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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss vom 18.03.2019 - 2 Rb 9 Ss 852/18 - Abzug von Aufwendungen bei der Verfallsanordnung

OLG Karlsruhe v. 18.03.2019: Zum Abzug von Aufwendungen bei der Verfallsanordnung


Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 18.03.2019 - 2 Rb 9 Ss 852/18) hat entschieden:

   Aufgrund der Neugestaltung des § 29a OWIG ist das erlangte Etwas, dessen Wert nach § 29a OWIG n.F. der Einziehung unterliegen kann, in zwei Schritten zu ermitteln, wobei in einem ersten Schritt das Erlangte im Sinne von § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG rein gegenständlich und einem zweiten Schritt der Wert bzw. Umfang des Erlangten auf der Grundlage einer wertenden Betrachtungsweise zu bestimmen ist. Es sind solche Aufwendungen bei der Bestimmung des Erlangten abzuziehen, bei denen der Täter (oder Teilnehmer) das Verbotene des Geschäfts lediglich fahrlässig verkannt hat, so dass die Aufwendungen nicht „bewusst (vorsätzlich)“ für eine Straftat getätigt wurden.


Siehe auch
Die Verfallsanordnung im Bußgeldverfahren
und
Überladung - Ladegewicht - Zuladung


Gründe:


I.

Das Amtsgericht Maulbronn hat gegen die Betroffene, die W GmbH mit Sitz in W, die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 5.878,70 Euro angeordnet. Das angefochtene Urteil stellt fest, die Einziehungsbeteiligte betreibe ein Speditionsunternehmen und sei in den Monaten Mai und Juni 2017 mit dem Abtransport von Erdaushub von einer Großbaustelle in X bei der Autobahnanschlussstelle X-​West beauftragt gewesen. Das Beförderungsgut sei zum Baustoffwerk Y in M zu verbringen gewesen und auch verbracht worden. Die Fahrer seien regelmäßig von der Einziehungsbeteiligten angewiesen worden, nicht überladen zu fahren.

Bei insgesamt 102 Abtransportfahrten hätten die für den Abtransport des Aushubs von der Baustelle eingesetzten Fahrzeuge der Einziehungsbeteiligten, so bezeichnete „40-​Tonner“-​Sattelzüge, das zulässige Gesamtgewicht von 40 Tonnen überschritten. Zur näheren Darstellung ist auf eine Tabelle verwiesen, in der für jede einzelne Fahrt neben Angaben zu Datum, Kennzeichen des Fahrzeugs und weiteren Details auch das jeweilige Gesamtgewicht nach Wiegeschein sowie die jeweilige Überladung ohne und mit Abzug einer Toleranz von fünf Prozent bzw. 150 Kilogramm aufgelistet ist.

Aufgrund dieses Sachverhalts hat das Amtsgericht nach § 29a Abs. 2 OWiG gegen die Einziehungsbeteiligte im selbständigen Einziehungsverfahren die Einziehung eines Geldbetrages von 5.878,70 Euro angeordnet. Die Fahrer mit den Fahrzeugen der Einziehungsbeteiligten hätten mit Blick auf die Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts in 102 Fällen eine gemäß §§ 34 Abs. 3, Abs. 6, 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, 24 StVG eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen.




Zur Bestimmung der Höhe des Einziehungsbetrages hat das Amtsgericht ausgeführt, die Fahrer der Einziehungsbeteiligten hätten bei den in Rede stehenden Überladungsfahrten insgesamt 2.939,35 Tonnen Erd- und Steinaushub transportiert, so dass der Einziehungsbeteiligten auf der Grundlage eines von der Firma Y gezahlten Entgelts von vier Euro/t ein Gesamtbetrag von 11.757,40 Euro für die in Rede stehenden Überladungsfahrten als Gutschrift an die Einziehungsbeteiligte ausgezahlt worden sei. Ausgehend von diesem Gesamtbetrag, den das Amtsgericht als den im Ausgangspunkt der Einziehung nach § 29a OWiG zugänglichen Maximalbetrag angesehen hat, hat es diesen unter Gewichtung näher dargelegter Ermessenserwägungen um die Hälfte reduziert, so dass sich ein Einziehungsbetrag von 5.878,70 Euro errechne, der im Ergebnis angemessen sei.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Einziehungsbeteiligten, die neben Einzelheiten bei der Feststellung der Überladungen insbesondere die Ermessenserwägungen des Amtsgerichts angreift.


II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 87 Abs. 3 Satz 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg, so dass das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben war.

Die Feststellungen des Amtsgerichts zur Einziehungsanordnung gegen die Betroffene tragen die Einziehungsentscheidung nicht.

1. Rechtsfehlerfrei - wenn auch ohne dies zu thematisieren - hat das Amtsgericht die Vorschrift des § 29a OWiG in der Fassung des am 01.07.2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 (BGBl. I 2017, 872) angewandt, da die festgestellten Überladungsfahrten bereits vor dem 01.07.2017 ausgeführt wurden, über die Einziehung erstmals jedoch erst am 01.08.2017, also nach dem 01.07.2017 entschieden wurde (zur insoweit maßgeblichen Übergangsregelung des § 133 Abs. 6 OWiG siehe näher Senat, Beschluss vom 21.11.2017 - 2 Rb 4 Ss 699/17-​, juris Rn. 22 ff.). Soweit das Amtsgericht über den Einspruch gegen den Einziehungsbescheid im Urteilswege aufgrund mündlicher Hauptverhandlung entschieden hat und damit - freilich ohne eine ausdrückliche Anordnung zu treffen - davon abgesehen hat, den Einspruch ohne mündliche Verhandlung im Beschlusswege zu verbescheiden (zur Anwendbarkeit von § 434 Abs. 2 und 3 StPO im selbständigen Einziehungsverfahren nach OWiG vgl. Krenberger/Krumm, 5. Aufl. 2018, OWiG § 87 Rn. 39; KK-​OWiG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, OWiG § 87 Rn. 83), war dies im Hinblick auf den Umfang der Einspruchsbegründung jedenfalls zweckmäßig.

2. Den Feststellungen lässt sich, worauf die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 06.12.2018 zutreffend hinweist, hinreichend entnehmen, dass bei den gegenständlichen, mittels von der Betroffenen eingesetzten Fahrer durchgeführten 102 Transportfahrten jeweils das zulässige Gesamtgewicht überschritten und damit - ohne dass es auf die von der Rechtsbeschwerde behaupteten Messungenauigkeiten im Zusammenhang mit dem Taragewicht ankäme - gegen § 34 Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Nr. 5 StVZO verstoßen wurde.

Das Amtsgericht durfte insoweit hinsichtlich der in § 29a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG vorausgesetzten „mit Geldbuße bedrohte(n) Handlung“ auch an das Verhalten der Fahrer anknüpfen (§§ 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, § 24 StVG). Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung liegt insoweit nach der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 2 OWiG vor, wenn die konkrete Handlung tatbestandsmäßig und rechtswidrig ist, vorwerfbar braucht sie nicht zu sein (OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2006 - 1 Ss 247/06, ZfS 2007, 108; BeckOK OWiG/Meyberg, 21. Ed. 01.01.2019, OWiG § 29a Rn. 18 ff.). Ist nur vorsätzliches Handeln mit Geldbuße bedroht, setzt die Tatbestandsverwirklichung zumindest voraus, dass der Täter zumindest mit natürlichem Vorsatz gehandelt hat. Ist auch fahrlässiges Handeln erfasst, muss der Täter zumindest objektiv pflichtwidrig gehandelt haben (OLG Koblenz aaO; BeckOK OWiG/Meyberg aaO). Insoweit trifft auch die Überlegung des Amtsgerichts zu, dass, nachdem vorliegend sowohl vorsätzliche als auch fahrlässige Pflichtverstöße der Fahrer gegen § 34 Abs 3 Satz 3 StVZO nach § 69a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, § 24 StVG mit Bußgeld bedroht sind (für Taten des Fuhrunternehmers gälte Entsprechendes, vgl. BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 17), es bei der Einziehungsentscheidung nach § 29a OWIG dem Grunde nach genügte, an das wegen der Überschreitung des zulässigen Höchstgewichts insoweit (objektiv) pflichtwidrige Handeln der Fahrer anzuknüpfen.




Da die Transportfahrten jeweils in Ausführung eines von der Einziehungsbeteiligten angenommenen Auftrages vorgenommen wurden, haben die zur Auftragserfüllung von der Einziehungsbeteiligten eingesetzten Fahrer fraglos auch für die Einziehungsbeteiligte im Sinne des § 29a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a.E. OWiG gehandelt (zum Maßstab im Einzelnen BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 68 f.). Auf die Frage, ob die Einziehungsbeteiligte dabei in drei von 102 Fällen womöglich keine „eigenen“ Fahrer eingesetzt hatte, kam es dabei, anders als die Rechtsbeschwerde meint, insoweit auch nicht an.

3. Das Amtsgericht durfte zur Bestimmung des von der Einziehungsbeteiligten im Sinne von § 29a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG erlangten Etwas - unabhängig von der Frage, wie hoch die Überladung letztlich war - im Ausgangspunkt die für die durchgeführten Transporte insgesamt erhaltene Gegenleistung zugrunde legen (zu § 29a OWIG in der vor aufgrund Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017 geltenden Fassung: Schleswig-​Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 27.08.2015 - 2 Ss Owi 95/15 (60/15) -, juris Rn. 16; HansOLG Hamburg, Beschluss vom 02.01.2014 - 2 - 43/13 (RB), 3 Ss Owi 62/13, NZWiSt 2014, 146, 147; weitere Nachweise bei BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 42.2; vgl. auch Senat, Beschluss vom 23.12.2014 - 2 (6) SsBs 601/14-​AK 160/14 Rn. 6 ff.; zur insoweit unveränderten Bestimmung des erlangten Etwas nach Neugestaltung des § 29a Abs. 2 OWiG: Mitsch, NZWiSt 2017, 338, 343).

4. Soweit jedoch das Amtsgericht weiter ausführt, dass das im diesem Sinne von der Verfallsbeteiligte Erlangte „nach der Entscheidung des Gesetzgebers für das Bruttoprinzip ohne Abzug etwaiger Kosten vollständig abzuschöpfen“ sei, und es der Frage, ob die Einziehung des für die Überladungsfahrten erhaltenen Gesamtentgelts in voller Höhe gerechtfertigt ist oder Abschläge vorzunehmen sind, nur im Rahmen der Ermessensausübung nachgeht, greifen die Überlegungen indes zu kurz. Denn sie lassen die vom Gesetzgeber mit Einführung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung eingeführte Regelung des § 29a Abs. 3 OWiG n.F. außer acht. Insbesondere lässt sich, anders als das Amtsgericht offenbar meint, auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen gerade nicht begründen, dass etwaige im Zusammenhang mit den Überladungsfahrten angefallenen Aufwendungen der Einziehungsbeteiligten dem Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG unterliegen (vgl. zur Neuregelung eingehend BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 3a f, 35a, 43 ff.).

a) Aufgrund der Neugestaltung des § 29a OWIG ist nach der Vorstellung des Reformgesetzgebers das erlangte Etwas, dessen Wert nach § 29a OWIG n.F. der Einziehung unterliegen kann, nunmehr in zwei Schritten zu ermitteln, wobei in einem ersten Schritt das Erlangte im Sinne von § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG rein gegenständlich und einem zweiten Schritt der Wert bzw. Umfang des Erlangten auf der Grundlage einer wertenden Betrachtungsweise zu bestimmen ist (Gesetzesentwurf Bundesregierung, BT-​Drs. 18/9525, S. 105 unter Verweis auf S. 67, S. 62).

In Ausgestaltung dieser im zweiten Schritt anzustellenden wertenden Betrachtungsweise, die der Gesetzgeber als „Konkretisierung des Bruttoprinzips“ verstanden wissen will (vgl. BT-​Drs. 18/9525, S. 62), ist in § 29a Abs. 3 OWiG im Einzelnen geregelt, inwieweit Gegenleistungen und sonstige Aufwendungen in Abzug zu bringen sind.

§ 29a Abs. 3 OWiG sieht hierzu grundsätzlich vor, dass bei der Bestimmung des Werts des Erlangten die Aufwendungen des Täters oder des „anderen“ (gemeint ist nach dem Regelungszusammenhang derjenige Dritte, der - wie hier - aufgrund des Handelns des Täters etwas erlangt hat) in Abzug gebracht werden müssen (§ 29a Abs. 3 Satz 1 OWiG). Etwas anderes gilt nur, soweit die Aufwendungen „für“ die Vorbereitung oder Begehung der Tat selbst getätigt worden sind (ausnahmsweises Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers enthält das Tatbestandsmerkmal „für“ dabei eine subjektive Komponente. Er hatte dabei ausgehend von dem für das Abschöpfungsrecht von ihm fruchtbar gemachten Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB, wonach (nur) das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein müsse, bei der Ausgestaltung des Abzugsverbots Fallgestaltungen im Auge, bei denen der Täter oder Teilnehmer (zu den Auswirkungen des im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Einheitstäterbegriffs auf die Neufassung des § 29a OWiG: Beschlussempfehlung und Bericht zum Gesetzesentwurf, BT-​Drs. 18/11640 S. 91) Aufwendungen willentlich und bewusst für die Vorbereitung oder Begehung einer Tat aufwendet oder einsetzt (BT-​Drs. 18/9525, S. 105, 55, 67 a.E., 68; BT-​Drs. 18/11640, S. 78 f., 91; hierzu auch Köhler NStZ 2017, 497 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, § 73d Rn. 5). Nach dem Verständnis des Gesetzgebers sind insoweit nunmehr solche Aufwendungen bei der Bestimmung des Erlangten abzuziehen, die zwar für ein verbotenes Geschäft angefallen sind, bei denen der Täter (oder Teilnehmer) das Verbotene des Geschäfts jedoch lediglich fahrlässig verkannt hat, so dass die Aufwendungen nicht „bewusst (vorsätzlich)“ für eine Straftat getätigt wurden (vgl. zur neuen Rechtslage nach § 29a OWiG n.F. bereits Senat, Beschluss vom 21.11.2017 - 2 Rb 4 Ss 699/17-​, juris Rn. 26; BT-​Drs. 18/9525, S. 67 ff., 69 oben [zur Neugestaltung des § 73d StGB, dem das Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG entlehnt ist]; BT-​Drs. 18/11640, S. 78 f., 91; vgl. dazu Köhler NStZ 2017, 497 ff. [mit Fallbeispielen]).




b) Gemessen an diesen Maßstäben tragen die Feststellungen des Amtsgerichts dessen Annahme, der Abzug von Aufwendungen komme nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG von vorneherein nicht in Betracht, nicht. Es fehlt an tragfähigen Feststellungen zu der im Abzugsverbot (§ 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG) durch das Tatbestandsmerkmal „für“ vorausgesetzten subjektive Komponente. Insoweit durfte das Amtsgericht nicht - wie hier geschehen - sowohl die Frage etwaiger Verantwortlichkeiten des damaligen Geschäftsführers der Einziehungsbeteiligten als auch die Frage, inwieweit die Fahrer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hatten, offenlassen.

1) Vor dem Hintergrund, dass Gegenstand der Einziehung vorliegend bei der Einziehungsbeteiligten aus den Überladungsfahrten entstandenen Vorteile waren und sie die Adressatin der Einziehungsanordnung ist, hätte es im Ausgangspunkt nahegelegen, bei der Prüfung der subjektiven Komponente des Abzugsverbots nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG zunächst auf das bei der Einziehungsbeteiligten vorhandene Vorstellungsbild abzustellen. Da es sich vorliegend bei der Einziehungsbeteiligten um eine juristische Person handelte, wäre insoweit auf das Wissen der zum Zeitpunkt der Ausführung der Taten verantwortlichen Geschäftsführungsorgane abzustellen gewesen, deren Kenntnisstand sich die Einziehungsbeteiligte zurechnen lassen muss (insoweit zu Recht Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 17 Rn. 1118).

Unter diesem Gesichtspunkt wäre der Einziehungsbeteiligten eine Geltendmachung naheliegend getätigter Aufwendungen wie Benzinkosten und zur Entlohnung der Fahrer aufgewendete Geldbeträge nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG daher dann verwehrt gewesen, wenn eines der damaligen geschäftsführenden Organe „bewusst und willentlich“ in die Überladungsfahrten verstrickt war, also aus dessen Sicht gezielt oder zumindest unter billigender Inkaufnahme der Überladung in die Fahrten investiert worden war (in vergleichbarem Sinne Köhler, NStZ 2017, 497, 509, zu einer von einem gutgläubigen Werkzeug zugunsten eines „Dritten“ ausgeführten Gewässerverunreinigung). Mit Blick darauf, dass nach den bisherigen Feststellungen auch der damalige Geschäftsführer frühzeitig über das Problem der Überladungen informiert wurde, liegt ein entsprechendes Bewusstsein jedenfalls für nachfolgende Fahrten nicht fern.

2) Unabhängig von etwaigen Kenntnisständen auf der Geschäftsführungsebene hätte es ebenfalls nahegelegen, bei der Prüfung des Abzugsverbots nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG der Frage nachzugehen, inwieweit jedenfalls die von der Einziehungsbeteiligten eingesetzten Fahrer als „Täter“ der Überladungsfahrten „bewusst und willentlich“ die Überladung der Fahrzeuge in Kauf genommen hatten. Denn angesichts der vom Amtsgericht an anderer Stelle getroffenen Feststellung, dass die Fahrer regelmäßig von Seiten der Einziehungsbeteiligten angewiesen wurden, nicht überladen zu fahren und sie zudem vom Wiegemeister der Firma Y beim Abladen stets auf die Überladungen hingewiesen wurden, lagen deren bewusste Verstöße gegen das Überladungsverbot durchaus nahe.


3) Den Kenntnisstand der Fahrer müsste sich die Einziehungsbeteiligte als Drittbegünstigte in Bezug auf die Abzugsfähigkeit angefallener Aufwendungen auch zurechnen lassen (so anhand von Fallbeispielen zu Recht Köhler NStZ 2017, 497, 508 f., der unter anderem den Rechtsgedanken der §§ 131, 166 BGB heranzieht; vgl. auch BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 48). Die von Hellmann insoweit vertretene Auffassung, das Abzugsverbot dürfe nur in Fällen „schuldhafter Verstrickung“ des Einziehungsadressaten selbst greifen, weswegen Hellmann eine Zurechnung schuldhaften Handelns nur auf entsprechendes Handeln von verantwortlichen Leitungspersonen, nicht aber von Mitarbeitern unterhalb der Leitungsebene oder Dritten erstrecken will (Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht aaO Rn. 1118 f.; einschränkend auch KK-​OWiG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, OWiG § 29a Rn. 48; hiergegen zu Recht BeckOK OWiG/Meyberg aaO mit Nachweis zur Rechtsprechung des BVerfG) überzeugt mit Blick auf die Rechtsnatur der Einziehung, die auch nach der Reform gerade keine Strafe oder strafähnliche Sanktion beinhaltet (BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 48, 7 f.), nämlich nicht.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass Fallgestaltungen denkbar sind, in denen die strikte Anwendung des Abzugsverbots im Einzelfall gleichwohl mit besonderen Härten verbunden sein kann. Solchen Härten kann jedoch mit Blick darauf, dass die Einziehung nach § 29a OWiG (anders als im Strafrecht) dem Wortlaut in § 29a Abs. 1, Abs. 2 OWiG nach („kann“) als Opportunitätsentscheidung ausgestaltet ist und die Bußgeldbehörde bzw. der Tatrichter infolge dessen jeweils ein eigenes Ermessen dahingehend auszuüben haben, ob und in welcher Höhe die Einziehung vorzunehmen ist (BeckOK OWiG/Meyberg aaO OWiG § 29a Rn. 77 ff. m.w.N.), im Rahmen dieser Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher mit den Feststellungen aufzuheben. Da neue Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, verweist der Senat die Sache zurück. Vom Regelfall der Zurückverweisung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts, deren Entscheidung aufgehoben wird, gemäß § 79 Abs. 6 Alt. 2. OWiG (dazu BeckOK OWiG/Bär, 21. Ed. 01.01.2019, OWiG § 79 Rn. 138) abzuweichen, besteht kein Anlass.

Von der Aufhebung ausgenommen sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen, die von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind und daher bestehen bleiben können. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehen, bleiben insoweit möglich.




IV.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Das Amtsgericht wird Gelegenheit haben, im neuen Rechtsgang Feststellungen zu den weiteren die Überladungsfahrten kennzeichnenden Einzelheiten wie etwa die ungefähre Größenordnung der im öffentlichen Raum zurückgelegten Wegstrecke und Art der befahrenen Straßen zu treffen.

2. Das Amtsgericht wird sich bei der Bestimmung des der Einziehung unterliegenden Betrages mit der Frage zu befassen haben, ob im festgestellten Entgelt (4 Euro/t) die Mehrwertsteuer enthalten war. Gegebenenfalls wäre diese herauszurechnen (vgl. HansOLG Hamburg, Beschluss vom 02.01.2014 - 2 - 43/13 (RB), 3 Ss Owi 62/13, NZWiSt 2014, 146).

3. Das Amtsgericht wird unter Beachtung der oben unter II.4. dargelegten Maßstäbe zu prüfen haben, inwieweit im Zusammenhang mit der Durchführung der Überladungsfahrten Aufwendungen im Sinne von § 29a Abs. 3 Satz 1 OWiG (hier naheliegend insbesondere Kosten zur Vergütung der Fahrer sowie Materialkosten wie Benzinkosten) entstanden sind und inwieweit diese Aufwendungen dem Abzugsverbot nach § 29a Abs. 3 Satz 2 OWiG unterliegen. Es wird hierbei der Frage nachzugehen haben, inwieweit bewusste Verstöße gegen das Überladungsverbot, sei es auf der Ebene der Geschäftsführung, sei es auf Ebene der Fahrer - vorgelegen haben. Sollte das Amtsgericht bei dieser Prüfung zu der Auffassung gelangen, dass abzugsfähige Aufwendungen vorliegen, deren Höhe sich jedoch nicht exakt beziffern lässt, so sind diese unter Darlegung der tragenden Grundlagen nach 29a Abs. 4 OWiG zu schätzen KK-​OWiG/Mitsch, 5. Aufl. 2018, § 29a Rn. 51).

4. Das Amtsgericht wird weiter beachten, dass es bei der Bestimmung des Einziehungsbetrages mit Blick auf das Verbot der Schlechterstellung gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 358 Abs. 2 StPO an der Anordnung eines höheren Einziehungsbetrages, der den Betrag von 5.878,70 Euro gehindert ist.

5. Mit Blick auf die bisherigen amtsgerichtlichen Beweiswürdigungserwägungen, die sich zu einem erheblichen Teil lediglich in den Ermessenserwägungen wiederfinden, sieht der Senat schließlich zu dem Hinweis Anlass, dass das Amtsgericht, schon um der naheliegenden Gefahr von Unklarheiten oder Widersprüchen zu begegnen, mehr als bislang geschehen auf die Trennung der Beweiswürdigung von den übrigen Urteilserwägungen zu achten haben wird. Inbezugnahmen im Urteil aus das Hauptverhandlungsprotokoll sind dabei unzulässig.

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