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Landgericht Zweibrücken Urteil vom 12.09.2006 - 1 O 308/05 - Volle Haftung des alkoholisierten und eingeschlafenen Kfz-Führers trotz Warnblinklicht

LG Zweibrücken v. 12.09.2006: Volle Haftung des alkoholisierten und eingeschlafenen Kfz-Führers trotz Warnblinklicht


Das Landgericht Zweibrücken (Urteil vom 12.09.2006 - 1 O 308/05) hat entschieden:
Für die Frage der vollen Haftung bei einem Auffahrunfall ist es gleichgültig, ob eine Warnblinkanlage in Betrieb war oder nicht, wenn der aufgefahrene Kfz-Führer eingeschlafen und erheblich alkoholisiert war, weil ihn auch ein eingeschaltetes Warnblinklicht nicht gewarnt hätte.


Siehe auch Liegenbleiben von Fahrzeugen - Warnung des übrigen Verkehrs und Unfallhelfer - Pannenhelfer - Hilfe am Unfallort


Zum Sachverhalt: An dem Beklagten-Fahrzeug trat plötzlich ein Motordefekt auf, so dass dieses keinen Antrieb mehr hatte und stehen blieb. Da die BAB an dieser Stelle über keinen Seitenstreifen verfügt, lenkte die Klägerin das Fahrzeug nach rechts. Das Fahrzeug blieb an einer Stelle stehen, die mehrere hundert Meter weit aus Fahrtrichtung der Klägerin gesehen einsehbar ist.

Das Abblendlicht des Fahrzeugs war eingeschaltet. Die Warnblinkanlage funktionierte nicht.

Auf das stehende Fahrzeug fuhr der Beklagte zu 2) mit dem Pkw mit dem amtl. Kennzeichen …, der zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert gewesen ist, von hinten auf.

Eine dem Beklagten zu 1) um 3.51 Uhr nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,76 Promille. In dem Strafverfahren, das gegen ihn wegen Gefährdung des Straßenverkehrs durchgeführt worden ist, erklärte der Beklagte zu 1) in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Zweibrücken am 04.01.2006 (Az. 4104 Js 6115/05), dass er sich den Unfall nur so erklären könne, dass er offensichtlich eingeschlafen gewesen sei.

Die Klägerin trug vor, der Unfall sei passiert, als sie gerade die Tür geöffnet gehabt hätte und sich ganz eng seitlich neben das Fahrzeug begeben habe, um das Warndreieck aufzustellen.

Die Beklagten beriefen sich auf eine Mitverursachung des Unfalls durch die Klägerin, da
  • die Warnblinkanlage am Fahrzeug der Klägerin nicht funktioniert habe
  • die Klägerin nicht so weit wie möglich rechts am Fahrbahnrand angehalten habe
  • die Gefährdungshaftung des von der Klägerin geführten Fahrzeugs zum Tragen käme
  • die Klägerin den Sicherheitsgurt nicht angelegt habe.
Die Alkoholisierung des Beklagten zu 1) sei nicht unfallursächlich gewesen. Auch jeder nicht alkoholisierte Kraftfahrer hätte größte Schwierigkeiten gehabt, dem durch das Fahrzeug der Klägerin begründeten Hindernis in der konkreten Verkehrssituation rechtzeitig auszuweichen.

Die Klage hatte vollen Erfolg.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf vollständigen Ersatz ihres durch den Verkehrsunfall vom 05.05.2005 entstandenen materiellen und immateriellen Schaden.

Hinsichtlich des Beklagten zu 1) folgt der Anspruch aus § 7 StVG.

Hinsichtlich der Beklagten zu 2) ergibt er sich aus § 3 PflVersG i.V.m. § 7 StVG.

Da bei dem Verkehrsunfall zwei Kraftfahrzeuge beteiligt gewesen sind, war gemäß § 17 StVG abzuwägen, inwieweit der Schaden von einem der Kraftfahrzeugführer überwiegend verursacht worden ist oder nicht.

Bei dieser Abwägung ist festzustellen, dass weder ein Mitverschulden der Klägerin als Fahrzeugführerin, noch eine Gefährdungshaftung des von ihr geführten Kraftfahrzeugs die Haftung der Beklagten zu 100% verringern können.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1) in erheblich betrunkenem Zustand auf das Fahrzeug der Klägerin aufgefahren ist. Es steht auch zur Überzeugung des Gerichts aufgrund seiner Aussage im Strafverfahren fest, dass er vor dem Unfall keinerlei Wahrnehmungen hinsichtlich des liegen gebliebenen Fahrzeugs der Klägerin gehabt hat, da er, wie er selbst bekundet hat, wohl eingeschlafen war. Aus den in dem beigezogenen Strafakten befindlichen Gutachten des Sachverständige … (Bl. 127 d. Strafakte) ergibt sich darüber hinaus, dass dieser festgestellt hat, dass die linke Tür des von der Klägerin geführten Fahrzeugs während der Kollision etwa 40 cm weit geöffnet gewesen ist.

Weiter stellt der Sachverständige fest, dass davon auszugehen ist, dass sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes im geschützten Bereich der Tür mit ihrer Frontseite zum Pkw des Beklagten zu 2) befunden hat. Es besteht demnach eine weitaus höhere Wahrscheinlichkeit und Vermutung dafür, dass der Vortrag der Klägerin zutrifft, dass sie gerade dabei war, das Fahrzeug zu verlassen und das Warndreieck aufzustellen, als der Beklagte zu 1) auffuhr, wohingegen die Behauptung der Beklagten, dass sich die Klägerin im Fahrzeug befunden habe und deshalb mithafte, weil sie den Sicherheitsgurt nicht angelegt gehabt hätte, als völlig ins Blaue hinein behauptet, gesehen werden muss.

Hinsichtlich der unstreitig nicht funktionierenden Warnblinkanlage vertritt das Gericht die Auffassung, dass es im vorliegenden Fall völlig gleichgültig ist, ob die Warnblinkanlage in Betrieb war oder nicht, da offensichtlich auch eine in Betrieb befindliche Warnblinkanlage den Beklagten zu 1), der nach seinen eigenen Angaben eingeschlafen war und darüber hinaus erheblich betrunken war, nicht gewarnt hätte, dass er nach links ausweichen müsse.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass unstreitig die beiden Rückleuchten des Fahrzeugs der Klägerin in Funktion waren und an dieser Stelle die Autobahn über mehrere hundert Meter von dem Beklagten zu 1) einzusehen gewesen wäre, wenn er genügend auf den Verkehr geachtet hätte.

Bei Würdigung all dieser Umstände ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1) allein schuldhaft für das Zustandekommen des Verkehrsunfalls die Verantwortung trägt und jede Gefährdungshaftung des Unfallgegners dadurch nicht zum Tragen kommt. ..."







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