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BGH Urteil vom 18.12.2019 - XII ZR 13/19 - Überschreitung der zulässigen Höchstparkdauer durch Fahrzeugführer und sskundäre Darlegungslast

BGH v. 18.12.2019: Überschreitung der zulässigen Höchstparkdauer durch Fahrzeugführer und sskundäre Darlegungslast




Der BGH (Urteil vom 18.12.2019 - XII ZR 13/19) hat entschieden:

  1.  Zwischen dem Betreiber eines privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer kommt ein Vertrag über die Nutzung eines Fahrzeugabstellplatzes zustande, indem der Fahrzeugführer das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt (Fortführung von BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14, NJW 2016, 863).

  2.  Verstößt der Fahrzeugführer gegen die Parkbedingungen und verwirkt er dadurch eine Vertragsstrafe ("erhöhtes Parkentgelt"), haftet der Halter des Fahrzeugs hierfür nicht.

  3.  Ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Fahrzeughalter auch der Fahrzeugführer ist, besteht nicht.

  4.  Den Fahrzeughalter, den der Betreiber eines unentgeltlichen Parkplatzes als Fahrzeugführer auf ein "erhöhtes Parkentgelt" in Anspruch nimmt, trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Um seine Fahrereigenschaft wirksam zu bestreiten, muss er vortragen, wer als Nutzer des Fahrzeugs im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kommt.


Siehe auch
Privatparkplatz - Entgelte, Vertragsstrafen
und
Private Abschleppkosten

Tatbestand:


Die Klägerin verlangt als Betreiberin privater Parkplätze von der Beklagten, die Halterin eines unter Verstoß gegen die Parkbedingungen abgestellten Pkws ist, sog. erhöhte Parkentgelte nebst Rechtsverfolgungskosten.

Die Klägerin, ein mit der Bewirtschaftung privaten Parkraums befasstes Unternehmen, betreibt für die jeweiligen Grundstückseigentümer zwei Krankenhausparkplätze. Die Aufgaben der Klägerin umfassen neben der Kontrolle des ruhenden Verkehrs auch die Ahndung von Verstößen gegen die Parkordnung sowie die Weiterbearbeitung erfasster Falschparkvorgänge einschließlich Inkasso. Mittels Schildern wird darauf hingewiesen, dass es sich um Privatparkplätze handelt, deren Benutzung für eine Höchstparkdauer mit Parkscheibe kostenlos ist, und daneben gesondert beschilderte, Krankenhausmitarbeitern mit Parkausweis vorbehaltene Stellflächen vorhanden sind. Zudem enthalten die Schilder den Hinweis, dass bei widerrechtlich abgestellten Fahrzeugen "ein erhöhtes Parkentgelt" von mindestens 30 € erhoben wird.

Die Beklagte ist die Halterin eines Pkws. Dieser war am 20. Oktober 2015 auf dem Parkplatz des einen Krankenhauses unter Überschreitung der Höchstparkdauer sowie am 13. Mai und 5. Dezember 2017 unberechtigt auf einem Mitarbeiterparkplatz des anderen Krankenhauses abgestellt. Mitarbeiterinnen der Klägerin hinterließen jeweils Zahlungsaufforderungen an dem Pkw, und zwar am 20. Oktober 2015 in Höhe von 15 € und an den beiden anderen Terminen jeweils in Höhe von 30 €. Als keine Zahlungen erfolgten, stellte die Klägerin Halteranfragen und wandte sich dann an die Beklagte. Diese bestritt jeweils, Fahrerin des Pkws gewesen zu sein, und verweigerte - auch gegenüber einem von der Klägerin beauftragten Inkassounternehmen - jede Zahlung.

Das Amtsgericht hat die auf Zahlung der erhöhten Parkentgelte sowie der Kosten der Halteranfragen und der Inkassokosten in einer Gesamthöhe von 214,50 € gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.




Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

I.

Dieses hat seine in juris veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Klägerin habe das Zustandekommen eines Miet- oder Verwahrungsvertrags zwischen den Parteien nicht bewiesen. Zwar sei es nach allgemeiner Auffassung möglich, für den Fall des Unterlassens des Auslegens einer Parkscheibe oder des Überschreitens der Höchstparkdauer ein erhöhtes Parkentgelt (Vertragsstrafe) zu verlangen, wenn die Parkbedingungen zumutbar zur Kenntnis genommen werden könnten. Vertragspartner des Parkplatzbetreibers könne aber nur der Fahrer des abgestellten Pkws sein, nicht hingegen dessen Halter. Die Beklagte habe jedoch bestritten, das Fahrzeug selbst abgestellt zu haben. Ein Anscheinsbeweis greife nicht zugunsten der Klägerin ein, weil ein typischer Geschehensablauf dahingehend, dass der Halter eines Pkws regelmäßig auch dessen Fahrer sei, nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht angenommen werden könne.

Es bestehe auch keine sekundäre Darlegungslast der Beklagten, weshalb die Beklagte den Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten nachgekommen sei. Denn die Klägerin habe grundsätzlich ausreichende Erkenntnismöglichkeiten, um festzustellen, wer ein Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt habe. Sie müsse ohnehin durch Personal und/oder technische Maßnahmen wie etwa Videoüberwachung feststellen, welche Fahrzeuge für welchen Zeitraum geparkt würden. Auf die gleiche Art und Weise könne sie dann auch feststellen, wer der Fahrer sei. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin als diejenige, die sich eines Anspruchs aus einer vertraglichen Vereinbarung berühme, selbst für ihre Kenntnis sorgen müsse, mit wem der Vertrag zustande gekommen sei. Der Verweis auf ein Massengeschäft verfange nicht. Es sei ausschließlich dem Geschäftsmodell der Klägerin zuzuschreiben, dass sie sich die erforderlichen Informationen nicht selbst verschaffen könne.

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheide aus, weil ein persönliches Fehlverhalten der Beklagten nicht bewiesen sei. Auch eine analoge Anwendung des § 25 a StVG, der den Ersatz von Verwaltungskosten vorsehe, wenn der Fahrer unbekannt bleibe, komme nicht in Betracht. Die Zustandsstörereigenschaft der Beklagten führe ebenfalls nicht zu einem Schadensersatzanspruch, weil sich aus dieser nur ein - von der Beklagten anerkannter - Unterlassungsanspruch ergebe.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Landgericht gegebenen Begründung kann der klagegegenständliche Anspruch, den die Klägerin vorliegend jedenfalls als Einziehungsermächtigte zulässig im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend macht (vgl. etwa BGH Urteil vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13 - NJW 2014, 1963 Rn. 11 f., 18 mwN), nicht verneint werden.

1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach sich ein Anspruch auf die erhöhten Parkentgelte als Vertragsstrafenanspruch aus konkludent geschlossenen Verträgen über die Nutzung der Parkplätze ergeben kann.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt zwischen dem Eigentümer bzw. Betreiber eines entgeltlichen privaten Parkplatzes und dem Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz zustande, indem der Fahrzeugführer das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot durch das Abstellen des Fahrzeugs annimmt (§§ 145, 151 BGB). Weiterer Willenserklärungen hierzu bedarf es nicht (vgl. BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14 - NJW 2016, 863 Rn. 15). Gleiches gilt für die Inanspruchnahme eines - wie hier - unentgeltlich zur Verfügung gestellten Parkplatzes, die zum konkludenten Abschluss eines Leihvertrags im Sinne des § 598 BGB führt. Mithin ist mit dem jeweiligen Fahrer des von der Beklagten gehaltenen Pkws an den drei streitgegenständlichen Terminen ein Leihvertrag über die zeitlich befristete und an die Einhaltung der Parkbedingungen gebundene kostenlose Überlassung der Stellflächen geschlossen worden. Dahinstehen kann, ob Verleiherin die Klägerin oder die Grundstückseigentümerin war. b) Dieser Vertrag beinhaltet - was zwischen den Parteien nicht im Streit steht - auch ein wirksames Vertragsstrafenversprechen im Sinne der §§ 339 ff. BGB, wonach der Nutzer mindestens 30 € als "erhöhtes Parkentgelt" zu entrichten hat, wenn er die vertraglich vorgesehene Rückgabezeit nicht einhält oder sonst gegen die Parkbestimmungen verstößt. aa) Das Vertragsstrafenversprechen ist als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Insbesondere enthalten die an den Parkplätzen aufgestellten Hinweisschilder den gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB hier ausreichenden Hinweis durch deutlich sichtbaren Aushang, von dessen Inhalt sich der Fahrzeugführer als der Verwendungsgegner auf zumutbare Weise im Sinne des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB Kenntnis verschaffen kann (vgl. LG Kaiserslautern NJW-RR 2016, 603). Mit der Parkplatzbenutzung hat der Fahrer konkludent sein Einverständnis mit der Geltung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen erklärt. bb) Diese Vertragsklausel hält auch der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB stand.

(1) Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist die Ermittlung des objektiven Inhalts der Klausel durch Auslegung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden. Diese Auslegung kann der Senat selbst vornehmen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteil BGHZ 176, 191 = NJW 2008, 2497 Rn. 10 f.).

Danach ist durch die Klausel festgelegt, dass bei einem "widerrechtlichen", also gegen die Parkbedingungen verstoßenden Abstellen des Fahrzeugs eine Vertragsstrafe ("erhöhtes Parkentgelt") zu entrichten ist. Deren Untergrenze ist mit 30 € angegeben. Durch den Zusatz "mind." behält sich die Verleiherin ersichtlich vor, im Einzelfall eine höhere Vertragsstrafe festzusetzen, dann also ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne der §§ 315 ff. BGB auszuüben.

(2) Mit diesem Inhalt benachteiligt die Klausel den Nutzer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben.

(a) Die Klausel ist zum einen nicht intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass sie keine Obergrenze für die Vertragsstrafe enthält. Zwar muss die Strafe selbst nach Höhe und Berechnung bestimmt sein; sie kann aber auch formularmäßig der Leistungsbestimmung des Strafgläubigers nach § 315 BGB überantwortet werden (Staudinger/Rieble BGB [2015] § 339 Rn. 129). Zudem wird dem Nutzer als dem Verwendungsgegner hier deutlich vor Augen geführt, dass er auch dann, wenn der Verleiher von diesem Leistungsbestimmungsrecht keinen Gebrauch macht, jedenfalls eine Vertragsstrafe von 30 € zu gewärtigen hat.

(b) Die Klausel hält zum anderen auch der Prüfung am Maßstab der Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

Eine unangemessene, gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Schuldners einer Vertragsstrafe kann sich aus einer unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und den Folgen für den Schuldner der Vertragsstrafe steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe einerseits den Schuldner als Druckmittel zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten und andererseits dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen soll (st. Rspr., vgl. etwa BGH Urteile vom 31. August 2017 - VII ZR 308/16 - NJW 2017, 3145 Rn. 15 mwN und vom 30. Mai 2012 - IV ZR 87/11 - NJW 2012, 2577 Rn. 16 mwN).

Nach diesen Maßgaben liegt hier keine unangemessene Benachteiligung vor. Die Untergrenze von 30 € stellt ein geeignetes und angemessenes Druckmittel dar, um Fahrzeugführer von widerrechtlichem Parken abzuhalten. Sie steht auch nicht außer Verhältnis zu den sanktionierten Parkverstößen und belastet den Nutzer nicht über Gebühr. Soweit die Verleiherin im Einzelfall auch eine höhere Vertragsstrafe festlegen kann, ist das mit Blick auf denkbare schwerwiegendere Verstöße - etwa ein mehrere Tage andauerndes widerrechtliches Parken - grundsätzlich gerechtfertigt. Im Übrigen sorgt insoweit die Ermessenskontrolle nach §§ 315 ff. BGB für eine angemessene Begrenzung (Staudinger/Rieble BGB [2015] § 339 Rn. 163).

Es bedarf daher keiner Erörterung, ob die Klausel zwei sachlich zu trennende Regelungsbereiche enthält, nämlich indem sie eine pauschale Vertragsstrafe von 30 € vorsieht und daneben ein eigenständiges Leistungsbestimmungsrecht, deren AGB-rechtliche Zulässigkeit dann unabhängig voneinander beurteilt werden könnte (vgl. etwa Senatsurteil vom 14. Januar 2015 - XII ZR 176/13 - NJW 2015, 928 Rn. 23 f. mwN).

2. Mit Recht hat es das Landgericht abgelehnt, allein aus der Haltereigenschaft der Beklagten deren Haftung für die hier in drei Fällen verwirkten Vertragsstrafen oder auch für die Rechtsverfolgungskosten abzuleiten.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Halter eines unberechtigt auf einem Privatparkplatz abgestellten Fahrzeugs hinsichtlich der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes des Parkplatzbetreibers Zustandsstörer und kann als solcher auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er auf die Aufforderung, den für die Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt (BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14 - NJW 2016, 863 Rn. 20 ff. mwN). Zudem ist der Halter aufgrund Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683 Satz 1 iVm 670 BGB grundsätzlich zum Ersatz von Abschleppkosten verpflichtet, die für die Beseitigung der ihm als Zustandsstörer zuzurechnenden Besitzstörung anfallen (BGH Urteil vom 11. März 2016 - V ZR 102/15 - NJW 2016, 2407 Rn. 5 ff. mwN).

b) Demgegenüber hat er nicht für den allein auf dem zwischen Verleiher und Fahrzeugführer geschlossenen Vertrag beruhenden Vertragsstrafenanspruch des Verleihers einzustehen. An dieser Vertragsbeziehung ist er nicht beteiligt. Nichts anderes folgt aus der Bestimmung des § 25 a Abs. 1 Satz 1 StVG, nach der dem Halter eines Kraftfahrzeugs die Kosten eines Bußgeldverfahrens wegen eines Halt- oder Parkverstoßes im öffentlichen Raum auferlegt werden können, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Denn es fehlt bereits an einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke (vgl. Rebler DAR 2018, 228, 231 mwN auch zur Gegenauffassung; vgl. auch Caspary JR 2014, 179, 183 f.). Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der möglichen Personenverschiedenheit von Kfz-Halter und -Fahrer die Fälle abschließend geregelt, in denen sich Rechtsfolgen aus der Haltereigenschaft ergeben.

c) Schließlich steht dem Verleiher gegen den Fahrzeughalter auch kein auf Zahlung der Vertragsstrafe - sowie der hierauf bezogenen Rechtsverfolgungskosten - gerichteter Schadensersatzanspruch zu. Ein solcher kann sich schon im Ansatz nicht aus unerlaubter Handlung ergeben. Er folgt aber auch nicht wegen der Weigerung zur Benennung des Fahrzeugführers aus §§ 242, 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1, 249 BGB. Denn den Halter trifft gegenüber dem Verleiher keine entsprechende Auskunftspflicht.

Allein die Tatsache, dass jemand über Sachverhalte informiert ist oder sein könnte, die für einen anderen von Bedeutung sind, begründet noch keine Auskunftspflicht. Vielmehr bedarf es hierfür einer rechtlichen Sonderverbindung, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis, beispielsweise aus unerlaubter Handlung, genügt (st. Rspr., vgl. etwa BGH Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 13 mwN). An einer solchen Sonderverbindung fehlt es jedoch. Insbesondere lässt sie sich nicht aus §§ 823 Abs. 2 iVm 858 Abs. 1 BGB herleiten. Zwar ist § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, den Halter als Zustandsstörer trifft jedoch kein Verschulden an den Parkverstößen des jeweiligen Fahrzeugführers (vgl. BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14 - NJW 2016, 863 Rn. 35 mwN). Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um drei Fälle handelt und die letzten beiden sich auf dasselbe Parkplatzgelände beziehen, ist nicht ersichtlich, dass die im Verstoß liegende verbotene Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für den Halter konkret vorhersehbar war. Eine für den Auskunftsanspruch relevante Sonderverbindung folgt schließlich nicht aus dem dem Parkplatzbetreiber gegen den Nutzer zustehenden Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB, weil dieser gerade voraussetzt, dass der Halter auf eine entsprechende Aufforderung zur Auskunft hin schweigt (vgl. BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14 - NJW 2016, 863 Rn. 27).

3. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte habe ihre Fahrereigenschaft wirksam bestritten, so dass die Klägerin für die Nutzereigenschaft der Beklagten beweisfällig geblieben sei. Denn die Beklagte konnte sich als Halterin des Pkws nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken, sondern hätte im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast dazu vortragen müssen, wer als Nutzer des Pkws im fraglichen Zeitpunkt in Betracht kam.

a) Zutreffend hat das Landgericht allerdings das Bestehen eines Anscheinsbeweises dafür, dass die Beklagte als Fahrzeughalterin jeweils auch die Fahrzeugführerin war, verneint. Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden. Dieser Schluss setzt einen typischen Geschehensablauf voraus. Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (st. Rspr., vgl. etwa BGH Urteile vom 12. April 2018 - V ZR 153/17 - ZfIR 2018, 559 Rn. 25 und vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15 - NJW 2017, 1961 Rn. 19 mwN). Dass der Halter eines Fahrzeugs auch dessen Fahrer ist, stellt jedoch keinen derartigen typischen Geschehensablauf dar. Vielmehr fallen Halter- und Fahrereigenschaft, wie das Landgericht richtig ausführt, in der Lebenswirklichkeit häufig auseinander.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts trifft die Beklagte jedoch eine sekundäre Darlegungslast, so dass sie sich nicht auf einfaches Bestreiten ihrer Fahrereigenschaft beschränken konnte.

aa) Grundsätzlich muss allerdings der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Macht er wie hier einen vertraglichen Anspruch geltend, so hat er mithin die Umstände darzulegen und zu beweisen, die zum Vertragsschluss mit der beklagten Partei geführt haben.

In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substanziiert zu äußern. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei in der Regel dann, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 17 mwN; BGH Urteile vom 3. Mai 2016 - II ZR 311/14 - NJW 2017, 886 Rn. 19 mwN und vom 10. Februar 2015 - VI ZR 343/13 - NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11 mwN). Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGHZ 200, 76 = NJW 2014, 2360 Rn. 18 mwN). Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (st. Rspr., vgl. etwa BGH Urteil vom 18. Januar 2018 - I ZR 150/15 - NJW 2018, 2412 Rn. 30 mwN).

bb) Ob den wegen unberechtigten Abstellens eines Pkws auf einem Privatparkplatz auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch genommenen Fahrzeughalter eine solche sekundäre Darlegungslast trifft, ist umstritten.

Eine Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, lehnt das vor allem deswegen ab, weil der Parkplatzbetreiber grundsätzlich ausreichende andere Erkenntnismöglichkeiten habe (LG Schweinfurt DAR 2018, 517, 519; LG Rostock Urteil vom 11. April 2008 - 1 S 54/07 - juris Rn. 15; Caspary JR 2014, 179, 184; Jahnke jurisPR-VerkR 24/2018 Anm. 4; Stamer DAR 2018, 519 f.; vgl. auch LG Nürnberg-Fürth Urteil vom 27. April 2012 - 19 S 10051/11 - juris Rn. 17).

Demgegenüber wird eine solche sekundäre Darlegungslast aber auch bejaht (vgl. etwa AG Ravensburg Urteil vom 26. März 2013 - 5 C 1367/12 - juris Rn. 4; AG Würzburg BeckRS 2016, 17746; AG Ebersberg BeckRS 2016, 17754; AG Schwabach BeckRS 2009, 49467; AG Laufen BeckRS 2016, 17759; AG Neu-Ulm BeckRS 2008, 46795; Gruber/Hellmich AnwZert HaGesR 8/2019 Anm. 2).

cc) Jedenfalls für ein Leihverhältnis als unentgeltliches Geschäft ist die letztgenannte Auffassung zutreffend.

Beim Parken auf einem privaten Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft, bei dem der Parkplatz nicht einem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit zur - regelmäßig kurzzeitigen - Nutzung angeboten wird (vgl. BGH Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 160/14 - NJW 2016, 863 Rn. 18). Zu einem persönlichen Kontakt zwischen dem allein durch Bereitstellung des Parkplatzes anbietenden Betreiber und dem nur durch Nutzung annehmenden Fahrer als den beiden Vertragsparteien kommt es dabei regelmäßig nicht. Dies hat aber zwangsläufig zur Folge, dass dem Verleiher die Person des Fahrzeugführers als des Entleihers nicht bekannt ist. Dass der Parkplatzbetreiber das Abstellen des Fahrzeugs nicht von einer vorherigen Identifizierung des Fahrzeugführers abhängig macht, ist Bestandteil dieses Massengeschäfts, liegt im Interesse der auf den einfachen Zugang auch zu privaten Parkplätzen angewiesenen Verkehrsöffentlichkeit und ist vom Betreiber auch nicht zu verlangen. Entgegen der auch vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung hat der Verleiher keine zumutbare Möglichkeit, die Identität seines Vertragspartners bei Vorliegen eines unberechtigten Abstellvorgangs und damit einer Verletzung seiner letztlich aus dem Eigentum folgenden Rechte im Nachhinein in Erfahrung zu bringen. Als privates Rechtssubjekt könnte er selbst dann, wenn er - mittels gesteigertem Personalaufwand - den Fahrer bei dessen Rückkehr zum Fahrzeug anhält, dessen Personalien (und deren eventuelle Übereinstimmung mit denen des Halters) ebenso wenig ohne weiteres feststellen wie auf der Grundlage etwa von Videoaufnahmen. Entgegen der von der Rechtsbeschwerdeerwiderung vertretenen Auffassung steht der Annahme einer sekundären Darlegungslast des Fahrzeughalters auch nicht die Möglichkeit des Parkplatzbetreibers entgegen, den Parkplatz mit einem Schrankensystem auszustatten. Denn jedenfalls von demjenigen, der Privatparkplätze unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann nicht die Errichtung technischer Anlagen gefordert werden, die letztlich allein der Verhütung des Missbrauchs dieses Angebots dienen.

Im Gegensatz dazu ist es dem Halter, der unter Beachtung seiner prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) bestreitet, selbst gefahren zu sein, regelmäßig auch noch mit einem gewissen zeitlichen Abstand ohne weiteres möglich, jedenfalls die Personen zu benennen, die im fraglichen Zeitraum die Möglichkeit hatten, das Fahrzeug als Fahrer zu nutzen. Ein solcher für ein substanziiertes Bestreiten erforderlicher Vortrag - mit dem dem Halter nicht die Pflicht auferlegt wird, dem Vermieter alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen - ist ihm auch unschwer möglich und zumutbar, da er es regelmäßig in der Hand hat, wem er das Fahrzeug überlässt. Dass zu den zu benennenden Personen dann gegebenenfalls auch Angehörige zählen, steht der Zumutbarkeit nicht entgegen. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei den Fällen, in denen dem Inhaber eines häuslichen Internetanschlusses, von dem aus eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, im Rahmen der sekundären Darlegungslast ebenfalls Vortrag zu den den Anschluss nutzenden Personen obliegt (vgl. dazu BGH Urteile vom 27. Juli 2017 - I ZR 68/16 - NJW 2018, 68 Rn. 13 und vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15 - NJW 2017, 1961 Rn. 15).

4. Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht wird der Beklagten Gelegenheit zu einem wirksamen Bestreiten ihrer Fahrereigenschaft einzuräumen haben. Dabei kann es sich auch damit auseinandersetzen, ob die Angaben auf der letzten Seite der handschriftlichen Eingabe des Beklagtenvertreters vom 15. April 2018 bereits der sekundären Darlegungslast genügende Ausführungen darstellen.

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