Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgerichtshof München Beschluss vom 18.07.2018 - 11 ZB 18.924 - Keine Taxikonzession für Hartz-IV-Empfänger

VGH München v. 18.07.2018: Keine Taxikonzession für Hartz-IV-Empfänger


Der Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 18.07.2018 - 11 ZB 18.924) hat entschieden:

1. Einem Harz-IV-Empfänger ist die Genehmigung für den Taxenverkehr mit 3 Taxen wegen persönlicher Unzuverlässigkeit aufgrund finanzieller Leistungsunfähigkeit zu versagen.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 21.12.2009 – 1 BvR 812.09 – NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057.11 – BVerfGE 134, 106/118). Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind.



Siehe auch

Die Erteilung, Verlängerung und der Widerruf von Taxikonzessionen

und

Die Berufung im Verwaltungsstreitverfahren


Gründe:


I.

Der Kläger begehrt die Erteilung von Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit drei Taxen.

Am 9. April 2015 beantragte er beim Landratsamt Neu-​Ulm (im Folgenden: Landrats-​amt) die Erteilung von Taxigenehmigungen für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen NU-​..., NU-​... und NU-​.... Am 15. und 29. Mai 2015 legte er verschiedene Unterlagen vor (Eigenkapitalbescheinigung, Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft Transport und Verkehrswirtschaft, der AOK Bayern, sowie der Städte Neu-​Ulm und Ulm, Bescheinigung des Finanzamts Ulm). Mit Schreiben vom 28. Mai 2015, beim Landratsamt eingegangen am 1. Juni 2015 bestätigte das Finanzamt Neu-​Ulm, dass derzeit keine Steuerrückstände bestünden, die Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Quartal 2015 aber noch ausstehe. Am 9. Juni 2015 legte der Kläger nochmals eine Bescheinigung des Finanzamts Ulm vor, mit der bestätigt wird, dass keine Steuerrückstände bestehen.




Das Landratsamt holte ein Führungszeugnis ein, das am 4. Mai 2015 einging und in dem zwei Verurteilungen eingetragen waren. Das Amtsgericht Neu-​Ulm hatte den Kläger am 2. Mai 2007, rechtskräftig seit 7. Februar 2008, wegen Betrugs zu einer Freiheitstrafe von fünf Monaten und am 20. Oktober 2014, rechtskräftig seit 3. Februar 2015, wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 15 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt.

Das Finanzamt Neu-​Ulm teilte am 7. Juli 2015 auf Nachfrage des Landratsamts mit, der Kläger habe Steuerschulden in Höhe von 1.335,- Euro. Die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten seit 2013 regelmäßig wegen Nichtabgabe von Amts wegen geschätzt werden müssen. Nach Aktenlage könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger künftig seine steuerlichen Pflichten erfüllen werde. Die AOK Baden-​Württemberg teilte mit Schreiben vom 9. Juli 2015 mit, der Kläger habe einen Rückstand an Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Nebenkosten für die Zeit ab Januar 2002 bis Februar 2015 in Höhe von 26.162,34 Euro. Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft teilte am 13. Juli 2015 mit, der Kläger habe einen Beitragsrückstand von 533,99 Euro. Ein Lohnnachweis sei seit Beginn der Mitgliedschaft nicht eingereicht worden. Die Beitragszahlungen erfolgten immer verspätet.

Nach Anhörung lehnte das Landratsamt die Erteilung der beantragten Genehmigungen mit Bescheid vom 2. September 2015, zugestellt am 5. September 2015, ab. Der Kläger sei unzuverlässig, da er wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften rechtskräftig verurteilt worden sei, schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen begangen habe und schwere Verstöße gegen abgaberechtliche Pflichten vorliegen würden. Er biete nicht die Gewähr, dass bei der Führung des Unternehmens die geltenden Vorschriften eingehalten würden und die Allgemeinheit nicht geschädigt oder gefährdet werde.

Den dagegen erhobenen Widerspruch hat die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2017 zurückgewiesen. Die Versagung der Genehmigungen wegen Unzuverlässigkeit sei rechtmäßig. Es könne dahinstehen, ob alleine die Verurteilung vom 20. Oktober 2014 bereits die Anforderungen an einen schweren Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften erfülle. Die Würdigung der Gesamtpersönlichkeit ergebe, dass wegen gehäufter Vorkommnisse in Form von Verstößen gegen strafrechtliche, personenbeförderungsrechtliche und sonstige Vorschriften, nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger sich in Zukunft rechtskonform verhalten werde.

Die gegen den Bescheid vom 2. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2017 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 20. März 2018 abgewiesen. Dem Kläger könnten Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen nicht erteilt werden, da seine finanzielle Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei. Mit Beschluss vom 20. April 2017 habe das Amtsgericht Ulm – Insolvenzgericht – den Antrag der DAK-​Gesundheit vom 2. Dezember 2015 auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt. Der Kläger sei nach eigenen Angaben zahlungsunfähig und es bestünden erhebliche Rückstände an Beiträgen zur Sozialversicherung. Darüber hinaus würden Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Klägers als Unternehmer begründeten. Es könne dabei offen bleiben, ob die Verurteilung vom 2. Mai 2007 wegen Betrugs nach Ablauf der zehnjährigen Tilgungsfrist noch verwertet werden dürfe. Die Verurteilung vom 20. Oktober 2014 könne jedenfalls weiterhin verwertet werden, obwohl sie nicht mehr in ein Führungszeugnis aufzunehmen sei.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, bei der Verurteilung aus dem Jahr 2014 handele es sich nicht um schwere Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften. Zugleich sei die Kammer ohne Begründung davon ausgegangen, es handele sich dabei um schwere Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten. Dies sei widersprüchlich. Zudem habe das Verwaltungsgericht Rechtsverstöße vom 1. Oktober 2003 bis 23. Oktober 2007 herangezogen. Dies sei unzulässig, da nur Verurteilungen verwertet werden dürften, die in ein Führungszeugnis für Behörden aufzunehmen seien. Zudem seien Vorgänge aus den Jahren 2015 und 2016 zur Grundlage der Entscheidung gemacht worden, bei denen es sich nicht um schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der darauf beruhenden Rechtsverordnungen handele. Ergänzend trug der Kläger vor, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils würden sich auch daraus ergeben, dass die Kammer davon ausgehe, beim Kläger sei die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht gegeben. Die Genehmigungsbehörde habe zwar entsprechende Auskünfte eingeholt, den Bescheid darauf aber nicht gestützt. Die Kammer setze ihre Sicht an die Stelle der Genehmigungsbehörde, der alle maßgeblichen Umstände bekannt gewesen seien. Es hätte zumindest ein Hinweis nach § 139 ZPO gegeben werden müssen, da dieser Gesichtspunkt dem Kläger nicht wichtig erschienen sei, nachdem der Bescheid darauf auch nicht gestützt sei. Bei rechtzeitigem Hinweis hätte er versucht, mit den Gläubigern eine Absprache zu treffen. Es bestünden auch Zweifel daran, ob § 2 PBZugV rechtmäßig sei. Leistungsfähig sei ein konturloser Begriff, der eine Vielzahl von Aspekten enthalten könne. Die Ermächtigungsgrundlage in § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG sei zu allgemein und überlasse dem Verordnungsgeber ohne nachprüfbare Vorgaben eine beliebige Ausgestaltung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.


II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegrün-​dung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungs-​verfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-​VI-​04 – VerfGH 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-​VI-​14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht.




1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 21.12.2009 – 1 BvR 812.09 – NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057.11 – BVerfGE 134, 106/118). Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7). Diese Voraussetzungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger könne zum einen nicht als hinreichend leistungsfähig gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Personenbeförderungsgesetzes vom 8. August 1990 (PBefG, BGBl I S. 1690), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl I S. 2808), i.V.m. § 2 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. Juni 2000 (PBZugV, BGBl I S. 851), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl I S. 1474), angesehen werden. Zum anderen sei er auch unzuverlässig i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG i.V.m. § 1 PBZugV. Die mangelnde Leistungsfähigkeit beruhe darauf, dass das Amtsgericht Ulm mit Beschluss vom 20. April 2017 den Antrag der DAK-​Gesundheit vom 2. Dezember 2015 auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt habe. Das Amtsgericht sei aufgrund eines Sachverständigengutachtens und der eigenen Angaben des Klägers davon ausgegangen, dass der Kläger zahlungsunfähig sei. Mit dieser Argumentation des Verwaltungsgerichts setzt sich die Antragsbegründung nicht hinreichend auseinander. Die Behauptung, der Kläger hätte eine entsprechende Absprache mit der DAK-​Gesundheit getroffen, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass dies wichtig sei, entbehrt jeder Grundlage. Der Kläger hat schon nicht dargelegt, dass er in der Lage wäre, z.B. auf der Basis einer Ratenzahlungsvereinbarung, seine Außenstände bei der DAK-​Gesundheit zu begleichen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er ausgeführt, er lebe von Hartz-​IV-​Leistungen und habe bisher keine Anstellung gefunden. Es ist nicht ersichtlich, wie er in dieser Situation Schulden in erheblicher Höhe zurückzahlen könnte.

Soweit der Kläger meint, das Verwaltungsgericht hätte nicht auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit abstellen dürfen, da das Landratsamt und die Widerspruchsbehörde die Leistungsfähigkeit nicht als Versagungsgrund herangezogen hätten, trifft dies nicht zu. Er hat eine Verpflichtungsklage erhoben und die Erteilung einer Genehmigung beansprucht. Das Verwaltungsgericht war deshalb nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG eine Voraussetzung für die Genehmigungserteilung und musste daher zwingend geprüft werden. Dem Kläger war dies auch bewusst, denn er hat in der mündlichen Verhandlung eine aktuelle Eigenkapitalbescheinigung über 5.000,- Euro nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 PBZugV der Volksbank ... vorgelegt.

Gegen die Rechtmäßigkeit des § 2 PBZugV hat der Kläger keine durchgreifenden Bedenken vorgebracht. Die Behauptung, die Ermächtigungsgrundlage des § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG sei zu allgemein, setzt sich weder mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Unbestimmtheit einer Ermächtigungsgrundlage nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auseinander (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 21.9.2016 – 2 BvL 1/15 – BverfGE 143, 38; BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 2 C 31.15 – BVerwGE 157, 54) noch mit dem Umstand, dass in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG die Notwendigkeit der Leistungsfähigkeit des Betriebs gesetzlich geregelt ist und die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr nur eine nähere Konkretisierung dieses Begriffs vornimmt, aber nicht selbst diese Genehmigungsvoraussetzung begründet. Eine solche Auseinandersetzung wäre aber erforderlich gewesen, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

2. Es kommt im Weiteren nicht darauf an, ob der Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen sind, dass der Kläger auf Grundlage der rechtskräftig abgeurteilten Straftaten und weiterer Verstöße gegen personenbeförderungsrechtliche und sonstige Vorschriften persönlich unzuverlässig i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG i.V.m. § 1 PBZugV ist. Da die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 PBefG für eine Genehmigungserteilung kumulativ vorliegen müssen und gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger sei finanziell nicht hinreichend leistungsfähig keine durchgreifenden Berufungszulassungsgründe vorgebracht sind, kommt eine Zulassung der Berufung insgesamt nicht in Betracht. Die in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortete Frage, ob Eintragungen im Bundeszentralregister, die nicht mehr in ein Führungszeugnis nach §§ 30 ff. BZRG aufzunehmen sind, das nach § 12 Abs. 3 Satz 1 PBefG von der Genehmigungsbehörde verlangt werden kann, noch verwertet werden können, ist im vorliegenden Verfahren deshalb nicht entscheidungserheblich.

3. Ein Verfahrensfehler nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht hinreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und liegt auch nicht vor. Eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 138 Nr. 3 VwGO in Form einer Überraschungsentscheidung ist nicht gegeben. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter – selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen – nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, B.v. 1.8.2017 – 2 BvR 3068/14 – NJW 2017, 3218 = juris Rn. 51 f., B.v. 29.5.1991 – 1 BvR 1383/90 – juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D u.a. – juris Rn. 9, B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Davon kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht – wie hier – Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt oder aus ihnen Schlussfolgerungen zieht, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entsprechen oder von ihm für unrichtig gehalten werden (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2017 a.a.O.; B.v. 2.5.2017 a.a.O.; vgl. BVerfG, B.v. 4.8.2004 – 1 BvR 1557/ 01 – juris Rn. 17 a.E.). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) garantiert lediglich, sich zu dem gesamten, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht äußern zu können (BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D u.a. – juris Rn. 8 m.w.N.) und verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber, ihnen in der Sache zu folgen. Ferner ist das Gericht regelmäßig nicht verpflichtet, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Umstände in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und bewertet, weil die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung des Gerichts vorbehalten bleiben und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten entziehen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347/01, 1 PKH 46/01 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52 = juris Rn. 5).

Das Verwaltungsgericht hatte den Beschluss vom 20. April 2017 über die Einstellung des Insolvenzverfahrens angefordert und dem Kläger die Übersendung des Beschlusses durch das Amtsgericht mitgeteilt. Der Kläger konnte daher erkennen, dass das Gericht diesem Beschluss und damit dem Insolvenzverfahren ggf. Bedeutung zumisst. Er hat hierauf auch reagiert und in der mündlichen Verhandlung eine aktuelle Eigenkapitalbescheinigung vorgelegt. Es war ihm offensichtlich bewusst, dass seine finanzielle Leistungsfähigkeit für die Erteilung der begehrten Genehmigungen eine Rolle spielt. Der erstinstanzlich anwaltlich vertretene Kläger hatte auch Gelegenheit, sich in der mündlichen Verhandlung zu dem Insolvenzverfahren und der dort festgestellten Zahlungsunfähigkeit sowie den weiterhin bestehenden erheblichen Schulden zu äußern. Dass er diese Möglichkeit nicht wahrgenommen hat, führt nicht dazu, dass diese Informationen nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürften.

4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).




5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. der Empfehlung in Nr. 47.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, Anh. § 164 Rn. 14). Der Senat hält es aber für ermessensgerecht, hier dem Umstand, dass jede der drei beantragten (Einzel)Genehmigungen zwar jeweils eine eigenständige Bedeutung i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 5 ZPO hat, ihre (rechtliche) Verbindung zu einem Verkehr eines Unternehmens die Einzelbedeutung aber nicht unwesentlich relativiert, dadurch Rechnung zu tragen, dass hinsichtlich der weiteren Genehmigungen jeweils eine Halbierung des Werts vorzunehmen ist. Danach ist der Streitwert mit 1 x 15.000 Euro plus 2 x 7.500 Euro auf insgesamt 30.000 Euro zu bemessen (vgl. BayVGH, U.v. 7.5.2018 – 11 B 18.12 – juris Rn. 53; B.v. 17.1.2018 – 11 CS 17.2555 – juris Rn. 16). Die Befugnis zur Änderung des Streitwertbeschlusses in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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