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BGH Urteil vom 16.09.2021 - VII ZR 321/20 - Sittenwidrigkeit des Inverkehrbringens eines mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ausgestatteten Motortyps mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung

BGH v. 16.09.2021: Sittenwidrigkeit des Inverkehrbringens eines mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ausgestatteten Motortyps mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung




Der BGH (Urteil vom 16.09.2021 - VII ZR 321/20) hat entschieden:

   Das Verhalten der für den in Anspruch genonmenen Hersteller handelnden Personen isr nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren ist, weil sie den streitgegenständlichen Motortyp mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Ob das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der (unions-)rechtlichen Vorschriften darstellt, kann dabei dahinstehen.

Siehe auch
Rechtsprechung zum Themenkomplex „Schummelsoftware“ - Diesel-Abgasskandal
und
Stichwörter zum Thema Autokaufrecht

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung einer angeblich unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch.

Der Kläger erwarb im November 2016 einen gebrauchten, von der Beklagten hergestellten Pkw Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4MATIC Blue Efficiency zu einem Preis von 23.760 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattet und unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.

Die Abgasreinigung erfolgt über die Abgasrückführung (AGR), bei der ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und dort erneut an der Verbrennung teilnimmt. Bei kühleren Temperaturen wird die Abgasrückführung zurückgefahren ("Thermofenster"), wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außen-/Ladelufttemperaturen dies der Fall ist.

Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe das Thermofenster in Form einer verbotenen Abschaltvorrichtung exakt auf die Prüfbedingungen im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) abgestimmt und so im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens unter Vorspiegelung der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung und die damit einhergehende Betriebserlaubnis erlangt. Mit der Klage verlangt er Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs die Zahlung von 22.956,91 € (Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) nebst Delikts- und Verzugszinsen, die Feststellung, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.




Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Randnummer7 Das Berufungsgericht (12 U 2250/19, veröffentlicht in BeckRS 2020, 34075) hat im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Dem Kläger stünden keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu. Ein Anspruch aus § 826 BGB scheide aus, weil der Kläger eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters nicht ausreichend konkret dargelegt habe. So habe der Kläger sich nicht widerspruchsfrei auf eine Temperatur festgelegt, bei welcher die Abgasreinigung abgeschaltet werde, und ins Blaue hinein behauptet, dass das Thermofenster exakt auf die Prüfbedingungen im NEFZ abgestimmt sei. Unabhängig von der Frage, ob ein Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle, sei das Inverkehrbringen eines derart konzipierten Fahrzeugs subjektiv jedenfalls nicht als sittenwidrige Handlung zu bewerten. Bei einer die Abgasreinigung beeinflussenden Motorsteuerungssoftware wie dem hier in Rede stehenden Thermofenster, die vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeite wie auf dem Prüfstand und bei der Gesichtspunkte des Motor- oder Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft erwogen werden könnten, könne bei Fehlen jedweder konkreter Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Handelnden beziehungsweise Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Solche Anhaltspunkte seien weder konkret vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Allein der Umstand, dass andere mit einem Motor aus der Serie OM 651 ausgestattete Fahrzeuge von einer Rückrufaktion des KBA betroffen seien, sei hierfür nicht ausreichend. Die Gesetzeslage sei hinsichtlich der Zulässigkeit von Thermo-fenstern nicht eindeutig. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes könne indes nicht als besonders verwerflich angesehen werden. Schließlich scheitere ein Anspruch auch daran, dass der Kläger hinsichtlich des gesondert festzustellenden Schädigungsvorsatzes nicht dargetan habe, dass Repräsentanten der Beklagten die maßgeblichen Umstände in Bezug auf den konkreten Fahrzeugtyp gekannt hätten.

Die Beklagte hafte nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder i.V.m. Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 beziehungsweise §§ 6, 27 EG-FGV. In Bezug auf § 263 StGB fehle es am Vorsatz [BU 12 unten]. Bei den Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 beziehungsweise §§ 6, 27 EG-FGV handele es sich nicht um Schutzgesetze. Schließlich scheide auch eine Haftung der Beklagten nach § 831 BGB aus.




II.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB zu Recht verneint.

Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren ist, weil - was revisionsrechtlich zu unterstellen war - sie den streitgegenständlichen Motortyp mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Ob das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der (unions-)rechtlichen Vorschriften darstellt, kann dabei ungeachtet der umfangreichen Ausführungen der Revision dahinstehen.

a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 11, WM 2021, 1609; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 29, ZIP 2020, 1715; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 15, BGHZ 225, 316; Urteil vom 12. März 2020 - VII ZR 236/19 Rn. 24, VersR 2020, 1120; jeweils m.w.N.). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 11, WM 2021, 1609; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 29, ZIP 2020, 1715; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 15, BGHZ 225, 316). Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 12, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 14, ZIP 2021, 297; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 29, ZIP 2020, 1715; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 15, BGHZ 225, 316).

Ob das Verhalten des Anspruchsgegners sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist, ist dabei eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle des Revisionsgerichts unterliegt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 12, WM 2021, 1609; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 14, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 15, ZIP 2021, 297; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 14, BGHZ 225, 316; Urteil vom 12. März 2020 - VII ZR 236/19 Rn. 25, VersR 2020, 1120).

b) Nach diesen Grundsätzen reicht der Umstand, dass die Abgasrückführung im Fahrzeug des Klägers nach seinem - mangels abweichender Feststellungen revisionsrechtlich zugrunde zu legenden - Sachvortrag durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems in jedem Fall bei einstelligen Außentemperaturen und in manchen Fällen bereits bei Temperaturen unter 17°C reduziert werde und die Abgasreinigung bei Temperaturen über 33°C nicht mehr voll funktionsfähig sei, nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben.

Dabei kann zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, NJW 2021, 1216). Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wäre der darin liegende - revisionsrechtlich zu unterstellende - Gesetzesverstoß für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz dieser Steuerungssoftware durch die für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 1154/20 Rn. 13, zVb; Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 13, WM 2021, 1609; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 26, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 16, ZIP 2021, 297). So setzt die Annahme von Sittenwidrigkeit in diesen Fällen jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 1154/20 Rn. 13, zVb; Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 13, WM 2021, 1609; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 19, ZIP 2021, 297).

c) Ein solches Vorstellungsbild der für die Beklagte handelnden Personen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision zeigt weder vom Berufungsgericht festgestellten noch von diesem übergangenen Sachvortrag des insoweit darlegungsbelasteten Klägers (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 14, WM 2021, 1609; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 29, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 19) auf, dem hierfür sprechende Anhaltspunkte zu entnehmen wären.

aa) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es die Substantiierungsanforderungen überspannt und den vom Kläger angebotenen Sachverständigenbeweis zum Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters nicht erhoben habe, geht insofern bereits am Inhalt des angefochtenen Urteils vorbei, als das Berufungsgericht das grundsätzliche Vorhandensein eines Thermofensters als unstreitig erachtet und dessen Unzulässigkeit unterstellt hat. Diesbezüglichen Vortrag des Klägers hat es damit gerade nicht mangels hinreichender Substantiierung für unbeachtlich, sondern zu Recht nicht für beweisbedürftig gehalten.




bb) Soweit die Revision unter Bezugnahme auf Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung das Thermofenster als "System der Prüfstandserkennung" beschreibt und damit einen "Betrieb des Fahrzeugs in zwei verschiedenen Modi" behauptet, könnte zwar die Applikation einer entsprechenden Steuerungssoftware für Arglist sprechen und damit grundsätzlich geeignet sein, das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 27, VersR 2021, 661; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 16 ff., BGHZ 225, 316). Jedoch erfolgt bei Implementierung des Thermofensters auch nach dem Vortrag des Klägers die Abgasreinigung im Grundsatz auf dem Prüfstand und im realen Betrieb in gleicher Weise; es liegt damit gerade kein System der Prüfstandserkennung vor.

cc) Soweit der Kläger behauptet hat, der Temperaturbereich des Thermofensters sei auf die Bedingungen auf dem Prüfstand exakt zugeschnitten, kann dahinstehen, ob dies ein Indiz für die arglistige Applikation einer entsprechenden Steuerungssoftware und damit grundsätzlich geeignet sein könnte, das Verhalten der Beklagten im Verhältnis zum Kläger objektiv als sittenwidrig zu qualifizieren. Denn das Berufungsgericht hat entsprechendes Vorbringen im Streitfall zutreffend als prozessual unbeachtlich angesehen.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 11. März 2021 - VII ZR 196/18 Rn. 43, BauR 2021, 1183 = NZBau 2021, 316; Beschluss vom 4. November 2020 - VII ZR 261/18 Rn. 14, BauR 2021, 593 = NZBau 2021, 178; Beschluss vom 16. November 2016 - VII ZR 314/13 Rn. 22, BauR 2017, 306; jeweils m.w.N.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1819/10, WM 2012, 492, juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 20, zVb; Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19 Rn. 19, MDR 2021, 871; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19 Rn. 7, ZIP 2020, 486; jeweils m.w.N.).

Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrunde liegenden Vorgängen hat. Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 21, WM 2021, 1609; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom 10. Januar 1995 - VI ZR 31/94 Rn. 17, VersR 1995, 433). Gemäß § 403 ZPO hat die Partei, die die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragen will, die zu begutachtenden Punkte zu bezeichnen. Dagegen verlangt das Gesetz nicht, dass der Beweisführer sich auch dazu äußert, welche Anhaltspunkte er für die Richtigkeit der in die Sachkenntnis des Sachverständigen gestellten Behauptung habe (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2020 - VI ZR 97/19 Rn. 8, VersR 2020, 1069).

Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber aufs Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue" aufgestellt, mit anderen Worten, aus der Luft gegriffen sind und sich deshalb als Rechtsmissbrauch darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 22, WM 2021, 1609; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom 20. Februar 2014 - VII ZR 26/12 Rn. 26, BauR 2014, 1023; Urteil vom 14. Januar 1993 - VII ZR 185/91, BGHZ 121, 210, juris Rn. 26). Insoweit ist allerdings Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme eines Rechtsmissbrauchs rechtfertigen können (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20 Rn. 22, WM 2021, 1609; Beschluss vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19 Rn. 8, ZIP 2020, 486; Urteil vom 14. Januar 1993 - VII ZR 185/91, BGHZ 121, 210, juris Rn. 26).

(2) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung, den die Revision für eine Ausgestaltung des Thermofensters über das unbedingt notwendige Maß hinaus beziehungsweise als Beleg für ein System der Prüfstandserkennung und des Betriebs des Fahrzeugs in zwei verschiedenen Modi ("Thermofenster und schmutziger Modus") anführt, zutreffend als prozessual unbeachtlich angesehen. Dabei kann dahinstehen, ob entsprechender Vortrag des Klägers - wie vom Berufungsgericht angenommen - schon mangels näherer Angaben zur Funktions- und Wirkweise des Abgasrückführungssystems nicht schlüssig ist. Denn der als übergangen gerügte Vortrag steht in Widerspruch zu dem vom Berufungsgericht festgestellten weiteren Vortrag des Klägers, wonach die Abgasrückführung erst bei einstelligen Außentemperaturen - und nur "in manchen Fällen" bereits bei Temperaturen unter 17°C - reduziert werde beziehungsweise die Abgasreinigung bei Temperaturen über 33°C nicht mehr voll funktionsfähig sei. Von einer Abschalteinrichtung, die "exakt" auf die Prüfbedingungen im NEFZ abgestimmt ist, kann damit schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers, demzufolge die Temperatur des Prüfraums während der gesamten Prüfung zwischen 20°C und 30°C betragen soll, ersichtlich keine Rede sein (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. Mai 2021 - 6 U 15/20, juris Rn. 84 ff.; OLG Celle, Urteil vom 14. April 2021 - 7 U 1955/19, juris Rn. 28).


dd) Auch dem weiteren Vortrag des Klägers lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Vergleichbarkeit der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems mit einer Prüfstandserkennungssoftware entnehmen (zur Abgrenzung vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 27, VersR 2021, 661; Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 18, ZIP 2021, 297). Soweit die Revision auf Vortrag in der verweist, wonach die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebaute Motorsteuerungssoftware den Ausstoß von Stickoxid unter den Bedingungen des Prüfstandbetriebs optimiere und das KBA angeblich Mechanismen festgestellt habe, welche die Abgasreinigung nur unter den Bedingungen des Prüfstands vollständig aktivierten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn insoweit erschöpft sich der als übergangen gerügte Vortrag darin, die Nichteinhaltung gesetzlicher Abgasgrenzwerte sowie die Unzulässigkeit entsprechender Steuerungsmechanismen geltend zu machen und auf einen nicht näher erläuterten Zwangsrückruf des KBA zu Dieselmotoren des Typs OM 651 - von dem das Fahrzeug des Klägers ausweislich der nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht betroffen war - zu verweisen. Auch hierbei handelt es sich in Bezug auf eine spezifisch an die Prüfstandsituation anknüpfende Abschaltung der Abgasreinigung um prozessual nicht berücksichtigungsfähiges Vorbringen von mangelnder Substanz.

ee) Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem KBA folgen entgegen der Auffassung der Revision keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Die Revision greift die Feststellung, dass alle Autohersteller Thermofenster einsetzen, nicht an. Ausweislich des vom Kläger in Bezug genommenen Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2018 (23 O 220/18, BeckRS 2019, 8026 Rn. 85) in einem - so der Kläger - "vollständig vergleichbaren Fall" hat die Beklagte das Thermofenster zudem hier offengelegt durch die Angabe im Typgenehmigungsverfahren, die AGR-Rate werde u.a. durch den Parameter "Lufttemperatur" gesteuert. Selbst wenn die Beklagte dabei - erforderliche - Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen (vgl. OLG München, Beschluss vom 1. März 2021 - 8 U 4122/20, juris Rn. 63; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 5 U 4765/19, BeckRS 2020, 17693 Rn. 17; Führ, NVwZ 2017, 265, 269; a.A. wohl OLG Schleswig, Urteil vom 28. August 2020 - 1 U 137/19, juris Rn. 62 ff.). Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 24, ZIP 2021, 297), vermag der Senat nach alledem nicht zu erkennen.

ff) Soweit die Revision vorträgt, das Fahrzeug enthalte "neben dem Thermofenster" eine weitere Abschalteinrichtung in Form einer Steuerungssoftware, die dazu führe, dass das Fahrzeug das Durchfahren des NEFZ auf dem Prüfstand erkenne und abhängig davon die Abgasaufbereitung dergestalt regele, dass der Ausstoß an Stickoxiden nur beim Durchfahren des NEFZ optimiert werde, zeigt sie schon nicht auf, dass der Kläger bereits in den Vorinstanzen entsprechend vorgetragen hätte. Der Erhebung einer entsprechenden Verfahrensrüge steht zudem die - für das Revisionsverfahren bindende (§§ 314, 559 ZPO) - tatbestandliche Feststellung des Berufungsgerichts entgegen, dass sich die Berufung des Klägers ausschließlich mit dem Vorwurf des Einbaus eines unzulässigen Thermofensters befasst hat. Für das Revisionsverfahren ist Vortrag zu weiteren Abschalteinrichtungen somit unerheblich (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 1154/20 Rn. 18, zVb). Hinzu kommt, dass die schlichte Behauptung, der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs enthalte eine vergleichbare Manipulationssoftware wie die den sog. Dieselskandal auslösende Abschalteinrichtung bei Motoren des Typs VW EA 189 ohne jegliche Anhaltspunkte und damit ersichtlich ins Blaue hinein erfolgt ist.

gg) Gänzlich unbehelflich sind die Ausführungen der Revision zu angeblich offenkundigen Tatsachen (§ 291 ZPO), aus denen sich Anhaltspunkte für die objektiv sittenwidrige Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung ergeben sollen. Der Hinweis auf diverse Instanzentscheidungen und inzident zitierte mediale Berichterstattung entbehrt nicht nur jeder Substanz, sondern verstößt gegen das Novenverbot des § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit der Kläger zu bisher nicht thematisierten Abschalteinrichtungen vorträgt. Zudem verkennt die Revision erneut, dass es für eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB nicht ausreicht, dass - wie hier zu unterstellen war - das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt.

d) Unabhängig davon, dass schon damit der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit des Verhaltens der für die Beklagte handelnden Personen nicht gegeben ist, hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein besonders verwerfliches Verhalten auch im Hinblick auf eine unsichere Rechtslage bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Thermofensters ausgeschlossen.

Bei einer Abschalteinrichtung, die - wie hier - im Grundsatz auf dem Prüfstand in gleicher Weise arbeitet wie im realen Fahrbetrieb und bei der die Frage der Zulässigkeit nicht eindeutig und unzweifelhaft beantwortet werden kann, kann bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, so dass es bereits an der objektiven Sittenwidrigkeit fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19 Rn. 19, ZIP 2021, 297; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661).




Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit eines Thermofensters sei zweifelhaft, ist entgegen der Auffassung der Revision revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht verweist das Berufungsgericht auf den Bericht der vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur eingesetzten Untersuchungskommission Volkswagen, nach dem Thermofenster von allen Autoherstellern eingesetzt und mit dem Erfordernis des Motorschutzes begründet würden; insoweit sei ein Verstoß betreffend die Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a VO (EG) Nr. 715/2007 nicht eindeutig (vgl. BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich auf Vorlage eines französischen Gerichts mit der Frage der Auslegung der genannten Vorschrift befassen müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 - C-693/18, NJW 2021, 1216). Zutreffend nimmt das Berufungsgericht auch die breit geführte Diskussion um die Zulässigkeit und den erheblichen Aufwand, mit dem die Unzulässigkeit des Thermofensters begründet wird, in den Blick. Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genügt aber für die Feststellung der besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten nicht.

e) Ebenso fehlt es an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt beziehungsweise vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 Rn. 25, NJW 2017, 250 m.w.N.). Allein aus der hier zu unterstellenden objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage - hinsichtlich des unstreitig im Fahrzeug des Klägers verbauten Thermofensters fehlt es bis heute an einer behördlichen Stilllegung oder einem Zwang zu Umrüstungsmaßnahmen - ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen.

2. Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ergeben sich auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund.

a) Vertragliche Ansprüche oder solche aus vorvertraglicher Haftung (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 3 BGB) scheiden mangels rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Beziehungen zwischen den Parteien aus.

b) Die Beklagte haftet auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder den Normen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Es besteht insoweit keine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union.

aa) Wie der VI. Zivilsenat in seinen Urteilen vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19 Rn. 72 ff., BGHZ 225, 316) und 30. Juli 2020 (VI ZR 5/20 Rn. 10 ff., ZIP 2020, 1715) ausgeführt hat, liegt das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Schutzbereich dieser Bestimmungen. Die Revision gibt keinen Anlass, davon abzuweichen. Der Kläger setzt sich mit den zentralen Erwägungen der zitierten Entscheidungen nicht oder nicht hinreichend auseinander (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2021 - VII ZR 304/20, juris). Auch sonst sind im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckte und an die - auch fahrlässige - Erteilung einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung einen gegen den Hersteller gerichteten Anspruch auf Rückabwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags hätte knüpfen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 10 ff., ZIP 2020, 1715; Beschluss vom 7. Juli 2021 - VII ZR 218/21 Rn. 3, juris).



bb) Aus denselben Erwägungen bedarf es entgegen der Auffassung der Revision keines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union. Der Senat hat die Voraussetzungen einer unionsrechtlichen Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV in Bezug auf § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geprüft. Diese liegen nicht vor. Der Senat schließt sich auch insoweit den überzeugenden Erwägungen des VI. Zivilsenats an (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 Rn. 77, BGHZ 225, 316; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 16, ZIP 2020, 1715). Weder Vorabentscheidungsersuchen einzelner Landgerichte noch die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 19. Dezember 2019 (sj.h(2019)8760684) geben Anlass, an der Annahme eines acte clair zu zweifeln.

Mit den tragenden Erwägungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung setzen sich die Landgerichte, die ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet haben, nicht auseinander (vgl. nur LG Ravensburg, Beschluss vom 9. März 2021 - 2 O 315/20 u.a., juris).

Die Kommission, die sich in ihrer Stellungnahme zu dem mittlerweile aus dem Register des Gerichtshofs der Europäischen Union gestrichenen Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Gera äußert, hält fest, dass offensichtlich nur die nationalen Gerichte in der Lage sind, die betreffenden EU-Vorschriften unter das Konzept einer drittschützenden Norm zu subsumieren (sj.h(2019)8760684 Rn. 67). Sie meint zwar im Ergebnis, die zwischenzeitlich zum 31. August 2020 außer Kraft getretene Richtlinie 2007/46 und die Verordnung (EG) 715/2007 bezweckten "den Schutz aller Käufer eines Fahrzeugs einschließlich des Endkunden vor Verstößen des Herstellers gegen seine Verpflichtung, neue Fahrzeuge in Übereinstimmung mit ihren genehmigten Typen beziehungsweise den für ihren Typ geltenden Rechtsvorschriften nach Anhang IV zur Richtlinie 2007/46 einschließlich, unter anderem, der Verordnung 715/2007 sowie insbesondere ihres Artikels 5 in den Verkehr zu bringen" (sj.h(2019)8760684 Rn. 81). Dies besagt aber für die hier allein interessierende Frage, ob damit auch der Schutz des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts und damit der Schutz des Käufers vor dem Abschluss eines ungewollten Vertrages erfasst sein soll, nichts. Es sind auch im vorliegenden Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften (auch) einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckte und an die (auch fahrlässige) Erteilung einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung einen gegen den Hersteller gerichteten Anspruch auf (Rück-)Abwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags hätte knüpfen wollen (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2021 - VII ZR 218/21 Rn. 3, juris; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 11, ZIP 2020, 1715).

c) Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert bei dem hier vorliegenden Kauf eines Gebrauchtwagens jedenfalls an der erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 Rn. 17 ff., ZIP 2020, 1715).

d) Schließlich hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend auch einen Anspruch des Klägers aus §§ 826, 831 BGB verneint. Insoweit fehlt es aus den vorgenannten Gründen schon an der Darlegung einer zumindest bedingt vorsätzlichen Schädigungshandlung der für die Beklagte tätigen Personen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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