Das Verkehrslexikon
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung im Ordnungswidrigkeitenverfahren
Etappen eines Bußgeldverfahrens - die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung
Siehe auch Der Verlauf eines Bußgeldverfahrens und Stichwörter zum Thema Ordnungswidrigkeiten
Es kann vorkommen, dass ein Betroffener es versäumt, die Frist einzuhalten, die ihm das Gesetz für die Wahrnehmung eines Rechtsmittels einräumt. Im Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren wird es sich dabei vornehmlich um die zweiwöchige Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid handeln.
Die Fristversäumung kann aus eigener Nachlässigkeit - also durch eigenes Verschulden des Betroffenen - geschehen; dann ist das Versäumnis endgültig, es gibt dagegen kein weiteres Heilmittel - der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig und vollstreckbar. Ein solcher Fall liegt aber auch vor, wenn der Betroffene die Erfolgsaussichten eines Einspruchs - z. B. infolge unrichtiger Beratung - falsch eingeschätzt und daher bewusst keinen Einspruch eingelegt hat. Desgleichen liegt eine selbstverschuldete Fristversäumung vor, wenn die Zustellung des Bußgeldbescheides durch Niederlegung auf der Post erfolgte, er dem Betroffenen aber noch kurz vor Ablauf der Einspruchsfrist bekannt wird - dann darf nicht erneut eine Zweiwochenfrist ausgenutzt, sondern muss der Einspruch in der kurzen verbliebenen Zeit noch in den Bereich der Behörde gebracht werden (telefonisch, durch Fax, persönliche Abgabe).
In Fällen jedoch, in denen die Frist versäumt wurde, ohne dass man dies in irgendeiner Weise dem Betroffenen anlasten kann, ist es möglich, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Tatsachen, die den Betroffenen an der rechtzeitigen Wahrnehmung der Rechtsmittelfrist gehindert haben, liegen vor allem vor bei
- plötzlicher Krankheit,
- Urlaubsabwesenheit,
- Geschäfts- oder Dienstreise,
- unvorhersehbarer Verzögerung bei der Postbeförderung des Einspruchs,
- Verschulden anderer Personen, z. B. des Rechtsanwalts,
- unterbliebene oder falsche Rechtsmittelbelehrung bzw. falsche Beratung durch die Behörde,
- Rechtsmittelbelehrung in deutscher Sprache bei einem nicht deutschsprachigen Ausländer.
Der Antrag kann nicht unbegrenzt lange gestellt werden, sondern hier ist sogar nur eine Frist von einer Woche vorgesehen. Diese Frist beginnt in dem Moment zu laufen, in dem das Hindernis wegfällt, das zu der ursprünglichen Fristversäumung geführt hat (bei Krankheit also Wegfall derjenigen Symptome, die die Einlegung des Einspruchs verhindert haben, bei Reisen die Rückkehr, ansonsten in der Regel der Zeitpunkt, zu dem der Betroffenen erfährt, dass sein Einspruch verspätet bei der Behörde eingegangen ist).
Das Wiedereinsetzungsgesuch muss bei der Verwaltungsbehörde gestellt werden. Es muss zur Begründungs sämtliche Tatsachen aufführen, aus denen sich das fehlende Verschulden an der Fristversäumung ergibt, desgleichen müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen hervorgeht, dass die einwöchige Frist für den Antrag eingehalten wurde (im Falle einer Reise also die exakten Reisedaten, im Fall verzögerter Postbeförderung den genauen Zeitpunkt, wann der Einspruch in den Briefkasten eingeworfen wurde).
Die Tatsachen, auf die das Wiedereinsetzungsgesuch und dessen Rechtzeitigkeit gestützt wird, sind darüber hinaus glaubhaft zu machen. Dies kann durch alle geeigneten schriftlichen Urkunden geschehen, die zum Beleg der vorgetragenen Tatsachenangaben dienen können (Flugscheine, Bahntickets, Kraftstoffquittungen, Hotelbuchungen, ärztliches Attest usw.). Auch eidesstattliche Versicherung von Zeugen können als Mittel der Glaubhaftmachung dienen. Eine eidesstattliche Versicherung des Betroffenen selbst ist allerdings in der Regel kein ausreichendes Mittel der Glaubhaftmachung. Im Gegensatz zum Wiedereinsetzungsantrag selbst ist die Glaubhaftmachung der ihn begründenden Tatsachen nicht fristgebunden, sondern kann während des laufenden Wiedereinsetzungsverfahrens noch nachgeholt werden.
Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist das versäumte Rechtsmittel nachzuholen.
Über das Wiedereinsetzungsgesuch entscheidet die Verwaltungsbehörde. Gibt sie ihm statt, wird der Betroffene im weiteren Verfahren so behandelt, als habe er rechtzeitig Einspruch eingelegt. Wird das Gesuch zurückgewiesen und hält der Betroffene diese Entscheidung für falsch, dann kann er innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des ablehnenden Bescheides einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen, über den dann das Amtsgericht entscheidet.