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Verwaltungsgericht Schwerin (Urteil vom 14.09.2016 - 7 A 31/16 SN - Zum kostenpflichtigen Umsetzen eines zwar nicht nach § 12 StVO, wohl aber offenkundig nach § 1 Abs. 2 StVO unzulässigem Parken

VG Schwerin v. 14.09.2016: Zum kostenpflichtigen Umsetzen eines zwar nicht nach § 12 StVO, wohl aber offenkundig nach § 1 Abs. 2 StVO unzulässigem Parken




Das Verwaltungsgericht Schwerin (Urteil vom 14.09.2016 - 7 A 31/16 SN) hat entschieden:

   In besonders gelagerten Fällen kann ein Halten oder Parken auch dann, wenn es durch keine der Einzelvorschriften des § 12 StVO verboten wird, unzulässig sein, weil es andere gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert. Grundsätzlich muss der fließende Verkehr die Behinderungen hinnehmen, die von einem Halten oder Parken ausgehen, das nach der ins einzelne gehenden Regelung des § 12 Abs. 1 und 3 StVO nicht unzulässig ist. Etwas anderes gilt aber (und nur), wenn im Einzelfall besondere Umstände die Prüfung nahelegen, ob durch das Parken oder Halten auf der Fahrbahn der fließende Verkehr nicht in unzumutbarer Weise behindert wird.

Liegt ausnahmsweise ein Einzelfall vor, in dem das Parken zwar nicht nach § 12 StVO, jedoch nach der allgemeinen Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO verboten ist, kann das gebührenpflichtige Umsetzen des Fahrzeugs rechtmäßig sein.x


Siehe auch
Grundregel des Straßenverkehrs - gegenseitige Rücksichtnahme und Vermeidung von Behinderungen, Gefährdungen, Belästigungen und Schäden
und
Abschleppkosten - Kfz.-Umsetzungsgebühren

Tatbestand:


Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Verwaltungsgebühren und -auslagen für die Entfernung seines von ihm abgestellten Kraftfahrzeugs vom Abstellort.

Am 28. Oktober 2014 gegen 12 Uhr wurde das Ordnungsamt des Beklagten telefonisch durch den Fahrer eines gemieteten Lkw informiert, dass er mit diesem wegen parkender Fahrzeuge die Straßenecke D-Weg/E-Weg in A-Stadt nicht oder allenfalls unter verbotswidrigem Befahren des Bürgersteigs passieren könne. Beim Eintreffen der Außendienstmitarbeiter, u. a. der Zeugin F., war um 12.09 Uhr gerade der Lkw einer Umzugsfirma im Begriff, die Stelle mit Hilfe von Einweisern und unter Benutzung des Bürgersteigs zu durchqueren. Es handelt sich um den Übergangsbereich zwischen zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Einbahnstraßen im Wohnviertel bei der G-Kirche nahe dem H-Park. Kraftfahrzeuge, die in das Viertel über die Einbahnstraße I-Weg eingefahren sind und es wieder verlassen wollen, fahren über die süd-nördlich verlaufende Einbahnstraße D-Weg, die an deren Ende beginnende west-östlich verlaufende Einbahnstraße E-Weg, den hiervon abzweigenden J-Weg und die K-Straße ins übergeordnete Straßensystem aus. Die Straßen sind gepflastert und seit DDR-Zeiten baulich nicht verändert worden; mit hohen Kantsteinen sind die plattenbelegten Bürgersteige von den schmalen Fahrbahnen abgegrenzt. Vor der G-Kirche wird auf deren Grundstück auf senkrecht zum D-Weg angeordneten Stellplätzen, sonst im D-Weg auf der in Fahrtrichtung rechten und im E-Weg bis zum J-Weg auf der in Fahrtrichtung linken Seite längs der Bordsteinkante geparkt. In Verlängerung der parkenden Fahrzeugreihe auf dem E-Weg waren im Übergangsbereich D-Weg/E-Weg auf der Fahrbahn am nördlichen linken Bürgersteig das klägerische Fahrzeug, ein Mittelklasse-BMW-Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen AA LL mmm, und noch westlich davon ein weiterer Pkw geparkt.

Die Mitarbeiter des Ordnungsamts ließen zunächst den letztgenannten Pkw abschleppen; der Fahrer des Miet-Lkw konnte die Stelle jedoch noch immer nicht passieren, auch weil sie durch einen auf der rechten Seite des D-Wegs abgestellten Pkw Ford und die Fahrzeuge auf dem Parkplatz vor der G-Kirche keine Ausweich- und Rangiermöglichkeiten bot. Nach dem vergeblichen Versuch, Möglichkeiten zur Benachrichtigung des Klägers zu finden, ließen sie auch dessen Pkw vom um 12.48 Uhr gerufenen Abschleppdienst der Fa. N. gegen 12.56 Uhr bergen und auf deren Gelände verbringen; hierüber wurde die Polizei informiert. Der Kläger holte sein Fahrzeug nach zweitägiger Verwahrung durch den Abschleppunternehmer dort ab.

Bei seiner Anhörung im Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen sorgfaltswidriger Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gab der Kläger gegenüber dem Beklagten an, sein Fahrzeug, sorgfältig an der betreffenden Stelle abgestellt, habe seit Tagen keinen anderen behindert; für den Abstellort gelte weder ein Halte- noch ein Parkverbot. Gegen den ergangenen Bußgeldbescheid vom 28. Januar 2015 erhob er Einspruch; das Amtsgericht stellte am 29. Juni 2015 nach seiner Aussage zur Sache das Verfahren ein, weil es eine Ahndung nicht für geboten hielt.




Zwischenzeitlich hatte der Beklagte den hier streitgegenständlichen Leistungsbescheid vom 18. März 2015 erlassen. Damit erhob er vom Kläger als Auslagen die ihm von der Fa. N. unter dem 29. Oktober 2014 berechneten Bergungs- und Transportkosten von 120 € nebst Einstellgebühr von 10 € zzgl. Umsatzsteuer, zusammen 154,70 €, ferner 42 € an Verwaltungsgebühren und damit insgesamt 196,70 €, fällig zum 22. April 2015.

Den unter dem 31. März 2015 eingelegten klägerischen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2015 auf Kosten des Klägers als unbegründet zurück, wobei er eine Widerspruchsgebühr von 20 € festsetzte.

Mit der Klage vom 6. Januar 2016 verfolgt der Kläger sein Anfechtungsbegehren weiter. Er hält das Abschleppen seines Fahrzeugs für unverhältnismäßig, zumal dem Ordnungsamt die Örtlichkeit und die Probleme mit der Enge schon länger bekannt gewesen sein dürften; erst nachfolgend sei aber ein Halteverbot ausgeschildert worden. Für die Behinderung am 28. Oktober 2014, die geübte Lkw-Fahrer noch hätten meistern können, sei hauptsächlich das auf der rechten Seite des D-Wegs geparkte Fahrzeug verantwortlich gewesen. Er beantragt,

   den Bescheid des Beklagten vom 18. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

und verteidigt die ergangenen Bescheide. Die spätere Beschilderung der Stelle ändere nichts an der Gefährlichkeit eines behindernden Parkens dort zuvor.

Mit Beschluss vom 16. März 2016 ist der Rechtsstreit dem erkennenden Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung Frau F. als Zeugin über das ordnungsbehördliche Vorgehen am 28. Oktober 2014 vernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und auf die beigezogenen Akten des Verfahrens ooo Js pppp/15 OWi der Staatsanwaltschaft A-Stadt Bezug genommen.




Entscheidungsgründe:


Die zulässige Klage ist nur in geringem Umfange begründet.

Im Wesentlichen unterliegen die angegriffenen Bescheide nicht der beantragten Aufhebung durch das Gericht gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 und § 115 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –, denn sie sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Voraussetzungen für die streitige Kostenerhebung liegen nämlich vor.

So erfolgte die kostenpflichtige Amtshandlung rechtmäßig. Es handelt sich um eine vom nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 4 Abs. 2 Satz 1 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – SOG M-V – als Ordnungsbehörde zuständigen Beklagten durch einen Beauftragten ausgeführte Ersatzvornahme im Sinne von § 89 Abs. 1 SOG M-V, die als Maßnahme des Verwaltungszwangs im sofortigen Vollzug gemäß § 81 SOG M-V der Gefahren abwehrenden Durchsetzung eines Verhaltensgebots nach der Straßenverkehrs-Ordnung – StVO – diente.

Das vom Kläger abgestellte Fahrzeug wurde aus einem Bereich der Fahrbahn entfernt, in dem es auch nach Entfernung des (westlich) hinter ihm geparkten Pkw ein Hindernis für den Straßenverkehr mit größeren und längeren Fahrzeugen darstellte; diese konnten, wie zur Überzeugung des Gerichts nach der Aussage der Zeugin F. und aufgrund der beim Einsatz gefertigten Lichtbilder sowie des vorhandenen Luftbilds aus der GAIA-M-V-Datenbank feststeht, den Bereich nicht nur nicht ohne Einweiser passieren, sondern auch im vorhandenen freien Fahrbahnteil nicht die für einen Abbiegevorgang wegen ihrer Länge und der resultierenden Gestalt der Schleppkurve notwendige Ausscherfläche finden. Dies lag entgegen klägerischer Auffassung nicht an dem im D-Weg rechts, im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 a. E. StVO und offenbar auch § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO zulässig, geparkten Pkw Ford, da bei einem Rechtsabbiegevorgang mit einer 90-º-Richtungsänderung längere Fahrzeuge sowieso leicht nach links ausschwenken, um die Abbiegekurve zu verflachen und um nicht „mittschiffs“ den Straßenrand zu berühren. An einem weiteren Ausschwenken nach links, das den Lkw vielleicht noch die Durchfahrt durch die Übergangszone ohne ein Abschleppen der beiden Pkw ermöglicht hätte, waren jene aber erkennbar durch die ebenfalls zulässig auf der Parkfläche vor der Kirche abgestellten Fahrzeuge gehindert. Die zum Ausgleich hierfür notwendige Ausschwenkfläche im Norden des Übergangsbereichs war durch das klägerische Fahrzeug und bis zu dessen Entfernung durch den zuvor entfernten, hinter ihm abgestellten weiteren Pkw besetzt.

Durch diese Lage des vom Kläger gewählten Abstellorts für sein Fahrzeug bestand kraft verordnungsrechtlicher Regelung ein Gebot, das Fahrzeug von dort zu entfernen; diese vertretbare Handlung wurde mit der Ersatzvornahme vollzogen.

Der Kläger weist allerdings zutreffend darauf hin, dass seinerzeit für den Abstellort (mit Ausnahme der Einbahnstraßenregelung) keine für das Halten oder Parken relevante Regelung durch ein Verkehrszeichen im Sinne von §§ 39, 41 oder 42 StVO in Verbindung mit der Anlage 2 oder 3 hierzu galt. Sein Fahrzeug war in Fahrtrichtung links geparkt, wie es in einer Einbahnstraße am linken Fahrbahnrand nach § 12 Abs. 4 Satz 4 StVO grundsätzlich zulässig ist.

Auch das Halten oder Parken beschränkende Regelungen des § 12 Abs. 1 oder 3 StVO dürften auf den Abstellort nach wie vor unanwendbar sein. Bordsteinabsenkungen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 5 StVO sind im gesamten Übergangsbereich zwischen D-Weg und E-Weg ausweislich der Photographien nicht erkennbar, ebenso wenig konkurrierende Fahrbahnnutzungen im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 2 – 4 StVO. Bei diesem Übergangsbereich dürfte es sich (ungeachtet der straßenverkehrsrechtlich irrelevanten unterschiedlichen Benennung der beiden ineinander übergehenden Straßen) auch weder um eine Kreuzung oder Einmündung im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO noch um eine scharfe Kurve im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO handeln. Denn als Kurve gilt zwar „der gekrümmte Straßenverlauf bezogen auf eine einheitliche Fahrbahn“, was bei der „abknickenden Straßenführung“ D-Weg/E-Weg grundsätzlich wohl bejaht werden kann. Das Verbot des Kurvenparkens gemäß der StVO dient aber erkennbar dem Verkehrsfluss im Straßenraum und dem möglichst weitgehenden Ausschluss von Gefährdungen, die im Falle seiner Zulassung durch Brems- und Ausweichmanöver entstehen könnten. Eine Behinderung des fahrenden Verkehrs soll vermieden werden. Das Verbot trägt zudem dem Umstand Rechnung, dass Kraftfahrzeuge in Kurvenbereichen nicht per se zum Fahren auf Sicht verpflichtet sind und darauf vertrauen dürfen, dort durch stehenden Verkehr unbeeinträchtigt zu bleiben. Diese Gesichtspunkte treffen jedoch auf den Übergang zweier enger, ein Wohngebiet erschließender Einbahnstraßen nicht zu, wo aufgrund der typischen Sichtverhältnisse davon auszugehen ist, dass sich der dort fahrende fließende Verkehr nur tastend voran bewegt und Pkw-Fahrer nicht damit rechnen können, ihre Fahrt ohne Rücksicht auf den stehenden Verkehr fortsetzen zu können, und wo der Ausbauzustand die Ausnutzung der üblichen innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit nicht zulässt (vgl. zum Vorstehenden in Bezug auf Wendehämmer oder -schleifen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. November 2003 – 1 Ss (OWi) 218 Z/03 –, Neue Juristische Wochenschrift 2004, S. 961 m. w. Nachw.). Auch als Einmündung oder gar Kreuzung im Sinne der zuvor genannten Vorschrift dürfte der streitgegenständliche Bereich nicht zu qualifizieren sein, schon weil die Fahrbahn sich dort nicht verzweigt. Zudem war das klägerische Fahrzeug nicht in oder nahe bei einem „inneren“ Schnittpunkt von Fahrbahnkanten abgestellt, wo es vor und hinter Kreuzungen oder Einmündungen nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO verboten ist, sondern „gegenüber“ einer Art „Halb-Einmündung“ oder „Halb-Kreuzung“; die einer Einmündung gegenüber liegende Seite wird aber von dem kodifizierten Verbot nicht erfasst, da nur auf der an der Einmündung liegenden Straßenseite die Fahrbahnkanten der einmündenden mit der durchlaufenden Straße zusammenstoßen und nur hier das Bedürfnis nach ungehindertem Einblick und ungehinderter Einfahrt besteht (s. den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22. November 1988 – 2 Ss 190/88 –, juris Rdnr. 11 f. m. w. Nachw.). Schließlich handelt es auch nicht um einen klassischen Kreuzungsbereich selbst, wo das Parken immer mit einem Verstoß gegen das Gebot des Parkens am Fahrbahnrand nach § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO verbunden ist (s. den Beschluss des Kammergerichts vom 6. Dezember 1990 – 2 Ss 252/90 - 3 Ws (B) 283/90, 2 Ss 252/90, 3 Ws (B) 283/90 –, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 1991, S. 163 [164]); einen solchen dürfte nämlich der Kläger, wie gesagt, angesteuert haben. Des Weiteren ist der Abstellort des klägerischen Fahrzeugs nicht dem in der Rechtsprechung geprägten Begriff der engen Straßenstelle im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO zuzuordnen. Denn es verblieb ausweislich der Messung der Zeugin F. selbst im vorderen Bereich des klägerischen Fahrzeugs, der am weitesten in den E-Weg hineinragte, nämlich beim Außenspiegel, ein Abstand von 3,10 m zwischen diesem und der Bordsteinkante; üblicherweise für den gefahrenfreien Durchlass erforderlich und Grenze des Begriffs der engen Straßenstelle ist aber eine Breite von 50 cm zuzüglich der allgemein höchstzulässigen Breite eines Fahrzeugs nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung von 2,55 m, zusammen 3,05 m (vgl. König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Rdnr. 22 zu § 12 StVO m. w. Nachw.). Als zu eng erwies sich der streitgegenständliche Straßenbereich nur wegen der besonderen Flächenanforderungen des Lkw-Verkehrs, was für den Verbotstatbestand nicht reichen dürfte. Um eine unübersichtliche Stelle im Sinne der letztgenannten Vorschrift dürfte es sich schließlich auch nicht gehandelt haben, wie auch das erfolgreich einen Unfall vermeidende umsichtige Verhalten der Lkw-Fahrer zeigt; auch die Verwirklichung von Tatbeständen der Nr. 3 – 5 in § 12 Abs. 1 StVO kommt nicht in Betracht.




Wenn sich hiernach auch nicht das Eingreifen eines der in § 12 StVO detailliert und abschließend geregelten Park- und Halteverbote feststellen lässt, so war das Parken gleichwohl nach § 1 Abs. 2 StVO unzulässig. In besonders gelagerten Fällen kann nämlich nach dieser Vorschrift ein Halten oder Parken auch dann, wenn es durch keine der Einzelvorschriften des § 12 StVO verboten wird, unzulässig sein, weil es andere gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert. Um einen solchen besonders gelagerten Fall handelt es sich hier. Das Gericht ist sich bewusst, dass § 1 Abs. 2 StVO keine „Auffangvorschrift“ für Park- und Halteverbote darstellt und dass deren Herleitung aus dieser allgemeinen Regelung nur in wirklichen Ausnahmesituationen zulässig ist. Denn grundsätzlich muss der fließende Verkehr die Behinderungen hinnehmen, die von einem Halten oder Parken ausgehen, das nach der ins einzelne gehenden Regelung des § 12 Abs. 1 und 3 StVO nicht unzulässig ist; wer sein Fahrzeug dort abstellt, wo es weder durch allgemeine Verkehrsregeln noch durch das Aufstellen von Verkehrszeichen verboten ist, kann damit in der Regel davon ausgehen, dass damit von ihm geschaffene Behinderungen vom Fahrverkehr als unvermeidbar hinzunehmen sind. Etwas anderes gilt aber (und nur), wenn im Einzelfall besondere Umstände die Prüfung nahelegen, ob durch das Parken oder Halten auf der Fahrbahn der fließende Verkehr nicht in unzumutbarer Weise behindert wird (s. das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Januar 1986 – VI ZR 198/84 –, Versicherungsrecht 1986, S. 489). So liegt es hier.

Denn die Situation am Abstellort des klägerischen Fahrzeugs war durch eine ungewöhnliche Häufung von „Beinahe-Park- oder -Halteverboten“ im Sinne von § 12 Abs. 1 und 3 StVO gekennzeichnet. So ähnelte die Stelle derjenigen gegenüber einer Grundstücksausfahrt bei schmaler Fahrbahn im Sinne von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO, weil der D-Weg, ähnlich wie eine Grundstücksausfahrt auf eine Straße, im 90-º-Winkel auf den E-Weg trifft und weil größere Fahrzeuge in der Breite des passierbaren Fahrbahnteils des D-Wegs Probleme haben konnten, ohne mehrfaches Rangieren die neue Fahrtrichtung einzuschlagen. Die zusätzliche Ähnlichkeit jeweils mit einer Kurve, einer Einmündung oder Kreuzung sowie einer Straßenengstelle ist bereits oben angesprochen, wobei der Grenzwert für die Annahme einer tatbestandsmäßigen Straßenengstelle bei bloßer Geradeausfahrt des fließenden Verkehrs schon recht knapp verfehlt wurde und die ersichtlich notwendigen Richtungsänderungen passierender Fahrzeuge zusätzliche Problematiken und Raumbedarfe bewirken konnten, was zusätzlich die Flächen der Bürgersteige einer Gefährdung aussetzen konnte.

Hinzu kam, dass der Abstellort zu einer Folge von Einbahnstraßen gehört, die, wenn einmal versperrt, nicht nur für größere Fahrzeuge und nachfolgenden Verkehr eine „Falle“ darstellen können, da der Ort nur in eine Fahrtrichtung verlassen werden darf.

Dies bewirkte, dass aus dem eine Ausformung des allgemeinen Rücksichtnahmegebots darstellenden Verbot vermeidbarer Behinderungen gemäß § 1 Abs. 2 StVO vorliegend objektiv ein auf den Abstellort des klägerischen Fahrzeugs bezogenes Parkverbot sowie das Gebot des Entfernens des Fahrzeugs von diesem Ort folgte. Für einen Fahrzeugführer war bei der aus den örtlichen Gegebenheiten folgenden Prüfungspflicht die mit relevanter Wahrscheinlichkeit behindernde Wirkung des Parkens sowie dessen hieraus resultierende Unzulässigkeit erkennbar, zumal für die Straßenführung keine Begrenzung der Benutzung durch größer dimensionierte Fahrzeuge galt.


Die weiteren Voraussetzungen für den erfolgten Vollzug des Wegfahrgebots durch den Beklagten lagen ebenfalls vor.

Dies gilt insbesondere für die Anforderungen an die notwendige Gefahrenintensität für das behördliche Eingreifen sowie an dessen Verhältnismäßigkeit und sonstige Ermessensgerechtigkeit. In Gestalt der Verhinderung des Ausfahrens der Lkw und ggf. weiterer Fahrzeuge aus dem Wohngebiet bestand eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 SOG M-V; denn die Lkw konnten die Stelle nur unter Benutzung des Bürgersteigs passieren, was nicht zulässig ist, und es konnten jederzeit weitere Verkehrsteilnehmer jedenfalls durch die Lkw aufgehalten werden. Eine Aufforderung an den Kläger zur Entfernung seines Fahrzeugs oder sonstige Maßnahme ihm gegenüber konnten wegen fehlender Kontaktmöglichkeit nicht erfolgen (s. Satz 2 der Vorschrift), so dass der Verwaltungszwang ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt gegenüber dem Pflichtigen zulässig war. Der Beklagte handelte, wie gesagt, auf dem Gebiet seiner gesetzlichen Befugnisse; für ihn wäre der Erlass einer Ordnungsverfügung mit dem Inhalt eines Gebots der vollzogenen Handlung an den Kläger als Handlungs- und Zustandsstörer im Sinne von § 69 und § 70 SOG M-V im Sinne von § 81 Abs. 3 und § 83 Abs. 1 Nr. 1 SOG M-V zulässig gewesen. Als Zwangsmaßnahme kam allein die Ersatzvornahme gemäß § 89 Abs. 1 SOG M-V in Betracht; die Vornahme der gebotenen Handlung, nämlich des Entfernens des klägerischen Pkw vom Abstellort, war durch einen anderen möglich, hier etwa durch die Fa. N. als Beauftragten des Beklagten. Ein anderer Abschluss der Maßnahme als durch Verbringen des Fahrzeugs in die Verwahrung durch die Fa. N. erwies sich mangels naher geeigneter Abstellorte nicht als möglich. Mit Hilfe der Polizei wurde der Kläger im Sinne von § 81 Abs. 2 SOG M-V über die Ersatzvornahme benachrichtigt. Ob das behördliche Tätigwerden zur Gefahrenabwehr zulässig war, konnte nicht von dem — bei Veranlassung des Abschleppens auch nicht aufklärbaren — Umstand abhängen, ob dem das Fahrzeug abstellenden Fahrzeugführer die Verkehrsregelung bewusst war, die das Verbleiben des Fahrzeugs am Abstellort verbot.

Der Beklagte darf daher auch, wie geschehen, gemäß § 14 des Landesverwaltungskostengesetzes – VwKostG M-V – in Verbindung mit § 114 sowie § 83 Abs. 1 Nr. 1 und § 81 Abs. 3 SOG M-V für die Amtshandlung Ersatzvornahme in Gestalt der Bergung und Verbringung des klägerischen Pkw die Kosten vom Kläger als Pflichtigen einfordern. Die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall, wie ihn der Kläger mit Hinweis darauf geltend macht, dass ein Halteverbot im Bereich des von ihm gewählten Abstellorts erst später ausgeschildert wurde, kann das Gericht nicht feststellen. Zwar kann es unverhältnismäßig sein, einen Kraftfahrer zu den Kosten einer (rechtmäßigen) Ersatzvornahme heranzuziehen, die der Umsetzung eines verkehrsrechtlich bestimmten Wegfahrgebots dient, wenn ihm dieses nach objektiven Maßstäben und trotz Aufbringung der gesteigerten Sorgfalt, die einem Teilnehmer am ruhenden Verkehr gerade in größeren Städten abzuverlangen ist, nicht bekannt war (zur normativen Herleitung einer Einwendung gegen die Kostenforderung in einem derartigen Fall s. das Urteil des erkennenden Einzelrichters vom 4. September 2013 – 7 A 1141/12 –, juris Rdnr. 22). Von einer solchen, einen Härtefall begründenden Sachlage ist im Streitfall jedoch nicht auszugehen. Vielmehr legte die Häufung „beinahe“ erfüllter, allen Fahrzeugführern bekannter Park- und Halteverbotstatbestände nach der Regelung in § 12 StVO eine besonders gewissenhafte Prüfung etwaiger Behinderungswirkungen des Parkens an dem gewählten Abstellort nahe. Das Fahrzeug des Klägers war im Unterschied zu der Reihe der vor ihm im E-Weg stehenden Fahrzeuge nicht schlicht am linken Fahrbahnrand einer Einbahnstraße, sondern auch auf einer besonderen Übergangsfläche geparkt. Dass diese trotz ihrer Empfindlichkeit für Gefahrenzuspitzungen beim Passieren größerer Fahrzeuge nicht mit einem Halteverbot versehen war, liegt wohl an der für das vollständige Erkennen des Gefahrenpotentials notwendigen Erfahrung, die beiden Beteiligten seinerzeit fehlte (die Zeugin F. hat nicht von der vorherigen Notwendigkeit eines Abschleppens parkender Fahrzeuge an der Stelle berichten können, wohl aber von der früheren Befassung ihrer Kollegen mit Problemen dort). Wenn auch der erkennende Einzelrichter selbst nicht ausschließen kann, ohne das heutige Wissen seinerzeit die fragliche Stelle für einen geeigneten Abstellort für ein parkendes Fahrzeug gehalten zu haben, führt dies noch nicht zur Annahme eines Härtefalls, der ein Absehen von der gesetzlich vorgeschriebenen Kostenerhebung geböte. Es wurden schlicht die objektiv notwendigen Anstrengungen zur sachgerechten Einschätzung des Gefahrenpotentials des Parkvorgangs unterlassen. Aus dem Ausgang des Bußgeldverfahrens ist keine gegenteilige Erkenntnis herleitbar. Dass dieses nach § 47 Abs. 2 (Satz 2) des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eingestellt wurde, bedeutet lediglich, dass (womöglich sogar nur angesichts der hier streitigen Kostenforderung) der Strafrichter keine („zusätzliche“) Ahndung durch die verhängte Geldbuße von 20 € und Belastung durch die 28,50 € an Verfahrenskosten im Bußgeldverfahren für erforderlich hielt; dies ist angesichts des geringen Grads des erkennbaren klägerischen Verschuldens gut vertretbar, wenn auch eine gegenteilige Einschätzung des Amtsgerichts bei den beiden Ladungen zur Hauptverhandlung aktenkundig ist. Einem Freispruch kommt die Entscheidung jedenfalls nicht gleich.



Die Aufwendungen für das Abschleppunternehmen in — unbedenklicher — Höhe von 154,70 € waren jedenfalls, wie geschehen, gemäß § 114 Abs. 1 SOG M-V (evtl. in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 VwKostG M-V und § 114 Abs. 2 Satz 2 SOG M-V) zu erheben. Ob § 3 der Verwaltungsvollzugskostenverordnung vom 28. März 2012 – VwVKVO M-V – Anwendung finden konnte (obgleich die in der Präambel zu der Verordnung zitierte Ermächtigungsgrundlage allein zur Regelung der Auslagenerhebung nicht ermächtigte; vgl. auch Lang, § 3 Rdnr. 301 in: Schütz/Classen, Landesrecht M-V, 3. Aufl. 2014), braucht nicht entschieden zu werden. Auch die Gebührenerhebung erfolgte im Wesentlichen rechtmäßig. Zutreffend wurde sie auf § 1 Abs. 1 Satz 1 (Nr. 4) und Abs. 2 in Verbindung mit dem Gebührenverzeichnis sowie § 2 (Satz 1) Nr. 3 VwVKVO M-V gestützt. Gemäß Tarifstelle 5.4 („Abgeltung eigener Aufwendungen der Vollzugsbehörde bei der Ausführung der Ersatzvornahme durch Beauftragte“) soll eine Zeitgebühr im Sinne von § 4 Var. 3 VwKostG M-V zu erheben sein („nach dem Zeitaufwand“), wobei die Tarifstelle 1 Anwendung findet. Bei der Tarifstelle 5.4 dürfte es sich ungeachtet der unklaren Bezeichnung um einen im Alternativitätsverhältnis zur Tarifstelle 5.1 („Ersatzvornahme durch Vollzugsbehörde“) stehenden selbständigen Gebührentatbestand handeln, wobei gebührenpflichtige Amtshandlung jeweils die Ersatzvornahme ist (s. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwVKVO M-V), einmal durch die Vollzugsbehörde selbst, einmal — wie im Streitfall — auf deren Veranlassung durch einen Beauftragten vollzogen. Nach der Tarifstelle 1 (1.1) beträgt die Gebühr für die Tätigkeit eines Beamten der Laufbahngruppe 1 oberhalb [!] des zweiten Einstiegsamts oder für einen vergleichbaren Tarifbeschäftigten — wie er nach den glaubhaften Angaben des Beklagten im Streitfall tätig wurde — je angefangene Stunde „42 (36/6)“ €. Gemäß einer Anmerkung zur Tarifstelle 1 ist mit der ersten Zahl im Klammerzusatz der „Personalkostenanteil“ von 36 €, mit der zweiten der „Sachkostenanteil“ von 6 € bezeichnet. Gemäß Satz 2 dieser Anmerkung ist bei den Tarifstellen 5.1, 7.1 [„Unmittelbarer Zwang durch einen Beamten oder Tarifbeschäftigten“] und 8.1 [„Vorführung oder Wegnahme einer Person durch einen Beamten oder Tarifbeschäftigten“] nur der Personalkostenanteil zu „berücksichtigen“. Dies könnte zu der Auslegung führen, dass die Gebühr für die Amtshandlung Ersatzvornahme unterschiedlich hoch wäre, und zwar geringer (ab 36 €), wenn sie die Behörde selbst durchführte, und höher (ab 42 €), wenn sie die Behörde durch einen Beauftragten durchführte, wobei mit der Gebühr angesichts der zahlreichen Einsatzgebühren für Sachmittel (Tarifstellen 5.2 – 5.2.9) und der eigenen Position für die Vor- und Nachbereitung (Tarifstelle 5.3) im Wesentlichen lediglich die behördliche Entscheidung zu der Vollzugsmaßnahme nebst den notwendigen in- oder externen Veranlassungen abgegolten ist. Dies stellte sich als gleichheitswidrig dar, gerade wenn die höhere Gebühr bei einer „Fremdvergabe“ der Abgeltung von Sachkosten dienen sollte, während bei der Eigenvornahme diese Abgeltung nach ausdrücklicher Anordnung in der Anmerkung zu Tarifstelle 1 zu unterbleiben hat. Denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern ausgerechnet in dem Fall, in dem die Behörde lediglich als Auftraggeberin für die Ersatzvornahmehandlung tätig wird, ihr mehr Sachkosten als nach § 3 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwKostG M-V auszugleichender Verwaltungsaufwand sollten entstehen können als bei der eigene Mittel doch deutlich intensiver beanspruchenden Eigenvornahme. Das Gericht legt den Gebührentatbestand in Tarifstelle 5.4 daher durch Extension des Satzes 2 der Anmerkung zu Tarifstelle 1 geltungserhaltend dergestalt aus, dass auch bei der Ersatzvornahme durch einen Beauftragten lediglich eine Gebühr von 36 € pro angefangener Stunde der Tätigkeit eines der unter 1.1 bezeichneten Mitarbeiter anfällt.

In Höhe von 6 € ist der Kostenbescheid folglich aufzuheben und die Klage erfolgreich.



Auch die vom Beklagten im Widerspruchsbescheid vorgenommene und gemäß § 22 Abs. 1 VwKostG M-V ebenfalls beim erkennenden Gericht angegriffene Kostenfestsetzung hat hiernach im Wesentlichen Bestand, da der Widerspruch des Klägers (weitestgehend) zu Recht als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Festlegung der dem oberen Grenzwert des Gebührenrahmens ähnelnde Gebühr ist bei der verhältnismäßig geringen Kostenhöhe und dem Aufwand, der für die Erstellung eines Widerspruchsbescheids erforderlich ist, vorliegend auch nach § 9 Abs. 1 VwKostG M-V grundsätzlich ermessensgerecht und war nicht weiter begründungsbedürftig. Allerdings war der Gebührentatbestand nicht nur § 15 Abs. 3 VwKostG M-V allein, sondern mit der Maßgabe nach § 15 Abs. 4 VwKostG M-V zu entnehmen, da es um die Anfechtung einer Kostenentscheidung — des Leistungsbescheids vom 18. März 2015 —, nicht der Amtshandlung (Ersatzvornahme) selbst ging. Mit der angesetzten Widerspruchsgebühr von 20 € wurde der Gebührenrahmen von einem Zehntel „des angefochtenen Betrags“ überschritten, da dies mehr als ein Zehntel von 190,70 € ist, dem Betrag, bezogen auf den der Widerspruch zutreffend zurückgewiesen wurde; die Festsetzung der Widerspruchsgebühr ist deshalb in der Höhe von 0,93 € aufzuheben, womit die Klage einen weiteren — geringfügigen — Teilerfolg hat. Die Zustellauslagen wurden auf der Grundlage von § 15 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 VwKostG M-V zutreffend festgesetzt.

Die Kostenentscheidung zu Lasten des nach allem im Wesentlichen unterlegenen Klägers ergeht — mit Blick auf die im Vergleich zum Unterliegen nur geringfügige Teilstattgabe — gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung sowie § 167 VwGO.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes auf bis zu 500 Euro festgesetzt.

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