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BGH Beschluss vom 12.03.2020 - I ZB 64/19 - Heilung eines Zustellungsmangels ohne tatsächlichen Zugang des Originals - Übermittlung per E-Mail

BGH v. 12.03.2020: Heilung eines Zustellungsmangels ohne tatsächlichen Zugang des Originals - Übermittlung per E-Mail




Der BGH (Beschluss vom 12.03.2020 - I ZB 64/19) hat entschieden:

E-Mail - Kommunikation mit digitaler Post
und
Zustellung und Ersatzzustellung - Zugang von Schriftstücken und Bescheiden


Gründe:


I.

Am 15. Juni 2012 unterzeichneten ein Herr M. ("Partei-1"), ein Herr A. ("Partei-2"), der Antragsteller ("Partei-3") sowie V. P. ("Firma") eine in russischer Sprache abgefasste Vereinbarung. Zum Unterzeichnenden M. heißt es in der beglaubigten deutschen Überset- zung:

   Für den tatsächlichen Zugang als Voraussetzung der Heilung eines Zustellungsmangels gemäß § 189 ZPO ist nicht der Zugang des zuzustellenden Originals erforderlich. Die erfolgreiche Übermittlung einer (elektronischen) Kopie in Form - beispielsweise - eines Telefaxes, einer Fotokopie oder eines Scans ist ausreichend. Die bloße mündliche Überlieferung oder eine handschriftliche oder maschinen-schriftliche Abschrift des zuzustellenden Originals führen dagegen wegen der Fehleranfälligkeit einer solchen Übermittlung nicht zur Heilung des Zustellungsmangels.
   ... (nachfolgend "Partei-1" genannt), handelnd im eigenen Interesse, im Interesse von Frau O. S. [Antragsgegnerin] * im Auftrag von Frau O. S. * sowie als Bürge für Frau O. S. * ...

Nach Ziffer 2.4. der Vereinbarung verpflichtete sich Partei-1, dem Antragsteller zwei Fahrzeuge der Marken BMW M3 (PG881913) und Lamborghini Gallardo (LA07083) zu übereignen. Die dafür gemäß Ziffer 2.1. vereinbarten 400.000 € sollten gemäß Ziffer 2.2. von Parte ezahlt werden. Die Bezahlung sollte als vertragsgerechte Erfüllung aller Verpflichtungen von Partei-2 und Partei-3 gegenüber Partei-1 und Personen gelten, in deren Interesse Partei-1 handelt. Von den 400.000 € entfiel ein Betrag in Höhe von 139.817,24 € als Restbetrag auf den Erwerb des Fahrzeugs Lamborghini Gallardo (LA07083). In Ziffer 3.3. der Vereinbarung ist geregelt, dass Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Vereinbarung durch das Ständige Schiedsgericht St. Petersburger Arbitrage endgültig entschieden werden. Nach Ziffer 3.4. unterliegen die Rechtsverhältnisse aus der Vereinbarung dem materiellen Recht der Russischen Föderation.

Der Antragsteller erhob unter Berufung auf die Vereinbarung Schiedsklage gegen die Antragsgegnerin auf Zahlung von 139.817,24 € nebst Zinsen. Die Antragsgegnerin, die laut Schiedsspruch über die Verhandlung informiert war, war bei der Schiedsverhandlung nicht anwesend. Mit Schiedsspruch vom 14. September 2015 verurteilte das Schiedsgericht die Antragsgegnerin, an den Antragsteller "10.739.362,20 Rubel (entspricht 139.817,24 €)" zuzüglich Zinsen in Höhe von "2.638.299,07 Rubel (entspricht 34.348,38 €)" zu zahlen, weil sie ihren Pflichten aus der Vereinbarung der Parteien vom 15. Juni 2012 nicht nachgekommen sei.

In einem Zivilprozess vor dem Landgericht Berlin stritten die Parteien ebenfalls über Ansprüche aus der Vereinbarung vom 15. Juni 2012. Die Klage des Antragstellers wurde mit Urteil vom 14. Juni 2017 (4 O 60/14) abgewiesen; die hiergegen gerichtete Berufung wies das Kammergericht mit Urteil vom 14. November 2018 (26 U 108/17) zurück.

Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2018 hat der Antragsteller beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Der erste Versuch, die Antragsschrift unter der angegebenen Anschrift "Z. " in B. an die Antragsgegnerin zustellen zu lassen, ist gescheitert, weil die Antragsgegnerin unter dieser Anschrift nicht zu ermitteln war. Nach einer Behördenauskunft ist die Antragsschrift unter der Anschrift "c/o M. , Z. " durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Ebenso ist dort auch der angegriffene Beschluss am 25. Mai 2019 zugestellt worden.

Die Antragsgegnerin hat am 1. August 2019 Rechtsbeschwerde eingelegt, Fristverlängerung für die Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt und vorsorglich Wiedereinsetzung in die etwa versäumte Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt. Sie hat weiter beantragt, die Frist zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags in die etwa versäumte Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde im selben Umfang zu verlängern wie die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde. Der Antrag, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu verlängern, ist abgelehnt worden. Die Frist zur Begründung des vorsorglich gestellten Antrags der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in die etwa versäumte Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde ist um zwei Monate nach Übersendung der vorinstanzlichen Gerichtsakten verlängert worden. Die Gerichtsakten sind dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 23. August 2019 überlassen worden. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2019 hat die Antragsgegnerin ihre Rechtsbeschwerde sowie ihren Wiedereinsetzungsantrag begründet.

II.

Das Kammergericht hat angenommen, Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO seien nicht gegeben. Der Antragsteller habe hinreichend dargelegt, dass sich die Antragsgegnerin die Regelungen in der Vereinbarung vom 15. Juni 2012 entgegenhalten lassen müsse. Dabei könne offenbleiben, ob Herr M. von vornherein mit Vertretungsmacht gehandelt oder die An- tragsgegnerin dessen Erklärung nachträglich genehmigt habe. Ebenso könne offenbleiben, welchem Recht das Vollmachtsstatut unterliege. Nach beiden anwendbaren Rechtsordnungen seien die Voraussetzungen einer zulässigen Vertretung dargelegt, ohne dass die Antragsgegnerin dem entgegengetreten wäre.




III.

Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2, § 575 ZPO auch im Übrigen zulässig. Die Antragsgegnerin hat die Rechtsbeschwerde fristgemäß eingelegt (dazu III 1). Wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde ist ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (dazu III 2).

1. Mit ihrem Schriftsatz vom 1. August 2019 hat die Antragsgegnerin fristgemäß Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kammergerichts vom 13. Mai 2019 eingelegt. Die Ersatzzustellung des Beschlusses am 25. Mai 2019 ist unwirksam gewesen (dazu III 1 b). Dieser Zustellungsmangel ist erst mit der Übermittlung des Beschlusses per E-Mail an die Antragstellerin am 19. Juli 2019 geheilt worden, so dass die Rechtsbeschwerde vom 1. August 2019 die Monatsfrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewahrt hat (dazu III 1 c).

a) Nach § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Das Rechtsbeschwerdegericht hat gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Rechtsmittels gilt der Freibeweis. Das Gericht ist weder von einem Beweisantritt der Parteien abhängig noch auf die gesetzlichen Beweismittel beschränkt. Im Rahmen des Freibeweises können deshalb auch eidesstattliche Versicherungen berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 - VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457 Rn. 8 mwN).

b) Die Ersatzzustellung des Beschlusses am 25. Mai 2019 gemäß § 180 ZPO ist unwirksam gewesen.




aa) Die Antragsgegnerin behauptet, der angefochtene Beschluss des Kammergerichts sei ihr nicht wirksam zugestellt worden. Sie hat an Eides Statt versichert, bis zum Abschluss des Vorprozesses im November 2018 unter der Anschrift "c/o M. , Z. " in B. gemeldet gewesen zu sein. Diese von ihr als Untermieterin genutzte Wohnung habe sie nach Kündigung zum 31. Dezember 2018 aufgegeben, ihren Namen von Klingel und Briefkasten entfernt und sich ausweislich der Abmeldebescheinigung vom 29. Juli 2019 bereits zum 15. Dezember 2018 abgemeldet.

bb) Nach § 180 Satz 1 und 2 ZPO kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist, wenn die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO nicht ausführbar ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Die Ersatzzustellung nach §§ 178 bis 181 ZPO setzt voraus, dass eine Wohnung oder ein Geschäftsraum des Adressaten an dem Ort, an dem zugestellt werden soll, tatsächlich vom Adressaten genutzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - III ZR 342/09, BGHZ 190, 99 Rn. 13 mwN; Beschluss vom 14. Mai 2019 - X ZR 94/18, NJW 2019, 2942 Rn. 9). Diese Voraussetzung für eine Ersatzzustellung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 180 ZPO lag im Zeitpunkt der Zustellung nicht vor.

(1) Die Antragstellerin hat durch ihre eidesstattliche Versicherung, ihr Schreiben zur Kündigung des Untermietvertrags sowie die behördliche Abmeldebescheinigung zur Überzeugung des Senats bewiesen (§ 286 ZPO), dass sie die Wohnung in der Z. bereits aufgegeben hatte, als der angefoch- tene Beschluss am 25. Mai 2019 zugestellt wurde. Eine wirksame Zustellung an die Antragsgegnerin unter der Anschrift in der Z. war am 25. Mai 2019 nicht mehr möglich.


(2) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Urkunde über die Ersatzzustellung des angefochtenen Beschlusses. Diese erbringt keinen Beweis dafür, dass die Antragsgegnerin die Wohnung in der Z. am 25. Mai 2019 noch genutzt hat. Die Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO reicht nur so weit, wie gewährleistet ist, dass die zur Beurkundung berufene Amtsperson die Tatsachen selbst verwirklicht oder auf Grund eigener Wahrnehmungen zutreffend festgestellt hat. Sie erfasst keine außerhalb dieses Bereichs liegenden Umstände. Daher vermag die Urkunde über eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO nicht den Urkundenbeweis dafür zu erbringen, dass die Adressatin unter der Zustellungsanschrift wohnt (vgl. BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085 [juris Rn. 11]; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, NJW 2004, 2386, 2387 [juris Rn. 10] mwN). Sie stellt nur ein Indiz dafür dar (vgl. BGHZ 190, 99 Rn. 18), das hier aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen aber entkräftet ist.

cc) Die Antragsgegnerin muss die Ersatzzustellung entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen, weil sich ihr im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Vorprozess hätte aufdrängen müssen, dass der Antragsteller nunmehr die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs betreiben werde.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn der Zustellungsadressat, der einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat, sich auf die Fehlerhaftigkeit einer Ersatzzustellung an diesem scheinbaren Wohnsitz beruft (BGHZ 190, 99 Rn. 15; BGH, NJW 2019, 2942 Rn. 11 mwN). Hierbei handelt es sich nicht um die Erleichterung einer wirksamen Zustellung im Wege der objektiven Zurechnung eines Rechtsscheins. Vielmehr wird dem Empfänger im Lichte des das gesamte Recht beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unter engen - und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklichen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 421 [juris Rn. 18]) - Voraussetzungen lediglich versagt, sich auf die Unwirksamkeit einer Zustellung zu berufen.

(2) Ein solcher Fall liegt hier schon deswegen nicht vor, weil die Antragsgegnerin sich ausweislich der Abmeldebescheinigung zum 15. Dezember 2018 behördlich abgemeldet hat. Zudem hat sie ihren Namen von Briefkasten und Klingel entfernt. Dass auf die Einwohnermeldeamtsanfrage des Kammergerichts gleichwohl die Adresse "c/o M. , Z. " in B. als aktuelle Anschrift der Antragsgegnerin genannt wurde, ist dieser nicht zuzurechnen. Die Behauptung der Rechtsbeschwerdeerwiderung, die Antragsgegnerin habe ihre geplante Abreise gezielt verschwiegen, um den Antragsgegner mit Blick auf das vorliegende Verfahren in die Irre zu führen, bleibt im Bereich der bloßen Spekulation. Da der Vorprozess abgeschlossen und der Schiedsspruch im Zeitpunkt ihres Umzugs bereits mehr als drei Jahre alt war, ist auch keine aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgende Verpflichtung der Antragsgegnerin erkennbar, sich beim Antragsteller abzumelden.

c) Der Zustellungsmangel ist mit der Übermittlung des Beschlusses per E-Mail an die Antragstellerin am 19. Juli 2019 gemäß § 189 Fall 2 ZPO geheilt worden.

aa) Die Antragstellerin hat an Eides statt versichert, der unter ihrer früheren Anschrift zugestellte Beschluss des Kammergerichts vom 13. Mai 2019 sei von ihrer ehemaligen Vermieterin zunächst nicht an sie weitergeleitet worden. Erst bei einem Telefonat am 19. Juli 2019 sei ihr mitgeteilt worden, dass für sie eine Briefsendung des Kammergerichts eingetroffen sei. Der angefochtene Beschluss sei ihr dann noch am selben Tag auf ihren Wunsch per E-Mail übermittelt worden. Durch diese Übermittlung des Beschlusses per E-Mail am 19. Juli 2019 ist der Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO geheilt worden.


bb) Nach § 189 ZPO gilt ein Dokument, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Eine Heilung durch den tatsächlichen Zugang des Schriftstücks im Sinne des § 189 ZPO setzt voraus, dass das Schriftstück so in den Machtbereich der Adressatin gelangt, dass sie es behalten kann und Gelegenheit zur Kenntnisnahme von dessen Inhalt hat (zu § 187 Satz 1 ZPO aF vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2001 - VIII ZR 244/00, NJW 2001, 1946, 1947 [juris Rn. 19]). Bei der Anwendung von § 189 ZPO ist allerdings umstritten, ob es für die Heilung ausreicht, dass ein dem zuzustellenden Dokument inhaltsgleiches Schriftstück zugeht.

(1) Nach einer Ansicht ist der Zugang des zuzustellenden Dokuments selbst erforderlich (OLG Hamm, OLGZ 1991, 450, 451 [juris Rn. 3]; BayObLGZ 1995, 61, 72 [juris Rn. 39]; OLG Zweibrücken, FamRZ 2006, 128, 129 [juris Rn. 7]; OLG Karlsruhe, NZG 2008, 714, 715 [juris Rn. 15]; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 189 Rn. 7; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 189 Rn. 4).

(2) Nach anderer Ansicht kann die Heilung auch durch den Zugang eines anderen, dem zuzustellenden Dokument inhaltsgleichen Schriftstücks bewirkt werden (KG, WRP 2011, 612, 613 [juris Rn. 7]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 19 U 190/16, juris Rn. 12; OLG Dresden, DGVZ 2018, 208 [juris Rn. 28]; MünchKomm.ZPO/Häublein, 5. Aufl., § 189 Rn. 9; Müller, ZWE 2018, 375, 377; Riecke, IMR 2018, 310; zu § 187 Satz 1 ZPO aF vgl. OLG Braunschweig, NJW-RR 1996, 380, 381).

(3) Die zuletzt genannte Ansicht ist zutreffend. Für den tatsächlichen Zugang als Voraussetzung der Heilung ist nicht der Zugang des zuzustellenden Originals erforderlich. Die erfolgreiche Übermittlung einer (elektronischen) Kopie in Form - beispielsweise - eines Telefaxes, einer Fotokopie oder eines Scans ist ausreichend. Dieses Verständnis entspricht dem Sinn und Zweck der Heilungsvorschrift des § 189 ZPO (für das Wohnungseigentumsrecht [§ 45 WEG] vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2018 - V ZR 202/16, NJW-RR 2018, 970 Rn. 21).

Die mit § 189 ZPO eröffnete Heilungsmöglichkeit hat den Sinn, die förmlichen Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen; deshalb ist die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig erreicht wird. Die Vorschrift des § 189 ZPO ist deshalb grundsätzlich weit auszulegen. Der Zweck der Zustellung liegt darin, dem Adressaten oder der Adressatin angemessene Gelegenheit zu verschaffen, von einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, und den Zeitpunkt der Bekanntgabe zu dokumentieren (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren, BT-Drucks. 14/4554, S. 14; BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 47; Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255 Rn. 21; Urteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 11/16, NJW 2017, 2472 Rn. 38; BGH, NJW-RR 2018, 970 Rn. 27). Ist die Gelegenheit zur Kenntnisnahme gewährleistet und steht der tatsächliche Zugang auch ohne die durch die förmliche Zustellung gewährleistete Dokumentation fest, bedarf es besonderer Gründe, die Zustellungswirkung entgegen dem Wortlaut der Regelung in § 189 ZPO nicht eintreten zu lassen (BGHZ 188, 128 Rn. 47). Der Zustellungszweck wird danach in gleicher Weise erreicht, wenn die Empfängerin - wie hier - eine technische Reproduktion des Originaldokuments erhält; diese verschafft ihr zuverlässig Kenntnis über den Inhalt des zuzustellenden Schriftstücks (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 6. Februar 2017 - 19 U 190/16, juris Rn. 15). Die bloße mündliche Überlieferung oder eine handschriftliche oder maschinenschriftliche Abschrift des Dokuments führen dagegen wegen der Fehleranfälligkeit einer solchen Übermittlung nicht zur Heilung des Zustellungsmangels. Eine dahingehende Auslegung von § 189 ZPO wäre weder mit dessen Wortlaut noch mit dem Zustellungszweck zu vereinbaren (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 970 Rn. 30 mwN).

cc) Der Zustellungsmangel ist danach durch die erfolgreiche Übermittlung des angefochtenen Beschlusses per E-Mail am 19. Juli 2019 geheilt; die Rechtsbeschwerde vom 1. August 2019 ist damit innerhalb der Monatsfrist eingelegt worden. Die Ausführungen der Rechtsbeschwerdeerwiderung, nach der Lebenserfahrung sei zu vermuten, die Antragsgegnerin habe ihre ehemalige Vermieterin für die Zeit nach ihrem Auszug generell mit der Nachsendung der sie betreffenden Post beauftragt, weshalb auch die Antragsschrift und der angefochtene Beschluss umgehend an die Antragsgegnerin weitergeleitet worden seien, bleiben erneut im Bereich bloßer Spekulation.

2. Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde hat die Antragsgegnerin dagegen versäumt (dazu III 2 b). Insoweit ist ihr jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (dazu III 2 c).

a) Nach § 575 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt nach § 575 Abs. 2 Satz 2 ZPO mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Sie kann gemäß § 575 Abs. 2 Satz 3, § 551 Abs. 2 Satz 6 ZPO ohne Einwilligung des Gegners um bis zu zwei Monate verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Rechtsbeschwerdeführer erhebliche Gründe darlegt; kann dem Rechtsbeschwerdeführer innerhalb dieser Frist Einsicht in die Prozessakten nicht für einen angemessenen Zeitraum gewährt werden, kann der Vorsitzende auf Antrag die Frist um bis zu zwei Monate nach Übersendung der Prozessakten verlängern.

b) Die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde ist nach der mit der Übermittlung des Beschlusses am 19. Juli 2019 geheilten Zustellung am 19. August 2019 abgelaufen. Die beantragte Verlängerung der Begründungsfrist ist abgelehnt worden. Die Antragsgegnerin hat ihre Rechtsbeschwerde am 17. Oktober 2019 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist begründet.

c) Der Antragsgegnerin ist auf ihren Antrag hin Wiedereinsetzung in die versäumte Begründungsfrist zu gewähren. War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten, so ist ihr gemäß § 233 Satz 1 ZPO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO beträgt die Wiedereinsetzungsfrist in diesem Fall einen Monat. Sie beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Die Antragsgegnerin war ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde einzuhalten. Ihr am 1. August 2019 gestellter Fristverlängerungsantrag ist zu Unrecht abgelehnt worden. Die Voraussetzungen einer Fristverlängerung gemäß § 575 Abs. 2 Satz 3, § 551 Abs. 2 Satz 6 Halbsatz 2 ZPO lagen vor. Einer Verlängerung stand nicht entgegen, dass die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde mangels wirksamer Zustellung überhaupt nicht in Gang gesetzt worden wäre oder nach einer wirksamen Zustellung unter der alten Wohnanschrift bereits versäumt war. Vielmehr lief im Zeitpunkt des Antrags auf Fristverlängerung am 1. August 2019 die Begründungsfrist des § 575 Abs. 2 ZPO nach Heilung des Zustellungsmangels am 19. Juli 2019 noch bis zum 19. August 2019.

Die Antragsgegnerin war auch deswegen ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Begründungsfrist gehindert, weil sie bis zum Ablauf der Begründungsfrist keine Einsicht in die Prozessakten erhalten hatte (vgl. § 575 Abs. 2 Satz 3, § 551 Abs. 2 Satz 6 Halbsatz 2 ZPO). Die Akten sind ihrem Verfahrensbevollmächtigten erst am 23. August 2019 überlassen worden.

bb) Die Antragsgegnerin hat die einmonatige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO gewahrt und innerhalb dieser Frist die versäumte Prozesshandlung nachgeholt. Die Frist begann mit der Überlassung der Prozessakten am 23. August 2019 und war vom Vorsitzenden um zwei Monate nach diesem Zeitpunkt, mithin bis zum 23. Oktober 2019 verlängert worden (zur Möglichkeit, die Wiedereinsetzungsfrist für die Versäumung der Begründungsfrist zu verlängern, vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2007 - V ZB 48/06, NJW-RR 2008, 146 Rn. 12). Die Rechtsbeschwerdebegründung sowie die weitere Begründung des Wiedereinsetzungsantrags sind am 17. Oktober 2019 fristgerecht eingegangen.




IV.

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

1. Die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs verletzt die Antragsgegnerin in ihrem Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Mangels wirksamer Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks war sie über das Verfahren nicht informiert und konnte sich dementsprechend auch nicht äußern.

a) Das Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche folgt - soweit nicht gemäß den § 1061 Abs. 1, § 1064 Abs. 3 ZPO vorrangige Staatsverträge besondere Verfahrensregelungen treffen - demjenigen für die Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche. Die Vorschrift des § 1025 Abs. 4 ZPO verweist insgesamt auf § 1061 und §§ 1062 bis 1065 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2002 - III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933 [juris Rn. 6]; MünchKomm.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1061 Rn. 23). Danach entfaltet auch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs das Verfahrensgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG umfassend Wirkung. In § 1063 Abs. 1 Satz 2 ZPO wird das noch einmal klargestellt; danach ist der Antragsgegner zu hören oder in bestimmten Fällen gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

b) Das grundrechtsgleiche Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern. Dieses Äußerungsrecht ist eng verknüpft mit dem Recht auf Information. Der einfachgesetzlichen Umsetzung des Rechts auf Information dienen unter anderem die prozessrechtlichen Vorschriften über die Ladung und die Bekanntgabe, insbesondere die Zustellung. Damit soll sichergestellt werden, dass die Betroffenen von für sie erheblichen Informationen zuverlässig Kenntnis erhalten (vgl. BVerfG, NJW 2017, 318 Rn. 11 bis 13 mwN; BeckOK.GG/Radtke, 42. Edition [Stand 1. Dezember 2019], Art. 103 Rn. 8). Insoweit dienen die Vorschriften über die Zustellung der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfG, NJW-RR 2010, 421, 422 [juris Rn. 13]; BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 20/18, GRUR 2019, 322 Rn. 16 = WRP 2019, 213 - Öffentliche Zustellung).

c) Gemessen hieran verletzt der angefochtene Beschluss die Antragsgegnerin in ihrem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Es fehlt an einer wirksamen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks. In Ermangelung einer Information über das vom Antragsteller eingeleitete Verfahren konnte sich die Antragsgegnerin in dem Verfahren nicht äußern.

aa) Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs ist dem Antragsgegner mit Blick auf Art. 103 Abs. 1 GG, § 1063 Abs. 1 Satz 2 ZPO der Antrag als verfahrenseinleitendes Schriftstück bekannt zu machen. Das geschieht regelmäßig durch die Zustellung des Antrags. Liegen die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung des Antrags - wie hier - nicht vor, wird die Antragsgegnerin durch die Annahme einer wirksamen Zustellung in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BGH, NJW 2019, 2942 Rn. 7). Dieser extreme Fall der Versagung rechtlichen Gehörs entspricht dem absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 4 ZPO (vgl. Jacobs in Stein/Jonas aaO § 547 Rn. 16). Wenn bereits bei nicht rechtswirksamer Vertretung einer Partei ein absoluter Revisionsgrund vorliegt, muss dies erst recht für einen Fall wie hier gelten, in dem eine Partei überhaupt nicht am Verfahren beteiligt wurde. Nach dem gesetzgeberischen Gedanken des § 547 Nr. 4 ZPO ist das für die Entscheidung maßgebende Verfahren schlechthin wertlos, wenn eine der Parteien nicht in wirksamer Form hinzugezogen wurde (zur Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 75 GWB vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 1983 - KVR 7/82, NJW 1984, 494, 495 [juris Rn. 13]). So liegt es hier.

bb) Die Antragsgegnerin war nicht ordnungsgemäß über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs informiert. Die Antragsschrift konnte durch die am 4. Februar 2019 erfolgte Einlegung in den zu der Wohnung Z. gehörenden Briefkasten nicht wirksam zugestellt werden, weil die Antragsgegnerin diese Wohnung schon seit Mitte Dezember 2018 nicht mehr nutzte (siehe oben Rn. 11 bis 18).

d) Auf die Frage, ob diese Gehörsverletzung entscheidungserheblich war, kommt es wegen des schwerwiegenden Verfahrensmangels nicht an. Dieser Mangel lässt sich in der Rechtsbeschwerdeinstanz in der Regel nicht ausgleichen, da das ganze Verfahren der Tatsacheninstanz nachgeholt und der bisher nicht zugezogenen Partei Gelegenheit für sämtliche in Betracht kommenden Prozesshandlungen gegeben werden müsste. Um dies zu verhindern, gebietet § 547 Nr. 4 ZPO die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ohne Rücksicht darauf, ob diese im Ergebnis richtig ist (vgl. BGH, NJW 1984, 494, 495 [juris Rn. 13]).

2. Der angefochtene Beschluss erweist sich weiterhin deshalb als rechtsfehlerhaft, weil es das Kammergericht verfahrensfehlerhaft unterlassen hat, das anwendbare ausländische Recht zu ermitteln.



a) Das Kammergericht hat angenommen, die Antragsgegnerin müsse sich die Regelungen in der Vereinbarung vom 15. Juni 2012 entgegenhalten lassen. Dabei könne offenbleiben, ob Herr M. von vornherein mit Vertretungs- macht gehandelt oder die Antragsgegnerin dessen Erklärungen nachträglich genehmigt habe. Ebenso könne offenbleiben, ob für das Vollmachtsstatut das Recht der Russischen Föderation Anwendung finde oder ob für die in B. wohnhafte Antragsgegnerin das deutsche Recht maßgeblich sein könnte. Nach beiden anwendbaren Rechtsordnungen seien die Voraussetzungen einer zulässigen Vertretung dargelegt, ohne dass die Antragsgegnerin dem entgegengetreten sei.

b) Diese Beurteilung, gegen die sich die auf § 293 ZPO gestützte Verfahrensrüge (§ 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO) der Antragsgegnerin richtet, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die richtige Anwendung des deutschen internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen. Soweit danach ausländisches Recht anzuwenden ist, hat das Tatgericht dieses nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Diese Vorschrift gilt auch im Schiedsverfahren (für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1984 - III ZR 206/82, NJW 1984, 2763 [juris Rn. 25 f.]; Beschluss vom 6. Oktober 2016 - I ZB 13/15, SchiedsVZ 2018, 53 Rn. 66; für das Verfahren auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens vgl. OLG Frankfurt, SchiedsVZ 2007, 217, 218; MünchKomm.ZPO/Prütting aaO § 293 Rn. 15; Thole in Stein/Jonas aaO § 293 Rn. 4; einschränkend MünchKomm.ZPO/Adolphsen aaO Art. V UNÜ Rn. 17; offengelassen in BGH, Beschluss vom 22. November 2017 - I ZB 92/17, SchiedsVZ 2018, 193 Rn. 9). Gibt die angefochtene Entscheidung keinen Aufschluss darüber, dass das Tatgericht seiner Pflicht nachgekommen ist, ausländisches Recht zu ermitteln, ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. April 2013 - VII ZB 22/12, WM 2013, 1225 Rn. 39 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - I ZB 13/15, SchiedsVZ 2018, 53 Rn. 66). So liegt es hier.

c) Im angefochtenen Beschluss fehlen Anhaltspunkte dafür, dass das Kammergericht bei seiner Annahme, nach beiden anwendbaren Rechtsordnungen seien die Voraussetzungen einer zulässigen Vertretung dargelegt, seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das im Vorprozess vom Landgericht eingeholte Sachverständigengutachten zum russischen Recht verwertet worden wäre. Soweit das Kammergericht darauf abstellt, die Antragsgegnerin sei dem Vortrag des Antragstellers nicht entgegengetreten, verkennt es, dass es sich beim ausländischen Recht nicht um Tatsachenstoff, sondern um Rechtsnormen handelt. Eine Parteidisposition, wie sie die Verhandlungsmaxime bei Tatsachen ermöglicht, ist weder bei der Feststellung noch bei der Auslegung und Anwendung des ausländischen Rechts möglich (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 - IX ZB 26/17, WM 2018, 1316 Rn. 19; MünchKomm.ZPO/Prütting aaO § 293 Rn. 12 und 14).

V.

Nach alledem kann der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss des Kammergerichts keinen Bestand haben. Er ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da es wegen des festgestellten Verfahrensfehlers keine Grundlage für eine Sachentscheidung gibt, ist dem Senat eine Entscheidung in der Sache verwehrt (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).

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