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Oberlandesgericht München Urteil vom 14.09.2018 - 10 U 629/17 - Abfindungserklärung und _Verjährung

OLG München v. 14.09.2018: Spätfolgen nach Abschluss eines Abfindungsvergleichs und Verzicht auf Einrede der Verjährung


Das Oberlandesgericht München (Urteil vom 14.09.2018 - 10 U 629/17) hat entschieden:

  1.  Verzichtet ein Unfallgeschädigter in einem Abfindungsvergleich mit dem Haftpflichtversicherer unter Vorbehalt nur materieller Ansprüche gegen Zahlung der Abfindungssumme auf zukünftige Ansprüche wegen noch nicht vorhersehbarer und unerwarteter Folgen gleich welcher Art, kann er später wegen einer unvorhergesehenen Entwicklung der Unfallschäden kein (weiteres) Schmerzensgeld verlangen. Eine Anpassung des Vergleichs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheidet auf Grund des eindeutigen Vergleichswortlauts aus.

  2.  Die Verjährungsfrist für unfallbedingte Ansprüche beginnt regelmäßig einheitlich. Eine Ausnahme besteht nur bei objektiv nicht voraussehbaren Spätfolgen.

  3.  Ein Vergleich beinhaltet keinen Verzicht auf die Verjährungseinrede.


Siehe auch
Abfindungsvergleich / Abfindungserklärung
und
Abfindungsvergleich und Verjährung der Schadensersatzansprüche


Gründe:


A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schmerzensgeld und weitergehende Schadensersatzansprüche hinsichtlich behaupteten Verdienstausfalls infolge zwischenzeitlich eingetretener Arbeitsunfähigkeit geltend. Ferner begehrt die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden aus einem Verkehrsunfall aus dem Jahr 1981.

Bei einem Unfallereignis am 15.11.1981 gegen 2.50 Uhr auf der Konrad-​Adenauer-​Brücke in I. war die Klägerin Beifahrerin im von Daniel B. gesteuerten PKW Daimler Benz, amtl. Kennzeichen: ..., welches zum Unfallzeitpunkt bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der V. Versicherung AG, haftpflichtversichert war. Bei diesem Unfallereignis erlitt die Klägerin nicht unerhebliche Verletzungen, u.a. eine rechtsseitige Beckenringfraktur mit zentraler Hüftluxation und Dislokation der Bruchstücke. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten verhandelte zwischen 1982 bis 1996 mit der Klägerin über die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Am 17.09.1996 vereinbarte die Klägerin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Abfindungserklärung (vgl. Anlage BLD 1), in der die Klägerin zugleich für ihre Rechtsnachfolger gegen eine Abfindungssumme von noch 8.000,00 DM auf alle entstandenen und entstehenden Ansprüche gegen Daniel B. und die Rechtsvorgängerin der Beklagten wegen des Schadens vom 15.11.81 verzichtete, auf welchem Rechtsgrund sie auch beruhen mögen.

In der formularmäßigen Erklärung heißt es insbesondere:

   „Der Verzicht und Erlaß erstreckt sich auch auf etwaige Ansprüche wegen heute noch nicht voraussehbarer und unerwarteter Folgen gleich welcher Art. Ich/Wir erkläre(n) mich/uns für vollständig und vorbehaltlos abgefunden.“

Handschriftlich wurde hinzugefügt:

   „Vorbehalten bleibt nur der unfallbedingt materielle zukünftige Schaden, soweit nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen, unter Beschränkung auf die Versicherungssumme.“

Die Beklagte zahlte bis September 1996 insgesamt an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 23.500,00 DM.

Die Klägerin teilte am 15.11.2011 der Beklagten mit, 2006 seien neue gesundheitliche Probleme aufgetreten. Im Rahmen der aufgenommenen Verhandlungen gab die Beklagte eine eingeschränkte Verzichtserklärung betreffend der Einrede der Verjährung ab (vgl. Anlage BLD 2), in der es wörtlich heißt:

   „Wie heute besprochen, sind wir bereit, hinsichtlich unfallbedingter materieller Schadensersatzansprüche Ihrer Mandantin auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, zeitlich begrenzt bis 30.06.2013, soweit die Ansprüche nach dem 17.09.1996 entstanden sind und Verjährung noch nicht eingetreten ist. Dies ohne Präjudiz und Anerkenntnis sowie unter Vorbehalt sämtlicher Einreden und Einwendungen im Übrigen, unter Beschränkung auf die Deckungssumme und soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.“

Die Beklagte hat sich fortlaufend, bereits in der Klageerwiderung, auf die Einreden der Erfüllung, Abfindung und Verjährung berufen.

Die Klägerin behauptet, frühestens ab dem Jahr 2011 seien gesundheitliche Verschlechterungen und Spätfolgen kausal zurückführend auf das Unfallereignis eingetreten, die vorher nicht absehbar gewesen seien. Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 13.01.2017 (Bl. 103/129 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Ingolstadt hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses der Klägerin am 23.01.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht München am 22.02.2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 134 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 24.04.2017 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 140 d.A.) begründet.

Die Klägerin beantragt,

   das Urteil des LG Ingolstadt, Az.: 41 O 2181/14, verkündet am 13.01.2107, wie folgt abzuändern:

  1.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, welches einen Betrag von € 15.000,00 nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  2.  Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche immateriellen am 15.11.1981 für einen Mediziner nach damaligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht vorhersehbaren Schäden zu ersetzen, die ursächlich auf das Unfallereignis vom 15.11.1981 auf der Konrad-​Adenauer-​Brücke in I. zurückzuführen sind.

  3.  Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Verdienstausfallschaden für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.07.2015 in Höhe von € 172.292,36 brutto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 5.615,13 brutto seit 01.01.2009, € 33.262,23 brutto seit 01.01.2010, € 65.319,19 brutto seit 01.01.2011, € 89.793,83 brutto seit 01.01.2012, € 111.515,45 brutto seit 01.01.2013, € 134.246,56 brutto seit 01.01.2014, € 157.897,31 brutto seit 01.01.2015 und aus € 172.292,36 brutto seit 01.08.2015 zu zahlen.

  4.  Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.08.2015 bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze alle weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ursächlich auf das Unfallereignis vom 15.11.1981 auf der Konrad-​Adenauer-​Brücke in I. zurückzuführen sind.


Die Beklagte beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass aufgrund der erhobenen Einreden der Erfüllung, Abfindung und Verjährung der Anspruch der Klägerin nicht durchsetzbar ist.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 25.07.2017 (Bl. 149/152 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen PD Dr. med. S. H.. Ferner hat der Senat den Sachverständigen und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung 13.07.2018 angehört. Insoweit wird auf das Gutachten vom 13.12.2017 (Bl. 168/176 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 13.07.2018 (Bl. 201/208 d.A.) verwiesen.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 04.09.2017 (Bl. 158/163 d. A.), auf die weiteren Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsniederschrift vom 13.07.2018 (Bl. 201/208 d.A.) Bezug genommen.


B.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat zu Recht das Begehren der Klägerin auf weiteren immateriellen Schaden (Schmerzensgeld und Feststellung) als auch auf materiellen Schaden (Verdienstausfall und Feststellung) abgelehnt und die Klage daher als insgesamt unbegründet abgewiesen.

1. Der Geltendmachung eines weiteren Schmerzensgeldanspruches bzw. künftiger derartiger Ansprüche steht jedenfalls der von der Klägerin im Abfindungsvergleich vom 17.09.1996 erklärte Verzicht entgegen. Ausdrücklich haben die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten dabei vereinbart, dass sich dieser Verzicht auch auf etwaige Ansprüche „wegen heute noch nicht voraussehbarer oder unerwarteter Folgen“ erstreckt.

a) Es ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht, dass die Vereinbarung entgegen ihrem klaren Wortlaut dahingehend auszulegen sein sollte, dass nicht voraussehbare oder unerwartete Folgen nicht mit abgegolten sein sollten. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der weiteren Entwicklung der unfallbedingten gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin. Denn dies war gerade der zentrale Regelungsgegenstand des Vergleiches. Für eine anderweitige Auslegung der Vereinbarung ist aufgrund der klaren Formulierung kein Raum. Damit hat die Klägerin das Risiko auch für nicht voraussehbare und unerwartete Schäden übernommen.

b) Eine Vertragsanpassung unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 I BGB kommt deswegen nicht in Betracht (vgl. auch BGH, Urteil vom 12.02.2008, Az.: VI ZR 154/07, juris; Habersack in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 779, Rz. 48).

Es kommt an dieser Stelle, insoweit entgegen der Ansicht des Erstgerichts, also noch nicht einmal darauf an, ob die von der Klägerin als unfallbedingt geltend gemachten aktuellen gesundheitlichen Beschwerden zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses voraussehbar waren (wovon nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen ausgegangen werden kann). Vielmehr gilt, wie es der BGH in seinem o.g. Urteil formuliert hat und was auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar ist, Folgendes (vgl. BGH, a.a.O., Rz. 18 f.):

   „Es liegt im Wesen eines Abfindungsvergleichs, in dem unter anderem die dem Verletzten geschuldete Verdienstausfallrente kapitalisiert wird, dass er in der Regel mehr ist als eine bloße technische Zusammenfassung zukünftig zu erwartender Renten. Wer als Geschädigter eine Kapitalabfindung wählt, nimmt das Risiko in Kauf, dass die für ihre Berechnung maßgebenden Faktoren auf Schätzungen und unsicheren Prognosen beruhen. Seine Entscheidung für die Abfindung wird er in der Regel deswegen treffen, weil es ihm aus welchen Gründen auch immer vorteilhafter erscheint, alsbald einen Kapitalbetrag zur Verfügung zu haben. Dafür verzichtet er auf die Berücksichtigung zukünftiger, ungewisser Veränderungen, soweit sie sich zu seinen Gunsten auswirken könnten. Andererseits will und darf sich der Schädiger darauf verlassen, dass mit der Bezahlung der Kapitalabfindung die Schadensabwicklung für ihn ein für alle Mal erledigt ist. Dafür nimmt er bei der Berechnung des zu zahlenden Kapitals auch für ihn bestehende Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung in Kauf. Das so zwischen den Parteien gefundene Ergebnis kann deshalb nachträglich nicht mehr in Frage gestellt werden, wenn eine der Vergleichsparteien aufgrund künftiger, nicht voraussehbarer Entwicklungen feststellt, dass ihre Beurteilungen und die Einschätzung der möglichen künftigen Änderungen nicht zutreffend waren (vgl. BGH Urteil vom 12. Juli 1983 - VI ZR 176/81 - aaO; Staudinger/Peter Marburger, aaO, m.w.N.). Diese den Interessen beider Parteien dienende Funktion könnten Abfindungsvergleiche nicht erfüllen, wenn jede Veränderung im Gefüge der Sozialleistungen zu einer Störung der Vergleichsgrundlage führte. Zwar setzt eine Störung der Geschäftsgrundlage ohnehin eine schwerwiegende Veränderung der zur Vertragsgrundlage gewordenen Umstände voraus (vgl. jetzt § 313 Abs. 1 BGB). Auch auf eine schwerwiegende Veränderung kann sich der Geschädigte - ebenso wie auf der anderen Seite der Schädiger - indes nicht berufen, soweit er das Risiko übernommen hat.“

Soweit man hier überhaupt noch Raum für ein Berufen auf den Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) sehen wollte, und zwar unter dem Gesichtspunkt eines krassen Missverhältnisses zwischen der Höhe der Abfindungssumme und den gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin, wie sie sich erst nach Abschluss des Vergleiches und nicht vorhergesehen negativ entwickelt haben, so müsste hierfür ein dermaßen krasses Missverhältnis zwischen dem immateriellen Schaden und der Abfindungsleistung vorliegen, dass das Festhalten am Vergleich für die Klägerin eine außergewöhnliche Härte bedeuten und die zumutbare Opfergrenze überschreiten würde (vgl. auch Habersack, a.a.O.). Dass dies hier nicht der Fall ist, hat das Erstgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt. Insoweit wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Hinzu kommt, dass aus nachstehenden Gründen darüber hinaus die erforderliche Ausgangslage für die Annahme eines Wegfalles der Geschäftsgrundlage vorliegend nicht gegeben ist. Aufgrund der vom Senat erhobenen ergänzenden Feststellungen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO) steht zur Überzeugung des Senates fest, dass die Klägerin bei Abschluss der Abfindungsvereinbarung am 17.09.1996 Kenntnis davon hatte, dass eine Coxathrose zu befürchten war:

Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Senat am 13.07.2018 gab die Klägerin glaubhaft an, dass sie nach dem Juli 1982 wieder Ski und mit dem Motorrad gefahren sei und sonst alles gemacht habe, was sie habe machen wollen. Sie sei dann in der Folgezeit alle paar Jahre zur Kontrolle gegangen. Sie sei schon auch immer mal geröntgt worden, wisse heute aber nicht mehr wann genau und wie oft. Herr Dr. Sc. habe ihr gesagt: „Es war ein langer Heilungsprozess, jetzt ist aber alles wieder in Ordnung.“

Der nach den eigenen Angaben behandelnde Facharzt der Klägerin, Herr Dr. Sc., führte in einem an den damaligen anwaltlichen Vertreter der Klägerin gerichteten Schreiben vom 09.05.1990 (vgl. Anlage BLD B 9) wörtlich aus:

   „In Beantwortung Ihres obigen Schreibens teile ich Ihnen mit, daß sich am Befund gegenüber dem Vorgutachten, insbes. vom 28.2.89, keine Änderung ergeben hat. Eine erneute Röntgenaufnahme der Hüftgelenke hat nicht stattgefunden. Eine zu befürchtende posttraumatische Coxathrose ist bisher nicht feststellbar. Ausgeschlossen werden kann dieser Gelenkverschleiß jedoch nicht, da ja auch 10 Jahre nach Unfall dieser auftreten könnte. Empfehlenswert wäre eine jetzt neue Röntgenkontrolle des Hüftgelenkes.“

Damit hat der behandelnde Arzt der Klägerin gegenüber schon im Jahr 1990, also ca. sechs Jahre vor Abschluss der Abfindungsvereinbarung, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine posttraumatische Coxathrose zwar bisher nicht feststellbar sei, jedoch dieser Gelenkverschleiß auch 10 Jahre nach dem Unfall auftreten könne, hier sogar zu befürchten sei. Allerspätestens mit dem Erhalt des Schreibens vom 09.05.1990 ihres behandelnden Arztes musste der Klägerin bewusst sein, dass auch viele Jahre nach dem Unfallereignis es auch bei ihr grundsätzlich zu einer posttraumatischen Coxathrose kommen kann und dass weitere Probleme im Zusammenhang mit dem Gelenkverschleiß nicht ausgeschlossen werden können.

Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BGH vom 16.09.2008 zum Wegfall der Geschäftsgrundlage (vgl. BGH VersR 2008, 1648 ff.) betrifft eine völlig andere Ausgangslage als die hier vorliegende behauptete Unvorhersehbarkeit von Entwicklungen nach einem Verkehrsunfall. In der dortigen Entscheidung haben wesentliche Vorstellungen der Parteien, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausgestellt (§ 313 Abs. 2 BGB). Konkret sind dort beide Parteien bei Abschluss des Abfindungsvergleichs davon ausgegangen, der dortige Kläger erhalte von der Berufsgenossenschaft eine - von dem der Kapitalisierung zugrunde zu legenden Verdienstausfall abzuziehende - Rente, während dieser Betrag in Wahrheit auf einem Schreibfehler in der Gehaltsmitteilung des Arbeitgebers des Klägers beruhte und die Rente bei Zugrundelegung des richtigen Bruttoeinkommens viel niedriger ausfiel. Bei einem derartigen Irrtum aller Vertragsbeteiligten über bestimmte Rechnungspositionen bei grundsätzlichem Einverständnis über den Berechnungsweg liegt ein Fehlen der Geschäftsgrundlage vor. Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht ansatzweise gegeben, so dass die genannte Entscheidung für den vorliegenden Rechtsstreit nicht heranzuziehen ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die bereits oben erörterten Aspekte und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 12.02.2008, Az.: VI ZR 154/07, juris), der sich der Senat anschließt, Bezug genommen.

2. Das Erstgericht hat auch die geltend gemachten materiellen Schadensersatzansprüche (Verdienstausfall und Feststellung) der Klägerin im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Diese sind nach Überzeugung des Senats als nicht durchsetzbar anzusehen, weil diesen die Einrede der Verjährung entgegensteht. Die Beklagte ist deshalb gemäß § 214 I BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern.

a) Durch Artikel 8 des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts wurde der hier gegenüber der Beklagten geltend gemachte Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer gemäß § 3 PflVG mit Wirkung zum 01.01.2008 reformiert. Seither findet sich der Direktanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer in § 115 VVG. Der vorliegende Unfall ereignete sich am 15.11.1981. Daher ist hier nicht § 115 VVG, sondern § 3 PflVG in der alten hier relevanten Fassung im Jahr 1981 anzuwenden. Der Direktanspruch der Klägerin nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. unterliegt nach § 3 Nr. 3 S.1 PflVG a.F. der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Nach § 3 Nr. 3 S. 2 Hs. 2 PflVG a.F. endet die Verjährung spätestens in zehn Jahren von dem Schadensereignis an. Sowohl für einem dem Grunde nach unstreitigen Anspruch nach § 7 I StVG i.V.m § 14 StVG als auch für Ansprüche aus § 823 BGB beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 852 a.F. drei Jahre.

b) Nach § 852 Abs. 1 BGB in der hier anzuwendenden bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung verjähren die Ansprüche der Klägerin in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem sie Kenntnis vom Schaden erlangt hatte. Bei der Prüfung der Frage, wann eine Kenntnis in diesem Sinne erlangt worden ist, unterscheidet die Rechtsprechung seit jeher zwischen der Kenntnis des Schadens und der Kenntnis des Schadensumfangs. Kenntnis des Schadens, wie sie § 852 Abs. 1 BGB a.F. meint, bedeutet danach nicht Kenntnis des Schadensumfangs und der Schadenshöhe. Die Verjährung beginnt vielmehr schon dann zu laufen, wenn der Geschädigte davon Kenntnis erlangt, dass eine unerlaubte Handlung zu einem Schaden geführt hat. Es ist für den Beginn der Verjährung aber nicht erforderlich, dass er den Schaden in seinen einzelnen Elementen und Ausprägungen voll überschaut.

aa) Die Rechtsprechung versteht den Schaden im Sinne von § 852 Abs. 1 BGB a.F. als Schadenseinheit. Dies bedeutet, dass bereits die allgemeine Kenntnis von dem Schaden genügt, um die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen; wer sie erlangt, dem gelten auch solche Folgezustände als bekannt, die im Zeitpunkt der Erlangung jener Kenntnis überhaupt nur als möglich voraussehbar waren (vgl. BGH NJW 1994, 2448 unter II. 1.) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs kommt es hierbei auf die Erkenntnismöglichkeit zum Unfallzeitpunkt an (vgl. BGH NJW 1997, 2448 unter II. 1.; BGH NJW 1991, 973 unter II.1.b); BGH VersR 1982, 703 unter II.1.b). Es gilt hierbei für die Schadenseinheit der Grundsatz, inwieweit die Spätfolgen eines Körperschadens bereits im Zeitpunkt der allgemeinen Schadenskenntnis aus Sicht der medizinischen Fachkreise, wie z.B. von Fachärzten, als möglich voraussehbar sind (vgl. BGH Urteil vom 16.11.1999 [VI ZR 37/99] = NJW 2000, 861; BGH NJW 1997, 2448; BGH NJW 2000, 861 unter II. 1.). Auf die Sicht des Geschädigten kommt es für die Frage der möglichen Voraussehbarkeit dagegen nicht an.

Demgegenüber wird zwar in einem Teil der rechtswissenschaftlichen Literatur die Ansicht vertreten, für die Schadenseinheit im Sinne der Voraussehbarkeit komme es auf die subjektive Sicht des Verletzten als Laien an (vgl. Bamberger/Roth/Henrich/Spindler, BGB 3. Aufl., § 199 Rz. 29; Staudinger/Frank Peters/Florian Jacoby (2014) BGB § 199 Rz. 45, 49).

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs an. Die Anknüpfung an die objektive, nach der ärztlichen Wissenschaft bestehende Vorhersehbarkeit von späteren Folgeschäden ist mit dem Wortlaut von § 852 BGB a.F., aber auch mit dem Wortlaut von § 199 Abs. 1 BGB n.F., vereinbar. Danach muss für den Beginn der Verjährungsfrist zwar der Anspruchsberechtigte Kenntnis oder nach neuem Verjährungsrecht zumindest grob fahrlässige Unkenntnis von den drohenden künftigen Folgeschäden haben. Dies erfordert jedoch nicht eine eigene persönliche Kenntnis. Vielmehr ist ihm die Unkenntnis aufgrund des Verschuldens des von ihm zur Begutachtung der Frage künftiger Schadensfolgen beauftragten Arztes nach § 278 BGB zuzurechnen. Denn mit dem Schadensereignis ist zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten ein gesetzliches Schuldverhältnis entstanden.

Die sich an der objektiven medizinischen Sicht orientierende Bestimmung der Vorhersehbarkeit ist zwar mit einer Härte für denjenigen Geschädigten verbunden, der selbst ohne vorwerfbare Obliegenheitsverletzungen in Unkenntnis über mögliche Folgen seiner Erstverletzung ist. Dies ist bei schweren Verletzungen jedoch nur dann vorstellbar, wenn ihm diese Kenntnis trotz der Beiziehung von Fachkundigen zur Abklärung möglicher Folgeschäden fehlt. Denn ihn trifft jedenfalls in Fällen erheblicher Verletzungen nach der Rechtsprechung eine entsprechende Obliegenheit. Fehlt ihm aber trotz der Inanspruchnahme ärztlichen Rates die Kenntnis möglicher Spätfolgen, so wird ihm häufig ein Ersatzanspruch gegen den ärztlichen Fachmann, dessen Rat er in Anspruch genommen hat, zustehen. Insofern fällt die subjektiv fehlende Vorhersehbarkeit in den Risikobereich des Geschädigten, jedenfalls nicht in den Risikobereich des Schädigers. In dieser Risikozuweisung liegt kein Wertungswiderspruch dazu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ärztliche Fehler bei der Behandlung von Schadensfolgen (etwa: kunstfehlerhafte Operation) dem Schädiger der Erstverletzung als adäquat kausal zugerechnet werden und insofern in den Risikobereich des Schädigers fallen. Bei der objektiven kausalen Zurechnung von Schadensfolgen, die bei der Inanspruchnahme von Hilfspersonen entstehen, geht es um die Abwehr oder Minderung von bereits eingetretenen primären Schäden. Die Behandlung der Primärverletzung durch einen Arzt ist dem Geschädigten durch den Primärschädiger trotz der vertraglichen Beauftragung des behandelnden Arztes durch den Verletzten gleichsam „aufgezwungen“ worden. Der ärztliche Fehler steht insofern mit dem Erstschaden in engerer Beziehung. Demgegenüber geht es bei der im Rahmen des Grundsatzes der Schadenseinheit relevanten Vorhersehbarkeit der Schadensfolge um die rechtzeitige Verfolgung von Ansprüchen durch den Geschädigten. Der Geschädigte nimmt damit ein eigenes Interesse aufgrund eines selbständigen Willensentschlusses wahr. Es ist ihm nicht „aufgezwungen“, seine Ansprüche zu verfolgen. Bei der rechtzeitigen Verfolgung eigener Ansprüche und Rechte liegt es aber näher, fehlerhaftes Handeln von Personen, denen sich der Geschädigte „freiwillig“ vertraglich bedient, seinem Risikobereich zuzuordnen. Damit steht in Übereinstimmung, dass dem Schädiger beispielsweise auch die Versäumung der Verjährungsfrist durch ein Anwaltsverschulden zugerechnet wird. Schließlich dient die dreijährige Verjährungsfrist und der Grundsatzes der Schadenseinheit auch der Rechtsklarheit und Rechtsicherheit (BGH NJW 1991, 973 unter I.1. vor a) und 2. und BGH NJW 1997, 2448 unter II. 1.). Soweit als möglich soll für die bereits entstandenen und die objektiv voraussehbaren möglichen Schäden alsbald nach dem Schadensereignis der Anspruchsgrund für die Haftung des Schädigers geklärt werden.

bb) Stellt sich die Vorhersehbarkeit erst nach dem Unfallereignis später ein, so kommt es auf diesen Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntniserlangung des Geschädigten selbst an (BGH ebenda). Dies beruht darauf, dass der Geschädigte nicht gehalten sein kann, nach dem Zeitpunkt seiner allgemeinen Schadenskenntnis wegen der konkreten Schadensfolgen in den nachfolgenden Jahren fortlaufend die Entwicklung der medizinischen Fachkenntnisse zu verfolgen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, weil nach Überzeugung des Senats im Unfallzeitpunkt als mögliche Spätfolge eine Hüftgelenkarthrose und daraus folgende Beschwerden der Klägerin vorhersehbar waren.

cc) Aufgrund der vom Senat erhobenen ergänzenden Feststellungen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO) steht nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen PD Dr. H. in seiner Anhörung vor dem Senat fest, dass in der zum Unfallzeitpunkt (November 1981) maßgeblichen Literatur, wobei der Sachverständige auf ein damals seit 1979 bekanntes Standardwerk verweist („Hefte der Unfallheilkunde“, siehe auch schon S. 4 f. des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Bl. 171 d.A.), zu der Therapie bei einer Beckenfraktur ohne operativen Eingriff die Prognosen für eine Hüftgelenkarthrose zwischen 7 und 40 Prozent angegeben werden. Der Sachverständige, von dessen Sachkunde der Senat überzeugt ist, hat in seiner ergänzenden Anhörung am 13.07.2018 anschaulich und nachvollziehbar diesen Kenntnisstand der medizinischen Fachkreise erläutert. Hierzu stellte der Sachverständige zu Beginn seiner Anhörung zunächst klar, dass die posttraumatische Coxathrose, die Zyste und die Implantation einer Hüftgelenksendoprothese zusammengehören.

dd) Der Sachverständige hat in seiner Anhörung vor dem Senat die Auswirkungen der bei der Klägerin im Jahr 1981 angewandten Extensionsbehandlung geschildert. Konkret führte der Sachverständige aus, dass, wenn er die Angaben der Klägerin, wonach sie sich wegen Schmerzen im Hüftbereich rechts erst wieder im Jahre 1998 in ärztliche Behandlung begeben habe, als richtig unterstelle, alles dafür spreche, dass keine grobe Fehlstellung im Gelenk nach der Extensionsbehandlung im Jahr 1981 vorgelegen habe. Zuvor hat der Sachverständige erörtert, dass sich bei einer groben Fehlstellung im Gelenk eine Arthrose schnell entwickeln könne. Bei feineren Fehlstellungen könne sich dagegen die Arthrose auch über viele Jahre hinweg entwickeln. Damit hat der Sachverständige aber gerade nicht gesagt, dass bei der zugunsten der Klägerin zu unterstellenden geringen Fehlstellung nach der Extensionsbehandlung die Entwicklung einer Arthrose nicht möglich war.

Demnach waren im Ergebnis die von der Klägerin behaupteten aufgetretenen Beschwerden im Hüftbereich nach der ärztlichen Wissenschaft als mögliche Schadensfolge bereits im Jahr 1981 vorhersehbar.

Entgegen der Ansicht der Klägerin im Schriftsatz vom 27.08.2018 ist nach Überzeugung des Senats keine Anordnung der Wiederöffnung der Verhandlung nach § 156 II Nr.1 ZPO anzuordnen. Die Klägerin gibt im dortigen Schriftsatz zutreffend die im Protokoll vom 13.07.2018 festgehaltenen Aussagen des angehörten Sachverständigen Dr. H. (in Kursivdruck) wieder. Die Klägerin gelangt dann zu dem Schluss, wonach der Gutachter seine Ausführungen habe also so verstanden wissen wollen, dass die Spätfolge „posttraumatische Coxathrosebildung“ im Jahre 1981 bei einem Wahrscheinlichkeitsgrad von 7 % bis 40 % bei der Klägerin nicht vorhersehbar gewesen sei.“ Diese Wertung ist auch im Lichte der weiteren Ausführungen des Sachverständigen zum Zustand des Beckens der Klägerin im Jahr 1981 mit der klaren Aussage des Sachverständigen zu dem Wissensstand im Jahr 1981 nicht vereinbar. Wörtlich führte der Sachverständige aus: „Betrachtet man die Literatur und da speziell die „Hefte der Unfallheilkunde“ (vgl. Seite 4 vorletzter Absatz meines Schreibens vom 13.12.2017, Blatt 168/176 der Akten) zu der Therapie der Beckenfraktur ohne operativen Eingriff, dann sind die Prognosen für die Hüftgelenkarthrose zwischen 7 und 40 Prozent angegeben.“ (vgl. Protokoll S.4=Bl. 204 d.A.). Zutreffend zitiert die Klägerin die Entscheidung des BGH vom 24.05.1988 (vgl. BGH NJW 1988, 2300, 2302), wonach im dortigen Sachverhalt auf Grundlage des im dortigen Rechtsstreits eingeholten Sachverständigengutachtens der dortige Sachverständige zu dem Ergebnis gelangte, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 30 bis 40 % mit einer Pseudoarthrose zu rechnen gewesen sei. Aus der Entscheidung ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin im Schriftsatz vom 27.08.2018 jedoch gerade nicht, dass der BGH in der Entscheidung vom 24.05.1988 (vgl. BGH NJW 1988, 2300 ff.) in rechtlicher Hinsicht einen Mindestwert an Wahrscheinlichkeit von 30 % verlangt. Auf diesen Aspekt wies der Senat in dem von der Klägerin als fälschlich bezeichneten Hinweis im Terminhinweis vom 13.07.2018 mit der Formulierung „unabhängig von Wahrscheinlichkeiten“ hin.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten erbrachte nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagtenpartei im Schriftsatz vom 15.01.2018 vor dem 28.12.1984 eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 10.000,00 DM. Damit trat nach § 208 BGB a.F. durch die (Abschlags-​)Zahlung eine Unterbrechung der Verjährung ein.

Wie das Erstgericht bereits zutreffend festgestellt hat, trat keine Unterbrechung der Verjährung nach § 209 BGB a.F. aufgrund der behaupteten Erhebung einer Feststellungsklage für alle materiellen und immateriellen Ansprüche unter dem Az. 10 O 2538/82 vor dem Landgericht München II ein. Die Beklagten haben die Erhebung einer derartigen Feststellungsklage bestritten, die Klägerin konnte (trotz Hinweises) einen Nachweis für die Erhebung nicht erbringen.

Die Klägerin konnte über dieses angebliche Verfahren keine detaillierte Auskunft geben. Eine Beiziehung der Akte war nicht mehr möglich, da sie nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach der Aktenordnung im Jahr 1992 vernichtet wurde (vgl. Anlage K 12). Ein rechtskräftiges Urteil konnte daher nicht vorgelegt werden.

Die Klägerin konnte ebenfalls nicht darlegen, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin gegenüber ein titelersetzendes Anerkenntnis abgegeben hat. Abgesehen davon, dass zunächst zu prüfen gewesen wäre, ob ein Anerkenntnis die Qualität eines titelersetzendes Anerkenntnisses i.S.d. Rechtsprechung des BGH (vgl. Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl., § 197 BGB, Rz. 8 m.w.N.) hat, hätte für ein solches analog § 218 I BGB a.F. nicht eine dreijährige, sondern eine dreißigjährige Verjährungsfrist gegolten. Auf den Hinweis des Senats vom 19.12.2017 (vgl. Bl. 177 d.A.) gelang der Klägerin letztlich kein Nachweis eines titelersetzenden Anerkenntnisses. Die Vereinbarung vom 17.09.1996 enthält in keiner Weise die Feststellung einer Einstandspflicht, welche zu Lasten der Beklagten als Rechtsnachfolgerin wirken würde. Durch den Abschluss der Vereinbarung vom 17.09.1996 hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch kein Anerkenntnis im Sinne des § 208 BGB a.F. abgegeben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat sich nicht dem Grunde nach verpflichtet, unfallbedingte materielle zukünftige Schäden zu erstatten, lediglich blieb der Klägerin eine solche Geltendmachung vorbehalten (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 20.02.2002 - 17 U 15/01, VersR 2002, 1142). Damit trat auch keine Unterbrechung ein.

Soweit die Klägerin die Ansprüche bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr 1982 angemeldet hat, endete eine entsprechende Hemmung gemäß § 3 Nr. 3 Satz 2 Halbsatz 3 PflVG a.F. jedenfalls am 15.11.1991, nämlich zehn Jahre nach dem Schadensereignis (insoweit anders als OLG Frankfurt, a.a.O.).

Soweit zwischen den Parteien unstreitig vor dem 17.09.1996 verhandelt wurde, endete eine Hemmung gemäß § 852 II BGB a.F. jedenfalls mit dem Abschluss der streitgegenständlichen Abschlussvereinbarung am 17.09.1996. Zudem wurde die Verjährung durch unstreitige Zahlung des vereinbarten Abfindungsbetrages noch im September 1996 durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten unterbrochen, § 208 BGB a.F.. Die Hemmung hatte nach § 205 BGB a.F. zur Folge, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Die Unterbrechung der Verjährung hat nach § 217 BGB a.F. zur Folge, dass die Verjährungsfrist neu zu laufen begann. Somit trat Verjährung spätestens am 30.09.1999 ein.

Da die Verjährungsfrist damit sowohl zum Zeitpunkt der Zustellung des beim LG Ingolstadt eingegangenen Antrags der Klägerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (Az. 41 OH 1032/13) am 12.07.2013 (§ 204 I Nr. 7 ZPO) als auch zum Zeitpunkt der Zustellung der im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Klage am 27.01.2015 (§ 204 I Nr. 1 BGB) bereits abgelaufen war, konnte eine Hemmung der Ansprüche nach § 204 BGB nicht mehr eintreten.

c) Selbst wenn entgegen der Ansicht des Senats zugunsten der Klägerin nicht von einer Schadenseinheit ausgegangen werden würde, wären die Ansprüche der Klägerin verjährt.

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Schadenseinheit wäre im Lichte der vom Senat geteilten Rechtsprechung des BGH generell nur in eng begrenzten Fallkonstellationen hinnehmbar. Dies gälte für die Fälle, in denen sich schwere Folgezustände bei anscheinend ganz leichten Verletzungen oder vorübergehenden Gesundheitsstörungen erst später unerwartet einstellen. In diesen Fällen wäre der Beginn der Verjährung in der Regel erst von dem Zeitpunkt an zu rechnen, in dem der Verletzte von den erst nachträglich eingetretenen Schäden Kenntnis erhält (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Juni 1957, aaO und vom 10. Juli 1979 - VI ZR 24/77 - VersR 1979, 1106, 1107). Diese Ausnahme beruhe auf dem Gedanken, dass in Fällen, in denen der Geschädigte nach dem Schadensbild, das sich ihm zunächst zeigt, keinen naheliegenden Grund hat, sich über etwa später eintretende Schäden von einem Fachkundigen beraten zu lassen oder zur Abwehr der Verjährung eine Feststellungsklage zu erheben (vgl. BGH Urteil vom 23. Oktober 1962 - VI ZR 245/61 - VersR 1963, 161, 163).

aa) Für den Senat wäre zunächst bei einer, wie dargelegt jedoch abzulehnenden, Verneinung der Schadenseinheit sogar von einer noch früheren Verjährung als Ende 2001 (hierzu siehe unten bb)) auszugehen. Wie bereits oben in Zusammenhang mit den immateriellen Ansprüchen der Klägerin erörtert, ist das von Dr. Sc. an den damaligen anwaltlichen Vertreter der Klägerin gerichtete Schreiben vom 09.05.1990 (vgl. BLD B 9, s.o.) entscheidend. Der behandelnde Facharzt hat der Klägerin unter Bezugnahme auf einen Befund in einem Vorgutachten vom 28.2.1989 schon im Jahr 1990 unmissverständlich mitgeteilt, dass eine posttraumatische Coxathrose zu befürchten ist. Damit hatte die Klägerin bereits 1990 Kenntnis von der schwereren Unfallfolge und musste innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist, also hier bis zum Ablauf des Jahres 1993 eine verjährungsunterbrechende Maßnahme ergreifen, was sie nicht getan, jedenfalls jedoch nicht nachgewiesen hat (s.o.). Soweit die Klägerin im Schriftsatz vom 27.08.2018 darauf hinweist, dass der Sachverständige ausgeführt habe, dass zumindest zu diesem Zeitpunkt immer nur Schmerzen im Gesäßbereich angesprochen worden seien, dies betreffe den Lendenwirbelsäulenbereich und habe nichts mit der Hüfte zu tun, so trifft dies zwar zu (vgl. Protokoll S.5 = Bl. 205 d.A.), ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass im Schreiben vom 09.05.1990 (vgl. BLD B 9, s.o.) eine Röntgenkontrolle des Hüftgelenks empfohlen wird.

bb) Überdies hat die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Senat in glaubhafter Weise unter sichtlicher Anstrengung ihres Erinnerungsvermögens Folgendes angegeben: Sie sei 1998 in die orthopädische Gemeinschaftspraxis Dr. S. und Dr. R. gegangen. Es seien im Hüftbereich am Anfang seltene Schmerzen gewesen, es sei halt im Laufe der Zeit schlechter geworden. Das Unfallereignis sei hierbei auch allen behandelnden Ärzten bekannt gewesen. Danach konnte die Klägerin auf Grund der Vorbefunde von Dr. Sc. spätestens 1998 erkennen, dass die Befürchtung der Coxarthrose nunmehr Realität wurde, sie hätte also spätestens bis Ende 2001 eine verjährungsunterbrechende Maßnahme ergreifen müssen.

cc) Selbst wenn dem Schreiben vom 09.05.1990, entgegen der Ansicht des Senats, nicht die geschilderte Bedeutung im Hinblick auf die Kenntnis der Klägerin beigemessen würde, wäre bei einer Verneinung einer Schadenseinheit von einem Verjährungsbeginn allerspätestens am 01.01.2007 und einer Verjährung zum 31.12.2009 auszugehen. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung unmissverständlich und klar angegeben, dass nach mehreren Jahren der Schmerzen und orthopädischen Behandlungen, die auch eindeutig auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen zurückgeführt worden seien, bereits im Jahr 2006 die Frage einer Hüftoperation diskutiert worden sei. Somit würde gemäß Art. 229 § 6 I EGBGB nach dem nunmehr gültigen § 195 BGB n.F. die Verjährung nach § 199 I Nr. 1, Nr. 2 BGB mit Ablauf des 31.12.2006 beginnen und mit Ablauf des 31.12.2009 enden.

Entgegen dem Antrag der Klägerin im Schriftsatz vom 27.08.2018 ist auch nicht im Hinblick auf die Kenntnis der Klägerin von der Spätfolge „posttraumatische Coxathrose“ eine Wiedereröffnung der Verhandlung nach § 156 II Nr. 1 ZPO geboten. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung vom 13.07.2018 nicht wie die Klägerin zitiert, geschildert, dass in der Zeit 2006 - 2014 über eine Hüftoperation gesprochen worden sei. Vielmehr gab die Klägerin ausweislich des Protokolls an: „In der Zeit ab 2006 - 2014 ist schon über eine Hüftoperation gesprochen worden.“ Somit ist nach den eigenen Angaben der Klägerin bereits ab 2006 und nicht etwa zu einem unbekannten Zeitpunkt im Zeitraum von 2006 - 2014, über eine notwendige Hüftoperation gesprochen worden, nachdem nach den weiteren Angaben der Klägerin bereits in den Jahren 2000 - 2006 die Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte wieder anfingen (vgl. Protokoll S.3 = Bl. 203 d.A.).

Die Klägerin teilte erst am 15.11.2011 der Beklagten mit, dass 2006 neue gesundheitliche Probleme aufgetreten seien, das Beweissicherungs-​verfahren leitete sie erst im Jahr 2013 ein.

d) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, nur bzgl. des Stammrechts, nicht aber auch bzgl. der wiederkehrenden Leistungen, komme § 852 I BGB a.F. zur Anwendung, für letztere gelte vielmehr jeweils § 197 BGB a.F., ist dies zwar grundsätzlich zutreffend, ändert aber nichts daran, dass eine Abhängigkeit der für die wiederkehrenden Leistungen geltenden Verjährungsfrist von der für das Stammrecht geltenden dann gegeben ist, wenn das Stammrecht, wie vorliegend verjährt ist. Denn wie der BGH etwa mit Urteil vom 10.01.2012, Az.: VI ZR 96/11, NVwZ-​RR 2012, 338, u.a. unter Hinweis auf § 224 BGB a.F. ausgeführt hat, kann sich der Anspruchsteller in diesem Fall nicht mit Erfolg auf die längere Verjährungsfrist berufen. Vielmehr gilt, wie es der BGH bereits in seinem Urteil vom 05.07.1963, Az.: VI ZR 188/62, VersR 1963, 1160 = BeckRS 1963, 30402211, formuliert hat und was auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar ist, Folgendes:

   „Die 4-​jährige Verjährungsfrist des § 197 BGB kann dann nicht angewandt werden, wenn die für die Gesamtforderung geltende 2-​jährige Verjährungsfrist (§ 8 HpflG) bereits verstrichen ist. Nur wenn die Gesamtforderung auf Ersatz des Unterhaltsschadens durch Leistungs- oder Feststellungsurteil festgestellt worden wäre, würde für einzelne Rentenrückstände die Verjährungsfrist der §§ 197, 201 gelten.“

Hier gilt schließlich, entgegen der Ansicht der Klägerin, auch nicht etwa deswegen etwas anderes, weil gem. Art. 229 § 6 I EGBGB nunmehr einheitlich § 195 BGB n.F. anzuwenden sei. Denn zum einen wäre dies gem. Art. 229 § 6 I EGBGB nur der Fall, wenn es um Ansprüche ginge, welche am 01.01.2002 noch nicht verjährt waren, was hier nicht der Fall ist (s.o.). Zum anderen bliebe bei einer einheitlichen Geltung von § 195 BGB n.F. ohnehin kein Raum für eine vom Stammrecht abgekoppelte Verjährung einzelner wiederkehrender Leistungen.

e) Der Vergleich vom 17.09.1996 beinhaltete keine Verzicht der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf die Einrede der Verjährung (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.).

Die Beklagte kann trotz des letztmalig mit Schreiben vom 22.12.2011 (vgl. Anlage BLD 2) abgegebenen Verzichts die Verjährungseinrede erheben. Der Verzicht war zeitlich begrenzt bis 30.06.2013 und umfasste nur Ansprüche, die nach dem 17.09.1996 entstanden sind, aber eine Verjährung noch nicht eingetreten war. Ein Verjährungsverzicht berührt den Ablauf der Verjährungsfrist nicht (vgl. BGH NJW 2014, 2267f.). Weder wird die Verjährung gehemmt, noch verlängert sich die Verjährungsfrist. Dass ein Verjährungsverzicht nicht die Hemmung der Verjährung zur Folge hat, ergibt sich bereits daraus, dass andernfalls ein nachträglicher Verjährungsverzicht folgenlos wäre, denn eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist kann nicht mehr gehemmt werden. Folge des Verjährungsverzichts ist vielmehr, dass sich der Schuldner in dem Zeitraum, für den er den Verjährungsverzicht erklärt hat, nicht auf sein Leistungsverweigerungsrecht gem. § 214 BGB berufen kann (vgl. BGH aaO.). Jedenfalls war hier nach der Ansicht des Senats bereits Verjährung eingetreten, als die Beklagte die Verzichtserklärung abgegeben hat. Der Verjährungsablauf kann hierdurch auch nicht wiederaufleben, da die Verzichtserklärung aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts unter der Bedingung stand, dass diese nur nicht bereits verjährte Forderungen der Klägerin umfassen soll. Der Verjährungsverzicht erfolgte ohne Präjudiz und Anerkenntnis sowie unter Vorbehalt sämtlicher Einwendungen im Übrigen.

f) Der Beklagten ist schließlich auch nach dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Streitfall nicht verwehrt, sich auf die Verjährung der Ansprüche zu berufen. Die Erhebung der Verjährungseinrede kann nur unter strengen Voraussetzungen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.11.2008 - IX ZR 145/06 [juris, Rn. 2]) rechtsmissbräuchlich sein (BGH NJW 1981, 2243: „... tritt der Haftpflichtversicherer ... in Regulierungsverhandlungen ein und gibt ... zu erkennen, dass er den Haftpflichtanspruch nur mit materiellen Einwendungen bekämpfen werde...“), beispielsweise wenn der Ersatzpflichtige durch seine Zahlungen den Geschädigten von Klageerhebung (BGH NJW-​RR 1991, 1033) oder sonstiger Antragstellung abgehalten, oder die Kenntnis der Sozialversicherungsträger von ihrer Eintrittspflicht verhindert (BGH NJW 2008, 2776), oder sonst widersprüchliches Verhalten gezeigt hat. Solche Umstände sind nicht ersichtlich, und werden im Übrigen von der Berufung nicht vorgetragen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung soll dabei nur eine „Abweichung im Rechtssatz“ verhindern, d. h. allein der Entscheidung einer Rechtsfrage dienen, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten kann (vgl. MüKo-​ZPO/Lipp, 4. Aufl., § 574 Rz. 9 i.V.m. § 543 Rz. 14, BL/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, § 574 Rz. 8 m. w. N.). Inwieweit im entscheidungserheblichen Bereich „die durch die Schuldrechtsreform eingetretenen Änderungen“ durch den BGH noch nicht abschließend geklärt worden sein sollen, ist unerfindlich, und eröffnet daher keine Revisionszulassung.

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