Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls, dessen Fahrzeug beschädigt wurde, kann vom Schädiger die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei kann das Gericht sich bei der Überprüfung der Angemessenheit der Kosten an der vom BVSK (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen) vorgenommenen Befragung zur Höhe des üblichen Sachverständigenhonorars 2005/2006 orientieren und vergleichend sogar an der Befragung 2008/2009, und zwar an dem Honorarkorridor (HB III), innerhalb dessen je nach Schadenshöhe 40 % und 60 % des BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen.
Gründe:
(von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 II, 313a ZPO abgesehen)
Die zulässige Berufung ist zum größten Teil begründet.
Der klagende Sachverständige hat aus abgetretenem Recht der Unfallgeschädigten S einen Anspruch gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners und Schädigers auf Ersatz der weiteren ausgeurteilten Sachverständigenkosten (§ 7 StVG, § 115 VVG).
Bedenken gegen die Aktivlegitimation des Klägers bestehen aufgrund der Abtretungserklärung der Geschädigten vom 29.11.2007 nicht. Diese ist insbesondere nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Ein Verstoß gegen § 1 I des bis zum 1.7.2008 geltenden Rechtsberatungsgesetzes liegt nicht vor. Die Absprache zwischen Frau S und dem Kläger entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der außer Zweifel stehen muss, dass der Geschädigte selbst für die Regulierung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche tätig werden muss. Genau dieses aber ist in der Abtretungserklärung ausdrücklich aufgeführt. Dort heißt es nämlich, dass der Auftraggeber die Zahlung selbst zu erbringen und sich selbst oder durch einen zu beauftragenden Rechtsanwalt um die Schadensregulierung zu kümmern hat, wenn der Versicherer binnen 6 Wochen ab dem Zeitpunkt, ab dem der Auftraggeber/Geschädigte das Gutachten oder eine Kopie hiervon erhalten hat, nicht oder nicht vollständig zahlt. Da der Sachverständige unstreitig keine Leistung erhalten hat, nimmt er ein vornehmlich eigenes Geschäft wahr, indem er nunmehr von der Sicherungsabtretung Gebrauch macht.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig. Gemäß § 249 BGB hat die Beklagte den Geldbetrag zu ersetzen, der zur Herstellung des Zustandes erforderlich ist, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Hierzu zählen grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens, sofern die Begutachtung erforderlich und zweckmäßig war. Daran bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel. Die Parteien streiten lediglich um die Höhe der erforderlichen Kosten.
Die von dem Kläger in Rechnung gestellten Kosten hat er mit der Geschädigten vertraglich vereinbart, indem er diese ausdrücklich auf seine Honorartabelle hingewiesen hat. Zwar wird teilweise von den Gerichten die Auffassung vertreten, dass der Versicherer des Schädigers ebenso wie beim sogenannten Werkstattrisiko damit auch das Risiko trägt, dass ein Sachverständiger gewählt worden ist, dessen Preise teurer sind als die anderer. Nach der Rechtsprechung des BGH ist aber davon auszugehen, dass der Geschädigte zwar nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet ist, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ihm aber das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (BGH NJW 2007, 1450).
Davon ausgehend, dass der Geschädigte die Kosten erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschens in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen, hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung des größten Teils des begehrten Honorars. Teilweise waren die Positionen aber als nicht erforderlich und damit im Verhältnis der Geschädigten zum Schädiger als nicht ersatzpflichtig zu streichen.
In diesem Zusammenhang ist nicht zu beanstanden, dass der Kläger sein Honorar pauschaliert hat. Dies ist inzwischen auch vom BGH mehrfach gebilligt worden (BGH NJW 2006, 2472; NJW 2007, 1450).
Auch die Beträge selbst sind nicht so überhöht, dass der Geschädigten ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht bzw. das Wirtschaftlichkeitsgebot vorzuwerfen wäre. Lediglich die Menge der erstellten Lichtbilder und Kopien war zu beanstanden.
Die Kammer orientiert sich bei der Überprüfung der Angemessenheit der Kosten für den Unfall vom 29.11.2007 an der vom BVSK (Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen) vorgenommenen Befragung zur Höhe des üblichen Sachverständigenhonorars 2005/2006 und vergleichend sogar an der Befragung 2008/2009, und zwar an dem Honorarkorridor (HB III), innerhalb dessen je nach Schadenshöhe 40 % und 60 % des BVSK-Mitglieder ihr Honorar berechnen.
Danach ergibt sich folgende Gegenüberstellung bei einer Schadenshöhe von 3 527,93 €:
Honorar des Klägers BSVK 2005/2006 BVSK 2008/2009 Grundhonorar 416,00 € 387 - 434 € 393 - 452 € Fahrkosten pauschal 15,50 € 19,18 - 28,79 € 19,54 - 30,56 € 1.Fotosatz je Lichtbild zu 2,37 € = 42,66 € 2,24 - 2,60 € 1,96 - 2,46 € 2. Fotosatz je Lichtbild zu 1,69 € = 30,32 € 1,33 - 2,08 € 1,06 - 2,07 € Schreibkosten je Seite 2,98 € = 50,66 € 2,33 - 3,70 € 2,19 - 3,40 € Kopien je Seite 0,76 € = 3 Sätze zu
17 Kopien = 38,76 €0,50 - 1,04 € 1,02 - 1,71 € Porto/Telefon 16,00 € 11,98 - 20,70 € 13,26 - 23,12 € Restwert 12,00 €
Die Gegenüberstellung zeigt, dass sich der Kläger mit seinem Honorar innerhalb des Honorarkorridors bewegt. Hinsichtlich der Berechnung eines weiteren Betrages für die Restwertermittlung ist in den Honorarbefragungen ausdrücklich aufgeführt, dass die Abrufkosten für Restwertbörsen regelmäßig gesondert aufgeführt werden, wenn die Ergebnisse dem Gutachten beiliegen.
Soweit die Beklagte meint, das Gesprächsergebnis mit dem BVSK aus dem Jahr 2007 sei geeignet, das erstattungsfähige Honorar darzulegen, vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Es handelt sich um eine Besprechung, die verschiedene Versicherungsunternehmen mit dem BVSK geführt haben. Als Ergebnis wurden die als angemessen erachteten Honorare in einer Tabelle zusammengefasst, welche nach Aussage des Geschäftsführers des BVSK (Vgl. SP 2008,194) in erster Linie als ein Prüfungsmaßstab für die Mitarbeiter der Versicherungen bei der Überprüfung von Sachverständigenkosten auf ihre Angemessenheit hin dienen sollte. Aus der Bereitschaft der Beklagten, bestimmte Pauschalhonorare zu zahlen, lassen sich aber keine Rückschlüsse auf die Ortsüblichkeit eines Honorars ziehen. Wenn sich die Mehrzahl der Sachverständigen den Preisvorstellungen der Versicherungen beugt, mag sich langfristig ein verändertes übliches preisgünstigeres Honorar entwickeln, das dann auch Niederschlag in den Befragungen finden müsste. Solange aber die Sachverständigen nur bei einigen Versicherungen zu Sonderkonditionen abrechnen und ansonsten die Honorarberechnung wie bislang beibehalten, kann nicht festgestellt werden, dass der Sonderkonditionspreis dem üblichen, angemessenen Preis entspricht.
Insbesondere ist nicht festzustellen, dass ein Honorar üblich ist, bei dem die Nebenkosten nicht gesondert berechnet werden. Dies ergibt sich auch aus der Honorarbefragung 2008/2009 eindeutig nicht, wobei sich der abzurechnende Unfall sogar im Jahr 2007 ereignet hat. Zudem hat sich die Kammer sachkundig gemacht, indem sie in einem anderen Verfahren vor der Kammer ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich die verschiedenen Abrechnungsmodalitäten erläutern hat lassen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er selbst Honorarbefragungen durchgeführt hat. Auch diese haben ergeben, dass es üblich ist, weitere Nebenkosten in Rechnung zu stellen.
Die Kammer sieht, dass vielleicht nicht alle Sachverständigen die Nebenkosten, die die Tabellen des BVSK ausweisen, kumulativ in Rechnung stellen, sondern nur einzelne Positionen. Wenn sich jedoch der Kläger mit seinen Einzelpositionen im Rahmen des Honorarkorridors bewegt, vermag die Kammer dies nicht zu beanstanden. Insbesondere kann kein prozentualer Wert ausgeworfen werden, bis zu dem Sachverständigenkosten im Verhältnis zu den Reparaturkosten angemessen wären. Denn gerade ein Gutachten bei einem geringfügigen Schaden kann relativ gesehen mit höheren Nebenkosten verbunden sein als ein Gutachten bei einem größeren Schaden, z.B. weil ebenso viele Lichtbilder erforderlich waren.
Nachdem die Preise des Klägers im Grundsatz nicht zu beanstanden sind, ist gleichwohl festzustellen, dass einige der in Rechnung gestellten Kosten nicht erforderlich waren. So hat der Kläger insgesamt 19 Lichtbilder von dem Unfallfahrzeug gefertigt und 18 in Rechnung gestellt. Die Beklagte beanstandet ausdrücklich auch diese Vielzahl. Dem ist beizupflichten. Die Schäden sind oft mehrfach fotografiert worden, einmal von nah, einmal aus weiterer Entfernung. Die nicht beschädigte Fahrzeugseite war hinsichtlich des Vorschadens und der Berechnung vom Wiederbeschaffungs- und Restwert allenfalls nur einmal erforderlich. Die Kammer erachtet die Lichtbilder Nr. 03, 05, 07, 11, 14, 18, 19 für nicht erforderlich, sodass bei dem 1. und 2. Fotosatz jeweils nur 12 Lichtbilder anzusetzen sind. Die Kosten reduzieren sich auf 28,44 € und 20,28 €.
Ferner hat die Geschädigte keinen Anspruch darauf, dass ein 3. Gutachten bezahlt wird, dass der Sachverständige für sich persönlich behält. Die Kopiekosten reduzieren sich auf 25,84 €.
Die Restwertermittlungskosten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger mehrere Angebote eingeholt und zumindest ein konkretes Angebot im Gutachten aufgenommen hat.
Insgesamt ergibt sich einschließlich der MWSt ein Betrag von 695,82 € abzüglich gezahlter 528,77, sodass ein offener Betrag von 167,05 € zuzusprechen war.
Gemäß § 249 BGB sind auch die Kosten für den vorgerichtlich eingeschalteten Rechtsanwalt zu erstatten.
Die Zinsentscheidung folgt aus § 286, 288 BGB.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf § 97, 92, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.