Das Verkehrslexikon

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OLG Jena Urteil vom 11.03.1999 - 1 U 1250/98 - Zur Beurteilung der grobfahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls bei Einnicken am Steuer

OLG Jena v. 11.03.1999: Zur Beurteilung der grobfahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls bei Einnicken am Steuer


Das OLG Jena (Urteil vom 11.03.1999 - 1 U 1250/98) hat entschieden:
Verursacht der Fahrer einen Unfall dadurch, daß er am Steuer einschläft, muß das Einnicken nicht notwendigerweise als grob fahrlässiges Fehlverhalten gewertet werden, das eine persönliche Haftung begründet. Es bedarf dann zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte dafür, zu belegen, daß sich der Fahrer über deutliche Anzeichen der Ermüdung hinweggesetzt hat.


Siehe auch Der Sekundenschlaf und Schlafstörungen - Übermüdung und Einschlafen am Steuer und Pflichten des Fahrzeugführers und Zustand des Fahrzeugs


Zum Sachverhalt: Der Kläger und der Beklagte waren beide Zeitsoldaten und besuchten im Jahr 1996 die Nachschubschule des Heeres in Bremen. Beide wohnten damals im Raum Altenburg.

Der Kläger war Halter eines PKW Opel Astra. Am 09.05.1996 fuhren die Parteien mit dem PKW des Klägers vom Dienstort nach Hause, wobei der Beklagte ausnahmsweise den PKW steuerte. Der Kläger war Beifahrer, weil er infolge einer vor der streitgegenständlichen Heimfahrt durchgeführten Durchschlageübung den Mittelfuß gebrochen hatte. Gegen 22.00 Uhr befuhren sie die B 180 aus Richtung Zeitz in Richtung Meuselwitz. Etwa 300 m hinter der Abzweigung Rehmsdorf kam der PKW von der Straße ab und prallte gegen einen Baum, wobei am PKW des Klägers Totalschaden entstand. Der Kläger wurde schwer verletzt.

Der Kläger verlangt im wesentlichen Ausgleich des Zeitwerts des PKW's und Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes.

Das OLG hat im wesentlichen die Abweisung der Ansprüche des Klägers mit den Grundsätzen des Haftungsausschlusses bei einer Gefälligkeitsfahrt begründet und dabei ein Einnicken des Beklagten als nicht zwingend grob fahrlässig bewertet.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Dem Beklagten kommt wegen der geltend gemachten Sachschäden ein stillschweigender Haftungsverzicht des Klägers zugute.

Wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, können durch einen solchen Tatbestand Ersatzansprüche, die sich auf eine leichte Fahrlässigkeit des Schädigers gründen, ausgeschlossen werden (vgl. hierzu Geigel/Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß, 22. Aufl., S. 297 ff. m.w.N.).

Ein über diese Schuldform hinausgehender Vorwurf ist dem Beklagten nicht zur Last zu legen. Das Landgericht hat lediglich leichte Fahrlässigkeit angenommen. Dies wird mit der Anschlußberufung des Klägers auch nicht angegriffen. Doch selbst wenn man davon ausginge, daß der Beklagte am Steuer eingeschlafen ist und allein deshalb mit dem versicherten Fahrzeug bei Dunkelheit auf gerader Straße nach rechts von der Fahrbahn abgekommen ist, rechtfertigt dies allein noch nicht die Schlußfolgerung auf grobe Fahrlässigkeit (vgl. BGH VersR 1977, 619, 620).

Der neuerdings in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht, einem Einnicken am Steuer gingen stets unübersehbare Anzeichen voraus, deren Nichtbeachtung in der Regel grob fahrlässig sei, so daß nur besondere Anhaltspunkte, die das Verhalten des Fahrers in einem milderen Licht erscheinen ließen, den Schluß auf grobe Fahrlässigkeit verhindern könnten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Es müssen vielmehr Umstände festgestellt werden können, die den Schluß darauf zulassen, daß der Fahrer über von ihm erkannte deutliche Vorzeichen der Ermüdung bewußt hinweggesetzt hat. Nur dann kann das Verschulden des Fahrers als grobe Fahrlässigkeit eingeordnet werden. Derartige Umstände sind vorliegend konkret nicht aufgezeigt. ..."







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