Die Hauptverhandlung wegen einer Ordnungswidrigkeit ist öffentlich und wird von einem Richter bzw. einer Richterin geleitet. An manchen Gerichten wird noch ein handschriftliches Protokoll geführt, an anderen Gerichten wird statt dessen ein Diktiergerät oder ein PC bzw. das EDV-Netz des Gerichs eingesetzt.
Ob die Staatsanwaltschaft an der Verhandlung teilnimmt, hängt von ihrer Entscheidung ab. Ob dies der Fall ist, kann für den Betroffenen von Bedeutung werden, denn er braucht für die Rücknahme des Einspruchs die Zustimmung des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, wenn ein solcher teilnimmt. Eine Rücknahme kann sich manchmal währen der Verhandlung empfehlen, wenn sich herausstellt, daß gegenüber dem angefochtenen Bußgeldbescheid statt einer Verbesserung des Ergebnisses eine Verschlechterung droht; denn in Bußgeldsachen gilt für die erste Instanz kein Verschlechterungsverbot.
Hauptperson der Verhandlung ist aber der Betroffene, der allein oder im Beistand eines Verteidigers verhandeln kann.
Zum Beginn der Sitzung wird das Gericht überprüfen, ob alle geladenen Personen, also der Betroffene, die Zeugen und ggf. auch ein Sachverständiger erschienen sind. Meistens werden gleich zu Beginn die Zeugen über ihre Pflichten, insbesondere die Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht, belehrt und sodann wieder aus dem Saal geschickt, weil das Gericht zunächst mit dem Betroffenen allein (natürlich im Beisein des Verteidigers) verhandelt
Dies wird damit eröffnet, dass zunächst die Personalien, der Beruf, evtl. die wirtschaftlichen Verhältnisse, wenn es hierauf ankommen kann, erörtert werden.
Sodann stellt der Richter fest, welcher Verstoß dem Betroffenen vorgeworfen wird; er nimmt dabei auf den angefochtenen Bußgeldbescheid Bezug. Weiterhin wird er anhand der Akte noch die Rechtzeitigkeit des Einspruchs feststellen (weil sonst der Bußgeldbescheid bereits rechtskräftig wäre).
Schließlich weist das Gericht den Betroffenen darauf hin, dass er auch vor Gericht zu der ihm vorgeworfenen Tat und zu seiner Verteidigung nichts zu sagen braucht, und fragt ihn, wie er sich verhalten möchte. Will der Betroffene schweigen, so wird sofort zur Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung, Urkundenverlesung usw.) übergegangen. Will sich der Betroffene hingegen äußern, so kann er dies nun zusammenhängend tun und sich dabei gegen den erhobenen Vorwurf verteidigen. Zumeist werden auch schon während dieser Vernehmung des Betroffenen zur Sache die sich in den Akten befindenden Unterlagen (Unfallskizzen, Messprotokolle, Radarfotos usw.) in die Erörterungen einbezogen.
Ist die Vernehmung des Betroffenen zur Sache beendet, werden nacheinander einzeln die Zeugen angehört. Nachdem das Gericht mit der Befragung eines Zeugen fertig ist, erhalten der Betroffene selbst und ggf. sein Verteidiger die Gelegenheit, dem Zeugen Fragen zu stellen.
Sind alle vorhandenen Beweismittel erschöpft worden, schließt das Gericht die Beweisaufnahme. An diesem Punkt der Verhandlung ergibt sich oftmals die Möglichkeit, mit dem Gericht überschlägig das bisherige Beweisergebnis zu beurteilen, insbesondere zu erfahren, inwieweit das Gericht sich eine Meinung zu dem Verstoß und seiner Schwere gebildet hat.
Sollte das Gericht meinen, dass zwar ein Verstoß vorliegt, dieser aber nicht unbedingt mit einer Verurteilung zu einer Geldbuße geahndet werden muss, so kann es das gesamte Verfahren einstellen.
Es kann aber auch sein, dass das Gericht meint, dass nicht nur der Verstoß bewiesen ist, sondern dass sich Umstände ergeben haben, die eher zu einer Verschärfung gegenüber dem Bußgeldbescheid Anlass geben; dann sollte das auch im Bußgeldverfahren geltende Fairnessgebot dazu führen, dass das Gericht auf diese Gefahr aufmerksam macht und dem Betroffenen so die Möglichkeit einräumt, seinen Einspruch zurück zu nehmen. Erzwingbar ist eine derartige Vorabeinschätzung aber nicht. Hier liegt ggf. die Aufgabe des Anwalts, aus seiner Erfahrung zu beurteilen, ob eine Verschlechterung droht, und dann seinen Mandanten auch auf diese Gefahr und die Rücknahmemöglichkeit hinzuweisen.
Wird weder das Verfahren nicht eingestellt noch der Einspruch zurückgenommen, so hat nun der Betroffene (ggf. über seinen Verteidiger) die Möglichkeit, ein Plädoyer in seiner Sache zu halten und zu versuchen, das Gericht davon zu überzeugen, dass der ihm vorgeworfene Verstoß nicht zutrifft oder doch zumindest mit einer niedrigeren Geldbuße als im Bußgeldbescheid geahndet werden sollte.
Nachdem dies geschehen ist, zieht sich das Gericht zur abschließenden Beurteilung der Angelegenheit zurück. Hat es seine Entscheidung getroffen, wird diese sodann sofort verkündet und auch kurz mündlich begründet.
Als Entscheidungen kommen in Betracht:
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ein Beschluss, mit dem das Verfahren eingestellt wird, oder
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ein Urteil.
Das Urteil kann ein Freispruch sein; es kann auch eine Verurteilung sein. Eine Verurteilung kann niedriger sein als im Bußgeldbescheid (Urteile zu einer Geldbuße von weniger als 40 € führen zu keiner Punktebewertung, sofern die Herabsetzung nicht allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen ist); eine Verurteilung kann genau dem Bußgeldbescheid entsprechen, sie kann aber auch höher ausfallen. Es kann auch ein Fahrverbot in Fortfall kommen und dafür die Geldbuße erhöht werden. Es kann aber nicht einfach zusätzlich zum Bußgeldbescheid ein Fahrverbot verhängt werden, ohne den Betroffenen über diese Möglichkeit ausdrücklich vorher zu belehren (und ihm damit die Möglichkeit zu geben, seinen Einspruch zurück zu nehmen).
Abschließend wird dem Betroffenen im Falle einer Verurteilung noch eine Rechtsmittelbelehrung erteilt.