Das Verkehrslexikon
OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 23.05.2017 - 2 Ss OWi 500/17 - Berücksichtigung der Einlassungen im Falle der Abwesenheit
OLG Frankfurt am Main v. 23.05.2017: Feststellungen zur Einlassung im Falle der Entbindung von der Erscheinenspflicht in der Hauptverhandlung
Das OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.05.2017 - 2 Ss OWi 500/17) hat entschieden:
Im Fall eines Geschwindigkeitsverstoßes müssen die Urteilsgründe zumindest aus dem Gesamtzusammenhang erkennen lassen, auf welche Beweismittel das Gericht seine Feststellungen zur Fahrereigenschaft gestützt hat. Das Urteil muss auch dann Feststellungen zur Einlassung des Betroffenen enthalten, wenn dieser von der Pflicht des persönlichen Erscheinens entbunden war. Denn auch im Falle der Entbindung besteht die Möglichkeit, sich über einen Verteidiger einzulassen, so dass eine Auseinandersetzung mit der Einlassung nicht entbehrlich ist.
Siehe auch Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung und Säumnis des Betroffenen und Die Beweiswürdigung in Straf- und Bußgeldsachen
Gründe:
I.
Auf seinen Einspruch hin hat das Amtsgericht Bad Hersfeld den Betroffenen am 09.11.2016 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 190,- € verurteilt und - verbunden mit einer Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG - ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.
Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden.
Auf die Sachrüge war das Urteil aufzuheben, da die Beweiswürdigung des Amtsgerichts lückenhaft ist und daher einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.
Zwar unterliegen die Urteilsgründe im Bußgeldverfahren keinen hohen Anforderungen. Gleichwohl muss auch im Bußgeldverfahren die Beweiswürdigung so gehalten sein, dass sie dem Rechtsbeschwerdegericht die ihm obliegende Nachprüfung ermöglicht. Das Urteil muss deshalb in der Regel erkennen lassen, auf welche Tatsachen das Gericht seine Überzeugung gestützt hat. Im Fall eines Geschwindigkeitsverstoßes müssen die Urteilsgründe - sei es auch in ihrem Gesamtzusammenhang - erkennen lassen, wie das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Betroffene zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsmessung Fahrer des gemessenen Fahrzeuges war bzw. auf welche Beweismittel es seine diesbezügliche Feststellung gestützt hat (st. Rspr. des Senats, vgl. nur 2 Ss-OWi 995/14).
Diesen Anforderungen wird das amtsgerichtliche Urteil nicht gerecht.
Dem Urteil sind keine Feststellungen zur Einlassung des Betroffenen zu entnehmen. Es fehlen auch die Feststellungen wie das Amtsgericht die Fahrereigenschaft des Betroffenen ermittelt hat. Da dem Senat der Zugriff auf die Protokolle verwehrt ist, kann er auch nicht überprüfen, ob der Betroffene entbunden war. Das liegt zwar nahe, weil er im Rubrum nicht aufgenommen worden ist. Gleichwohl besteht auch im Falle der Entbindung die Möglichkeit, bei entsprechender Vollmacht, sich über den Verteidiger einzulassen, so dass eine Auseinandersetzung mit der Einlassung auch im Falle der Entbindung nicht entbehrlich ist.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Für die Zurückweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts bestand kein Anlass.