Einer tschechische Fahrerlaubnis, die noch während einer in Deutschland laufenden Sperrfrist erteilt wurde, wird die Anerkennung im Inland versagt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller durch Bescheid vom 15.4.2009 mit sofortiger Wirkung das Recht aberkannt, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis (Klassen A und B) im Bundesgebiet Gebrauch zu machen und ihm aufgegeben, den Führerschein binnen einer Woche zur Eintragung des Aberkennungsvermerks vorzulegen. Die tschechische Fahrerlaubnis sei dem Antragsteller noch vor Ablauf der vom Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 5.4.2007 verhängten Sperrfrist erteilt worden. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen diesen Bescheid zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu Art. 8 Abs. 4 RL 91/439/EWG (EuGH, Urteile vom 26.6.2008 – verbundene Rechtssachen C-329/06 und C-343/06, NJW 2008, 2403, sowie Beschluss vom 3.7.2008 – C 225/07 –, NJW 2009, 207) dargelegt, dass es einem Mitgliedstaat ausnahmsweise nicht verwehrt sei, die Anerkennung einer von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis zu versagen, wenn gegen die betreffende Person zuvor in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis angewendet und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis verhängt worden ist, die bei Erteilung der neuen EU-Fahrerlaubnis noch nicht abgelaufen war. Eine solche Fallgestaltung sei gegeben, denn die durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 5.4.2007 verhängte Sperrfrist sei erst am 5.1.2008 verstrichen gewesen und die in der Tschechischen Republik am 16.10.2007 ausgestellte Fahrerlaubnis sei demzufolge noch während der laufenden Sperrfrist erworben worden. Damit seien die Voraussetzungen einer durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannten Ausnahme von dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfüllt und der Antragsgegner berechtigt, der dem Antragsteller am 16.10.2007 in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik die Anerkennung zu versagen. Dem ist zuzustimmen.
Insbesondere vermag das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren beschränkende Vorbringen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 31.8.2009 die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen.
Zunächst weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass sich die Anerkennung der vom Antragsteller in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis ungeachtet des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Richtlinie RL 2006/126/EG (sogenannte 3. Führerschein-Richtlinie) noch nach den Vorschriften der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 in der Fassung vom 2.6.1997 beurteilt, da der Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 2006/126/EG vorgibt, dass vor dem Beginn der Anwendung dieser Richtlinie erteilte oder erworbene Fahrerlaubnisse unberührt bleiben ( BVerwG, Urteil vom 29.1.2009 – 3 C 31.07 –, NJW 2009, 1687). Dies hilft dem Antragsteller indes nicht, weil die Entscheidung des Antragsgegners, die in der Tschechischen Republik erteilte Fahrerlaubnis im Bundesgebiet nicht anzuerkennen, ihre Rechtsgrundlage nicht in den geänderten europarechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften, die am 19.1.2009 in Kraft getreten sind, findet. Der Antragsgegner und diesen bestätigend das Verwaltungsgericht haben vielmehr zutreffend darauf abgestellt, dass dem Antragsteller die in Rede stehende Fahrerlaubnis noch während der vom Landgericht Saarbrücken festgesetzten Sperrfrist erteilt wurde. Insoweit ist maßgeblich, dass der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen einer während einer laufenden Sperrfrist im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis bereits unter der Geltung des Art. 8 Abs. 4 RL 91/439/EWG und des § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV a.F. entwickelt und entschieden hat, dass einer solchen Fahrerlaubnis ihre Anerkennung im Inland versagt werden darf. Altes und neues Recht stimmen in diesem Punkt überein (vgl. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV n.F.).
Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Antragstellers, die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes „Neuerteilung einer Fahrerlaubnis im EU-Ausland während einer im Inland laufenden Sperrfrist“ seien fallbezogen nicht erfüllt, verfängt nicht.
Der Antragsteller zieht im Rahmen seiner Beschwerde nicht mehr in Zweifel, dass die vom Landgericht Saarbrücken am 5.4.2007 verhängte Sperrfrist von sechs Monaten gemäß § 69a Abs. 5 Satz 1 StGB erst mit Rechtskraft des Strafurteils, also nach Rücknahme der seitens der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision am 5.7.2007, in Gang gesetzt wurde. Er meint aber, dies sei nur „die halbe Wahrheit“, da im Rahmen der Fristberechnung in – zumindest analoger – Anwendung des § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB die seit der Verkündung des strafgerichtlichen Urteils verstrichene Zeit zu berücksichtigen sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
Weder liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB vor noch kommt eine entsprechende Anwendung der Vorschrift in Betracht.
Der dem Berufungsurteil des Landgerichts Saarbrücken zugrunde liegende Tatvorwurf bestand im vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen. Wegen dieser ihm vorgeworfenen Taten war gegenüber dem Antragsteller eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis – naturgemäß – nicht angeordnet worden, sondern es konnte lediglich in der abschließenden strafgerichtlichen Entscheidung eine isolierte Sperrfrist festgesetzt werden. Es fehlt mithin an der tatbestandlichen Voraussetzung einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung.
Eine analoge Anwendung von § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen eine isolierte Sperrfrist verhängt wurde, scheidet nicht nur nach dem klaren, an eine vorläufige Entziehung anknüpfenden Wortlaut der Vorschrift, sondern insbesondere gemessen am Regelungsgehalt des Abs. 5 Satz 2 aus. Die dort vorgesehene Anrechnung findet ihre Rechtfertigung darin, dass der Fortbestand der vorläufigen Entziehung bzw. – gemäß § 69a Abs. 6 StGB – der Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins nach Maßgabe des § 94 StPO in der Zeit zwischen Verkündung und Rechtskraft des Urteils weiterhin maßregelnd auf den Verurteilten einwirkt. Demgegenüber wirken in Fällen der isolierten Sperrfrist keine den in § 69a Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 StGB genannten Maßnahmen vergleichbaren Umstände auf den Verurteilten ein, so dass die geforderte Einrechnung der seit Urteilserlass verstrichenen Zeit allein durch den Zeitablauf bedingt wäre. Aus dem Regelungsgefüge des Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 des § 69a StGB ergibt sich aber unmissverständlich, dass bloßer Zeitablauf an sich nicht zu einem Beginn der Sperre vor Rechtskraft führen soll. Nur ausnahmsweise soll unter den Voraussetzungen des Satzes 2 eine Einrechnung erfolgen. Die vom Antragsteller befürwortete analoge Anwendung dieser Vorschrift stünde daher im Widerspruch zum Regelungsgehalt der bewusst als Ausnahme konzipierten Einrechnung nur ganz bestimmter Zeiten, in denen eine Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 61 Nr. 5, 69a Abs. 5 Satz 2 StGB) bzw. eine gemäß § 69a Abs. 6 StGB gleichgestellte strafprozessuale Maßnahme auf den Verurteilten einwirkt. (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. München 2009, § 69a StGB Rdnr. 10; vgl. auch AG Idstein, Beschluss vom 5.4.2004 – 5 Ds-5660 Js 23160/02 –, NStZ-RR 2005, 89 = NJW 2005, 1208 (Leitsatz), sowie zu der vergleichbaren in § 69a Abs. 4 geregelten Problematik: Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 5.4.1991 – RReg 1 St 20/91 –, DAR 1991, 305; OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.12.1978 – 1 Ss 353/78 –; VRS 53, 108 (1979), und Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.4.1978 – 1 Ss 14/78 –, VRS 55, 264 (1978)). Dass das Oberlandesgericht Saarbrücken in einer Entscheidung aus dem Jahre 1974 (OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.2.1974 – Ss 1/74 –, NJW 1974, 1391) unter bestimmten Voraussetzungen eine entsprechende Anwendung des § 69a Abs. 5 Satz 2 StGB im Fall einer isolierten Sperrfrist befürwortet hat, bedarf fallbezogen keiner näheren Würdigung, da eine der dortigen – nach Dafürhalten des OLG Saarbrücken eine Einrechnung ausnahmsweise rechtfertigenden – Konstellation vergleichbare Sachverhaltsgestaltung nicht gegeben ist.
Weitere Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung werden nicht geltend gemacht und sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.