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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss vom 03.11.2017 - 3 Rb 6 Ss 681/17 - Täteridentifizierung durch Radarfotos

OLG Karlsruhe v. 03.11.2017: Anforderungen an eine Täteridentifizierung durch Lichtbilder


Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Beschluss vom 03.11.2017 - 3 Rb 6 Ss 681/17) hat entschieden:

   Ist der Tatrichter danach anhand eines Radarfotos zu der Überzeugung gelangt, der Betroffene und die auf dem Foto abgebildete Person seien identisch, gilt für die Darstellung in den Urteilsgründen folgendes:

   Falls das Foto so deutlich ist, dass es zur Identifizierung des Betroffenen uneingeschränkt geeignet ist, genügt eine (deutliche und zweifelsfreie) Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG; eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich.

Ist das Foto - etwa aufgrund schlechter Bildqualität (z.B. erheblicher Unschärfe) oder aufgrund seines Inhalts - zur Identifizierung des Betroffenen nur eingeschränkt geeignet, so hat der Tatrichter zu erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist.


Siehe auch
Fotoqualität - Radarfoto
und
Lichtbildbeweis - Radarfoto


Gründe:


I.

Der Betroffene wurde durch Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 8.6.2017 wegen fahrlässigen Nichteinhaltens des erforderlichen Abstandes zu einem vorausfahrenden Fahrzeug zu einer Geldbuße von 315 EUR und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerechte Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft trägt an, auf die Rechtsbeschwerde das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und an das Amtsgericht zurückzuverweisen.





II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des angefochtenen Urteils führt zu dessen Aufhebung, weil die Beweiswürdigung zu der Feststellung, dass der Betroffene der Fahrer war, nicht den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Anforderungen in den Fällen der Identitätsfeststellung eines Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Beweisfotos (BGHSt 41, 376 = NZV 1996, 157) stand hält.

Ist der Tatrichter danach anhand eines Radarfotos zu der Überzeugung gelangt, der Betroffene und die auf dem Foto abgebildete Person seien identisch, gilt für die Darstellung in den Urteilsgründen folgendes:

Falls das Foto so deutlich ist, dass es zur Identifizierung des Betroffenen uneingeschränkt geeignet ist, genügt eine (deutliche und zweifelsfreie) Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG; eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich. Ist das Foto - etwa aufgrund schlechter Bildqualität (z.B. erheblicher Unschärfe) oder aufgrund seines Inhalts - zur Identifizierung des Betroffenen nur eingeschränkt geeignet, so hat der Tatrichter zu erörtern, warum ihm die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist.

Im vorliegenden Fall sind die Messfotos auf AS 7a und 7b, auf die das Amtsgericht verwiesen hat, so dass sie Urteilsbestandteil geworden sind und der Senat deren Eignung zur Identifizierung des Betroffenen aus eigener Anschauung würdigen kann, zur Identifizierung des Fahrers nur eingeschränkt geeignet, weil sie unscharf sind (UAS 5 oben: "gewisse Unschärfe") und ein nicht unerheblicher Teil des Gesichts (oberer Teil der Stirn mit Haaransatz) wegen der Sonnenblende nicht sichtbar ist. Bei dieser Sachlage hätte das Amtsgericht, die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für die richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, benennen und beschreiben müssen.




Da es nicht fernliegt, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, ist die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Die objektiven Feststellungen zum Abstand und der gefahrenen Geschwindigkeit können aufrechterhalten bleiben, weil sie rechtsfehlerfrei getroffen wurden. Bei der Abstandsmessung mit dem Verfahren VKS 3.0 handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren, bei dem es grundsätzlich ausreicht, dass im Urteil das angewendete Messverfahren und das Messergebnis - also die gemessene Geschwindigkeit nebst Toleranzabzug sowie den ermittelten vorwerfbaren Abstandswert - mitgeteilt wird (vgl. OLG Dresden, DAR 2005, 637). Erst bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass Verfahrensbestimmungen nicht eingehalten wurden oder - substantiiert - Messfehler behauptet werden, müssen im Urteil hierzu Ausführungen gemacht werden. Soweit vorgetragen wird, der als Zeuge vernommene Messbeamte habe die Einhaltung der Mindestaufstellhöhe nicht bestätigen können, ist das Gegenteil im Urteil festgestellt. Bezüglich der behaupteten Fehlerhaftigkeit der gemessenen Geschwindigkeit wird auf einen Beweisantrag Bezug genommen, dessen konkreter Inhalt ebenso wenig mitgeteilt wird wie die - nach Auffassung des Betroffenen unrichtige - Begründung des diesen Antrag zurückweisenden Gerichtsbeschlusses; ein Darlegungsmangel kann somit nicht festgestellt werden.

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