinbarung zugrunde liege. Der Beklagte sei bei Abschluss einer Honorarvereinbarung in den Grenzen der §§ 138, 826 BGB frei. Ferner sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte den Geschädigten darauf hinweisen müsse, dass andere Gutachter für die gleiche Leistung ein geringeres Honorar berechneten. Schließlich bestehe auch keine Pflicht des Beklagten, den Geschädigten darüber aufzuklären, dass der Haftpflichtversicherer ein über dem Üblichen liegendes Honorar möglicherweise nicht in vollem Umfang regulieren werde. Die zur Aufklärungspflicht entwickelte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beziehe sich auf mögliche Regulierungsschwierigkeiten mit dem Haftpflichtversicherer, wenn der Kraftfahrzeugvermieter dem Geschädigten ein Ersatzfahrzeug nach einem von ihm speziell für Verkehrsunfälle entwickelten, den Normaltarif übersteigenden Tarif anbiete. In jenen Fällen könne ein überhöhter Tarif eindeutig festgestellt werden, da die Schätzung des Normaltarifs anhand von anerkannten Preislisten möglich sei. Bei dem hier maßgeblichen Gutachterhonorar gebe es dagegen keine derartigen Schätzgrundlagen, so dass unklar sei, ab wann überhöht abgerechnet werde. Bei Annahme einer Aufklärungspflicht würde dem Beklagten letztlich eine Markterforschungspflicht auferlegt.
Dagegen sei die Widerklage des Beklagten begründet. Der Beklagte habe gegen die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten einen Schadensersatzanspruch in Höhe des auf der Grundlage der getroffenen Honorarvereinbarung noch offenen Honorars von 3,09 €. Dieser Betrag sei erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, da für den Geschädigten nicht erkennbar gewesen sei, dass das vereinbarte Honorar erheblich über dem üblichen Honorar gelegen habe.
II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung eines Teils des Honorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht abgelehnt werden.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB besteht, da der zwischen dem Geschädigten und dem Beklagten geschlossene Werkvertrag nicht nichtig und die Zahlung von der getroffenen Honorarvereinbarung gedeckt ist.
aa) Der Vertrag ist nicht wegen Wuchers gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Die Vorschrift setzt neben einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (objektives Tatbestandsmerkmal) die Ausnutzung einer - auf einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, dem Mangel im Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche beruhenden - besonderen Schwächesituation beim Bewucherten durch den Wucherer voraus (subjektives Tatbestandsmerkmal). Eine Ausbeutungsabsicht des Wucherers ist hierfür nicht erforderlich, wohl aber ist es notwendig, dass dieser Kenntnis von dem auffälligen Missverhältnis und der Ausbeutungssituation hat und sich diese Situation vorsätzlich zunutze macht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2011 - V ZR 208/09, NJW-RR 2011, 880 Rn. 9 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beklagte bei Abschluss des Vertrags das Vorliegen einer besonderen Schwächesituation des Geschädigten aufgrund einer der in § 138 Abs. 2 BGB genannten Umstände vorsätzlich ausgenutzt hat. Dies wird von der Revision auch nicht geltend gemacht.
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch eine Nichtigkeit des Vertrags wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB verneint.
(1) Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, kann dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulassen (vgl. BGH, Urteile vom 10. November 2016 - IX ZR 119/14, ZIP 2016, 2479 Rn. 18; vom 15. Januar 2016 - V ZR 278/14, BauR 2016, 1040 Rn. 6; vom 7. März 2013 - VII ZR 68/10, BGHZ 196, 299 Rn. 21, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin deren auf dem erstinstanzlich eingeholten Gerichtsgutachten beruhenden Vortrag unterstellt, dass das vereinbarte Honorar des Beklagten in Höhe von 1.044,11 € das ortsübliche Honorar für eine vergleichbare Leistung um ca. 400 € und damit um ca. 60 % übersteigt. Auf dieser Tatsachengrundlage, die auch der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, ist die Verneinung eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nicht zu beanstanden. Dabei kann offen bleiben, ob ein besonders grobes Missverhältnis bei Verträgen über die Begutachtung von Kraftfahrzeugschäden regelmäßig erst dann vorliegt, wenn der Wert der Leistung und der Wert der Gegenleistung um mindestens 90 % voneinander abweichen (so für Grundstückskaufverträge BGH, Urteil vom 15. Januar 2016 - V ZR 278/14 aaO). Denn bei einem Honorar, das ca. 60 % über dem ortsüblichen Honorar für eine vergleichbare Leistung liegt, kann ein besonders grobes Missverhältnis, das einen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Beklagten zuließe, jedenfalls noch nicht angenommen werden.
(2) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die Nichtigkeit des Vertrags gemäß § 138 Abs. 1 BGB auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sittenwidrigen Verhaltens zu Lasten der nicht am Vertragsschluss beteiligten Klägerin. Die Sittenwidrigkeit kann nicht damit begründet werden, dass der Beklagte unter Ausnutzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. hierzu zuletzt BGH, Urteile vom 28. Februar 2017 - VI ZR 76/16, VersR 2017, 636 Rn. 12; vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15, NJW 2016, 3363 Rn. 16 m.w.N.) mit dem Geschädigten ein das ortsübliche Honorar deutlich übersteigendes Honorar zu Lasten der letztlich erstattungspflichtigen Klägerin als Haftpflichtversicherer des Schädigers vereinbart hat. Das folgt bereits daraus, dass die Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Interessen der Allgemeinheit oder Dritter grundsätzlich nur anwendbar ist, wenn beide Vertragsparteien sittenwidrig handeln (BGH, Versäumnisurteil vom 10. Januar 2007 - XII ZR 72/04, NJW 2007, 1447 Rn. 13; Urteil vom 27. Januar 1966 - VII ZR 16/64, WM 1966, 495, 496 unter I 1 m.w.N.), also die Tatsachen kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen, die die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts begründen. Dafür bestehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte.
b) Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen verneint, unter denen eine Aufklärungspflicht des Beklagten gegenüber dem Geschädigten betreffend mögliche Regulierungsschwierigkeiten mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer angenommen werden kann.
aa) Nach § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB besteht bei Anbahnung eines Vertragsverhältnisses eine Aufklärungspflicht einer Vertragspartei hinsichtlich derjenigen Umstände, die erkennbar für die Willensbildung der anderen Vertragspartei von ausschlaggebender Bedeutung sind, und deren Mitteilung zumutbar ist sowie nach Treu und Glauben erwartet werden kann. Das Bestehen und der Umfang der Aufklärungspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Person der anderen Vertragspartei und deren erkennbarer Geschäftserfahrenheit oder -unerfahrenheit. Allerdings ist eine Vertragspartei nicht gehalten, der anderen Vertragspartei das Vertragsrisiko abzunehmen. Grundsätzlich muss in der Marktwirtschaft derjenige, der den Abschluss eines Vertrags beabsichtigt, selbst prüfen und entscheiden, ob dieser für ihn vorteilhaft ist oder nicht. Das bedeutet, dass die Interessen der Vertragsparteien unter Berücksichtigung des Informationsbedürfnisses einerseits und der Zumutbarkeit andererseits abzuwägen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 15, 28).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Bundesgerichtshof eine Aufklärungspflicht des Vermieters von Kraftfahrzeugen bejaht, wenn er einem durch einen Verkehrsunfall Geschädigten ein Mietfahrzeug zu einem Tarif anbietet, der deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt liegt, und deshalb die Gefahr besteht, dass der Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht den vollen Tarif übernimmt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 16 ff., 29; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470; vom 25. März 2009 - XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101).
bb) Die dem zugrunde liegenden wesentlichen Erwägungen gelten vorliegend entsprechend (ebenso OLG München, Urteil vom 26. Februar 2016 - 10 U 579/15, juris):
Ein durchschnittlicher Unfallgeschädigter gerät durch einen Verkehrsunfall nicht nur unvermittelt, sondern in aller Regel erstmals in eine Situation, ein Schadensgutachten über sein Kraftfahrzeug einholen zu müssen. Wendet er sich an einen Gutachter, der derartige Gutachten zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer auf dem Markt anbietet, geht er davon aus, dass dieser im Rahmen einer hundertprozentigen Einstandspflicht das Gutachterhonorar in vollem Umfang erstattet. Liegt das vereinbarte Honorar deutlich über dem ortsüblichen Honorar, besteht das Risiko, dass der gegnerische Haftpflichtversicherer die Erstattung teilweise ablehnt, weil die Kosten - bei objektiver Betrachtung - den zur Herstellung erforderlichen Aufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB übersteigen. Der Geschädigte ist in diesem Fall auf eine Auseinandersetzung mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer verwiesen und läuft Gefahr, die Differenz selbst tragen zu müssen. Dieser ihm drohende Nachteil ist dem Besteller eines Schadensgutachtens in der Regel nicht bekannt; vielmehr geht er davon aus, dass das Gutachterhonorar in vollem Umfang zu den objektiv erforderlichen Herstellungskosten gehört und von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer akzeptiert wird.
Demgegenüber weiß ein Gutachter, der nach Verkehrsunfällen Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer erstellt, dass ein deutlich über dem Ortsüblichen liegendes Honorar zu dem genannten Nachteil führen kann, und er weiß auch, dass dem Geschädigten dies in der Regel nicht bekannt ist, sondern dieser davon ausgeht, dass das Gutachterhonorar ohne weiteres in vollem Umfang ersetzt wird. Damit besteht zwischen den Vertragspartnern ein Informationsgefälle. Treu und Glauben gebieten es in einem solchen Fall, dass der Gutachter, der seine Leistungen zu einem Honorar anbietet, das deutlich über dem ortsüblichen Honorar liegt, den (unwissenden) Besteller aufklärt.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass eine Aufklärung dem Gutachter unzumutbar sei. Eine Unzumutbarkeit kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts insbesondere nicht damit begründet werden, dass ein ortsübliches Gutachterhonorar im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB nicht zu ermitteln sei. Das ist unzutreffend. Ortsüblich ist eine Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, wobei Vergleichsmaßstab Leistungen gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs sind und die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2013 - VI ZR 363/12, NJW 2014, 1376 Rn. 12 m.w.N.). Bei der von Privatpersonen beauftragten Erstellung von Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge nach Verkehrsunfällen zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer handelt es sich um massenhaft durchgeführte Geschäfte. Es besteht daher ein hinreichend großer Markt, der die Ermittlung einer ortsüblichen Vergütung ermöglicht. Zu diesem Zweck kann unter anderem auf frei zugängliche Honorarumfragen von Verbänden freier Kraftfahrzeug-Sachverständiger, etwa des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen oder des Verbandes der unabhängigen Kfz-Sachverständigen e. V., und Honorarangaben von Großanbietern, etwa der DEKRA Automobil GmbH oder des TÜV, zurückgegriffen werden, die sich auf derartige Aufträge von Privatpersonen beziehen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die ortsübliche Vergütung regelmäßig nicht auf einen festen Satz oder gar einen festen Betrag festgelegt ist, sondern sich innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegen kann. Eine Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB kann sich auch über eine im Markt verbreitete Berechnungsregel ergeben, etwa über eine Berechnung, die sich an der Schadenssumme orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, BGHZ 167, 139 Rn. 10 ff.). Vor diesem Hintergrund kann eine Unzumutbarkeit der Aufklärung auch nicht damit begründet werden, dass dem Gutachter hierdurch eine aufwändige Markterforschung auferlegt würde. Als Marktteilnehmer, der Privatpersonen die Erstellung von Schadensgutachten über Kraftfahrzeuge nach Verkehrsunfällen zur Einreichung bei dem gegnerischen Haftpflichtversicherer anbietet, wird sich ein Gutachter schon aus Eigeninteresse regelmäßig einen Überblick über die Honorare seiner Mitbewerber verschaffen. Dies ist ihm angesichts der oben angeführten frei zugänglichen und zumindest den Anbietern auf diesem Markt bekannten Quellen auch leicht möglich.
cc) Die Aufklärungspflicht richtet sich in einem solchen Fall darauf, den Geschädigten auf das Risiko hinzuweisen, dass der Haftpflichtversicherer das vereinbarte Honorar möglicherweise nicht in vollem Umfang erstattet. Es ist dann Sache des Geschädigten, sich kundig zu machen, etwa indem er Kontakt zum gegnerischen Haftpflichtversicherer aufnimmt, weitere Angebote einholt oder sich anwaltlich beraten lässt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 29; vom 24. Oktober 2007 - XII ZR 155/05, NJW-RR 2008, 470 Rn. 13; vom 25. März 2009 - XII ZR 117/07, NJW-RR 2009, 1101 Rn. 18).
dd) Danach kommt vorliegend eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten gegenüber dem Geschädigten in Betracht. Denn das vom Beklagten angebotene Honorar für die Erstellung des Schadensgutachtens lag nach dem in der Revision zugunsten der Klägerin zu unterstellenden Sachverhalt mit ca. 60 % deutlich über dem ortsüblichen Honorar.
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Nach den bisherigen Feststellungen kann ein Schaden des Geschädigten nicht verneint werden.
a) Da der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne das schädigende Verhalten des Beklagten gestanden hätte, kommt es darauf an, wie er sich bei erteilter Aufklärung verhalten hätte, wobei zugunsten des Geschädigten die Vermutung "aufklärungsrichtigen" Verhaltens streitet. Unsicherheiten darüber, ob der Geschädigte ein Schadensgutachten zu einem günstigeren und im Rahmen des Ortsüblichen liegenden Honorar eingeholt hätte, gehen deshalb zu Lasten des Beklagten (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2006 - XII ZR 50/04, BGHZ 168, 168 Rn. 31).
b) Steht danach fest, dass der Geschädigte bei Aufklärung nur ein Schadensgutachten zu einem ortsüblichen Honorar eingeholt hätte, kann er grundsätzlich die Differenz zu dem vereinbarten höheren Honorar als Schaden geltend machen. Der Schaden entsteht dabei bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, weil damit der höhere und hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit risikobehaftete Honoraranspruch gegen den Geschädigten begründet wird.
Dem Geschädigten steht zunächst ein Anspruch gegen den Gutachter auf Freistellung von der Honorarverpflichtung zu, soweit diese über das ortsübliche Honorar gemäß § 632 Abs. 2 BGB hinausgeht. Hat der Geschädigte das Honorar bereits vollständig an den Gutachter gezahlt, steht ihm als Schadensersatz ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe des überschießenden Betrags zu.
c) Entgegen der Auffassung des Beklagten entfällt der Schaden nicht im Wege der Vorteilsausgleichung dadurch, dass die Klägerin dem Geschädigten das Honorar nach einem Rechtsstreit aufgrund des zu ihrem Nachteil ergangenen Urteils in vollem Umfang erstattet hat.
Allerdings hat die Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Beklagten für den Geschädigten letztlich auch zu dem Vorteil geführt, dass die Klägerin ihm nach den Grundsätzen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung das Honorar in vollem Umfang erstattet hat. Dieser Vorteil führt bei wertender Betrachtung jedoch nicht zu einem Erlöschen des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten, sondern kann nach Abtretung von der Klägerin geltend gemacht werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte vom Schädiger wegen Beschädigung eines Kraftfahrzeuges aufgrund eines Verkehrsunfalls gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen Geldbetrag erstattet verlangen. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Erstattung der objektiv erforderlichen Gutachterkosten. Als erforderlichen Herstellungsaufwand sind die Kosten anzusehen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Der Geschädigte ist dabei nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Unter Berücksichtigung des Zieles der Schadensrestitution - nämlich, dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers einen möglichst vollständigen Schadensausgleich zukommen zu lassen - ist allerdings Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen. Daher sind bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, insbesondere auch seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen, sogenannte subjektbezogene Schadensbetrachtung. Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts zwecks Beauftragung eines möglichst günstigen Gutachters ist er nicht verpflichtet (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15, NJW 2016, 3092 Rn. 13; vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 Rn. 14 f.; Urteil vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13, NJW 2014, 1947 Rn. 7; jeweils m.w.N.). Liegt das mit dem Gutachter vereinbarte und vom Geschädigten beglichene Honorar über dem ortsüblichen Honorar, ist dies jedoch für den Geschädigten nicht erkennbar, ist es folglich dennoch erstattungsfähig. Bei wertender Betrachtungsweise dient die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten unter dem Gesichtspunkt der subjektbezogenen Schadensbetrachtung damit allein dem Schutz des Geschädigten. Erstattet der Haftpflichtversicherer auf dieser Grundlage dem Geschädigten seinen Aufwand für das Gutachterhonorar, soll dies mithin nicht den wegen Aufklärungspflichtverletzung schadensersatzpflichtigen Gutachter entlasten.
3. Auch der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch des Beklagten auf Erstattung restlichen Honorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten kann danach nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung bejaht werden. Denn der Beklagte verhielte sich treuwidrig im Sinne des § 242 BGB, wenn er einen Anspruch durchsetzen wollte, obwohl er verpflichtet wäre, das Erlangte sofort wieder herauszugeben (dolo-agit-Einwand).
III.
Die Sache ist danach aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.