- Werden im Kraftfahrzeug eines Fahrerlaubnisinhabers Subutex-Tabletten gefunden und in der daraufhin entnommenen Blutprobe 53,6 g Morphin nachgewiesen und hat der Betroffene eingeräumt, an einer mehrmonatigen Substitutionsbehandlung teilgenommen zu haben, dann ist ihm die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen.
- Die Behauptung des Betroffene, das in seinem Blut gefundene Morphin sei ihm auf einer Geburtstagsfeier mit dem in einem Getränk aufgelösten Medikament Tilidalor unbewusst zugeführt worden, ist unglaubhaft, weil Tilidalor - genauso wie das Medikament Valeron - zwar die Wirkstoffe Tilidin und Naloxon enthält, jedoch kein Morphin oder sonst einen Stoff, der zu Morphin abgebaut wird.
Entscheidungsgründe:
"I.
Der am 21. Januar 1984 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner am 23. Januar 2002 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse B.
Am 22. Januar 2006 wurde er um 13:55 Uhr auf der Autobahn A 3 von der Polizei kontrolliert. Nach Mitteilung der Polizeidirektion Aschaffenburg über diesen Vorfall (Bl. 50 der Fahrerlaubnisakte) zeigten die Pupillen des Antragstellers keinerlei Reaktion auf Lichteinfluss. Ein freiwillig durchgeführter Urinschnelltest verlief positiv auf Opiate. Im Ablagefach unter dem Lenkrad wurden vier Tabletten Subotex gefunden. Diese seien dem Antragsteller von seinem Hausarzt verschrieben worden, er konsumiere alle zwei Tage eine Tablette mit 8 mg Subotex.
Die Untersuchung der dem Antragsteller um 14:34 Uhr entnommenen Blutprobe ergab nach dem toxikologischen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Würzburg vom 3. April 2006 eine positive Reaktion auf Opiate bei der immunochemischen Untersuchung der Blutprobe und den Nachweis von 53,8 ng/ml Morphin im Blut des Antragstellers.
Die Fahrerlaubnisbehörde hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 15. Mai 2006 zu der beabsichtigten Fahrerlaubnisentziehung an. Mit Telefax vom 23. Mai 2006 äußerte sich der Antragsteller zunächst selbst hierzu und trug unter anderem vor, er könne sich nicht erklären, dass sich Abbauprodukte in seinem Blut befänden, denn er sei „ordnungsgemäß im Substitutionsprogramm bei Herrn Dr. B.“. Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2006 ergänzte sein Bevollmächtigter, der Antragsteller habe die bei ihm festgestellten Opiate weder wissentlich noch willentlich zu sich genommen. Er habe einen Tag vor dem Vorfall mit Freunden seinen Geburtstag gefeiert. Hierbei sei auch Herr P.W. anwesend gewesen, der zur damaligen Zeit wegen einer medizinischen Indikation das Medikament Tilidalor in Tropfenform eingenommen und es hierzu in seinem Getränk aufgelöst habe. Tilidalor enthalte „Valeron“, wobei es sich um ein künstliches Morphin handle. Auf der Geburtstagsfeier müsse es zu einer versehentlichen Verwechslung der Gläser des Antragstellers und des Herrn P.W. gekommen sein. Der Antragsteller nehme keine Drogen mehr zu sich, er nehme seit rund acht Monaten freiwillig an einem Substitutionsprogramm teil.
Mit Schreiben vom 14. Juni 2006 wendete sich die Fahrerlaubnisbehörde an das Institut für Rechtsmedizin der Universität Würzburg und bat um Äußerung dazu, ob aus rechtsmedizinischer Sicht generell oder bei einer mehr als 14 Stunden zurückliegenden Einnahme von Tilidalor ein Nachweis von Morphin im festgestellten Umfang im Blut denkbar sei.
Mit Telefax vom 19. Juni 2006 (Bl. 92 der Fahrerlaubnisakte) teilte das Institut für Rechtsmedizin der Universität Würzburg durch Herrn Dr. rer.nat. B. hierzu mit, das Medikament Tilidalor enthalte als Arzneistoffe Tilidin und Naloxon. Morphin sei in dem Medikament nicht enthalten. Auch entstehe aus den genannten Arzneistoffen durch Metabolisierung oder sonstige Abbauprozesse nicht Morphin. Die von dem Antragsteller angegebene Einnahme von Tilidalor könne somit nicht das Vorhandensein von Morphin im Blut erklären.
Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 20. Juni 2006 wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen, angeordnet, dass er seinen Führerschein spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheides abzugeben habe, und für den Fall der Nichtbefolgung dieser Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 130 € angedroht. Die Behauptung des Antragstellers, er habe unwissentlich das Medikament Tilidalor eingenommen, wurde hierbei als Schutzbehauptung gewertet.
Mit Telefax vom 30. Juni 2006 wurde gegen den laut Empfangsbekenntnis am 28. Juni 2006 zugestellten Bescheid Widerspruch eingelegt, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden wurde. Der Antragsteller gab seinen Führerschein nach Aktenlage am 3. Juli 2006 bei der Behörde ab.
Mit Telefax vom 14. Juli 2006 ließ er bei dem Verwaltungsgericht Würzburg beantragen, die sofortige Vollziehung des Bescheids auszusetzen und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Die Fahrerlaubnisentziehung verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Antragsteller könne sich nicht erklären, wie das festgestellte Betäubungsmittel in seinen Blutkreislauf gelangt sein könne. Er habe diese Stoffe jedenfalls nicht wissentlich und willentlich zu sich genommen. Der Vortrag zur unbewussten Einnahme des Medikaments Tilidalor deckt sich im großen Ganzen mit den bereits im Rahmen der Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung gemachten Ausführungen.
Das Verwaltungsgericht Würzburg lehnte den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 26. Juli 2006, auf den Bezug genommen wird, ab. Die Beschwerde gegen den am 31. Juli 2006 zugestellten Beschluss ging am selben Tag bei dem Verwaltungsgerichtshof ein. Zu ihrer Begründung wurde mit Schriftsatz vom 9. August 2006 im wesentlichen der bisherige Sachvortrag wiederholt. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung, einem Verstoß gegen das Rechtsstaats- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der zu Grunde liegende Bescheid des Landratsamtes sei ermessensfehlerhaft und schon deshalb unverhältnismäßig und rechtswidrig. Vorsorglich werde auch die Richtigkeit der beim Beschwerdeführer durchgeführten Blutuntersuchung bestritten. Ebenso vorsorglich sei festzuhalten, dass die Blutprobe des Beschwerdeführers mit einer anderen Blutprobe verwechselt worden sei. Der Antragsteller sei durch beide Entscheidungen in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit verletzt. Er sei bislang als Kraftfahrer beschäftigt gewesen und beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen. Nach der Fahrerlaubnisentziehung habe die Firma, bei der er bislang gearbeitet habe, einen anderen Kraftfahrer eingestellt. Die Ausführungen des Antragsgegners zum überwiegenden Interesse am Sofortvollzug entsprächen nicht den hierfür geltenden Anforderungen. Der Antragsteller ließ beantragen, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg aufzuheben, die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung auszusetzen und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen. Ferner wurde beantragt, dem Beschwerdeführer seinen Führerschein durch das Landratsamt herauszugeben.
Der Antragsgegner trat der Beschwerde mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2006 entgegen. Unter anderem wurde ausgeführt, der Sachvortrag des Antragstellers, er nehme an einem Substitutionsprogramm teil, lasse auf eine zuvor bestehende Abhängigkeits- bzw. Missbrauchsproblematik schließen, die ebenfalls geeignet sei, die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu begründen.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg, denn das Verwaltungsgericht Würzburg hat im Ergebnis zu Recht den Antrag zur Gänze abgelehnt.
1. Der Antrag, die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung auszusetzen, ist in § 80 Abs. 5 VwGO nicht vorgesehen. Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO hat die Behörde (nicht das Gericht) die Befugnis, die Vollziehung auszusetzen. Für eine Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht besteht auch kein Bedarf, da bereits mit der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der in der Sache angestrebte Suspensiveffekt des Hauptsacherechtsbehelfs vollständig erreicht werden kann. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung geht somit ins Leere.
Auch dem Antrag, das Landratsamt zu verpflichten, den Führerschein herauszugeben, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, denn für den Fall, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich wäre, ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, warum vorliegend die Fahrerlaubnisbehörde nicht von sich aus die Konsequenz hieraus ziehen und dem Antragsteller seinen Führerschein zurück geben würde.
2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist nach der Terminologie von § 80 Abs. 5 VwGO nur insoweit korrekt, als zuvor der Sofortvollzug gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO behördlich angeordnet wurde. Soweit sich dagegen, bezogen auf die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids, der Sofortvollzug bereits aus dem Gesetz, nämlich aus Art. 21a BayVwZVG, ergibt, wäre die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen. Auch dem im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers so ausgelegten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung fehlt aber das Rechtsschutzbedürfnis. Eine Verwaltungsvollstreckung kommt insoweit nicht mehr in Betracht. Nur wenn der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts der Pflicht, zu deren Erfüllung er durch die Zwangsmittelandrohung angehalten werden soll, nicht innerhalb der ihm nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG gesetzten Frist nachkommt, darf das angedrohte Zwangsmittel angewendet werden. Der Antragsteller ist nach Aktenlage seiner Verpflichtung rechtzeitig nachgekommen, den Führerschein spätestens eine Woche nach Zustellung des Bescheids mit der Fahrerlaubnisentziehung abzuliefern. Die Bedingung, von deren Erfüllung die Anwendbarkeit des angedrohten Zwangsmittels abhängt, kann damit nicht mehr eintreten. Aus Nr. 3 des Bescheids vom 20. Juni 2006 ergibt sich deshalb für den Antragsteller seit dem 3. Juli 2006 keine Beschwer mehr (vgl. hierzu BayVGH vom 27.3.2006, Az. 11 CS 05.1559 m. w. N.).
3. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. Juni 2006 im Übrigen bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht Würzburg ging zutreffend davon aus, dass er sich bei der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird.
a) Das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug wurde den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet. Insoweit kann vollinhaltlich auf die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts verwiesen werden. Eine typisierende Begründung ist im Bereich des Fahrerlaubnisrechts zulässig, sofern, wie vorliegend geschehen, sich die Behörde vergewissert hat, dass es sich im konkreten Fall um eine typische Fallkonstellation handelt, auf die diese Begründung auch passt (vgl. BayVGH vom 27. März 2006, Az. 11 CS 05.3295). Ergänzend ist anzumerken, dass im Behördenverfahren nicht vorgetragen worden war, dass der Antragsteller beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei.
b) Die Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 20. Juni 2006, welche nicht im Ermessen der Behörde steht, ist nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 7 FeV i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV gerechtfertigt, weil der Antragsteller fahrungeeignet ist. Der Umstand, dass die Probezeit im vorliegenden Fall bis 23. Januar 2006 verlängert worden war (Bl. 3 der Fahrerlaubnisakte), kann hieran nichts ändern, weil gemäß § 2a Abs. 4 Satz 1 StVG die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 StVG jedenfalls unberührt bleibt. Es kann also dahinstehen, inwieweit eine Fahrerlaubnisentziehung auch nach § 2a StVG in Betracht kam.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrungeeignetheit zur Folge (vgl. BayVGH vom 14.2.2006 Az. 11 ZB 05.1406, vom 23.2.2006 Az. 11 CS 05.1968 und vom 13.9.2006 Az. 11 ZB 06.835). In der ganz herrschenden Rechtsprechung der anderen Obergerichte wird diese Auffassung geteilt (vgl. BayVGH vom 14.2.2006 a. a. O., m. w. N.). In der dem Antragsteller am 22. Januar 2006 entnommenen Blutprobe wurden 53,8 ng/ml Morphin nachgewiesen. Morphin ist, ebenso wie Heroin, ein Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG und die Anlagen hierzu).
Das Gericht ist aus den nachstehenden Erwägungen davon überzeugt, dass das im Blut des Antragstellers nachgewiesene Morphin das Abbauprodukt einer wissentlich und willentlich konsumierten Dosis Rauschgift war. Eine weitere Sachverhaltsermittlung hierzu unterbleibt in dem auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahren, zumal der Antragsteller zum Beleg seiner bloßen Behauptungen nichts beigetragen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, Rdnr. 125 zu § 80).
Zur Klarstellung ist zunächst festzuhalten, dass Morphin ebenso wie Heroin und Codein zur Stoffgruppe der Opiate zählt. Der Nachweis von Heroinkonsum erfolgt in der Regel über den Nachweis von Morphin im Blut. Neben den Opiaten gibt es noch Opioide (synthetische Opiate), wozu neben Methadon auch Buprenorphin zählt, das unter dem Handelsnamen Subutex bzw. Subotex bekannt ist. Methadon und Buprenorphin werden zur Heroin-Substitution eingesetzt (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, § 3 Rdnr. 14 ff.).
Im Kraftfahrzeug des Antragstellers wurden laut polizeilicher Mitteilung Subotex-Tabletten gefunden und der Antragsteller hat eingeräumt, dass er diese verordnet bekommen hat. Ferner hat der Antragsteller in allen Stadien des Verfahrens selbst eingeräumt, dass er Drogen genommen hat und an einem Substitutionsprogramm teilnimmt. Auch wenn hierbei das Wort „Heroin“ bislang nirgends ausdrücklich genannt wurde, ist den Umständen eindeutig zu entnehmen, dass der Antragsteller in der Vergangenheit Heroin genommen hat.
Der Befund der toxikologischen Untersuchung der ihm am 22. Januar 2006 entnommenen Blutprobe zeigt zur Überzeugung des Gerichts, dass der Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Fahrt, bei der er kontrolliert wurde, erneut Heroin zu sich genommen hat.
Eine unwissentliche und unwillentliche Einnahme von Tilidalor, wie der Antragsteller sie behauptet, kann nicht die Ursache für den Laborbefund sein. Hierzu ist klarzustellen, dass entgegen den Ausführungen des Antragstellerbevollmächtigten, Tilidalor nicht den Wirkstoff „Valeron“ enthält, sondern die Wirkstoffe Tilidin und Naloxon. Die gleichen Wirkstoffe sind nicht nur in Tilidalor, sondern auch in einem anderen Medikament mit dem Handelsnamen Valoron enthalten. Das Gericht geht davon aus, dass sich der Vortrag des Antragstellerbevollmächtigten hiermit erklären lässt. Das kann aber letztlich dahinstehen, denn aufgrund der Stellungnahme von Herrn Dr. rer.nat. B. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Würzburg mit Telefax vom 19. Juni 2006 steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Nachweis von Morphin im Blut des Antragstellers nicht von einer Einnahme des Medikaments Tilidalor herrühren kann. Morphin ist hiernach in dem Medikament nicht enthalten und entsteht auch nicht durch Metabolisierung oder sonst beim Abbau von Tilidalor. Es gibt keinen Anlass, an der Verlässlichkeit dieser sachkundigen Äußerung eines Toxikologen zu zweifeln.
Die Behauptung des Antragstellers, es wäre auch möglich, dass ihm jemand auf seinem Geburtstagsfest am 21. Januar 2006 unbewusst Drogen zugeführt habe, um ihn wieder „anzufixen“, ist pauschal, unsubstantiiert, durch nichts belegt und als unglaubhaft einzustufen. Die normative Wertung von Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV entfaltet strikte Bindungswirkung, solange keine Umstände des Einzelfalls vorliegen, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen. Durch die entsprechende Regelung in der Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 der FeV, wonach die Bewertungen der FeV nur für den Regelfall gelten, wird dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Genüge getan. Ausnahmen von den Regelvermutungen der Anlage 4 zur FeV sind dann anzuerkennen, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sowie sein Vermögen, zwischen dem Konsum von Betäubungsmitteln und der Teilnahme am Straßenverkehr zuverlässig zu trennen, nicht erheblich herabgesetzt sind. Beispielhaft sind in Satz 2 der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV besondere menschliche Veranlagung, Gewöhnung, besondere Einstellung oder besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen genannt, durch die z. B. eine Kompensation drogenbedingter Einschränkungen erfolgen kann. Es obliegt insoweit dem Betroffenen, durch schlüssigen Vortrag die besonderen Umstände darzulegen und nachzuweisen, die ein Abweichen von der Regelvermutung rechtfertigen sollen (vgl. OVG Brandenburg vom 22.7.2004, VRS 107, 397 m. w. N.). Dies ist hier nicht erfolgt, insbesondere hat der Antragsteller den Erfolg seiner Substitutionstherapie stets nur behauptet, aber nicht -sei es durch ein Attest seines Arztes- belegt. Bezüglich der Behauptung der unbewussten Drogenaufnahme hätte der Antragsteller nähere Umstände schildern müssen, die das Geschehen nachvollziehbar machen könnten. So hat der Senat in einem anderen Fall (Beschluss vom 23.2.2006 a. a. O.) dem Betroffenen die unbewusste Verabreichung von Ecstasy nach detaillierter Beschreibung der Situation, die dazu geführt hat, geglaubt. Der Antragsteller hat es dagegen nicht vermocht, die unbewusste Verabreichung der Droge nachvollziehbar und plausibel darzulegen. 28 Der Vortrag im Beschwerdeverfahren, vorsorglich werde die Richtigkeit der beim Beschwerdeführer durchgeführten Blutuntersuchung bestritten, vorsorglich sei festzuhalten, dass die Blutprobe des Beschwerdeführers mit einer anderen Blutprobe verwechselt worden sei, ist als bloße Schutzbehauptung zu werten. Es gibt keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine dieser Behauptungen zutreffen könnte. 29 Auch eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache losgelöste Abwägung der widerstreitenden Interessen seitens des Gerichts führt nicht zu einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen die Fahrerlaubnisentziehung gerichteten Widerspruchs. Der Umstand, dass der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen seine Arbeitsstelle als Fahrer bei einem Getränkemarkt wegen der Fahrerlaubnisentziehung verloren hat, vermag ihm nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht Würzburg ging im Ergebnis zu Recht davon aus, dass dem öffentlichen Interesse an der Straßenverkehrssicherheit und am Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter der Vorrang vor den Interessen des Antragstellers einzuräumen ist. 30 Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nrn. II.1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff)."