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Oberlandesgericht Hamm Beschluss vom 18.08.2020 - 2 Ws 107/20 - 2 Ws 109/20 -

OLG Hamm v. 18.08.2020:




Das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 18.08.2020 - 2 Ws 107/20 - 2 Ws 109/20) hat entschieden:

   Zu den Voraussetzungen der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme von Kraftfahrzeugen bei der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen und einer etwaigen Einziehung der Fahrzeuge

Siehe auch
Straßenrennen und Strafrecht: Beschlagnahme und Sicherstellung von beteiligten Fahrzeugen
und
Straßenrennen mit Kfz und Strafrecht


Gründe:


I.

Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen den Angeklagten Z sowie den weiteren Angeklagten J Ermittlungen wegen verbotenen Fahrzeugrennens sowie gegen den Angeklagten L wegen Beihilfe hierzu geführt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens sind am 31.03.2019 das Fahrzeug K mit dem amtlichen Kennzeichen 01, das auf den Angeklagten L zugelassen ist, sowie das Fahrzeug 01 mit dem amtlichen Kennzeichen 02, zugelassen auf den Angeklagten Z, ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt worden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Bochum mit Beschlüssen vom 06.05.2019 und vom 12.06.2019 (Az. 64 Gs 1788/19 und 64 Gs 2331/19) die Beschlagnahme beider Fahrzeuge bestätigt, da diese als Beweismittel in Betracht kämen und zudem die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung gem. § 111b StPO vorlägen. Gegen den Beschluss vom 06.05.2019 betreffend den K wandte sich der Angeklagte L, woraufhin die 1. große Strafkammer des Landgerichts Bochum die Beschwerde mit Beschluss vom 15.07.2019 verwarf. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen (Bl. 160 ff. d. A.).




Nach Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Bochum unter dem 03.09.2019 ließ das Amtsgericht - Schöffengericht - Bochum die Anklage mit Beschluss vom 16.12.2019 zu, eröffnete das Hauptverfahren und führte am 02.03.2020 die Hauptverhandlung durch. Mit Urteil vom gleichen Tage verurteilte es die Angeklagten Z und J wegen Durchführung von und Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu Geldstrafen von jeweils 120 Tagessätzen zu je 60,00 € und den Angeklagten L wegen Beihilfe hierzu zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 80,00 €. Die Fahrerlaubnisse der Angeklagten Z und J hat es entzogen und eine Sperrfrist von vier Monaten ausgesprochen. Von der Einziehung der tatbeteiligten Fahrzeuge hat es abgesehen. Zur diesbezüglichen Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung seien Sinn und Zweck der Einführung des § 315f StGB im Jahre 2017 einerseits, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, § 74a StGB, andererseits zu beachten. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 21 Abs. 3 StVG eine vergleichbare Vorschrift für das Fahren ohne Fahrerlaubnis geschaffen habe, welche in der Praxis aber so gut wie nie angewendet werde; auch bei Trunkenheitsfahrten i. Sinne von §§ 315c und 316 StGB werde von der Möglichkeit der Einziehung nach § 74 StGB regelmäßig kein Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der konkreten Tatumstände spräche für eine Einziehung die Länge der Fahrstrecke, dagegen allerdings, dass es sich um eine Spontantat gehandelt und das Rennen nur zwei Minuten gedauert habe. Die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erreichte Spitzengeschwindigkeit von 136,7 km spräche weder für noch gegen eine Einziehung. Mit Blick auf die Tatbeteiligten sei ein Argument für eine Einziehung hinsichtlich des Angeklagten Z in seinem Nachtatverhalten zu sehen; Argumente dagegen lägen mit Blick auf beide Angeklagten darin, dass beide weder straf- noch verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten seien, beide bereits seit ca. 11 Monaten auf den Besitz der Fahrzeuge hätten verzichten müssen, sie mit erheblichen Standgebühren für die Fahrzeuge belastet würden und beide in der Hauptverhandlung glaubhaft ihre Absicht dargelegt hätten, ihren jeweiligen Pkw veräußern zu wollen. Bezüglich der verwendeten Fahrzeuge sei in die Abwägung einzustellen, dass es sich zwar einerseits angesichts der hohen Motorisierung um typische Fahrzeuge für Kfz-Rennen handele, diese aber nicht getunt gewesen seien, sondern es sich um Serienmodelle und zudem um die einzigen Fahrzeuge der Angeklagten handele. Nach der anzustellenden Gesamtabwägung unter besonderer Berücksichtigung des Fehlens strafrechtlicher Vorbelastungen sowie der gezeigten Einsicht ergebe sich, dass eine Einziehung nicht angezeigt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die schriftlichen Urteilsgründe (Bl. 267 ff. d. A.) verwiesen. Ebenfalls unter dem 02.03.2020 hob das Amtsgericht im Beschlusswege die Beschlüsse vom 06.05. und 12.06.2019 hinsichtlich der Beschlagnahme der Fahrzeuge aus den Gründen des Urteils auf.

Die Staatsanwaltschaft Bochum legte - ebenso wie der Angeklagte L - gegen das Urteil Berufung ein und wandte sich zudem gegen den Aufhebungsbeschluss mit der Beschwerde. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen die Ansicht vertreten, sowohl die Voraussetzungen der Beschlagnahme als Beweismittel als auch zur Sicherung der Einziehung bestünden fort. Die Auswertung der Fahrzeugelektronik des K sei noch nicht erfolgt und die Lenkung sei - zwecks Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Angaben des Angeklagten L sowie mit Blick auf die Strafzumessung - auch ggf. noch zu überprüfen. Auch mit Blick auf die für die Einziehung erhebliche Frage des Wertes der Fahrzeuge bestehe weiterhin die Beweisbedeutung. Zum anderen sei die Einziehung nach § 315f StGB geboten und verhältnismäßig. Insoweit sei neben der hohen abstrakten Gefährlichkeit des mehrere Minuten dauernden Rennens über eine Distanz von über zwei Kilometern mit enormer Geschwindigkeitsüberschreitung zu berücksichtigen, dass mindestens einmal in gefährlicher Weise durch einen abrupten Spurwechsel unbeteiligte Verkehrsteilnehmer überholt worden seien. Darüber hinaus hätten die Angeklagten nach Wahrnehmung der diese verfolgenden Polizeibeamten eine Kreuzung bei "rot" überfahren. Dem hohen Wert der Fahrzeuge sei demgegenüber kein zu hohes Gewicht beizumessen. Es sei auch die Erwartung der Öffentlichkeit, dass gerade hochmotorisierte Pkw eingezogen würden. Den von ihren Fahrzeugen ausgehenden Reizen seien die Angeklagten offensichtlich erlegen; denn beide Fahrzeuge seien erst wenige Tage vor den Taten auf die Angeklagten zugelassen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung vom 16.03.2020 wird auf diese verwiesen (Bl. 286 ff. d. A.).




Mit Beschluss vom 14.04.2020 hat die erste große Strafkammer den Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 02.03.2020 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Bedeutung der Fahrzeuge als Beweismittel sei nicht entfallen. Die in den Fahrzeugen verbaute Elektronik fungiere als Speichermedium und habe damit Beweisbedeutung für die Aufklärung der gefahrenen Geschwindigkeit. Auch eine Beweisbedeutung mit Blick auf die Verkehrstauglichkeit der Fahrzeuge bestehe, was für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten L von Bedeutung sei. Die Bedeutung der Fahrzeuge als Beweisgegenstand sei auch noch nicht entfallen, da das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Ob die Überlegungen, die das Amtsgericht im Rahmen des für die Frage der Einziehung gemäß §§ 315f StGB i. V. m. 74 Abs. 1 StGB auszuübenden Ermessens angestellt habe, ausreichend und überzeugend seien, bedürfe angesichts der Beschlagnahme als Beweismittel keiner Entscheidung. Im Übrigen wird auf die weitergehenden Angaben im Beschluss vom 14.04.2020 (Bl. 306 ff. d. A.) verwiesen.

In ihrer Berufungsbegründung vom 07.05.2020 rügt die Staatsanwaltschaft, die ausgeurteilten Strafen im erstinstanzlichen Urteil seien unangemessen mild und das Absehen von der Einziehung der Tatfahrzeuge sei ermessensfehlerhaft. Selbst wenn sich letztlich nicht aufklären lassen sollte, ob den Angeklagten ein Rotlichtverstoß zur Last zu legen sei, hätten die Angeklagte jedenfalls durch das Zurasen auf die Ampel sowie durch mindestens ein Überholmanöver mit abruptem Spurwechsel die Sicherheit des Straßenverkehrs in erheblichem Umfang gefährdet. Sofern man der erstinstanzlichen Einlassung des Angeklagten L Glauben schenke, hätten sich zudem für diesen sowie für den Angeklagten J Anhaltspunkte ergeben, dass der K während des Fahrzeugrennens nicht in verkehrssicherem Zustand gewesen sei (s. die Berufungsbegründung Bl. 333 ff. d. A.).

Der Angeklagte L sowie der Angeklagte Z wandten sich mit Schriftsätzen ihrer Verteidiger vom 27.05.2020 bzw. 02.06.2020 an die für das Berufungsverfahren zuständige 16. kleine Strafkammer des Landgerichts Bochum mit dem Begehren, die beschlagnahmten Fahrzeuge zurückzuerhalten.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.06.2020 hat das Landgericht Bochum die Beschlüsse des Amtsgerichts Bochum vom 06.05.2019 und vom 12.06.2019 betreffend die Beschlagnahme der Kraftfahrzeuge aufgehoben und zur Begründung zunächst Bezug genommen auf die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils; die darin zur Begründung der Ermessensentscheidung dargelegten tat- und täterbezogenen Gründe teile die Berufungskammer. Die Berufungskammer schließe zudem aus, dass die Fahrzeuge von ihr als Beweismittel benötigt werden könnten. Weder die Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der nur die Änderung der Rechtsfolgen erstrebt werde, noch die Berufung des Angeklagten L führe dazu, dass die Fahrzeuge als Beweismittel weiter verwahrt werden müssten. Die äußeren Umstände des Rennens stünden ebenso wie die Geschwindigkeit fest. Auch die Erwägung der Staatsanwaltschaft, das Fahrzeug K sei möglicherweise verkehrsunsicher gewesen, biete keinen Anlass für eine Begutachtung, da hierfür nichts spreche; im Gegenteil dürfte durch die erwiesene Geschwindigkeit sogar das Gegenteil bewiesen sein. Auch die Einziehung als Tatmittel komme nach bisheriger Bewertung nicht in Betracht. Dass die Fahrzeuge - wie von der Staatsanwaltschaft vermutet - gerade für die Teilnahme an Straßenrennen angeschafft worden sein sollen, stelle eine haltlose Unterstellung dar. Des Weiteren sei zu betonen, dass der Eintritt einer konkreten Gefahr für fremde Rechtsgüter vorliegend gerade nicht feststellbar sei. Mit Blick auf den erheblichen Wert der Fahrzeuge könne auch eine, im Übrigen durch nichts belegte, Wiederholungsgefahr die Einziehung nicht retten. Die Einziehung erweise sich als in jeder Hinsicht unverhältnismäßig.


Gegen diesen Beschluss wendet sich die Staatsanwaltschaft Bochum mit ihrer Beschwerde vom gleichen Tage, mit der sie zugleich die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung gem. § 307 Abs. 2 StPO beantragt. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Beschwerdebegründung vom 16.03.2020. Hinsichtlich der Frage nach der Beweiseignung der Fahrzeuge nimmt sie des Weiteren Bezug auf den Beschluss der Beschwerdekammer vom 14.04.2020. Eine abschließende Beweiswürdigung sei der Hauptverhandlung vorzubehalten.

Die 16. kleine Strafkammer hat mit Beschluss vom 05.06.2020 die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses ausgesetzt und der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht abgeholfen, sondern die Akten dem Oberlandesgericht Hamm vorgelegt.

Die Berufungshauptverhandlung ist auf den 13.11.2020 bestimmt worden.


Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum beigetreten und hat unter dem 13.07.2020 beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und gemäß §§ 111b Abs. 1 S. 2, 111j StPO zur Sicherung der Vollstreckung der Einziehung gemäß §§ 74 Abs. 2, 74a, 315 f StGB die Beschlagnahme der beiden verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge anzuordnen. Zur Begründung führt sie aus, es lägen dringende Gründe für die Annahme vor, dass die Fahrzeuge als Tatobjekte der Einziehung unterliegen. Das erforderliche Sicherungsbedürfnis sei gegeben, da für den Fall der Herausgabe zu befürchten sei, dass später auf die Kraftfahrzeuge nicht mehr zugegriffen werden könne. Die Beschlagnahme der Fahrzeuge sei entgegen der landgerichtlichen Einschätzung auch nicht unverhältnismäßig. Im Rahmen der diesbezüglichen Ermessensausübung habe das Landgericht wesentliche Aspekte nicht in die Abwägung einbezogen, die Grenzen der Ermessensfreiheit durch unzulässige Erwägungen überschritten und dabei insbesondere den Unrechtsgehalt der Tat nicht hinreichend gewürdigt. Soweit das Landgericht durch die Bezugnahme auf die Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil deutlich gemacht habe, auf einen Vergleich zu § 21 Abs. 3 StVG abzustellen, welcher in der Praxis so gut wie nie angewendet werde, handele es sich - abgesehen von der fehlender Vergleichbarkeit der Normen - auch um ein nicht statthaftes Kriterium im Rahmen der Ermessensausübung. Dem neu eingeführten § 315f StGB liege zudem die Erwägung zugrunde, dass Raser, die sich durch die Anlasstat nach außen erwiesen auch über die Geschwindigkeit ihrer Fahrzeuge definieren, besonders nachhaltig über die Einziehung ihrer Kraftfahrzeuge strafrechtlich zu erreichen seien. Das Landgericht habe zudem die von dem Verhalten der Angeklagten ausgehende hohe Unfallgefahr (Überholen anderer Verkehrsteilnehmer in Zick-Zack-Linien, zentrale C Innenstadt, Mitternacht) nicht hinreichend berücksichtigt. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass die Angeklagten den vierzehnjährigen Neffen des Angeklagten L als - nicht einwilligungsfähigen - Mitfahrer bei dem Rennen dabei gehabt hätten. Auch das Nachtatverhalten habe keine hinreichende Berücksichtigung gefunden. Gleiches gelte für die gefahrene Strecke, die Dauer des Rennens sowie die gefahrene Höchstgeschwindigkeit von 137 km/h. Ergänzend werde auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zum Az. 4 StR 482/19 Bezug genommen.

Die Angeklagte L und Z haben mit Schriftsätzen vom 29.07.2020 und vom 30.07.2020 beantragt, die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen. Der Angeklagte L führt zur Begründung aus, eine Vergleichbarkeit mit dem zitierten Verfahren vor dem Bundesgerichtshof sei nicht gegeben; die Staatsanwaltschaft habe vorliegend den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus dem Blick verloren. Die Einziehung würde die finanzielle Bewegungsfreiheit auf Jahre einschränken; eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht.

Der Angeklagte Z verweist insbesondere darauf, dass er bereits ein Jahr vor der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung auf seinen Führerschein verzichtet habe und sowohl die Verurteilung als auch die weitere Entziehung der Fahrerlaubnis für weitere vier Monate akzeptiert habe. Das Fahrzeug habe ihm bereits über 18 Monate nicht zur Verfügung gestanden; der in dieser Zeit eingetretene Wertverlust sei beachtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 29.07. und vom 30.07.2020 verwiesen.





II.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen den im Berufungsverfahren erlassenen Beschluss der kleinen Strafkammer ergibt sich aus § 304 Abs. 1 StPO. Bei der Aufhebung der Beschlagnahme handelt es sich nicht um eine - nicht der Beschwerde unterliegende - Entscheidung, die der Urteilsfällung i. S. d. § 305 S. 1 StPO vorausgeht, vgl. § 305 S. 2 StPO.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet.

Die Aufhebung der beiden Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts Bochum vom 06.05.2019 bezüglich des K und vom 12.06.2019 bezüglich des N ist aus Sicht des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden.

Weder unter dem Gesichtspunkt der Eignung der Fahrzeuge als Beweismittel noch zur Sicherung der Vollstreckung der Einziehung ist eine Aufrechterhaltung der - zu beiden Zwecken ursprünglich durch das Amtsgericht Bochum angeordneten - Beschlagnahme der Fahrzeuge geboten.

a) Gemäß §§ 94, 98 StPO sind Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. Beweismittel sind alle Gegenstände, die mittelbar oder unmittelbar für die Tat oder die Umstände ihrer Begehung Beweis erbringen oder für den Straffolgenausspruch Beweisbedeutung haben (Gerhold in: BeckOK StPO, 37. Edition Stand 01.07.2020, § 94 Rn. 5).




Die grundsätzliche Beweisbedeutung mit Blick auf die Fahrzeuge ergibt sich - wie durch das Amtsgericht Bochum, im Beschwerdeverfahren durch das Landgericht Bochum und die Staatsanwaltschaft Bochum zu Recht angenommen - zunächst daraus, dass ein Auslesen der in den Fahrzeugen verbauten Software Erkenntnisse hinsichtlich der bei der Tat gefahrenen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge erwarten ließ. Dementsprechend ist das Auslesen der entsprechenden Daten bei dem Fahrzeug 01 auch erfolgt, wohingegen dies bei dem Fahrzeug K bis heute offenbar noch nicht geschehen ist. Eine grundsätzliche Beweiseignung kommt den Fahrzeugen - wie durch die Staatsanwaltschaft zutreffend geltend gemacht - darüber hinaus auch insoweit zu, als der Wert der Fahrzeuge für die Einziehungsentscheidung erheblich ist.

Auch wenn vor diesem Hintergrund ursprünglich eine die Beschlagnahme rechtfertigende Beweisbedeutung der Fahrzeuge vorlag, ist die kleine Strafkammer in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass diese eine Beschlagnahme zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr zu begründen vermag.

Zwar meint "Untersuchung" i. S. d. § 94 StPO das Strafverfahren von seiner Einleitung bis zu seinem rechtskräftigen Abschluss, so dass grundsätzlich die Beschlagnahme bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens aufrechterhalten bleiben kann (vgl. Gerhold a. a. O., Rn. 6 f.). Die Sicherstellung bzw. Beschlagnahme steht aber unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Sie muss daher in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts stehen und für die Ermittlungen notwendig sein (Gerhold a. a. O. Rn. 18 m. weit. Nachw.). Aufzuheben ist sie daher namentlich dann, wenn die Fortdauer der Maßnahme wegen Zeitablaufs unverhältnismäßig ist (Hauschild in: MüKo z. StPO, 1. Aufl. 2014, § 94 Rn. 33).

Vorliegend ist mit Blick auf den N zu berücksichtigen, dass die Geschwindigkeitsdaten bereits ausgelesen sind, die entsprechenden Ergebnisse von den Prozessbeteiligten nicht angegriffen werden und - anders als beim K - das Erfordernis einer Untersuchung mit Blick auf die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs auch durch die Staatsanwaltschaft nicht gesehen wird. Eine Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme besteht vor diesem Hintergrund nicht. Auch mit Blick auf den Fahrzeugwert, der für die letztlich zu treffende Einziehungsentscheidung durchaus von Bedeutung ist, ergibt sich das Erfordernis der Fortdauer der Beschlagnahme nicht, da die für die Wertermittlung erforderlichen Parameter (Alter des Fahrzeugs, Motorisierung, etc.) bereits festgestellt sind und dieser Gesichtspunkt im Übrigen eine Beschlagnahmedauer von ca. 17 Monaten nicht mehr zu rechtfertigen vermag.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich nach Einschätzung des Senats auch nicht hinsichtlich der Beschlagnahme des K. Dass das Landgericht die Aufhebung der Beschlagnahme u. a. damit begründet hat, dass es ausschließe, die Fahrzeuge im weiteren Verfahren als Beweismittel zu benötigen, ist nicht zu beanstanden.

Dies gilt zunächst mit Blick darauf, dass das Landgericht keinen Anlass sieht, den K auf seine Verkehrssicherheit zu untersuchen. Zweifel an der Verkehrssicherheit ergeben sich allein aufgrund der Einlassung des Angeklagten L zu von ihm festgestellten Problemen bei der Spurlage nicht und sind durch das Amtsgericht auch nicht festgestellt worden.

Soweit die Staatsanwaltschaft des Weiteren einwendet, die Geschwindigkeitsdaten beim K seien noch nicht ausgelesen und vor diesem Hintergrund eine fortbestehende Beweisbedeutung des K annimmt, erscheint dieser Gesichtspunkt nach 17 Monaten der amtlichen Verwahrung der Fahrzeuge nicht mehr geeignet, die Fortdauer der Beschlagnahme zu rechtfertigen, zumal unklar ist, aus welchem Grund eine Auslesung bislang nicht erfolgt ist oder nicht erfolgen konnte.





b) Auch dass das Landgericht die Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung nicht aufrechterhalten hat, ist aus Sicht des Beschwerdegerichts nicht zu beanstanden.

Gemäß § 111b Abs. 1 S. 1 StPO kann ein Gegenstand zur Sicherung der Vollstreckung beschlagnahmt werden, wenn die Annahme begründet ist, dass die Voraussetzungen der Einziehung eines Gegenstandes vorliegen. Sofern dringende Gründe für diese Annahme vorliegen, soll die Beschlagnahme angeordnet werden.

aa) Gemäß § 74 Abs. 2 StGB unterliegen Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte) der Einziehung nach Maßgabe besonderer Vorschriften. In diesem Sinne sieht § 315f S. 1 StGB explizit die Möglichkeit der Einziehung von Kraftfahrzeugen vor, welche für verbotene Kraftfahrzeugrennen verwendet worden sind. Gemäß § 74 Abs. 3 StGB ist die Einziehung grundsätzlich nur zulässig, wenn der Einziehungsgegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehört oder zusteht.

Vorliegend gehört der Mercedes dem Angeklagten Z, der am Tattag den Pkw selbst gefahren hat und von dessen Täterschaft das amtsgerichtliche Urteil daher ausgeht, wohingegen der andere beteiligte Pkw (der K) im Eigentum des Angeklagten L steht, der durch das Amtsgericht wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen in Form der Beihilfe verurteilt wurde. Beide Fahrzeuge sind demnach grundsätzlich bereits gem. § 74 Abs. 3 StGB geeignete Einziehungsobjekte; auf die Vorschrift des § 74a StGB kommt es insoweit nicht an.

bb) Die Anordnung der Beschlagnahme gemäß § 111b StPO setzt lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Annahme voraus, dass der zu beschlagnahmende Gegenstand der Einziehung unterliegt (BGH, Beschl. v. 12.07.2007, Az. StB 5/07, NStZ 2008, 419).

Dass das nach § 162 Abs. 3 StPO für die Entscheidung nunmehr zuständige Berufungsgericht dies letztlich verneint hat und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es von der grundsätzlich gegebenen Möglichkeit der Einziehung nach bisheriger Bewertung voraussichtlich keinen Gebrauch machen wird und deshalb die Beschlagnahme aufgehoben hat, erscheint nicht rechtsfehlerhaft.

Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass sowohl die Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung in § 111b S. 1 StPO als auch die Einziehungsentscheidung nach § 315f StGB im Ermessen des Gerichts stehen. Nur dann, wenn dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Voraussetzungen der Einziehung vorliegen, soll die Beschlagnahme angeordnet werden.

Dagegen, dass das Landgericht letztlich keine ausreichenden Gründe für die Annahme gesehen hat, dass es zu einer Einziehung der Fahrzeuge gem. 315f StGB kommen werde, ist aus Sicht des Beschwerdegerichts nichts zu erinnern.

Das Landgericht bzw. das Amtsgericht, auf dessen Ausführungen es Bezug nimmt, hat insoweit zutreffend die für und gegen eine Einziehung sprechenden Argumente herausgearbeitet und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Bedeutung beigemessen. Dieser ist für die Frage der Einziehung explizit in § 74f Abs. 1 StGB in das Gesetz aufgenommen worden, wonach in Fällen, in denen die Einziehung nicht vorgeschrieben ist, diese nicht angeordnet werden darf, wenn sie zur begangenen Tat und dem Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis steht.

Soweit die Generalstaatsanwaltschaft die durch das Landgericht getroffene Abwägung angreift, vermag dies an dem gefundenen Ergebnis nichts zu ändern.

Denn die Beschwerde gegen den die amtsgerichtlichen Beschlagnahmeanordnungen aufhebenden Beschluss wäre allenfalls dann erfolgreich, wenn auf der Grundlage des bisherigen Erkenntnisstandes die - vorbehaltlich der in der künftigen Berufungshauptverhandlung gewonnenen weiteren Erkenntnisse - angekündigte Entscheidung des Berufungsgerichts, von einer Einziehung der tatbeteiligten Fahrzeuge abzusehen, rechts- oder ermessensfehlerhaft wäre und von einer Ermessensreduzierung auf null dahingehend auszugehen wäre, - dass die Einziehung zwingend anzuordnen und damit die Beschlagnahme zwingend aufrechtzuerhalten wäre.

Dies vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen.



Dass das Amtsgericht im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung, von der Einziehung der Fahrzeuge abzusehen, auch in seine Überlegungen eingestellt hat, welche Vorschriften bereits vor dem 2017 neu eingeführten § 315f StGB eine Einziehung von Kraftfahrzeugen ermöglicht haben und in welchem Umfang in der Praxis hiervon Gebrauch gemacht wird, stellt nach Einschätzung des Senats bereits keine gänzlich sachfremde Erwägung dar. Auch der Vorwurf, bei der Einziehungsentscheidung sei die Gefährlichkeit der Fahrt nicht hinreichend berücksichtigt worden, verfängt nicht. Das Amtsgericht und ihm folgend das Landgericht haben die festgestellten Tatumstände der Fahrt ersichtlich in ihre Erwägungen einbezogen. Soweit sie hierbei nicht von einer konkreten Gefährdung dritter Verkehrsteilnehmer ausgegangen sind, entspricht dies den amtsgerichtlichen Feststellungen, welche das Landgericht für seine Prognose aufgegriffen hat. Das Amtsgericht und ihm folgend das Landgericht haben ersichtlich auch das Nachtatverhalten in die Abwägung einbezogen; soweit den Angeklagten der Vorwurf gemacht wird, sie hätten ihre Fahrt fortgesetzt, nachdem sie von der Polizei mit eingeschaltetem Blaulicht verfolgt worden seien, ergibt sich dies bereits nicht aus den amtsgerichtlichen Feststellungen. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft bemängelt, es sei bei der Einziehungsentscheidung nicht hinreichend in den Blick genommen worden, dass sich mit dem Neffen des Angeklagten L ein nicht einwilligungsfähiger Minderjähriger mit in einem der an dem Rennen beteiligten Fahrzeuge befunden habe, ist es zwar zutreffend, dass explizite Angaben hierzu im Rahmen der Einziehungsentscheidung des Amtsgericht ebenso fehlen wie in dem angefochtenen landgerichtlichen Beschluss. Dies führt aber nicht dazu, dass die getroffenen Entscheidung insgesamt im Sinne einer Ermessensreduzierung auf null unvertretbar erschiene; zumal das Amtsgericht die besondere Verantwortung jedenfalls des Angeklagten L für seinen 14-jährigen Neffen ausweislich der Urteilsausführungen zu dessen Strafbarkeit (vgl. S. 9 des amtsgerichtlichen Urteils) durchaus in seine Erwägungen einbezogen hat. Gleiches gilt letztlich auch für die Rüge der Generalstaatsanwaltschaft mit Blick auf die vermeintlich unzureichende Berücksichtigung der Fahrstrecke von 2 km, der Dauer des Rennens sowie der festgestellten Spitzengeschwindigkeit, wobei das Amtsgericht die Länge der Fahrstrecke sogar explizit als Argument für die Einziehung gewertet hat. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft schließlich einen Vergleich zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2020, Az. 4 StR 482/19, BeckRs 2020, 15647 zieht, vermag dies ebenfalls nicht zu überzeugen, da diese Entscheidung für die Frage der Einziehung aus Sicht des Senats nichts hergibt.

Angesichts der erheblichen gegen eine Einziehung der Fahrzeuge sprechenden Gesichtspunkte, namentlich des Fehlens von straf- oder verkehrsrechtlichen Vorbelastungen der Angeklagten, des ausweislich der amtsgerichtlichen Feststellungen vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten Z sowie des bloßen Beihilfevorwurfs beim - zumal alkoholisierten - Angeklagten L, der bisherigen Dauer der Beschlagnahme von fast 17 Monaten, der damit verbundenen Kosten und des Wertverlustes der der Nutzung entzogenen Fahrzeuge und letztlich der geäußerten Veräußerungsabsicht beider, erscheint die durch das Landgericht getroffenen Ermessensentscheidung aus Sicht der Beschwerdegerichts letztlich jedenfalls nicht unvertretbar.

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