Nach der Rechtsprechung des Senats ist von gelegentlichem Cannabiskonsum auszugehen bei einem Wert von mindestens 75 ng/ml THC-COOH oder aufgrund eigener Angaben des Betroffenen bzw. dann, wenn mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde. Ein aufgefundener aktiver THC-Wert von 6,2 ng/ml weist hingegen nicht auf mehrmaligen Konsum hin.
Gründe:
Die Beschwerde ist begründet. Das Beschwerdevorbringen, anhand dessen der angefochtene Beschluss allein zu überprüfen ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Fahrerlaubnisentziehungsverfügung des Antragsgegners vom 20. Juli 2009 abzulehnen.
Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fahrerlaubnisverordnung – FeV - i.V.m. Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV offensichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe, nachdem er als Führer eines Kraftfahrzeugs am 10. März 2009 unter Einfluss von Cannabis aufgefallen sei, wobei die festgestellten Blutserumwerte 6,2 ng/ml THC und 32,8 ng/ml THC-Carbonsäure ergeben hätten. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller gelegentlicher Cannabiskonsument sei, wofür seine Einlassung anlässlich der Verkehrskontrolle gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten spreche, wonach er „am Vorabend letztmalig“ Cannabis geraucht habe. Ein nur einmaliger Konsum erscheine als fernliegend, wobei zu erwarten gewesen wäre, dass der Antragsteller auf einen etwaigen Erstkonsum bereits bei der Verkehrskontrolle hingewiesen hätte.
Das Beschwerdevorbringen, dem der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist, gibt Anlass zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde demjenigen, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung ist bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis und fehlender Trennung von Konsum und Fahren die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht gegeben.
Zu Recht wendet der Antragsteller ein, ein gelegentlicher Cannabiskonsum sei vorliegend nicht hinreichend belegt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass diesbezüglich nachgewiesen sein muss, dass der betroffene Fahrerlaubnisinhaber mehr als einmal Cannabis konsumiert hat. Nach der Rechtsprechung des Senats ist davon entweder bei einem Wert von mindestens 75 ng/ml THC-COOH oder aufgrund eigener Angaben des Betroffenen bzw. dann auszugehen, wenn mindestens zweimal Cannabis in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen wurde (Beschluss vom 18. November 2009 - 1 S 134.09 -, S. 3 des Entscheidungsabdrucks; Beschluss vom 16. Juni 2009 - OVG 1 S 17.09 -, S. 4 des Entscheidungsabdrucks; Beschluss vom 17. September 2008 - OVG 1 S 138.08 -, S. 5 des Entscheidungsabdrucks). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Der Grenzwert von 75 ng/ml THC-COOH ist vorliegend nicht erreicht. Entgegen der Annahme des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts rechtfertigt auch die polizeilich protokollierte Angabe des Antragstellers, am Vorabend „letztmalig“ Cannabis“ geraucht zu haben, nicht mit hinreichender Gewissheit den Schluss, er habe damit - indirekt - eingeräumt, bereits zuvor schon einmal Cannabis konsumiert zu haben. Denn es ist, wie die Beschwerde zu Recht geltend macht, durchaus denkbar und auch nicht fernliegend, dass der ermittelnde Polizeibeamte eine entsprechende Frage nach dem „letztmaligen“ Cannabiskonsum gestellt hat bzw. die Frage nur darauf abzielte, festzustellen, wann der Antragsteller vor dem Vorfall Cannabis eingenommen hat. Eine nähere Aufklärung der Frage nach den wörtlichen Äußerungen des Antragstellers und des ermittelnden Polizeibeamten muss einer Zeugenvernehmung in einem sich eventuell anschließenden Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die weitergehenden Überlegungen des Verwaltungsgerichts, es sei zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller auf einen Erstkonsum schon im Rahmen der Verkehrskontrolle hingewiesen haben würde, bleiben letztlich Spekulation.
Auch sofern das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf in dem Beschluss des Hessischen VGH vom 24. September 2008 - 2 B 1365/08 -, NJW 2009, 1523, 1524, zitierte wissenschaftliche Erkenntnisse ausführt, auch nach dem Konsum hoher Cannabisdosierungen sinke bei Gelegenheitskonsumenten die THC-Konzentration sechs Stunden nach dem Konsum auf einen Wert von ca. 1 ng/ml, während die dem Antragsteller um 18.45 Uhr am Tag nach dem Konsum entnommene Blutprobe noch 6,2 ng/ml THC enthalten habe, wobei ausgehend von dessen Angaben die Einnahme von Cannabis mindestens fast 19 Stunden zuvor erfolgt sein müsse, folgt auch daraus nicht die Annahme eines gelegentlichen Konsums. Es entspricht zwar dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass sich der Wirkstoff THC rasch abbaut und in der Regel nach 4 bis 6 Stunden im Blut nicht mehr nachweisbar ist (vgl. Beschluss vom 16. Juni 2009, - OVG 1 S 17.09 -, Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 40. Aufl. 2009, § 2 StVG Rn. 17f). Dies lässt für den vorliegenden Fall jedoch nur den Schluss zu, dass das Vorbringen des Antragstellers, auf einer Party „am Vorabend“ bzw. „zu vorgerückter Stunde“ Cannabis konsumiert zu haben, nicht zutreffen mag. Hingegen wird von dem Antragsteller zu Recht eingewendet, dass insoweit nur auf die Angabe eines unzutreffenden Konsumzeitpunktes, nicht aber auf bestimmte und hier allein interessierende Konsumgewohnheiten geschlossen werden könne.
Nicht zu überzeugen vermag das Verwaltungsgericht auch mit der Erwägung, ein nur erstmaliger Cannabiskonsum sei fernliegend, weil es sich bei Cannabis um ein strafbewehrtes Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittels handele, dessen Erwerb Kontakt zu Straftätern erfordere, über die nicht jedermann verfüge. Damit lassen sich die zu stellenden Anforderungen an die Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums nicht ersetzen. Mehr als ein einmaliger Konsum ist dem Antragsteller vorliegend bisher nicht nachzuweisen.
Im Rahmen der zu beurteilenden Erfolgsaussichten des Widerspruchs ist bei der vorzunehmenden Interessenabwägung neben der zweifelhaften Annahme eines gelegentlichen Cannabiskonsums zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Antragsteller im Hinblick auf die im Bescheid vom 20. Juli 2009 geforderte sechsmonatige Drogenabstinenz das Ergebnis einer Haaranalyse des Instituts pima-mpu GmbH vom 29. Dezember 2009 (Versandtag) eingereicht hat, wonach für den Zeitraum zwischen Mitte Juli 2009 bis Mitte Dezember 2009 - und damit fünf Monate - ein relevanter Drogenkonsum des angegebenen Untersuchungsspektrums, das sich u.a. auf THC erstreckt hat, weitgehend ausgeschlossen werden könne. Die Haarprobe wurde ins Labor Prof. Kauert, Forensische Toxikologie am Zentrum für Rechtsmedizin, Frankfurt/Main, eingeschickt und im Forensisch Toxikologischen Centrum München beweissichernd untersucht. Bei diesen Instituten ist davon auszugehen, dass die Haaranalyse unter Berücksichtigung der zum Ausschluss von Manipulationen zu beachtenden forensischen Bedingungen erfolgte, so dass sie verwertbar sein dürfte.
Die Anordnung über die Wiederaushändigung des Führerscheins an den Antragsteller bis zur Entscheidung über den Widerspruch ergibt sich aus § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).