- Wer nach bewiesener Abstinenz in einem einmaligen Rückfall Cannabis konsumiert, ist gelegentlicher Konsument.
- Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist von einem gelegentlichen Konsum auch dann auszugehen, wenn der Betroffene lediglich einen einmaligen Konsum einräumt, ohne nachvollziehbar darzulegen, welche besonderen Umstände die Annahme eines tatbestandlich besonders gelagerten Ausnahmesachverhaltes rechtfertigen.
- Wenn nach einer Verkehrskontrolle aktives THC unterhalb von 1,0 ng/ml angetroffen wird, bedeutet dies nicht, dass ohne weiteres von vorhandenem Trennungsvermögen auszugehen ist. Vielmehr ist dann zu prüfen, ob weitere Umstände vorliegen, die die Annahme des Fehlens des Trennungsvermögens rechtfertigen, oder ob es zur Klärung der Kraftfahreignung der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bedarf.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Der Kläger führte am 22. April 2005 ein Fahrzeug im Straßenverkehr, nachdem er zuvor Cannabis konsumiert hatte (THC: 12,1 ng/ml, THC-COOH 16,0 ng/ml). Er selbst gab seinerzeit gegenüber der Polizei an, „ab und an etwas zu rauchen". Gegenüber dem Beklagten ließ sich der Kläger später dahingehend ein, dass er seit dem Vorfall am 22. April 2005 kein Cannabis mehr konsumiere.
Mit Schreiben vom 22. Februar 2006 ordnete der Beklagte die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Der Kläger ließ daraufhin vom TÜV Nord eine medizinisch-psychologische Untersuchung durchführen. Das Gutachten vom 18. April 2006 kam zu einer günstigen Eignungsprognose. Bei dem Kläger müsse zumindest von einem gelegentlichen Cannabis-Konsum bis zum Deliktzeitpunkt ausgegangen werden. Seine Angaben über eine seit April 2005 bestehende Drogenabstinenz wirkten glaubhaft und würden auch durch die Ergebnisse der Laboruntersuchung unterstützt. Bei dem Kläger sei eine Einstellungskorrektur beziehungsweise Umorientierung festzustellen, die die Grundlage für eine dauerhafte Verhaltensänderung im positiven Sinne bilden könne. Es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde.
Daraufhin erkannte der Beklagte mit Schreiben vom 25. April 2006 die Eignung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen an und ging davon aus, dass Bedenken gegen die Fahreignung ausgeräumt seien.
Am 12. Januar 2007 stellte die Polizei im Rahmen einer routinemäßigen Verkehrskontrolle fest, dass der Kläger den Eindruck mache, unter Betäubungsmitteleinfluss zu stehen. Die Polizeibeamten stützten den gewonnenen Eindruck unter anderem auf hervorstehende Augen (glasige Pupillen und gelbliche Bindehaut mit geplatzten Äderchen) und zittrige Hände während der gesamten Kontrolle. Der Kläger verweigerte einen Drogenschnelltest. Eine Blutprobe führte ausweislich des Gutachtens vom 31. Januar 2007 zu dem Ergebnis, dass der Kläger vor der Fahrt Cannabis konsumiert hatte (THC: 0,97 ng/ml, THC-COOH ca. 8,34 ng/ml).
Der Beklagte entzog dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 13. März 2007 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen und führte zur Begründung aus, dass der Kläger gelegentlich Cannabis konsumiere und zwischen dem Konsum und dem Autofahren nicht trenne.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29. März 2007 Widerspruch ein und machte zur Begründung im Wesentlichen geltend, dass der festgestellte THC-Wert eine fehlende Trennung zwischen Konsum von Cannabis und Führen von Kraftfahrzeugen gerade nicht belege. Auch der festgestellte THC-COOH-Wert mit ca. 8,34 ng/ml spreche gegen eine gelegentliche Einnahme von Cannabis und für einen einmaligen Konsum. Tatsächlich habe er — der Kläger — auf einem Fest mit Freunden „aus alter Zeit" einmalig Cannabis konsumiert.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2007 zurück.
Der Kläger hat am 07. Mai 2007 Klage erhoben.
Am 22. Oktober 2007 hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 (3 B 144/07) entsprochen, weil das Vorliegen einer mangelnden Trennungsfähigkeit nicht nachgewiesen sei.
Auf die Beschwerde des Beklagten änderte der Senat mit Beschluss vom 11. Dezember 2007 (4 MB 94107) den Beschluss des Verwaltungsgerichts und lehnte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Zur Begründung führte er aus: Der Antragsteller konsumiere gelegentlich Cannabis, was er selbst nicht in Abrede stelle und was nach den Besonderheiten des Einzelfalls (zweimalige Verkehrsauffälligkeit unter Cannabis-Einfluss innerhalb des Zeitraums von weniger als 21 Monaten) auch außerhalb jeden vernünftigen Zweifels stehe. Auch eine fehlende Trennungsfähigkeit sei festzustellen. Der Senat teile insoweit die Rechtsprechung des OVG Münster (Beschl. v. 09.07.2007, NJW 2007, 3085), dass jedenfalls dann, wenn im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der im Rahmen einer Verkehrskontrolle aufgedeckten Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabis-Einfluss drogenbedingte Auffälligkeiten oder Ausfallerscheinungen festgestellt würden, diese einen Beleg für das fehlende Trennungsvermögen darstellten. Derartige Umstände sah der Senat als gegeben an, weil die von den Polizeibeamten getroffenen Feststellungen (glasige Pupillen und gelbliche Bindehaut mit geplatzten Äderchen sowie zittrige Hände) typischerweise einen Bezug zu vorherigem Cannabis-Konsum aufwiesen und insbesondere in Gestalt der Veränderungen im Augenbereich Einfluss auf die das Sehvermögen und damit auf die Kraftfahreignung hätten.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er geltend gemacht, dass die von der Polizei festgestellten hervorstehenden Augen beziehungsweise glasigen Pupillen mit gelblicher Bindehaut und geplatzten Äderchen keine Indikatoren für eine akute körperliche THC-Beeinflussung darstellten. Vielmehr könnten sie auch durch eine verminderte Tränenproduktion verursacht sein. Hierzu hat der Kläger einen augenärztlichen Befundbericht vom 22. März 2008 vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,den Bescheid des Beklagten vom 13. März 2007 über die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2007 aufzuheben.Der Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 01. April 2008 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der THC-Wert von 1,0 ng/ml, der im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges als ein Beleg für eine mangelnde Trennungsfähigkeit im Sinne der Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FEV angesehen werden könne, sei nicht erreicht. Die tatsächlichen Feststellungen im Polizeibericht des Polizeibezirksreviers Schleswig vom 12. November 2007 enthielten nur einen einzigen Punkt, der überhaupt als „drogenbedingte Auffälligkeit" gewertet werden könnte (nämlich die Feststellung „hervorstehende Augen, glasige Pupillen und gelbliche Bindehaut mit geplatzten Äderchen"). Es sei weder vom Beklagten nachvollziehbar dargelegt, noch dem Gericht aus eigener Sachkunde bekannt, dass diese Feststellungen - ihre objektive Richtigkeit unterstellt - Aussagekraft im Hinblick auf das fehlende Trennungsvermögen hätten. Nach Auffassung des Gerichts komme ihnen eine Aussagekraft allenfalls im Hinblick auf die Tatsache eines Cannabis-Konsums als solchen zu, welcher im vorliegenden Verfahren weder streitig noch allein entscheidend sei. Irgendwelche darüber hinausgehenden „Ausfallentscheidungen", welche zudem noch auf den Genuss von Cannabis zurückzuführen sein könnten, seien nicht festgestellt worden. Damit stehe eine fehlende Trennung zwischen Cannabis-Konsum und Fahren beim Kläger nicht fest.
Der Senat hat auf Antrag des Beklagten die Berufung mit Beschluss vom 17. Juli 2008 zugelassen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor:
Dass der gemessene THC-Wert mit einer Differenz von 0,03 ng/ml gering unter dem Wert von 1,0 ng/ml gelegen habe, der als Beleg für das fehlende Trennungsvermögen gelte, bedeute nach der Rechtsprechung nicht, dass das erforderliche Trennungsvermögen zu bejahen sei, obwohl zum Zeitpunkt der Verkehrskontrolle cannabisbedingte Ausfallerscheinungen beim Kläger festgestellt worden seien und weitere Umstände dafür sprächen, dass er über das erforderliche Trennungsvermögen tatsächlich nicht verfüge. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung am 29. März 2006 ausgeführt habe, dass er sich zur Abstinenz entschlossen habe, weil er die Trennung des Konsums von der Verkehrsteilnahme auf Grund seiner beruflichen Situation realistischerweise nicht hinreichend sicherstellen könne. Motiv für den Konsumverzicht sei, dass Konsum und Straßenverkehr nicht zusammengingen. Man müsse 3 Tage warten nach dem Konsum. Damit sei nach dem eigenen Wissen des Klägers sogar noch innerhalb eines Zeitraums von 3 Tagen mit Auswirkungen eines Cannabis-Konsum beim Führen von Kraftfahrzeugen zu rechnen. Gleichwohl habe er aber vor Ablauf von 48 Stunden nach Cannabis-Konsum ein Fahrzeug geführt.
Die weitere Voraussetzung des zumindest gelegentlichen Cannabis-Konsums für die Ungeeignetheit des Führen von Kraftfahrzeugen gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FEV sei ebenfalls gegeben.
Der Beklagte beantragt,Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 01. April 2008 abzuändern und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,die Berufung zurückzuweisen.Er bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und die Rechtsausführungen in dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts und stellt zusammenfassend fest, dass ein Verstoß gegen das Trennungsgebot auch dann nicht vorliege, wenn der Kläger innerhalb von 48 Stunden nach dem Cannabis-Konsum ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehr geführt habe. Es sei nicht lebensfremd anzunehmen, dass er die Auswirkungen des vorangegangenen Cannabis-Konsums zum Zeitpunkt des Beginns der Teilnahme am Straßenverkehr nicht bemerkt habe. Vielmehr entspräche es wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass die nach dem Konsum von Cannabis eintretenden psychischen Beeinträchtigungen und psychomotorischen Leistungsminderungen bereits nach weniger als 48 Stunden beseitigt seien und insoweit auch eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit von dem Betroffenen nicht wahrgenommen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 q StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Beklagte zu Recht angenommen.
Wer gelegentlich Cannabis einnimmt, ist im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn keine Trennung zwischen Konsum und Fahren erfolgt (Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Ein ausreichendes Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar erscheinen lässt, ist nur gegeben, wenn der Konsument Fahren und Konsum in jedem Fall in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (std. Rspr. d. Senats, siehe auch VGH BW, Beschl. v. 23.03.2006 - 10 S 2519/05 -, WW 2006, 2135).
Für den Senat steht zweifelsfrei fest, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (Erlass des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2007) zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis war.
Auch nach dem Gutachten des TÜV Nord vom 18. April 2006 musste bei dem Kläger - bezogen auf den Zeitpunkt der Drogenfahrt vom 22.04.2005 - zumindest von einem gelegentlichen Cannabis-Konsum ausgegangen werden. Das Gutachten nimmt für die Folgezeit - bis zum Tag der Begutachtung - Drogenabstinenz an und geht von einer Einstellungskorrektur bzw. Umorientierung des Klägers aus, die die Grundlage für eine dauerhafte Verhaltensänderung bilden könne und prognostiziert, dass der Kläger zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss nicht führen werde. Letzteres hat sich nicht bewahrheitet. Der Kläger hat zweifelsfrei vor Antritt der Fahrt am 12.01.2007 Cannabis konsumiert. Auch wenn dies ein einmaliger Rückfall nach Abstinenz gewesen wäre, ändert dies nichts an der wiederholten und damit gelegentlichen Einnahme von Cannabis. Im Übrigen ist nach der ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Beschl. v. 06.11.2008 - 4 0 61/08 -; ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2005 - 3 Bs 214/05 -, MW 2006, 1367) von einem gelegentlichen Konsum auch dann auszugehen, wenn der Betroffene lediglich einen einmaligen Konsum einräumt, ohne nachvollziehbar darzulegen, welche besonderen Umstände, die die Annahme eines tatbestandlich besonders gelagerten Ausnahmesachverhaltes rechtfertigen. Denn fachspezifische Untersuchungen zum (insoweit) gleichgelagerten Problemkreis der Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss kommen - angesichts fehlender polizeilicher Kontrolldichte - zu dem Ergebnis, dass auf eine polizeilich festgestellte Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss zahlreiche solcher entfallen, die unentdeckt bleiben bzw. geblieben sind. Erst recht widerspricht es jeglicher Wahrscheinlichkeit, dass jemand, bereits nach dem erst- und einmaligen Konsum von Drogen in eine polizeiliche Verkehrskontrolle geraten ist. Mit dem Vortrag des Klägers, er habe auf einem Fest mit Freunden „aus alter Zeit", die im Gegensatz zu ihm weiterhin den Konsum von Cannabis „frönen", mitgeraucht (Widerspruchsschreiben vom 29.03.2007), wird ein besonders gelagerter Ausnahmesachverhalt nicht dargelegt. Dieser Vortrag macht vielmehr deutlich, dass der Kläger, wenn er in Kontakt mit Cannabis-Konsumenten gerät, den er auch nicht strikt meidet, nach wie vor ebenfalls Cannabis konsumiert.
Der Kläger verfügt auch nicht über das erforderliche Trennungsvermögen zwischen Fahren und Cannabis-Konsum, so dass nicht gewährleistet ist, dass er im Falle eines seine Kraftfahreignung beeinträchtigenden Cannabis-Konsums nicht am Verkehr teilnimmt.
Richtig ist, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte - wie das Verwaltungsgericht zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung ausführt -, bei einer im Anschluss an eine Autofahrt unter Cannabis-Einfluss gemessenen THC-Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr schon für sich genommen ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne einer unzureichenden Bereitschaft, vom Führen eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit abzusehen, belegt ist. Dies bedeutet jedoch nicht - wie der Beklagte zu Recht geltend macht -, dass bei einer gemessenen THC-Konzentration von unter 1,0 ng/ml ohne weiteres von dem erforderlichen Trennungsvermögen auszugehen ist. Vielmehr ist dann zu prüfen, ob weitere Umstände vorliegen, die die Annahme des Fehlens des Trennungsvermögens rechtfertigen, oder ob es zur Klärung der Kraftfahreignung der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bedarf. Im vorliegenden Fall war die Einholung eines solchen Gutachtens zur Feststellung der Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht erforderlich.
Die Rechtsprechung zum Grenzwert von 1,0 ng/ml beruht auf dem Beschluss der Grenzwertkommission vom 20.11.2002 zu § 24 a Abs. 2 StVG (vgl. BVerfG, Ne_ 2/ 005, 349, 351). Bei einer derartigen Konzentration erscheint es möglich, dass die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt ist (vgl. die Nachweise im Beschl. d. BVerfG). Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet der wegen der gemessenen THC-Konzentration - anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit am Straßenverkehr teil, belegt er zugleich, dass er das entsprechende Trennungsvermögen nicht besitzt. Entsprechendes gilt, wenn zwar die gemessene THC-Konzentration unter dem Grenzwert liegt, aber weitere Umstände vorliegen, die den Schluss auf eine möglicherweise bestehende, d.h. nicht auszuschließende drogenbedingte Fahruntüchtigkeit rechtfertigen. Auch dann belegt der Betroffene durch seine Teilnahme am Straßenverkehr, dass er das erforderliche Trennungsvermögen nicht besitzt. So liegt der Fall hier.
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die anlässlich der Fahrt am 12.01.2007 gemessene THC-Konzentration von 0,97 ng/ml nur äußerst geringfügig unter dem Grenzwert liegt. Weiterhin hat der Kläger die Durchführung eines Drogenschnelltestes abgelehnt. Die Blutprobe ist erst 40 Minuten nach der Verkehrskontrolle gezogen worden. Wann die Fahrt begonnen wurde, ergibt sich aus dem Polizeibericht nicht. Unterstellt, der Kläger ist bereits kurz nach Fahrtbeginn in die Verkehrskontrolle geraten, liegt jedenfalls zwischen Fahrtantritt und der Blutentnahme eine dreiviertel Stunde. Aus den Erkenntnissen der medizinischen Forschung über die Wirkungsweise und den Abbauprozess der psychoaktiv wirkenden Substanz THC ist allgemein bekannt, dass diese im Körper nach der Einnahme rasch abgebaut wird und die THC-Konzentration dementsprechend schnell absinkt (vgl. Iten, Fahren unter Drogen- oder Medikamenteneinfluss, 2001, 5. 101, 104 ff.; Sticht/Käferstein in Berghaus/Krüger, Cannabis im Straßenverkehr, S. 7 f., Angaben zum Verlauf der THC-Konzentration in Abhängigkeit von der Form der Aufnahme - oral oder durch rauchen). Es kann daher unterstellt werden, dass bei Fahrtantritt die THC-Konzentration höher als die gemessene war. Bei dieser Sachlage sind an die Umstände, die zu der gemessenen THC-Konzentration hinzutreten müssen, um eine nicht auszuschließende Fahruntüchtigkeit annehmen zu können, keine hohen Anforderungen zu stellen. Der Kläger vermittelte den Polizeibeamten ausweislich ihres Berichtes den Eindruck, unter Betäubungsmittelwirkung zu stehen. Dieser Eindruck war aufgrund der getroffenen Feststellungen (hervorstehende Augen, glasige Pupillen, gelbliche Bindehaut mit geplatzten Äderchen und zitternde Hände) gerechtfertigt und hat sich auch bestätigt. Diese Auffälligkeiten lassen nicht nur den Schluss auf den Konsum von Betäubungsmitteln zu, sondern auch auf eine relevante Einschränkung der Fahrtüchtigkeit. Dazu hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 11.12.2007 (4 MB 94/07) ausgeführt, dass die Veränderungen im Augenbereich Einfluss auf das Sehvermögen und damit die Kraftfahreignung haben. Daran ist festzuhalten. Für zittrige Hände gilt entsprechendes (siehe hierzu auch OVG Münster, Beschl. v. 09.07.2007 - 16 B 907/07 NJW 2007, 3085). Wenn der Kläger demgegenüber auf den augenärztlichen Bericht vom 28.03.2008 verweist, wonach bei ihm eine verminderte Tränenproduktion festgestellt wurde, die Ursache für die Veränderungen im Augenbereich sein könnte, ist dem entgegenzuhalten, dass aus dem Arztbericht derartige Erscheinungen gerade nicht ersichtlich sind. Dort heißt es vielmehr: Beidseitige Bindehaut reizfrei, Hornhaut glatt und klar, Pupille beidseitig randscharf, Gefäße normal. Irgendwelche Auffälligkeiten, die den Feststellungen der Polizeibeamten entsprechen, sind nicht aufgenommen. Begründete Zweifel daran, dass die von den Polizeibeamten festgestellten, typischerweise nach Drogenkonsum auftretenden Auffälligkeiten auf den Cannabis-Konsum zurückzuführen sind und die Annahme einer drogenbedingten Einschränkung der Fahrtüchtigkeit rechtfertigen, lassen sich mithin aus dem Arztbericht nicht herleiten.
Schließlich kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass der Kläger knapp zwei Jahre vor der Fahrt vom 12,01.2007 schon einmal ein Fahrzeug unter Drogeneinfluss geführt hat und seinerzeit eine THC-Konzentration weit über dem Grenzwert in Höhe von 12,1 ng/ml gemessen wurde. Dies hätte es nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich gerechtfertigt, dem Kläger die Fahrerlaubnis ohne Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entziehen. Die Prognose des eingeholten Gutachtens, es sei wegen einer Einstellungskorrektur beziehungsweise Umorientierung des Klägers nicht zu erwarten, dass dieser zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde, hat sich als unzutreffend erwiesen. Eine Einstellungskorrektur beziehungsweise Umorientierung und eine daraus resultierende dauerhafte Verhaltensänderung hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat der Kläger nachweislich weiterhin Cannabis konsumiert und gleichwohl im Anschluss an den Konsum am Straßenverkehr teilgenommen, obwohl er selbst ausweislich des Gutachtens ausgeführt hat, dass allein wegen seiner Tätigkeit das „sichere Trennen von Fahren und Kiffen nicht funktioniere". Er kann sich nicht darauf berufen, dass die nach dem Konsum von Cannabis eintretenden physischen Beeinträchtigungen und psychomotorischen Leistungsminderungen bereits nach weniger als 48 Stunden beseitigt seien und insoweit auch eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit von dem Betroffenen nicht wahrgenommen werden könne. Auf die eigene Einschätzung der Fahrtüchtigkeit kommt es ohnehin nicht an. Eine exakte Rückrechnung in Bezug auf THC, vergleichbar der Vorgehensweise bei der Bestimmung der Blutalkohol-Konzentration, ist nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Forschung wegen der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dem psychoaktiv wirkenden Stoff THC und seinen Metaboliten nicht möglich (Drasch/von Meyer/Roider/Jägerhuber, Blutalkohol 2003, 269, 285). Damit ist dem Betroffenen die Festlegung des Zeitpunktes, zu dem die THC-Konzentration in seinem Blut einen bestimmten Wert unterschreitet, erst recht nicht möglich. Dies war auch dem Kläger offensichtlich jedenfalls zum Zeitpunkt der Begutachtung klar, wie seine Einlassung, man müsse drei Tage nach dem Konsum warten, bevor man am Straßenverkehr wieder teilnehmen könne, zu entnehmen ist. Wenn der Kläger trotz dieser Erkenntnis zeitnah nach einem Cannabis-Konsum ein Fahrzeug führt, macht er die unzureichende Bereitschaft deutlich, vom Führen eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls für ihn nicht auszuschließenden drogenbedingten Fahruntüchtigkeit abzusehen. Dies ist ein charakterlicher, sittlicher Mangel, der seine Kraftfahreignung ausschließt (siehe BVerfG, NJW 2002, 2378). Auch daran, dass der Kläger zeitnah nach dem Konsum von Cannabis am Straßenverkehr teilgenommen und nicht etwa 48 Stunden oder drei Tage abgewartet hat, besteht für den Senat kein Zweifel. Denn nach wissenschaftlicher Erkenntnis ist THC im Blut des Konsumenten grundsätzlich lediglich 24 Stunden nachweisbar (OVG Koblenz, DAR 2004, 413 unter Bezugnahme auf die angehörten Sachverständigen). Lediglich bei chronischen Konsumenten ist ein Nachweis von THC bis maximal 48 Stunden möglich, dann ist aber die Konzentration von THC-COOH erhöht (vgl. Eisenmenger, NZV 2006, 24). Dies lässt bei einer gemessenen THC-Konzentration von 0,97 ng/ml den Schluss zu, dass der Konsum nur wenige Stunden vor der Fahrt (vermutlich am Vorabend) stattgefunden hat. Der Kläger konnte deshalb keinesfalls mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass relevante drogenbedingte Einschränkungen seiner Fahrtüchtigkeit zum Zeitpunkt des Fahrtantritts nicht mehr zu erwarten waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.