Der Geschädigte bei einem Kraftfahrzeugunfall darf sich grundsätzlich auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten zur Schadensermittlung verlassen (vgl. z.B. BGH ZfS 1989, 299f. [300]; Jaqusch-Hentschel, a.a.O., § 1 StVG Rz. 6 m.w.N.) und darf seinen Schaden allein auf der Grundlage eines derartigen Gutachtens abrechnen, das auch als Basis für die Schätzung des Reparaturschadens durch ein Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO in der Regel ausreicht. Der Schädiger hat daher grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Nachbesichtigung eines verunfallten Fahrzeuges (vgl. z.B. LG München, ZfS 1991, 123).
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am Morgen des 20.04.1998 gegen 7.50 Uhr auf der DD in KL ereignet hat.
Die Beklagte zu 1) stieß bei diesem Unfall. mit ihrem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW der Marke VW mit dem amtlichen Kennzeichen ... beim Anfahren von einem Standstreifen mit dem PKW der Marke Ford KA der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ... zusammen.
Die Beklagten sind der Klägerin unstreitig dem Grunde nach zu 100 % zum Ersatz des dieser aus dem Zusammenstoß entstandenen Schadens verpflichtet. Die Parteien streiten lediglich über die Höhe des der Klägerin zustehenden Schadensersatzes.
Diese ließ ihr Fahrzeug zur Ermittlung des Unfallschadens durch den Sachverständigen von dem Sachverständigenbüro besichtigen. In seinem Gutachten vom 23.04.1998 (GA 50ff.) bezifferte der Sachverständige die Kosten für eine Reparatur der entstandenen Schaden auf 10.067,71 DM, die nach einer Reparatur des Fahrzeuges verbleibende Wertminderung auf 900,00 DM, den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges vor dem Unfall auf 15.400,00 DM und seinen Restwert nach dem Unfall auf 5.000,00 DM.
Unter Bezugnahme auf dieses - von ihr jedoch zunächst nicht oder jedenfalls nicht im Original beigefügte - Gutachten verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 30.01.1998 (GA 36) von der Beklagten zunächst Schadensersatz auf Reparaturkostenbasis in Höhe von 10.967,71 DM (= 10.067;71 DM Reparaturkosten + 900,00 DM Wertminderung).
Noch mit Vertrag vom gleichen Tage (GA 14) verkaufte sie ihr Fahrzeug dann jedoch für den von dem Sachverständigen geschätzten Restwert von 5.000,00 DM an eine - wie das Büro des Sachverständigen ebenfalls in M ansässige Fa. P Fahrzeughandelsgesellschaft (im folgenden: Fa. P).
Anstelle des von ihr zunächst begehrten Ersatzes der Reparaturkosten berechnet sie den Schaden an ihrem Fahrzeug nunmehr auf Totalschadensbasis und beziffert diesen entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen auf einen Betrag von 10.400,00 DM (= 15.400,00 DM Wiederbeschaffungswert abzgl. 5.000,00 DM Restwert).
Im einzelnen setzt sich ihre Klageforderung demgemäß wie folgt zusammen:
Fahrzeugschaden auf Totalschadensbasis: 10.400,00 DM Sachverständigenkosten gemäß Rechnung des Büros ... 04.1998 (GA 15): 862,46 DM Kosten der Abmeldung des beschädigten Fahrzeuges und der Neuanmeldung des Ersatzfahrzeuges: 125, 00 DM Mietwagenkosten gemäß Rechnung der Fa. Autoleasing und Autovermietung ..(GA 17): 1.267,88 DM Auslagenpauschale: 40,00 DM Gesamtschaden nach Berechnung des Klägers: 12.695,36 DM Gesamtschaden (rechnerisch berichtigt): 12.695,34 DM
Die Klägerin beantragt,die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 12.695,36 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 30.06.1998 zu zahlen.Die Beklagten beantragen,die Klage abzuweisen.Sie machen geltend: Sie seien zu einem Ersatz des Fahrzeugschadens und der Gutachterkosten für das Gutachten des Sachverständigen nicht verpflichtet.
Dieses – der Beklagten zu 2) im Original ohnehin erst auf gezielte Nachfrage hin übersandte - Gutachten sei wertlos, denn die von dem Sachverständigen aufgenommenen Lichtbilder seien aus einer derart ungünstigen Perspektive gefertigt, dass es keinem Sachverständigen möglich sei, anhand dieser Lichtbilder die Richtigkeit des Gutachtens im übrigen zu überprüfen. Die Höhe der von dem Sachverständigen festgestellten Schäden werde daher bestritten. Für sie dränge sich vielmehr der Eindruck auf, dass die entstandenen Schäden in Wahrheit nur geringfügig seien.
Wegen der Mängel des Gutachtens habe der zuständige Sachbearbeiter, der Beklagten zu 2) bereits am 05.05.1998 bei der Klägerin angerufen und um eine Nachbesichtigung des Fahrzeuges gebeten. Die Klägerin habe bei diesem Telefongespräch jedoch erklärt,. eine Nachbesichtigung sei nicht möglich, weil das Fahrzeug "zur Zeit unterwegs sei". Von dem in Wahrheit bereits erfolgten Verkauf des Fahrzeuges an die Fa. M habe sie hingegen nichts berichtet. Bei einem weiteren Anruf am 13.05.1998 habe der Ehemann der Klägerin ihrem Mitarbeiter dann - wiederum wahrheitswidrig - erklärt, das Fahrzeug sei bereits repariert.
Erst anlässlich eines erneuten Telefongesprächs am 03.06.1998 habe der Ehemann der Klägerin schließlich angedeutet, der Wagen sei "vermutlich in den Osten verkauft worden". Auch auf ihre wiederholten schriftlichen Bitten vom 27.05.1998 (GA 42), 09.07.1998 (GA 30) und 27.08.1998, ihr das Fahrzeug noch einmal für eine Nachbesichtigung zu überlassen, habe die Klägerin zu keiner Zeit reagiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist - mit einer ganz geringfügigen Einschränkung - begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten Ersatz ihres Schadens aus dem Verkehrsunfall vom 20.04.1998 in '.KL. in Höhe von 12.695,34 DM verlangen. Lediglich in Höhe von 0,02 DM ist die Klage wegen eines Rechenfehlers der Klägerin bei der Addition der geltend gemachten Schadenspositionen abzuweisen.
Die Beklagten können die Regulierung des geltend gemachten Fahrzeugschadens von 10.400,00 DM nicht deswegen verweigern, weil die Klägerin diesen Fahrzeugschaden nicht ausreichend dargelegt hat.
Die Klägerin ist berechtigt, sich zum Nachweis ihres Schadens auf private Schätzgutachten eines anerkannten Sachverständigen zu beziehen (vgl. z.B. Jagusch - Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Auflage 1997, § 1 StVG Rz. 6 m.w.N.). Die von den Beklagten vorgebrachten Einwendungen gegen das von ihr insoweit vorgelegte Gutachten des Sachverständigen .. vom 23.04.1998 (GA 50ff.) gehen fehl.
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die diesem Gutachten beigefügten Lichtbilder in der Tat aus einer recht ungünstigen Perspektive aufgenommen worden sind und auch wegen der Lichtreflexe, die sich auf den Bildern befinden, die Schäden an dem Fahrzeug des Klägerin möglicherweise nur unzureichend erkennen lassen. Dennoch sind sie jedenfalls nicht vollständig ohne jeden Aussagewert und es ist dein Gutachten zugleich auch noch dessen schriftlicher Teil beigefügt, in dem die geltend gemachten Fahrzeugschäden und Reparaturkosten im einzelnen beschrieben und aufgelistet werden. Die Beklagten können sich daher nicht einfach darauf beschränken, die Richtigkeit des Gutachtens pauschal und insgesamt zu bestreiten, sondern sie hätten sich mit diesem Gutachten schon konkret auseinandersetzen und ihre Zweifel an dessen Richtigkeit im einzelnen näher begründen müssen. Hierauf sind sie auch durch die Klägerin auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 29.09.1998 (GA 26) sowie erneut durch einen telefonischen Hinweis des Berichterstatters gemäß Aktenvermerk vom 17.11.1998 (GA 45) ausdrücklich hingewiesen worden, ohne dass eine entsprechende Konkretisierung ihres Vortrages in dieser Beziehung erfolgt ist.
Ohne eine derartige Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Sachverständigen im einzelnen kommt auch die von ihnen angebotene Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht, die im übrigen auch schon deswegen zwangsläufig auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen würde, weil das unreparierte Originalfahrzeug nicht mehr zur Verfügung steht und die dem Gutachten beigefügten Lichtbilder ja nach dem eigenen Vortrag der Beklagten gerade für eine Überprüfung des Schadens untauglich sind.
Die Beklagten können die Regulierung des Fahrzeugschadens auch nicht deshalb ablehnen, weil die Klägerin ihnen zu Unrecht eine Nachbesichtigung des Unfallfahrzeuges verweigert hat.
Der Geschädigte bei einem Kraftfahrzeugunfall darf sich grundsätzlich auf ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten zur Schadensermittlung verlassen (vgl. z.B. BGH ZfS 1989, 299f. [300]; Jaqusch-Hentschel, a.a.O., § 1 StVG Rz. 6 m.w.N.) und darf seinen Schaden allein auf der Grundlage eines derartigen Gutachtens abrechnen, das auch als Basis für die Schätzung des Reparaturschadens durch ein Gericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO in der Regel ausreicht. Etwas anderes gilt allenfalls darin, wenn das eingeholte Gutachten derart gravierende Mangel aufweist, dass dies auch für den Geschädigten ohne weiteres erkennbar ist, was die Beklagten jedoch im vorliegenden Fall nicht oder zumindest nicht ausreichend substantiiert dargelegt haben.
Der Schädiger hat daher grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Nachbesichtigung eines verunfallten Fahrzeuges (vgl. z.B. LG München, ZfS 1991, 123). Selbst wenn man aber einen derartigen Anspruch wegen der ungünstigen Lichtbilder in dem Gutachten des Sachverständigen im vorliegenden Fall ausnahmsweise annehmen will, so hat ihn die Beklagte zu 2) dennoch erst durch den Telefonanrufe ihres Mitarbeiters G bei der Klägerin am 05.05.1998 erstmals geltend gemacht, und somit zu einem Zeitpunkt, als das Fahrzeug bereits seit mehreren Tagen weiterverkauft war und daher für eine Nachbesichtigung überhaupt nicht mehr zur Verfügung stand.
Für die Entscheidung kann dabei nach Ansicht der Kammer auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bereits von vornherein hätte voraussehen müssen, dass die Beklagten auf eine Nachbesichtigung des Fahrzeuges Wert legen würden. Denn die mögliche Mangelhaftigkeit des Gutachtens ist jedenfalls nicht derart gravierend, dass sich daraus auch eine für die Klägerin - oder auch für die Kammer - aus Laiensicht von vornherein erkennbare, vollständige Untauglichkeit dieses Gutachtens ergibt.
Nach alledem kommt es auf die Richtigkeit und Plausibilität der von der Klägerin und ihrem Ehemann in den verschiedenen, von den Beklagten dargelegten Telefongesprächen mit ihrem Mitarbeiter G nicht mehr an. Denn auch wenn diese Auskünfte zum Teil unrichtig oder zumindest irreführend gewesen sein sollten, hat dies mit der Höhe des geltend gemachten Schadens als solcher ebensowenig zu tun wie mit der Frage eines möglichen Anspruchs der Beklagten zu 2) auf eine Nachbesichtigung des Unfallfahrzeuges.
Auch als Indiz für eine denkbare, absichtliche Täuschung der Beklagten zu 2) durch die Klägerin über den Fahrzeugschaden reicht der Vortrag der Beklagten in diesem Zusammenhang nicht aus. Zum einen wird eine derartige Täuschung selbst von den Beklagten allenfalls angedeutet, nicht aber auch explizit behauptet. Zum anderen wäre auch bei einer unterstellten Richtigkeit des Beklagtenvortrages allein auf dessen Grundlage der zwingende Rückschluss auf eine bewusste Täuschung der Beklagten zu 2) durch die Klägerin noch nicht möglich. Die Beklagten hätten sich vielmehr auch in diesem Zusammenhang zunächst näher mit dem Inhalt und dem Aussagewert des Gutachtens auseinandersetzen und auch sonst noch weitere Einzelheiten über die Umstände der Begutachtung und des Verkaufs des Fahrzeuges darlegen müssen, etwa im Zusammenhang mit der auch für die Kammer zumindest auffälligen Tatsache, dass sowohl die Begutachtung als auch der Verkauf des Fahrzeuges in ... erfolgt sind, obwohl die Klägerin in .... lebt. An einem konkreten Vortrag der Beklagten in dieser Hinsicht fehlt es jedoch vollständig.
Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist auch der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für das Gutachten des Sachverständigen in Höhe von 862,46 DM begründet.
Die weiteren Schadenspositionen der Klage (125,00 DM Kosten der Abmeldung des Unfallfahrzeuges und Anmeldung des Ersatzfahrzeuges, 1.267,85 DM Mietwagenkosten gemäß Rechnung der Fa. Autoleasing sowie 40,00 DM allgemeine Auslagenpauschale) haben die Beklagten ohnehin nicht angegriffen.
Die Zinsforderung der Klägerin ist gemäß den §§ 284, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 und Abs. 2 BGB gerechtfertigt. Die Beklagte befindet sich mit der Begleichung der Klageforderung nach Ablauf der ihr in dem Schreiben der vorprozessualen Bevollmächtigten der Klägerin vom 22.06.1998 (GA 38) gesetzten Frist bis zum 29.06.1998 seit dem 30.06.1998 im Verzug. Die Höhe des geltend gemachten Zinssatzes hat die Beklagte nicht bestritten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 2, 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.