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Oberlandesgericht Koblenz Beschluss vom 21.12.2020 - 2 OWi 6 Ss Rs 374/20 - Powerbank als elektronisches Gerät

OLG Koblenz v. 21.12.2020: Powerbank mit Touchscreen als elektronisches Gerät




Das Oberlandesgericht Koblenz (Beschluss vom 21.12.2020 - 2 OWi 6 Ss Rs 374/20) hat entschieden:

   Eine sog. Powerbank ist ein anderes elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a Satz 2 StVO, wenn sie einen Touchscreen hat.

Siehe auch
Mobiltelefon - unbefugte Handy-Benutzung - Gebrauch sonstiger elektronischer Geräte
und
Pflichten des Fahrzeugführers und Zustand des Fahrzeugs


Gründe:


Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung seiner Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Betzdorf vom 7. September 2020 wird als unbegründet verworfen, da die bei einem Bußgeld von 160 € in Betracht kommenden Zulassungsgründe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 und 2 OWiG (Fortbildung des materiellen Rechts, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Gehörsverletzung) nicht vorliegen.

Dabei ist jedoch den Ausführungen des Betroffenen darin Recht zu geben, dass das Urteil des Amtsgerichts Betzdorf vom 7. September 2020 tatsächlich den Anwendungsbereich des § 23 Abs. la Satz 1 StVO überspannen dürfte, wenn es davon ausgeht, dass eine sogenannte „Powerbank- ein elektronisches Gerät, das der Information dient, darstellt. Eine über den Ladezustand hinausgehende Information wird nämlich zumindest nach den Feststellungen des Urteils - auf dem Gerät nicht gespeichert und ist damit auch nicht abrufbar. Bei einer „Powerbank" handelt es sich vielmehr lediglich um einen Gegenstand, der der Energieversorgung von Geräten der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik als solchen dient oder zu dienen bestimmt ist und nicht um ein solches Gerät selbst (OLG Hamm, 4 RBs 92/19 v. 28.05.2020, BeckRS 2019, 13084). Grundsätzlich teilt damit der Senat die Auffassung des Betroffenen, dass die Nutzung einer „Powerbank an sich - auch dann nicht, wenn sie in den Händen gehalten wird - unter den Tatbestand der unerlaubten Nutzung elektronischer Geräte bei der Fahrzeugführung fällt.




Hierauf kommt es aber im vorliegenden Fall nicht an, denn nach den Feststellungen des Urteils handelte es sich bei der hier benutzten „Powerbank" zugleich um einen Berührungsbildschirm im Sinne des § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO, worauf auch das Amtsgericht selbst in seiner rechtlichen Würdigung zusätzlich abstellt. so dass die angefochtene Entscheidung im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Der in der IT-Fachsprache heute kaum mehr verwendete Begriff Berührungsbildschirm" meint Touchscreens. Aus der Systematik der Geräteliste des § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO fällt er markant heraus, enthält diese doch ansonsten Gerätegruppen, die jeweils bestimmte Nutzungsarten ermöglichen (zum Beispiel Kommunizieren oder Navigieren). Ein Berührungsbildschirm ist hingegen lediglich eine spezielle Art von Interface, das als kombiniertes Ein- und Ausgabegerät grundsätzlich in unterschiedlichen funktionalen Kontexten eingesetzt werden kann (Will. Nutzung elektronischer Geräte bei der Fahrzeugführung. NJW 2019, 1633). Indem der Betroffene nach den Feststellungen des Urteils die „Powerbank, die mit einem Touchscreen versehen war, mit der rechten Hand neben dem Lenkrad hielt. auf den Bildschirm blickte und erkennbar mit dem Daumen auf dem Touchscreen wischte, um den Ladezustand abzufragen, hat er einen Berührungsbildschirm im Sinne des § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO genutzt.

Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Norm. Der Verordnungsgeber wollte mit dem „technikoffenen Ansatz- der technischen Entwicklung der Geräte der (Unterhaltungs-)Elektronik und der damit einhergehenden immer vielfältiger werdenden Nutzungsmöglichkeiten Rechnung tragen, jedoch kein vollständiges Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt normieren. Dabei hat er in § 23 Abs. 1 a Satz 2 StVO Gerätearten aufgezählt bei denen er ein besonders großes Risiko der Ablenkung für den Fahrer eines Kraftfahrzeuges gesehen hat. wie es beispielsweise bei dem hier einschlägigen Berührungsbildschirm der Fall ist. Demgegenüber hat der Verordnungsgeber aber berücksichtigt, dass es eine Vielzahl von die Verkehrssicherheit gefährdenden fahrfremden Tätigkeiten mit Ablenkungswirkung gibt (z.B. Rauchen. Essen, Trinken, Radio-. CD-Hören und Unterhaltung mit anderen Fahrzeuginsassen). die aber vor dem Hintergrund des Übermaßverbots weiter erlaubt bleiben, soweit sie derart ausgeübt werden, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Insoweit soll es daher dabei bleiben. dass für diese Verhaltensweisen weiter die Grundregel des § 1 StVO zur Anwendung kommt und auch unter Verkehrssicherheitsaspekten als ausreichend angesehen wird (OLG Hamm aaO. vgl. BR-Drs. 556/17, S. 1, 4 f., 12).



Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer dem Verteidiger übermittelten Stellungnahme vom 17. November 2020 Bezug genommen. Die Gegenerklärung des Betroffenen vom 2. Dezember 2020 gebietet keine andere Entscheidung.

Mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand auch keine Veranlassung, die Sache dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen, § 80a Abs. 3 S. 2 OWiG.

Die vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde gilt mit der Antragsverwerfung als zurückgenommen (§ 80 Abs. 4 S. 4 OWiG). Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 S. 1 StPO).

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