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Landgericnt Osnabrück Urteil vom 02.05.2005 - 2 O 304/05 - Zum Ersatzanspruch des nur mittelbar geschädigten Fahrschulunternehmers
LG Osnabrück v. 02.05.2005: Zum Ersatzanspruch des nur mittelbar geschädigten Fahrschulunternehmers
Das Landgericnt Osnabrück (Urteil vom 02.05.2005 - 2 O 304/05) hat entschieden, dass einem nur mittelbar geschädigten Fahrschulinhaber kein eigener Schadensersatzanspruch zusteht, wenn er für seinen unfallbedingt ausfallenden angestellten Fahrlehrer dessen Stunden übernimmt und dadurch seine eigenen geplanten Fahrstunden nicht wahrnehmen kann:
Wer durch die Verletzung eines anderen nur mittelbar in seinem Vermögen geschädigt wird, hat grundsätzlich keinen Ersatzanspruch, es sei denn, die Bestimmungen der §§ 844 Abs. 2 und 845 BGB geben einen Anspruch auf Schadensersatz. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber von dem Schädiger keinen Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch den zeitweiligen unfallbedingten Ausfall des Arbeitnehmers entstanden ist (vgl. BGH NJW 2003, 1040, 1041).
Siehe auch Erwerbsschaden - Einkommensnachteile - Verdienstausfall und Prognosebildung bezüglich des hypothetischen Zukunftseinkommens
Zum Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Leistung von Schadensersatz (Zahlung eines Verdienstausfallschadens) anlässlich eines Verkehrunfallgeschehens vom 19.02.2004.
Der Kläger betreibt eine Fahrschule. Zum Vorfallszeitpunkt befand sich ein Fahrschulwagen gegen 16.45 Uhr im Einsatz und wurde von der Fahrschülerin A. gelenkt. Auf dem Beifahrersitz befand sich der bei dem Kläger angestellte Fahrschullehrer B. Die Fahrschülerin A. musste den Pkw verkehrsbedingt anhalten und der Versicherungsnehmer der Beklagten fuhr mit seinem Pkw auf das Heck des stehenden Fahrschulwagens auf.
Bei dem Verkehrsunfallgeschehen wurde der Fahrlehrer B. verletzt und konnte über einen Zeitraum von 18 Arbeitstagen seine Tätigkeit im Betrieb des Klägers nicht ausüben.
Mit der Klage begehrt der Kläger einen eigenen Verdienstausfallschaden, den er auf insgesamt 5.148,00 Euro brutto beziffert, ersetzt.
Der Kläger behauptet, in dem Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit seines Mitarbeiters B. (19.02. bis 11.03.2004) seien sämtliche von diesem zu leistenden Fahrschulstunden bereits ausgebucht gewesen. Die Fahrschulstunden hätten aufgrund der abgeschlossenen Verträge nicht abgesagt werden können, da Prüfungen – insoweit unstreitig – bevor gestanden hätten. Er habe deshalb für seinen erkrankten Mitarbeiter einspringen und dessen Stunden übernehmen müssen. Dadurch sei ihm ein Verdienstausfall pro Tag in Höhe von 286,00 Euro (11 Stunden zu 26,00 Euro die Stunde) entgangen, da er eigene mögliche Fahrstunden nicht habe geben können. Sein Verdienstausfall betrage mithin 5.148,00 Euro, wobei dieser Betrag der Nettoreingewinn gewesen sei.
Aus den Entscheidungsgründen:
"... Die (zulässige) Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz eines ihm entstandenen eigenen Verdienstausfalls in Höhe von 5.148,00 Euro zu.
Ein Anspruch ergibt sich nicht aus den Grundsätzen der so genannten Drittschadensliquidation.
Eine Ersatzverpflichtung im Wege der sog. Drittschadensliquidation setzt voraus, dass eine Schadensverlagerung stattgefunden hat. Das bedeutet, dass der Schaden, der typischerweise beim Erstberechtigten eintreten müsste, aufgrund eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Erstberechtigten und einem Dritten auf diesen verlagert wurde. Bereits an dieser Voraussetzung fehlt es, da nicht etwa eine Schadensverlagerung angenommen werden kann, vielmehr sind zwei nebeneinander stehende Schäden entstanden, nämlich ein etwaiger Verdienstausfallschaden des Fahrlehrers B. sowie ein möglicher Verdienstausfallschaden des Klägers. Im Übrigen finden die Grundsätze der Drittschadensliquidation lediglich bei vertraglichen Ansprüchen Anwendung, ein Vertragsverhältnis besteht jedoch zwischen den Parteien nicht.
Ein Anspruch auf Ersatz des eigenen Verdienstausfallschadens des Klägers in Höhe von 5.148,00 Euro ergibt sich auch nicht aus §§ 823, 252 BGB.
Im Hinblick auf die Körperverletzung des bei dem Kläger angestellten Fahrlehrers Peter B., die zu einer verletzungsbedingten Arbeitsunfähigkeit geführt hat, kann der Kläger keine Ersatzansprüche herleiten. Wer durch die Verletzung eines anderen nur mittelbar in seinem Vermögen geschädigt wird, hat grundsätzlich keinen Ersatzanspruch (vgl. Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., Vorbemerkung vor § 249 Rnr. 109), es sei denn, die Bestimmungen der §§ 844 Abs. 2 und 845 BGB geben einen Anspruch auf Schadensersatz (wird ausgeführt).
Grundsätzlich aber kann der Arbeitgeber von dem Schädiger keinen Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch den zeitweiligen unfallbedingten Ausfall des Arbeitnehmers entstanden ist (vgl. BGH NJW 2003, 1040, 1041).
Dies gilt auch im Hinblick auf eine mögliche Schadensersatzpflicht wegen des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Denn das Unfallgeschehen, welches zu einer Verletzung des Angestellten B. führte, stellt sich nach gefestigter Rechtsprechung nicht als ein unmittelbarer, betriebsbezogener Eingriff in den "Gewerbebetrieb" dar. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach betont, dass der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht in einen allgemeinen deliktischen Vermögensschutz für Gewerbebetreibende ausufern darf, die dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen dürfe (vgl. BGH NJW 2003, 1040, 1041 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Deshalb bedarf es für eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes des Erfordernisses eines unmittelbaren Eingriffs in dem Sinne, dass der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richtet, also betriebsbezogen ist und nicht vom Gewerbebetrieb ohne Weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betrifft. Das Unfallgeschehen stellt sich nicht in diesem Sinne als betriebsbezogener Eingriff dar, davon kann nämlich nicht ausgegangen werden, wenn es zu Störungen im Betriebsablauf aufgrund eines schädigenden Ereignisses kommt, das in keinerlei Beziehung zu dem Betrieb steht, mag dadurch auch eine für das Funktionieren des Betriebs maßgebliche Person oder Sache betroffen sein. Insbesondere die Schädigung einer zum Betrieb gehörenden Person stellt danach keinen betriebsbezogenen Eingriff dar. Wer durch verkehrswidriges Verhalten einen Verkehrsunfall verursacht, kann dabei sowohl eine beliebige Privatperson als auch einen wichtigen Mitarbeiter eines Betriebs verletzen. Diese Verletzungshandlung kann jedermann treffen. Der Schädiger verletzt daher keine Verhaltenspflichten, die ihm gerade im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis eines Gewerbebetriebes obliegen (vgl. BGH NJW 2003, 1040, 1041).
Ein Anspruch des Klägers in Höhe des geltend gemachten Verdienstausfallschadens ergibt sich auch nicht aus §§ 844 Abs. 2, 845 BGB.
Die Bestimmung des § 845 BGB setzt voraus, dass eine Dienstleistungspflicht kraft Gesetzes besteht, auf vertragliche oder tatsächliche Dienstleistungen ohne gesetzliche Verpflichtung findet diese Vorschrift keine Anwendung. Der verletzte Fahrlehrer Peter B. war für den Kläger als Dritten jedoch im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses tätig.
Schließlich ist für sämtliche genannten Anspruchsgrundlagen ferner festzustellen, dass der Kläger einen etwaigen ihm entstandenen Verdienstausfallschaden nicht schlüssig dargelegt hat. Darauf hatte bereits der Beklagtenvertreter mit seiner Klageerwiderung vom 22.02.2005 hingewiesen und ferner hat das Gericht mit Verfügung vom 01.03.2005 (Bl. 15 d.A.) nochmals darauf hingewiesen (§ 139 ZPO), dass Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage, insbesondere gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruchs bestehen und hinsichtlich der Schadenshöhe ferner auf die Ausführungen in der Klageerwiderung aufmerksam gemacht werde. Durch den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 04.04.2005 sind die Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag nicht erfüllt worden. Die vom Kläger vorgelegte Bescheinigung der BBS Steuerberatungsgesellschaft vom 10.03.2004 ist insoweit nicht ausreichend, aus ihr ergibt sich insbesondere nicht, ob die vom Kläger geltend gemachte Gesamtsumme den Brutto- bzw. Nettobetrag darstellt. Nach dem erteilten Hinweis hat der Kläger zwar darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte Betrag der Nettoreingewinn sei, gleichwohl lässt sich aus dem Sachvortrag des Klägers nicht nachvollziehen, wie er zu einem täglichen Nettoreingewinn in Höhe von 286,00 Euro gelangt. Dazu hätte es insbesondere näherer Darlegungen bedurft. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof (NJW 2001, 1640, 1641) darauf hingewiesen, bei der Feststellung des Erwerbsschadens eines selbständig Tätigen sei es im Rahmen der §§ 252 BGB, § 287 ZPO in der Regel erforderlich und angebracht, an die Geschäftsentwicklung und die Geschäftsergebnisse in den letzten Jahren vor dem Unfall anzuknüpfen.
Da dem Kläger bereits aus Rechtsgründen ein Anspruch auf die Leistung von Schadensersatz nicht zusteht, konnte die Klage insgesamt keinen Erfolg haben. ..."