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Rechtsprechung OLG und LG Braunschweig zum VW-Dieselskandal

Rechtsprechung des LG Braunschweig zum VW-Dieselskandal




Vorbemerkung:

Es macht keinerlei Sinn mehr, diese Urteilssammlung des LG Braunschweig beginnend im Jahre 2016 und verfolgt bis in das Jahr 2017 noch weiter fortzuführen, weil beim LG Braunschweig sowieso jede Klage mit Textbausteinen abgewiesen wird.





Gliederung:


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„Schummelsoftware“

Stichwörter zum Thema Autokaufrecht

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Allgemeines:


LG Braunschweig v. 24.05.2016:
Soweit sich die Herstellerin der mit einer mangelhaften Abgassoftware ausgestatteten Fahrzeuge in ihren Neuwagengarantie-Bedingungen zur Mängelbehebung verpflichtet hat, wobei sie sich selbst die Auswahl des zu beauftragenden Servicebetriebes vorbehalten und den Kreis der dafür in Betracht kommenden Servicebetriebe begrenzt hat, ist der aus der Neuwagengarantie berechtigte Kunde gehindert, seine Mängelbeseitigungsansprüche bei einem anderen Servicebetrieb seiner Wahl geltend zu machen.

LG Braunschweig v. 25.04.2017:
Eine angemessene Fristsetzung ist im Fall der sog. Schummelsoftware nicht entbehrlich. Eine Frist von sechs Wochen zur Nachbesserung ist zu kurz. Die angebotene im Einvernehmen mit dem KBA durchzuführende Nachbesserung macht den Sachmangel zu einem behebbaren Mangel.

LG Braunschweig v. 25.04.2017:
Die Verwendung von sog. Schummelsoftware in Kfz ohne Kenntnis des Erwerbers ist weder sittenwidrig noch begründet es ein Recht zur Täuschungsanfechtung. Der Sachmangel ist durch Nachbesserung in Form eines abgestimmten Software-Updates zu beheben.

LG Braunschweig v. 01.06.2017:
Bei der unzulässigen, zu beseitigenden Abschalteinrichtung handelt es sich um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein reines Software-Update ist geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, und somit eine ausreichende Nachbesserung möglich ist (so im Ergebnis auch OLG Hamm, Beschluss vom 21.06.2016 - 28 W 14/16).

LG Braunschweig v. 01.06.2017:
Ein Diesel-Fahrzeug mit sog. Schummelsoftwre war zwar bei Gefahrübergang mit einem Sachmangel behaftet, weil es mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausgerüstet war, die aufgrund des Bescheides des KBA vom 15.10.2015 zu beseitigen ist, womit dem Kläger die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB grundsätzlich eröffnet sind. Doch kann er von der Beklagten keine Nachlieferung aus der aktuellen Serienproduktion verlangen, sondern allenfalls die Lieferung desselben Modells. Eine solche wäre indes unmöglich jedenfalls aber beschränkt sich der Anspruch des Klägers gem. § 439 Abs. 3 BGB auf die von der Beklagten angebotene Nachbesserung durch ein Software-Update.

LG Braunschweig v. 01.06.2017:
Durch die bestandskräftigen Bescheide des KBA vom 15.10.2015 und vom 03.11.2016 ergibt sich, dass es sich bei der unzulässigen, zu beseitigenden Abschalteinrichtung um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch Software-Update und Einbau eines Strömungsgleitrichters geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.

LG Braunschweig v. 07.07.2017:
Hat der Käufer ein Kfz mit der sog. Schummelsoftware erworben, so erwächst ihm auch unter Beachtung des in den AGB des Verkäufers enthaltenen Konstruktionis-Änderungsvorbehalts kein Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs. Diese Klausel stellt rechtlich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Verkäufers gem. § 315 Abs. 1 BGB dar, also eine einseitige Erweiterung der Rechte des Verkäufers bei gleichzeitiger Beschränkung des Rechtes des Käufers auf eine Billigkeitskontrolle.

LG Braunschweig v. 14.07.2017:
Dem vom Abgas-Skandal betroffenen Käufer, der ein Gebrauchtfahrzeug mit einem EURO-5 Motor erworben hat, stehen keinerlei Schadensersatzansprüche zu.

LG Braunschweig v. 21.07.2017:
Dem vom VW-Dieselskandal betroffenen Autokäufer steht unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung kein Anspruch auf ein Neufahrzeug zu.

LG Braunschweig v. 11.09.2017:
Der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Kfz. kann vom Hersteller des Kfz. keinen Schadensersatz verlangen, wenn diese nach behördlichen Vorgaben entfernt werden kann.

LG Braunschweig v. 11.10.2017:

  1.  Aus den bindenden Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im bestandskräftigen Bescheid vom 15. Oktober 2015 und der sich darauf beziehenden Freigabe ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten, zu beseitigenden unzulässigen Abschalteinrichtung i.S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 um einen Sachmangel i.S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.

  2.  Im Falle eines zwischenzeitlichen Modellwechsel kann der Käufer die Lieferung eines Neufahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion nicht beanspruchen, weil eine solche Leistung nicht mehr vom Erfüllungsanspruch umfasst ist. Eine Ersatzlieferung des ursprünglichen, nicht mehr hergestellten Modells scheidet wegen Unmöglichkeit aus (§ 275 Abs. 1 BGB).

  3.  In jedem Falle aber wäre die Nachlieferung gegenüber dem geringen Aufwand der angebotenen Nachbesserung unverhältnismäßig, weshalb sich der Anspruch des Käufers gem. § 439 Abs. 3 BGB auf die Mangelbeseitigung beschränkt.

  4.  Auf unerlaubte Handlung kann das Neulieferungsverlangen nicht gestützt werden, weil solche Schadensersatzansprüche gem. § 249 BGB auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet sind und die Parteien ohne die unzulässige Abschalteinrichtung keinen anderen, sondern denselben Vertrag geschlossen hätten.




LG Braunschweig v. 16.10.2017:
Der Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware) versehenen Kraftfahrzeugs kann den Kaufpreis nicht mindern, ohne zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt zu haben. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt eines behaupteten Mehrverbrauchs.

LG Braunschweig v. 16.10.2017:
Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware) versehenen Kraftfahrzeugs stehen keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder anderen Rechtsgründen auf Schadensersatz gegen den Hersteller des Motors zu.

LG Braunschweig v. 16.10.2017:
Dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung (Motorsteuerungssoftware) versehenen Kraftfahrzeugs stehen keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder anderen Rechtsgründen auf Schadensersatz gegen den Hersteller des Kraftfahrzeugs zu.

LG Braunschweig v. 18.10.2017:

  1.  Aus den bindenden Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im bestandskräftigen Rückrufbescheid vom 15. Oktober 2015 und der sich darauf beziehenden Freigabebestätigung des KBA ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten, zu beseitigenden unzulässigen Abschalteinrichtung i.S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 um einen Sachmangel i. S. von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.

  2.  Der Leasingnehmer kann den Kaufvertrag zwischen Händler und Leasinggeber nicht wirksam aus abgetretenem Recht anfechten, weil das Abtretungsrecht unübertragbar ist.

  3.  Das Rücktrittsrecht aus § 437 Nr. 2 BGB ist zwar durch Leasing-Bedingungen übertragbar. Ein vom Leasingnehmer aus abgetretenem Recht erklärter Rücktritt vom Kaufvertrag zwischen Händler und Leasinggeber wegen des sog. Abgasskandals kann jedoch nur dann wirksam werden, wenn dem Händler zuvor gem. § 323 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist in diesen Fällen weder nach § 326 Abs. 5 i. V. m. § 246 Abs. 1 BGB noch nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB oder § 440 Satz 1 3. Alt. BGB entbehrlich.

  4.  Dem Leasingnehmer eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Pkws Audi steht gegen die Volkswagen AG als Herstellerin des Motors kein Schadensersatzanspruch zu.

LG Braunschweig v. 18.10.2017:

  1.  Aus den bindenden Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im bestandskräftigen Rückrufbescheid vom 15. Oktober 2015 und der sich darauf beziehenden Freigabebestätigung des KBA ergibt sich für die zivilrechtliche Würdigung, dass es sich bei der in den betreffenden Fahrzeugen verwendeten, zu beseitigenden unzulässigen Abschalteinrichtung i.S. von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 um einen Sachmangel i.S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt und dass die vom KBA freigegebene technische Überarbeitung durch ein Software-Update geeignet ist, diesen Mangel gem. § 439 Abs. 1, 1. Alt. BGB zu beseitigen, die Nachbesserung mithin möglich ist.


  2.  Eine von einem Autokäufer gegenüber dem Autohändler erklärte Minderung wegen des sog. Abgasskandals kann nur dann wirksam werden, wenn dem Händler zuvor gem. § 323 Abs. 1 BGB erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist in diesen Fällen weder nach § 326 Abs. 5 i.V.m. § 246 Abs. 1 BGB noch nach § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB oder § 440 S. 1 3. Alt. BGB entbehrlich.

  3.  Dem Käufer eines bei einem Autohändler gekauften, vom sog Abgasskandal betroffenen Pkw Audi steht gegen die Volkswagen AG als Herstellerin des Motors kein Schadensersatzanspruch zu.



LG Braunschweig v. 27.10.2017:
Dem Käufer eines bei einem Händler gekauften, vom sog Abgasskandal betroffenen Pkws der Marke Skoda steht gegen die Volkswagen AG als Herstellerin des Motors ein Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

LG Braunschweig v. 27.10.2017:
Dem Käufer eines bei einem Händler gekauften, vom sog Abgasskandal betroffenen Pkws der Marke Skoda steht gegen die Volkswagen AG als Herstellerin des Motors ein Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

LG Braunschweig v. 03.01.2019:

  1.  Eine Nutzungseinschränkung droht nicht, weil die Typgenehmigung für vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeuge wegen der streitgegenständlichen Software erloschen ist. Die diesbezüglich teilweise vertretene Rechtsauffassung teilt die Kammer in ständiger Rechtsprechung nicht.

  2.  Die Typgenehmigung ist nicht gem. §§ 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Die genannten Vorschriften gelten nicht für den Fall, dass ein Fahrzeug schon vor Inverkehrbringen durch den Hersteller nicht der maßgeblichen Typgenehmigung entspricht.

  3.  Die Typgenehmigung ist auch nicht analog §§ 19 Abs. 2, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Angesicht der Regelung des § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV besteht keine Regelungslücke.

  4.  Es droht auch künftig keine Entziehung der Zulassung, wenn das Fahrzeug nach Durchführung des Updates den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

  5.  Der Verstoß gegen die maßgeblichen europarechtlichen Normen, die den Einsatz von unzulässigen Abschalteinrichtungen verbieten, begründet keine Garantenpflicht des Herstellers. Diese dienen ersichtlich nicht dem Schutz der Vermögensinteressen des Käufers, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen sowie der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus.

  6.  Der Umstand, dass jemand durch eine Täuschung zu einem Vertragsschluss bewegt wurde, von dem er in Kenntnis der Täuschung abgesehen hätte, begründet nicht ohne weiteres einen Schadensersatzanspruch auf Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Vertrag. Voraussetzung ist vielmehr, dass Leistung und Gegenleistung objektiv nicht gleichwertig sind oder aber - bei objektiver Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung - die Leistung für den Getäuschten trotzdem nicht voll brauchbar ist.

  7.  Es wird zwar im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ die Auffassung vertreten, dass dem Käufer gegen den Hersteller ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, weil die EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sei, da das Fahrzeug im Zeitpunkt seiner Zulassung infolge der streitgegenständlichen Software nicht allen einschlägigen Rechtsakten entsprochen habe. Das Gericht teilt diese Auffassung jedoch aus einer Vielzahl von Gründen nicht.

  8.  Das Inverkehrbringen einer mangelhaften Sache ohne eine Täuschung des Verbrauchers stellt, soweit es um dessen Äquivalenzinteresse geht, keine sittenwidrige Schädigung gem. § 826 BGB dar.


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