Das Verkehrslexikon

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Amtsgericht Coesfeld Urteil vom 26.02.2018- 3b OWI-89 Js 2030/17-306/17 - Telefonieren mit einem zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefon

AG Coesfeld v. 26.02.2018: Telefonieren mit einem zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefon


Das Amtsgericht Coesfeld (Urteil vom 26.02.2018- 3b OWI-89 Js 2030/17-306/17) hat entschieden:

   Die Benutzung des Mobiltelefons im Sinne des § 23 Abs. 1 a StVO ist nach Auffassung des Gerichts auch durch ein Einklemmen des Mobiltelefons zwischen Schulter und Ohr erfüllt. Die hier anzuwendende neue Fassung des § 23 Abs. 1a StVO setzt nicht voraus, dass das Mobiltelefon mit der Hand aufgenommen oder gehalten wird.


Siehe auch
Mobiltelefon - Handy-Benutzung
und
Pflichten des Fahrzeugführers


Gründe:


I.

Der Betroffene wurde am 19.04.1982 in Alonka geboren.

Der Verkehrszentralregisterauszug vom 16.06.2017 weist eine berücksichtigungsfähige und einschlägige Voreintragungen zulasten des Betroffenen auf:

Mit Bußgeldbescheid des Kreises Osterholz vom 08.11.2016, rechtskräftig seit dem 25.11.2016, wurde gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer eine Geldbuße von 60 EUR festgesetzt.

II.

Am 09.06.2017 befuhr der Betroffene gegen 19:15 Uhr mit dem PKW Volvo mit dem amtlichen Kennzeichen ppp. die A43 in Dülmen in Fahrtrichtung Münster, Zu diesem Zeitpunkt kontrollierten der Zeugen pp1, pp2 und pp3 den Betroffenen, indem sie mit dem Streifenwagen am Fahrzeug des Betroffenen vorbei fuhren. Dabei konnten den Betroffenen sehen, der mit seinem Fahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen weiterfuhr und dabei ein Mobiltelefon mit der linken Schulter ans linke Ohr presste und in das Mobiltelefon sprach. In der Anhaltesituation befand sich das Mobiltelefon in einer Halterung an der Windschutzscheibe.




III.

Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme.

Der Betroffene hat eingeräumt Fahrer zum Tatzeitpunkt gewesen zu sein. Er wurde auf Antrag von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden.

Während die Aussagen der Zeugen pp2 und pp3 hinsichtlich des konkreten Tatverlaufes unergiebig waren, da sie lediglich die äußeren Umstände der Streifenfahrt und Üblichkeit der vorgenommenen Dokumentation im Falle eines festgestellten Ordnungswidrigkeitenverstoßes bestätigen konnten, war die Aussage des Zeugen pp1 positiv ergiebig. Der Zeuge pp1 hat glaubhaft erklärt, dass er den Innenraum des Fahrzeuges des Betroffenen aufgrund der erhöhten Sitzposition des Streifenwagens, eines VW Bullis, gut überblicken konnte. Der Zeuge pp1 gab an hinten rechts gesessen zu haben, so dass er nachvollziehbarerweise einen direkten unverdeckten Blick auf den Betroffenen hatte, als der Streifenwagen diesen langsam überholte. Zudem war der Zeuge pp1 nicht mit anderen Aktivitäten oder dem Steuern des Streifenwagens beschäftigt, sondern konnte sich vollständig auf seine Beobachtungen des Verkehrs konzentrieren. So ist es auch sehr gut nachvollziehbar, dass er für 5 — 7 Sekunden den Betroffenen im Blick hatte, der nach seinen Angaben ein schwarz-silbernes Mobiltelefon mit einer typischen Geste zwischen linker Schulter und linkem Ohr eingeklemmt hatte und sprach, Dabei konnte der Zeuge pp1 nicht nur die Farbe des Handy erkennen, sondern konnte dieses in der Anhaltesituation auch in einer Halterung an der Windschutzscheibe wiedererkennen. Die Schilderungen des Zeugen pp1 sind detailreich und weisen keinerlei Belastungstendenz auf, vielmehr hat der Zeuge Erinnerungslücken zugegeben, beispielsweise im Hinblick auf den genauen Anhalteort, was aufgrund der Fokussierung auf das Kerngeschehen und der Vielzahl der von Polizeibeamten zu ahnenden Taten im Straßenverkehr naheliegend ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen. dass die Beobachtung des Zeugen zutreffend ist und der Betroffene ein Mobiltelefon gehalten und damit telefoniert hat.


IV.

Der Betroffene war somit wegen verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer gemäß §§ 23 Abs. la, 49 StVO i.V.m. 24 StVG zu verurteilen, da er als Kraftfahrzeugführer verpflichtet ist, die Verbotsnorm des § 23 Abs. la StVO zu beachten und ihm dies auch möglich gewesen wäre. Die Benutzung des Mobiltelefons im Sinne dieser Vorschrift durch ein Halten oder Aufnehmen ist nach Auffassung des Gerichts auch durch ein Einklemmen des Mobiltelefons zwischen Schulter und Ohr erfüllt, da auch durch diese Handhabung ebenfalls die verbotene Ablenkung des Verkehrsteilnehmers verbunden mit seiner körperlich eingeschränkten Bewegungssituation eintritt. Auch die hier anzuwendende neue Fassung des § 23 Abs. la StVO setzt nicht voraus, dass das Mobiltelefon mit der Hand aufgenommen oder gehalten wird. Es ist weiterhin nur die Rede von „aufgenommen" oder „gehalten", während im Hinblick auf die nun erfassten elektronischen Geräte zahlreiche Neuerungen und Ergänzungen erfolgt sind. Aus diesem Kontext heraus zeigt sich jedoch deutlich die Intention des Gesetzgebers, der weiterhin alle Verhaltensweisen sanktionieren will, die zu einer Ablenkung des Verkehrsteilnehmers durch, elektronische Geräte führt. Bei den zugelassenen elektronischen Geräten nach § 23 Abs. la Nr. 2 a) und b) StVO fällt auf, dass diese nur erlaubt sind, wenn sie mit einer Sprachsteuerung oder Vorlesefunktion ausgestattet sind und mit dieser benutzt werden oder nur eine kurze Blickzuwendung zum Gerät erforderlich ist, Ein längeres Berühren eines elektronischen Gerätes oder gar ein haltekrafterforderndes Tragen am Körper ist auch weiterhin nicht gestattet. Dies wird auch deutlich unter Berücksichtigung von § 23 Abs. la S. 3 StVO, der selbst ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät wie eine Videobrille verbietet, obwohl das Tragen dieses elektronischen Gerätes die Bewegungsfreiheit des Fahrzeugführers in körperlicher Hinsicht nicht einschränkt. Umso mehr muss deshalb ein Halten eines elektronischen Gerätes zwischen Schulter und Ohr von diesem Verbot erfasst sein, da diese verkrampfte Körperhaltung das Sichtfeld des dadurch schräg und leicht gebückt sitzenden Fahrzeugführers einengt und zugleich seine Reaktionsmöglichkeiten bei der Benutzung des Lenkrades einschränkt, da eine Schulter mitsamt des Armes dauerhaft mit Muskelkraft dafür sorgen muss, dass das Mobiltelefon an das Ohr des Fahrzeugführers gepresst wird. Auch wenn die Rechtsprechung bisher nicht explizit auf diese Positionierung eines Mobiltelefones Bezug genommen hat, so steht diese Auslegung doch im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm, welches noch zum alten Wortlaut des Tatbestandes ausgeführt hat, dass die Vorschrift nach der gesetzgeberischen Intention gewährleisten soll, ist der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgaben frei hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2012, 5 RBs 4/12). Beim Einklemmen des Mobiltelefons zwischen Schulter und Ohr hat der Fahrzeugführer gerade nicht beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgaben frei, da eine Hand lediglich kraftlos auf das Lenkrad gelegt werden kann, während die gesamte Muskelkraft der Schulter und Armpartie auf die Fixierung des Mobiltelefons verwandt werden muss und gerade nicht für die Bewältigung der Fahraufgaben verwendet werden kann.



V.

Der Betroffene ist mit einer Geldbuße in Höhe von 80,00 Euro zu belegen, deren Höhe sich unter Berücksichtigung der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit der Vorwerfbarkeit und der finanziellen Verhältnisse des Betroffenen als tatangemessen erweist. Der Regelsatz des Bußgeldkataloges sieht unter 246.1 BKat eine Geldbuße in Höhe von 60,00 Euro vor, welche im konkreten Fall weiter zu erhöhen war aufgrund von einer berücksichtigungsfähigen und einschlägigen Voreintragung, Nachdem das Gericht den rechtlichen Hinweise erteilt hat, dass eine weitere Erhöhung um 5 EUR aufgrund der einschlägigen Voreintragung in Betracht kommt, konnte die Geldbuße gegenüber der schon erfolgten Erhöhung auch weiter erhöht werden. Einen Anlass, von der Geldbuße abzusehen oder sie zu reduzieren, war nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO.

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