Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Bremen Beschluss vom 15.01.2018 - 5 V 35/18 - Zuverlässigkeit und Taxikonzession

VG Bremen v. 15.01.2018: Zuverlässigkeit und Taxikonzession


Das Verwaltungsgericht Bremen (Beschluss vom 15.01.2018 - 5 V 35/18) hat entschieden:

1. Die fehlende bzw. mangelhafte Dokumentation von Fahrten zur Personenbeförderung anhand von Schichtzetteln durch die Angestellten eines Taxiunternehmens vermag die Unzuverlässigkeit des Taxiunternehmers zu begründen (Fortführung VG Bremen, Beschluss vom 25.04.2016 - 5 V 832/16).

2. Die ordnungsgemäße Führung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen ist keine lediglich steuerrechtlich verwertbare Vorgabe.

3. Ein die Unzuverlässigkeit eines Taxiunternehmers begründender schwerer Verstoß gegen abgabenrechtliche Pflichten gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d) PBZugV liegt jedenfalls dann vor, wenn erhebliche Mängel und Lücken in der Dokumentation der Einnahmeursprungsaufzeichnungen den Verdacht einer Verschleierung von "Schwarzfahrten" begründen.



Siehe auch

Personenbeförderung - Fahrgastbeförderung

und

Die Erteilung, Verlängerung und der Widerruf von Taxigenehmigungen - Taxikonzessionen


Gründe:


I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer vorläufigen Taxigenehmigung.

Der Antragsteller betreibt einen Taxibetrieb mit drei Taxen in Bremen. Da seine bisherige Genehmigung für den Verkehr mit Taxen am 06.01.2018 ablief, beantragte er am 24.11.2017 die erneute Erteilung einer entsprechenden Genehmigung gem. § 47 PBefG.

Mit Bescheid vom 04.01.2018 lehnte der den Antrag des Antragstellers ab. Eine Prüfung der Angaben in den Schichtzetteln habe ergeben, dass für den Zeitraum vom 07.01.2017 bis 31.01.2017 keine Schichtzettel geführt worden seien. Bei den Schichtzetteln ab Februar 2017 seien zahlreiche Lücken und teilweise unplausible Angaben festgestellt worden. Diese Umstände ließen eine hinreichende Führung und Kontrolle des Unternehmens vermissen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass bei der Antragstellung vollständige und richtige Angaben gemacht worden seien. Eine positive Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit könne nicht mehr erfolgen, da hinreichende Anhaltspunkte der Schädigung der Allgemeinheit durch die mangelnde Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten bestünden.

Am 05.01.2018 legte der Antragsteller hiergegen Widerspruch bei dem ein. Zugleich hat er den vorliegenden Eilantrag gestellt, mit dem er die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, ihm eine Genehmigung zur Ausführung des Verkehrs mit Taxen vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Widerspruchsverfahren, bzw. einer sich daran anschließenden Hauptsache, höchstens bis zum 06.01.2023, zu erteilen. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass es in der Vergangenheit nie Probleme bei der Erteilung der Genehmigung gegeben habe. Im Januar 2017 sei die Genehmigung erstmals mit der Auflage der von den Fahrern auszufüllenden Schichtzettel erteilt worden. Er habe vorher keine entsprechenden Schichtzettel geführt, so dass der Betrieb entsprechend umzustellen gewesen sei und die Schichtzettel ab dem 01.02.2017 zur Verfügung gestanden hätten. Zur Einhaltung der Vorgaben habe er seinen Mitarbeiter, Herrn … damit beauftragt, die Schichtzettel zu überprüfen bzw. die Fahrer in ihre Pflichten einzuweisen. Wie genau die Schichtzettel auszufüllen gewesen seien, habe er nicht gewusst. Ihm sei auch nicht bewusst gewesen, dass wenn hin und wieder eine Angabe fehle, dies zu einer Genehmigungsversagung führen könne. Dahingehende Vorankündigungen von Seiten der Antragsgegnerin habe es nicht gegeben. In vielen der beanstandeten Fälle, insbesondere beim Gesamtkilometerstand, könnten die fehlenden Angaben ohne weiteres nachgebessert werden, ohne dass sich hierbei eine Manipulation der Schichtzettel ergebe. Er habe die Schichtzettel auch stets nur so verstanden, dass es um eine grobe Übersicht zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Betriebes gehen solle. Tatsächlich handele es sich um eine rein steuerrechtliche Erhebung. Er zahle jedoch seine Steuern und gegen ihn liege kein negativer Bescheid vor. Für die Annahme einer Unzuverlässigkeit gem. § 1 PBZugV müssten schwere Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten vorliegen, an denen es hier fehle. Festgestellt worden seien lediglich kleinere Unregelmäßigkeiten, die ohne weiteres nachgebessert werden könnten. Die beantragte Genehmigung zu versagen, sei vor diesem Hintergrund völlig unverhältnismäßig. Bei drei Taxen und zwei Schichten ergäben sich rund 2.100 Schichtzettel pro Jahr, es bleibe unklar, ab welcher Anzahl und Qualität von Falscheintragungen die Genehmigung zu versagen sei. Zudem habe er in zwei seiner Taxen bereits digitale Taxameter eingebaut. Spätestens ab Mai / Juni 2018 solle eine elektronische Abrufung der Taxameter aller drei Fahrzeuge erfolgen, die direkt dem Finanzamt zur Verfügung gestellt werde.

Die Antragsgegnerin tritt dem Eilantrag entgegen. Zur Begründung bezieht sie sich auf den Ablehnungsbescheid vom 04.01.2018 und führt ergänzend an, dass der Antragsteller bereits in einem Telefonat am 30.12.2016 darauf hingewiesen worden sei, dass die Daten aus dem Taxameter benötigt würden und ihm die Konzession zuletzt nur für ein Jahr erteilt worden sei, da er zuvor keinerlei Einnahmeursprungsaufzeichnungen z.B. in Form von Schichtzetteln geführt habe. In einer Gesamtschau der fehlenden und falschen Eintragungen in den Schichtzetteln sei sie zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich hier um schwerwiegende Verstöße handele, die zur Unzuverlässigkeit des Antragstellers führten. Sowohl der späte Start zum 01.02.2017 als auch die Verteilung der Mängel über alle Fahrzeuge und den gesamten Zeitraum zeigten, dass der Antragsteller nicht in der Lage sei, ein zuverlässiges Aufzeichnungssystem in seinem Betrieb zu implementieren. Ein Nachbessern der Schichtzettel sei nicht sinnvoll, da die Eintragungen auf den abgelesenen Werten und nicht auf nachträglichen Berechnungen oder gar Schätzungen beruhen sollten.

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Er ist gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft, ohne dass § 15 Abs. 4 Alt. 1 PBefG dem entgegensteht. Zwar schließt die Vorschrift die Erteilung einer vorläufigen Genehmigung grundsätzlich aus. Dieses Verbot ist indes verfassungskonform insoweit zu reduzieren, als das Gericht im Lichte der Garantie des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG im Eilverfahren die Hauptsache teilweise vorwegnehmen und die Antragsgegnerin verpflichten kann, einstweilen eine zeitlich begrenzte Genehmigung zu erteilen. Dies gilt jedenfalls bei der Wiedererteilung bereits bestehender Genehmigungen. Wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache darf die Antragsgegnerin zwar nicht zur Erteilung der Genehmigung für die volle Dauer von fünf Jahren (§ 16 Abs. 3 PBefG) verpflichtet werden; es ist jedoch zulässig, die Genehmigung zu befristen (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 03. November 2011 – 3 Bs 182/11 –, Rn. 6, juris; VG Bremen, Beschluss vom 25. April 2016 – 5 V 832/16 –, Rn. 14, juris).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründet, glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist darüber hinaus grundsätzlich Voraussetzung, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.

Der Antragsteller hat schon einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Genehmigung gem. §§ 12, 13 und 15 i. V. m. § 47 PBefG für die Durchführung des Verkehrs mit Taxen. Danach ist auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 PBefG die Genehmigung zwingend zu erteilen. Liegt keiner der gesetzlich vorgesehenen Versagungsgründe vor, vermitteln die Vorschriften einen Rechtsanspruch auf Genehmigungserteilung (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 1988 - 7 C 94.86 -, juris Rn. 7 ff.; Beschluss vom 31. Januar 2008 - 3 B 77.07 -, juris Rn. 10). Auch im Falle der Wiedererteilung der Genehmigung gelten verfahrensrechtlich und materiell-​rechtlich grundsätzlich die gleichen Vorschriften wie für einen erstmals gestellten Antrag.

Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PBefG erfüllt sind, also die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit des Betriebs gewährleistet sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1), keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) und der Genehmigungsinhaber als Unternehmer oder die für die Führung der Geschäfte bestellte Person fachlich geeignet ist (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3).

Vorliegend liegen Tatsachen vor, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer dartun. Zielrichtung des Kriteriums der Zuverlässigkeit bzw. Unzuverlässigkeit eines Beförderungsunternehmers ist es, solche Unternehmer von dieser gewerblichen Tätigkeit auszuschließen, bei denen zu erwarten ist, dass sie den ihnen nach dem Personenbeförderungsgesetz und nach den auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegenden Pflichten nicht nachkommen werden oder bei denen beim Betrieb des Unternehmens Schäden und Gefahren für die Allgemeinheit zu befürchten sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2008 - 13 A 8/07 -, juris Rn. 30). Der Begriff der Zuverlässigkeit wird konkretisiert durch § 1 Abs. 1 der auf § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PBefG beruhenden Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) vom 15. Juni 2000 (BGBl. I S. 851) in der Fassung der letzten Änderung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474). Danach gelten der Unternehmer und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen als zuverlässig im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden. Solche Anhaltspunkte sind insbesondere anzunehmen bei schweren Verstößen gegen abgabenrechtliche Pflichten, die sich aus unternehmerischer Tätigkeit ergeben (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d) PBZugV). Da für die berücksichtigungsfähigen Anhaltspunkte keine abschließende Regelung (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 PBZugV "insbesondere") besteht, ist für die an dem Gesamtverhalten und der Persönlichkeit des Betroffenen auszurichtende Zuverlässigkeitsprognose maßgeblich, ob dieser willens in der Lage ist, die einschlägigen Vorschriften zu beachten, wobei wegen der ihm anvertrauten Schutzgüter ein strenger Maßstab anzulegen ist und sich die Annahme der Unzuverlässigkeit auch aus einer Häufung von im Einzelnen nicht so schwerwiegenden Verstößen ergeben kann (vgl. OVG Berlin-​Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – OVG 1 S 35.12 –, Rn. 7, juris). Bei dem Begriff des „schweren Verstoßes“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. OVG Hamburg, Beschlüsse vom 24. Juni 2009 - 3 Bs 57/09 -, juris Rn. 30 und vom 3. November 2011 - 3 Bs 182/11 -, juris Rn. 9). Ob die nach diesen Kriterien und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie der Zielrichtung der einschlägigen Bestimmungen erfolgte prognostische Einschätzung der Zuverlässigkeit des Betroffenen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG gerechtfertigt ist, ist schließlich vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass die Versagung einer Genehmigung ebenso wie ein Berufsverbot tief in das Recht der freien Berufswahl und zugleich in die private und familiäre Existenz eingreift und solche Einschränkungen verfassungsrechtlich nur zulässig sind, wenn und solange sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter notwendig sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2008 - 13 A 8/07 -, juris Rn. 29).

Diesen Maßstab zugrunde gelegt, liegt die Unzuverlässigkeit des Antragstellers mit einer für das Eilrechtsschutzverfahren ausreichenden Sicherheit darin begründet, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d) PBZugV gegen die abgabenrechtlichen Pflichten, die sich aus seiner unternehmerischen Tätigkeit ergeben, verstößt und damit die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 PBZugV schädigt.

Der Antragsteller hat es nicht vermocht, die sich aus dem Vortrag der Antragsgegnerin und insbesondere aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlichen Gesamtumstände des Falles ergebenden Tatsachen zu entkräften, die geeignet sind, seine Unzuverlässigkeit darzutun.

a) Der Antragsteller hat keine ordnungsgemäßen Einnahmeursprungsaufzeichnungen (sog. Schichtzettel) geführt, die den Anforderungen aus § 22 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes und den §§ 63 ff. der Umsatzsteuer-​Durchführungsverordnung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. Urteil vom 26. Februar 2004 - XI R 25/02 - BFHE 205, 249) genügen und von denen die obergerichtliche Rechtsprechung für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten durch Taxiunternehmen und ihren Verantwortlichen ausgeht (vgl. OVG Berlin-​Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – OVG 1 S 35.12 –, Rn. 9, juris m. w. N.). Aus derartigen Aufzeichnungen, die auch Gegenstand der Prüfungsaufgaben der Genehmigungsbehörde sind, müssen sich die jeweiligen Fahrer, die Daten einer Schicht, Schichtbeginn und -ende, "Total- und Besetztkilometer", die gefahrenen Touren, die Fahrpreise, die Tachostände, die Fahrten ohne Uhr, die Gesamteinnahmen, die Lohnabzüge und sonstigen Abzüge, die verbleibenden Resteinnahmen und die an den Unternehmer abgelieferten Beträge ergeben (vgl. FG Köln, Beschluss vom 27. August 2013 – 3 V 3747/12 –, Rn. 55, juris m. w. N). Dies ist bei den von dem Antragsteller vorgelegten Schichtzetteln nicht der Fall. Zunächst fehlen solche Schichtzettel für den Zeitraum vor dem 01.02.2017 vollständig. Die für die Folgezeit vorgelegten Schichtzettel weisen teilweise erhebliche Fehler auf. Dies wurde von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 04.01.2018 im Einzelnen dargelegt. Insbesondere wurde, neben anderen unplausiblen Angaben, wiederholt der Gesamtkilometerstand laut Taxameter und/oder der Tachostand nicht dokumentiert und verschiedene Anfangsstände trotz fortlaufender Zählung mit „0“ angegeben. Nur vollständige tägliche Aufzeichnungen - inklusive der Gesamtkilometerstände bei Schichtbeginn und -ende - weisen eine Dokumentationsdichte auf, anhand derer die Plausibilität der Einnahmen zuverlässig nachvollziehbar ist und die zudem einen hohen Manipulationsaufwand erfordern würde, weil die Kilometerzählerstände der Fahrzeuge täglich auf den Wert der angeblich gefahrenen geringeren Strecke zurückgesetzt werden müssten. Dass Aufzeichnungen der erforderlichen Einnahmeursprungsdaten durch den Antragsteller lediglich unvollständig und zum Teil fehlerhaft erfolgt sind, stellt einen schweren Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften im Sinne des Personenbeförderungsrechts dar (vgl. OVG Berlin-​Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – OVG 1 S 35.12 –, a.a.O.).

b) Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller bereits im vorangegangenen Genehmigungsverfahren, das in die Erteilung der Genehmigung vom 06.01.2017 mündete, die Genehmigung nur mit der Auflage erteilt hatte, Schichtzettel zu führen, was der Antragsteller zuvor, obwohl er nach der einschlägigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung dazu verpflichtet gewesen wäre, nach seinem eigenen Vortrag nicht getan hatte. Zudem ist in dem Schreiben des Senators für Umwelt, Bau und Verkehr an alle Taxiunternehmer vom 06.12.2016, das ausweislich der Behördenakte auch gegenüber dem Antragsteller bekannt gegeben wurde, darauf hingewiesen worden, dass zukünftig in den Genehmigungsverfahren die Vorlage von Schichtzetteln verlangt werde, um sich ein eigenes Urteil über die ordnungsgemäße Betriebsführung und die Zuverlässigkeit des Unternehmers zu bilden. Auch in diesem Schreiben wurde auf den der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entnommenen Mindestinhalt der Schichtzettel hingewiesen. Dementsprechend wurde der Antragsteller ausweislich des Aktenvermerks vom 30.12.2016 telefonisch von einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin erneut darauf aufmerksam gemacht, dass für die Zuverlässigkeitsprüfung die Daten aus dem Taxameter benötigt würden. In diesem Kontext erteilte der unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Genehmigung vom 06.01.2017 nur noch für den Zeitraum von einem Jahr und mit der Auflage, dass für den Genehmigungszeitraum Schichtzettel zu führen seien, die konkret benannte Mindestangaben enthalten müssen. Dem Vortrag des Antragstellers, es habe zuvor nie Probleme mit seiner Zuverlässigkeit im Rahmen der Genehmigungsverfahren gegeben und er habe nicht damit rechnen können, dass die Anforderung ordnungsgemäß geführter Schichtzettel zu einer Versagung der Genehmigung habe führen können, kann daher nicht gefolgt werden. Vielmehr war es so, dass der Betrieb des Antragstellers nach der nur unter Auflagen erteilten Genehmigung aus Januar 2017 nur noch auf „Bewährung“ erfolgte. Der Antragsteller hat den mit der Genehmigung aus dem Jahr 2017 entgegengebrachten Vertrauensvorschuss der Antragsgegnerin jedoch nicht genutzt, sondern vielmehr weiterhin keine ordnungsgemäßen Schichtzettel geführt und damit gegen seine abgabenrechtlichen Pflichten verstoßen. Unter Berücksichtigung der dargestellten Entwicklung des Verfahrensganges, erscheint die Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller die Genehmigung nunmehr zu versagen, auch nicht als unverhältnismäßig.

c) Entgegen der Auffassung des Antragstellers vermag auch die von ihm vorgeschlagene Nachbesserung bzw. Ergänzung der Schichtzettel an der festgestellten Unzuverlässigkeit nichts zu ändern. Die Schichtzettel dienen als Einnahmeursprungsaufzeichnungen gerade dazu, den Nachweis der ordnungsgemäßen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten zu führen. Die Anforderung besteht insoweit gerade in der ordnungsgemäßen Führung von Einnahmeursprungsaufzeichnungen. Fehlende oder falsche Schichtzettel begründen den Verdacht, dass "Schwarzfahrten" verschleiert werden sollen. Durch die darin liegende Verkürzung der Steuerlast wird die Allgemeinheit in erheblichem Maße geschädigt (VG Bremen, Beschluss vom 25. April 2016 – 5 V 832/16 –, Rn. 21, juris). Um dieser Nachweisfunktion zu genügen und Manipulationen auszuschließen, sind grundsätzlich vollständige tägliche Aufzeichnungen - inklusive der Gesamtkilometerstände bei Schichtbeginn und -ende - erforderlich (vgl. OVG Berlin-​Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2012 – OVG 1 S 35.12 –, a.a.O.). Bei der vorgeschlagenen Ergänzung des Endkilometerstandes eines Tages anhand des Kilometerstandes zu Beginn des Folgetages, wäre dies gerade nicht gewährleistet.

d) Hieran ändert auch die von dem Antragsteller in Aussicht gestellte elektronische Übermittlung der Daten aus dem Taxameter an das Finanzamt nichts. Zwar hat der in dem letzten Genehmigungsbescheid vom 06.01.2017 unter der formulierten Auflage darauf hingewiesen, dass alternativ auch elektronische Aufzeichnungen (Fiskaltaxameter) möglich seien. Diese Möglichkeit hat der Antragsteller hier jedoch gerade nicht gewählt, sondern sich zunächst für die Dokumentation durch Schichtzettel in Papierform entschieden, die unzureichend erfolgte.

e) Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei den Angaben in den Schichtzetteln auch nicht nur um eine rein steuerrechtlich verwertbare Erhebung. Zwar wird in der Rechtsprechung teilweise angenommen, dass allein aus Verstößen gegen steuerrechtliche Buchführungsvorschriften noch nicht ohne weiteres ein schwerer Verstoß gegen abgabenrechtliche Vorschriften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d) PBZugV angenommen werden könne (OVG Rheinland-​Pfalz, Beschluss vom 31. März 2015 – 7 B 11168/14 –, Rn. 26, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 24. Juni 2009 – 3 Bs 57/09 –, Rn. 54, juris). Auch diese Rechtsprechung erkennt jedoch an, dass die Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten sowie das Erzielen unversteuerter Einnahmen durch „Schwarzfahrten“ jeweils für sich genommen die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigen können. So liegt der Fall hier. Wie bereits dargestellt, begründen fehlende oder falsche Schichtzettel den Verdacht, dass „Schwarzfahrten“ verschleiert werden sollen. Liegen Dokumentationsmängel in der hier gegebenen Häufigkeit vor, erschöpft sich der die Unzuverlässigkeit begründende Vorwurf gerade nicht in einer Verletzung bloßer Buchführungsvorschriften, sondern erstreckt sich auf den Verdacht, dass durch die unzureichende Buchführung „Schwarzfahrten“ verschleiert werden. Insoweit weist der Antragsteller zwar zutreffend darauf hin, dass eine klare Grenze für die Anzahl der unzureichend ausgefüllten Schichtzettel nicht definiert ist. In dem vorliegenden Fall ist jedoch insbesondere wegen der ohne zureichenden Grund erst im Februar 2017 aufgenommenen Dokumentation und der Vielzahl der in dem Folgezeitraum festgestellten Mängel in einer Gesamtschau die Annahme eines schweren Verstoßes im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d) PBZugV gerechtfertigt.

Nach alldem geht die Kammer davon aus, dass der Antragsteller weder willens noch in der Lage ist, die einschlägigen Vorschriften des Personenbeförderungsrechts zu beachten.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht legt dabei Ziffer 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2013) zugrunde. Für das Hauptsacheverfahren wäre demnach ein Streitwert von 15.000,- Euro anzusetzen. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nimmt das Gericht die Hälfte des in der Hauptsache zu beziffernden Streitwertes an. Dies ist hier nach § 52 Abs. 1 GKG geboten, da der Antragsteller im Eilverfahren nur eine kurz befristete Genehmigung erwirken kann und die Bedeutung der Sache daher hinter der des Hauptsacheverfahrens zurückbleibt (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 25. April 2016 – 5 V 832/16 –, Rn. 24, juris).

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