War die Feststellung des Fahrzeugführers bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit wegen fehlender Mitwirkung des Fahrzeughalters unmöglich, steht es der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen, wenn sich der Fahrzeughalter auf ein Aussage- und Zeugnisverweigerungsrecht beruft (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
Dies gilt nicht nur für solche Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte, die ihren Grund in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis des Mitwirkungspflichtigen zum Fahrzeugführer haben, sondern auch für berufsbezogene Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechte (hier: anwaltliche Schweigepflicht).
Aus den Entscheidungsgründen:
"Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Denn danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Anordnung der Antragsgegnerin vom 15.01.2009 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage bestehen auch unter Berücksichtung der Beschwerdebegründung voraussichtlich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage.
Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt eine Fahrtenbuchauflage voraus, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Mit dem Fahrzeug des Antragsstellers wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 50 km/h überschritten. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Feststellung des Fahrzeugführers unmöglich. Die zuständige Behörde hat sämtliche nach Sachlage bei verständiger Beurteilung nötigen und möglichen, aber auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen; diese sind aber ergebnislos geblieben sind (vgl. BVerwG, Beschl.v. 21.10.1987 - 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 = VRS 74, 233; BVerwG, Beschl.v. 01.03.1994 - 11 B 130.93 -, VRS 88, 158). Die Bußgeldbehörde hat dem Antragsteller einen Anhörungsbogen übersandt, der nicht zurückgesandt wurde. Der Antragsteller hat in der Folgezeit schriftlich und fernmündlich erklärt, nicht selbst gefahren zu sein, und im Übrigen keine weiteren Angaben gemacht. Danach durfte die Behörde davon ausgehen, dass der Antragsteller nicht willens ist, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Bei einer derartigen Sachlage ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, aber kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben ( BVerwG, Beschl.v. 17.12.1982 - 7 C 3.80 -, Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 12). Gleichwohl hat die Bußgeldbehörde zusätzliche Anstrengungen zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen, indem sie einen Lichtbildvergleich vorgenommen und Ermittlungsersuchen an die Antragsgegnerin und die örtliche Polizeidirektion gerichtet hat, die aber erfolglos blieben.
Die Rechtmäßigkeit der Anordnung begegnet auch unter Berücksichtigung der vom Antragsteller geltend gemachten anwaltlichen Schweigepflicht keinen Bedenken. Zwar hat der Antragsteller als zugelassener Rechtsanwalt nach seinen Angaben die Vertretung des Täters der am 05.08.2008 begangenen Ordnungswidrigkeit übernommen, weshalb er insoweit standesrechtlich und strafrechtlich zu Verschwiegenheit verpflichtet (§ 43a Abs. 2 BRAO, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und im Bußgeldverfahren zur Aussageverweigerung berechtigt ist (§ 46 OWiG i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Nach ständiger Rechtsprechung steht eine Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht des Fahrzeughalters in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs aber nicht entgegen ( BVerwG, B.v. 22.06.1995 - 11 B 7.95 - juris; Senatsbeschl. v. 17.11.1997 - 10 S 2113/97- juris, Senatsbeschl.v. 06.11.1998, NZV 1999, 272; BayVGH, B.v. 22.04.2008 - 11 ZB 07.3419 - juris; vgl. auch BVerwG, B v. 11.08.1999 - 3 B 96/99 - juris). Durch die dem Halter eines Fahrzeugs auferlegten, in erster Linie präventiv begründete Mitwirkungspflicht werden etwaige Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte in Ordnungs- oder Strafverfahren noch nicht berührt (BVerfG, B.v. 07.12.1981, NJW 1982, 568). Entgegen der Auffassung des Antragstellers gilt dies nicht nur für solche Zeugnisverweigerungsrechte, die ihren Grund in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis des Pflichtigen zum Betroffenen finden, sondern auch für ein berufsbezogenes Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht, wie es der Antragsteller für sich in Anspruch nimmt. Denn das Recht Beschuldigter oder Betroffener, einen Verkehrsverstoß dem Verteidiger gegenüber offenbaren zu können, ohne deswegen Rechtsnachteile befürchten zu müssen, wird nicht beeinträchtigt, wenn der Verteidiger in seiner Eigenschaft als Fahrzeughalter seinerseits befürchten muss, bei Nichtbekanntgabe der Identität des Fahrers eventuell ein Fahrtenbuch führen zu müssen (ebenso BayVGH v. 22.04.2008 aaO.). Diese Auslegung entspricht auch dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage, der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehr zu dienen. Denn § 31a Abs. 1 StVZO setzt nicht voraus, dass maßgebliche Ursache für die Nichtfeststellbarkeit des Verantwortlichen ein rechtswidriges oder schuldhaftes Verhalten des Halters ist. Es genügt vielmehr, dass der begangene Verkehrsverstoß trotz Durchführung der nach pflichtgemäßen Ermessen angemessenen und zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen der zuständigen Behörde nicht aufklärbar war. Aus welchen Gründen der Antragsteller die Angaben verweigert oder das Mandat übernommen hat, ist danach unerheblich.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist auch eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit des Antragstellers aufgrund der Verpflichtung, das Fahrtenbuch der zuständigen Behörde vorzulegen, nicht ersichtlich. Durch die Führung des Fahrtenbuchs wird der Antragsteller nicht gehindert, weiterhin Mandate im Bereich des Verkehrsordnungswidrigkeitenrechts anzunehmen. Soweit er befürchtet, hierdurch wiederum in einen Konflikt zwischen Aussageverweigerungsrecht und Mitwirkungspflicht geraten zu können, bestätigt dies allenfalls die Erforderlichkeit der Führung eines Fahrtenbuchs, deren Sinn und Zweck es gerade ist, künftigen Verkehrsverstößen vorzubeugen und begangene Verkehrsordnungswidrigkeiten aufklären zu können. Im Übrigen schützt die Verfassung grundsätzlich nicht davor, dass aufgrund von Buchführungspflichten Erkenntnisse über den Täter von Ordnungswidrigkeiten gewonnenen werden, selbst wenn es sich um jemanden handelt, hinsichtlich dessen dem Aufzeichnenden eine Aussageverweigerungsrecht zusteht (BVerwG, B v. 11.08.1999 aaO).
Die Anordnung ist auch sonst nicht unverhältnismäßig oder ermessenfehlerhaft. Das Verwaltungsgericht ist im angegriffenen Beschluss zutreffend und in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass auch ein einmaliger Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht die Anordnung rechtfertigen kann, ein Fahrtenbuch zu führen. Ein derartiger Verstoß liegt in der Regel vor, wenn - wie hier - die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als die Hälfte überschritten wird, oder wenn mit der Verwirklichung des Bußgeldtatbestands eine Eintragung in das Verkehrszentralregister (hier: drei Punkte) einher geht (vgl. etwa OVG Bremen, B.v. 01.08.2007 - 1 A 465/06 -NZV 2007, 644; NiedersOVG, B.v. 08.07.2005 - 2 ME 185/05 - juris; vgl. auch BVerwG, U.v. 17.05.1995 - 11 C 12.94 -BVerwGE 98, 227; B.v. 09.09.1999 - 3 B 94.99 -NZV 2000, 386). Entgegen der Auffassung der Beschwerde war es daher nicht geboten, es zunächst bei der Androhung einer Fahrtenbuchauflage zu belassen, zumal es sich nach Aktenlage um einen Wiederholungsfall handelt und der Antragsteller rechtskundig ist. In Anbetracht der hier gegebenen erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung ist die Anordnung auch ihrer Dauer nach nicht unverhältnismäßig.
Das über die bloße Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts hinausgehende besondere Vollzugsinteresse (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl.v. 13.03.1997 - 13 S 1132/96 -, VBlBW 1997, 390) sieht der Senat in dem vorrangigen öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs. Denn eine Fahrtenbuchauflage ermöglicht nicht nur die nachträgliche Feststellung des Fahrzeugführers bei Verkehrsverstößen, sondern beugt solchen auch vor, weil jeder Fahrer des betreffenden Kraftfahrzeugs damit rechnen muss, im Falle einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften an Hand des Fahrtenbuchs identifiziert zu werden (vgl. Senatsbeschl.v. 17.11.1997 aaO. , v. 18.03.2003 - 10 S 2460/02 -; v. 09.01.2004 - 10 S 2728/03 - ). ..."