Das Verkehrslexikon

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BayObLG Beschluss vom 24.10.1996 - 2 ObOWi 689/96 - Zur Tatbegehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch Fahrzeugführer und Halter

BayObLG v. 24.10.1996: zur Tatbegehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch Fahrzeugführer und Halter - Tateinheit - Tatmehrheit




Das BayObLG (Beschluss vom 24.10.1996 - 2 ObOWi 689/96) hat entschieden:

  1.  Eine Zuwiderhandlung gegen StVO § 29 Abs 3 S 1 kann nur vom Fahrzeugführer begangen werden. Dritte, auch der Halter, begehen nur dann eine Ordnungswidrigkeit, wenn die Voraussetzungen der Beteiligung (OWiG § 14) vorliegen.

  2.  wischen einem Verstoß des Halters gegen StVO § 29 Abs 3 S 1 iVm OWiG § 14 Abs 1 und der Zuwiderhandlung gegen die Bestimmung über das einzuhaltende zulässige Gesamtgewicht (StVZO § 34 Abs 3 S 3) besteht Tateinheit.

Siehe auch
Fahrzeugführer
und
Pflichten des Fahrzeugführers und Zustand des Fahrzeugs

Zum Sachverhalt:


Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "vorsätzlichen Zulassens als Verantwortlicher, daß ein Fahrzeug, dessen Gesamtgewicht die zulässige Höchstgrenze überschritt, am Straßenverkehr teilnimmt", zur Geldbuße von 120 DM verurteilt.

Mit der Rechtsbeschwerde, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen wurde, rügt der Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts.

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.





Aus den Entscheidungsgründen:


"... Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Betroffene Halter eines Sattelfahrzeugs - zulässiges Gesamtgewicht 41 000 kg -, das anläßlich einer Fahrt am 2.11.1995 einer Verkehrskontrolle unterzogen wurde, bei der ein tatsächliches Gewicht der Fahrzeugkombination von 53 480 kg ermittelt wurde.

Der Betroffene hatte den Fahrer beauftragt, den Transport eines Baggerladers durchzuführen, obwohl er wußte, daß das zulässige Gesamtgewicht überschritten würde, und zwar auch dann, wenn der Fahrer die Ladeschaufel des Baggers demontieren würde, wovon der Betroffene ausging. Er glaubte allerdings, daß dann die Gewichtsüberschreitung nicht allzu hoch sei und deshalb nicht verfolgt werden müsse.

Nach Auffassung des Amtsgerichts hat sich der Betroffene des "vorsätzlichen Zulassens als Verantwortlicher, daß ein Fahrzeug, dessen Gesamtgewicht die zulässige Höchstgrenze überschritt, am Straßenverkehr teilnimmt, gemäß § 29 Abs. 3 StVO, § 24 StVG schuldig gemacht."

2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.

a) Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO bedarf der Verkehr mit Fahrzeugen und Zügen, deren Abmessungen, Achslasten oder Gesamtgewichte die gesetzlich allgemein zugelassenen Grenzen tatsächlich überschreiten, einer Erlaubnis.

Diesen Bußgeldtatbestand (§ 49 Abs.2 Nr.7 StVO i.V.m. § 24 StVG) kann nur der Fahrzeugführer verwirklichen. Andere Personen, auch der Fahrzeughalter, können lediglich unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 OWiG wegen Beteiligung an der Zuwiderhandlung des Fahrzeugführers geahndet werden. Die Beteiligung setzt vorsätzliches Handeln voraus und ist nur an einer von einem anderen vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit möglich (BayObLG VRS 58, 458; OLG Düsseldorf VRS 79, 141 f.).

b) Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, ob für den Schwertransport eine Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO vorlag. Damit fehlt von vornherein die Grundlage für einen Schuldvorwurf. Aus den Urteilsgründen geht auch nicht hervor, daß die Voraussetzungen einer Beteiligung im Sinne des § 14 OWiG gegeben sind. Insoweit fehlen vor allem Feststellungen dazu, daß der Fahrer (Normadressat) vorsätzlich den Tatbestand des § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO erfüllt hat.


2. Die Formulierung im Urteil, der Betroffene habe es als Halter zugelassen, daß ein Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt, obgleich das zulässige Gesamtgewicht überschritten war, könnte darauf hinweisen, daß das Amtsgericht eine Halterhaftung gemäß § 31 Abs. 2 StVZO (Zulassen der Inbetriebnahme eines gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 StVZO vorschriftswidrigen Kraftfahrzeugs) im Auge hatte. Insoweit käme aber eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 69a Abs. 5 Nr. 3 StVZO i.V.m. § 24 StVG in Betracht.

Eine abschließende Beurteilung unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist dem Senat aufgrund der lückenhaften Feststellungen verwehrt. Es ist nämlich nicht erkennbar, ob das mit 41 000 kg angenommene zulässige Gesamtgewicht auf rechtsfehlerfreien Feststellungen beruht. Das zulässige Gesamtgewicht deckt sich mit dem im Zulassungsverfahren festgestellten Gesamtgewicht, wie es zur Tatzeit im Fahrzeugschein eingetragen war (vgl. OLG Karlsruhe VRS 73, 213/216; OLG Düsseldorf VRS 82, 233/234). Hierzu äußert sich das Urteil nicht.

III. Wegen der aufgezeigten Mängel ist das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Hof zurückverwiesen.

...



IV. Vorsorglich wird bemerkt:

Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 StVO wird - wie dargelegt - das Führen eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderliche Erlaubnis geahndet; unter den Voraussetzungen des § 14 OWiG ist auch der Halter verantwortlich. Hingegen begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 34 Abs. 3 Satz 3 StVZO, wer ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt, bei dem das zulässige Gesamtgewicht überschritten ist; der Halter haftet, wenn er die Inbetriebnahme vorsätzlich oder fahrlässig anordnet oder zuläßt. Die Ahndung ist abgestuft in der Tabelle 3 des Anhangs zu den Nrn. 55 und 56 des Bußgeldkatalogs geregelt.

Die Bestimmungen erfassen somit inhaltlich unterschiedliche Normverstöße, so daß sie in Tateinheit begangen werden können (vgl. Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 33. Aufl. § 29 StVO Rn. 11 a.E.). An der abweichenden Auffassung (Senatsbeschluß vom 17.9.1981 - 2 ObOWi 351/81, zitiert bei Rüth DAR 1982, 241/247; dieser Entscheidung folgend Rüth/Berr/Berz Straßenverkehrsrecht 2. Aufl. § 34 StVZO Rn. 26) - § 34 StVZO verdrängt § 29 Abs. 3 StVO - wird nicht festgehalten. ..."

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