Die dauerhafte Aufbewahrung des Kfz-Scheins hinter der Sonnenblende im Inneren des Fahrzeugs stellt keine erhebliche Erhöhung der Gefahr im Sinne von §§ 23, 25 Abs. 1, 29 Satz 1 VVG a.F. dar.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Kfz-Teilkaskoversicherung wegen eines angeblichen Autodiebstahls in Anspruch.
Der Kläger war Eigentümer des Pkw Audi A3 mit dem amtlichen Kennzeichen […], für den er bei der Beklagten die genannte Versicherung unterhielt. Diesbezüglich war ein Selbstbehalt von EUR 150,00 je Schadensfall vereinbart. Die Allgemeinen Bedingungen der V. AG für die Kraftfahrtversicherung (AKB) – Stand 01.01.2008 - waren in den Vertrag einbezogen.
Der Kläger hat behauptet, er habe das Fahrzeug am 22.02.2008 auf einem Parkstreifen in der B.-Straße in B. abgestellt und ordnungsgemäß verschlossen. Als der Kläger das Fahrzeug am Folgetag gegen 9:30 Uhr wieder habe nutzen wollen, sei es verschwunden, nämlich gestohlen gewesen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe das Vorliegen eines Diebstahls ausreichend dargelegt und bewiesen. Es gebe auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass er unredlich sei und deshalb den Vollbeweis eines Diebstahls führen müsse. Auch das ständige Belassen des Fahrzeugscheins im Fahrzeuginneren hinter der Sonnenblende stelle keine erhebliche Gefahrerhöhung dar, denn dadurch werde kein erhöhter Diebstahlsanreiz geschaffen.
Dem Kläger sei durch den Diebstahl ein Schaden in Höhe von EUR 12.000 entstanden, denn der Fahrzeugwert habe sich zum Zeitpunkt des Diebstahls mindestens auf diesen Betrag belaufen. Beim Kauf des Fahrzeugs sei von einem Unfallschaden nichts zu sehen gewesen, der Verkäufer habe ihn auch nicht erwähnt. Der Kläger habe von einem Vorschaden nichts gewusst.
Der Kläger hat beantragt,die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 12.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwältin […] in Höhe von EUR 837,52 freizustellen.Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat bereits das Vorliegen eines Diebstahles bestritten. Der Kläger sei aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere aufgrund unwahren Vortrags in einem anderen Verfahren vor dem Landgericht Osnabrück und dem widersprüchlichen Parteivorbringen in diesem Rechtsstreit, wegen des Fehlens eines Schlüssels und dem Nichtvorliegen eines schriftlichen Kaufvertrages sowie wegen eines verschwiegenen Vorschadens an dem Fahrzeug als unredlich anzusehen. Demgemäß genüge es nicht, dass der Kläger lediglich das äußere Erscheinungsbild eines Diebstahls beweise, sondern er müsse den Vollbeweis des Diebstahls führen. Zudem liege eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung des Klägers vor, da dieser einen bestehenden Vorschaden in der Schadenmeldung nicht angegeben habe.
Die Beklagte hat sich zudem vorrangig auf eine Leistungsfreiheit wegen erheblicher Gefahrerhöhung berufen, da der Kläger selbst angegeben habe, den Fahrzeugschein ständig im Fahrzeuginneren hinter der Sonnenblende aufzubewahren. Durch dieses Verhalten werde die Gefahr eines Fahrzeugdiebstahls in erheblicher Weise erhöht.
Zuletzt hat die Beklagte auch den geltend gemachten Schaden der Höhe nach bestritten. Das Fahrzeug habe lediglich noch einen Restwert in Höhe von EUR 7.000.
Mit Urteil vom 29.10.2009 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch des Klägers aus der Teilkaskoversicherung schon deshalb nicht bestehe, weil die Beklagte aufgrund der Tatsache, dass der Kläger nach eigenen Angaben den Fahrzeugschein ständig im Fahrzeuginneren hinter der Sonnenblende verwahrt habe, wegen einer erheblichen, mindestens fahrlässigen Gefahrerhöhung gem. §§ 23, 25 VVG a. F. leistungsfrei sei. Es könne deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger den Beweis eines Fahrzeugdiebstahls in ausreichender Weise geführt habe, wofür allerdings vieles spreche.
Auf den vorliegenden Fall sei noch das VVG in seiner bis zum 31.12.2007 gültigen Fassung anwendbar. Nach § 23 Abs. 1 VVG a. F. dürfe der Versicherungsnehmer nach dem Abschluss des Vertrages nicht ohne Einwilligung des Versicherers eine Erhöhung der Gefahr vornehmen, wobei gem. § 29 S. 1 VVG a. F. eine unerhebliche Gefahrerhöhung nicht zur Leistungsfreiheit führe. Das dauerhafte Verwahren des Kfz-Scheins im Fahrzeug stelle eine erhebliche Gefahrerhöhung im Sinne des §§ 23 Abs. 1, 29 S. 1 VVG a. F. dar. Die Kammer schließe sich insoweit den Rechtsauffassungen des OLG Celle (Urteil vom 09.08.2007, 8 U 62/07) und des OLG Koblenz (Urteil vom 30.08.2002, 10 U 1415/01) an. Das entscheidende Argument für eine erhebliche Erhöhung der Diebstahlsgefahr durch Belassen des Fahrzeugscheins im Pkw sei vor allem die Erleichterung der Grenzüberschreitung für einen im Besitz des Kfz-Scheins befindlichen Fahrzeugdieb nach Osteuropa, um das Fahrzeug dort zu verwerten. Außerdem brauche der Dieb für eine etwa geplante Veräußerung bei Vorfinden des Fahrzeugscheins „nur“ noch den Kfz-Brief zu fälschen und nicht auch noch den Schein. Er erwecke zudem weniger oder gar kein Misstrauen, wenn er wenigstens eines der beiden Dokumente bei einer Kontrolle vorweisen könne. Ein weiteres Argument sei auch der erhöhte Diebstahlsanreiz für einen Täter, der zunächst nur ins Fahrzeuginnere eindringe, um dort Wertsachen zu entwenden. Die ständige (fahrlässige) Aufbewahrung des Kfz-Scheins im Inneren des versicherten Fahrzeugs führe mithin zur Leistungsfreiheit der beklagten Versicherung. Zwar sei es dem Kläger grundsätzlich möglich, einen Kausalitätsgegenbeweis dahingehend zu führen, dass die Gefahrerhöhung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherungsnehmers gehabt habe. Hierzu habe der Kläger allerdings auch in seinem letzten Schriftsatz vom 13.10.2009 (Bl. 116 ff. d. A.) weder irgendwelche Anhaltspunkte vorgetragen, noch geeignete Beweise angeboten. Deswegen sei zu Gunsten der Beklagten davon auszugehen, dass sich das Belassen des Fahrzeugscheins im Fahrzeug auf den behaupteten Diebstahl gefahrerhöhend ausgewirkt haben könne, so dass die Beklagte leistungsfrei sei.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der Begründung der Entscheidung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit der Berufung wendet sich der Kläger vollumfänglich gegen die erstinstanzliche Entscheidung. Er ist der Auffassung, dass das Urteil des Landgerichts einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte. Auch das dauerhafte Deponieren eines Fahrzeugscheins hinter der Sonnenblende stelle keine Gefahrerhöhung dar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach der VVG Reform leichte Fahrlässigkeit nicht zur Leistungsfreiheit führe. Dies sei bei der Auslegung des VVG a.F. zu berücksichtigen. Die Argumentation des Landgerichts sei auch praxisfremd. Jedenfalls habe das Landgericht nicht auf die Erhebung des angebotenen Beweises durch Sachverständigengutachten zu der Behauptung, dass ein Fahrzeugschein hinter der Sonnenblende keinen Diebstahlsvorsatz hervorrufe, verzichten dürfen. Auch sprächen gegen die Annahme der Gefahrerhöhung die besseren Argumente. Deswegen sei der Kläger auch nicht zu einem Kausalitätsgegenbeweis verpflichtet gewesen. Die Zulassung der Revision werde angeregt. Im Übrigen ergebe sich aus dem reparierten, gepflegten und zeitgemäßen Zustand des Fahrzeugs bei Erwerb, dass dieses nach dem - in zweiter Instanz unstreitigen - Vorschaden fachgerecht unter Verwendung von Originalteilen repariert worden sei. Es habe zum Zeitpunkt des Diebstahls einen Wert von EUR 12.000,00 gehabt. Eine weitere Aufklärung der Umstände, unter denen das Fahrzeug repariert worden sei, scheitere allerdings an tatsächlichen Schwierigkeiten. Insbesondere sei nicht bekannt, in welcher Werkstatt die Reparatur durchgeführt worden sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen UrteilsDie Beklagte beantragt unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 12.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Rechtsanwaltskosten der Rechtsanwältin […] in Höhe von EUR 837,52 freizustellen
die Berufung zurückzuweisen.Sie ist der Auffassung, dass das Urteil des Landgerichts frei von Rechtsfehlern sei. Es müsse von einer mindestens fahrlässigen Gefahrerhöhung ausgegangen werden. Diese sei auch nicht quantitativ unerheblich, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass mehr als die Hälfte der Versicherungsnehmer den Fahrzeugschein im PKW belasse. Die Wertungen des neuen VVG seien auf die alte Rechtslage nicht übertragbar. Zudem lasse sich der behauptete Wert des Fahrzeugs auf Grundlage des Vortrages des Klägers nicht ermitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 23. August 2010 (Bl. 207 ff. d.A.).
II.
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 511 Abs. 1 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 Abs. 2, 517, 519, 520 ZPO). Zudem ist sie auch teilweise begründet.
1. Der Kläger hat jedenfalls dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensregulierung wegen Fahrzeugverlustes durch Diebstahl aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. A 2.2.2 der AKB.
a. Zwischen den Parteien bestand unstreitig eine Teilkaskoversicherung für das betreffende Fahrzeug mit einer Selbstbeteiligung von EUR 150,00 je Schadensfall, die auch den Verlust des PKW durch Diebstahl umfasste.
b. Es ist auch vom Eintritt des Versicherungsfalles auszugehen. Dabei ist es zunächst Sache des Versicherungsnehmers, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ein Diebstahl vorliegt. Da es hierfür typischerweise keine Zeugen gibt, reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer Anzeichen beweist, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines Diebstahls belegen (vgl. schon BGH, Urteil vom 05.10.1983, BeckRS 1983, 30374866). Das dabei erforderliche Mindestmaß an Tatsachen ist im Allgemeinen dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und später nicht mehr vorgefunden hat. Diese Beweiserleichterung gilt jedoch nur, solange nicht die Versicherung konkrete Tatsachen darlegt und beweist, aus denen sich die Annahme der Vortäuschung des Versicherungsfalls ergibt (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 30.08.2002, BeckRS 2002, 30280237 m.w.N.). Dies ist der Beklagten vorliegend jedoch nicht gelungen. Zwar ist der Beklagten insofern zugute zu halten, dass der Vortrag des Klägers zu den Umständen des Fahrzeugserwerbes eher ungewöhnlich erscheint und auch nicht sämtliche Originalschlüssel vorgelegt werden konnten. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Kläger neben dem hiesigen Verfahren an einem weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht O. beteiligt war, in dem u.a. die vorsätzliche Herbeiführung einer Kollision thematisiert wurde. Auch in der Gesamtschau reichen diese Anhaltspunkte aber nach hiesiger Auffassung trotz gewisser Bedenken letztlich nicht aus, um auf die Unredlichkeit des Versicherungsnehmers zu schließen. Dann aber genügt es den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast, wenn der Kläger in seiner erstinstanzlichen Anhörung geschildert hat, dass er das abends abgestellte Fahrzeug am nächsten Morgen nicht mehr vorgefunden habe. Ein Beweis durch Parteivernehmung oder schlichte Anhörung ist in solchen Fällen möglich (vgl. Prölls/Martin-Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 12 AKB RN 20, 23; OLG Koblenz, aaO). Es ist dann Sache der Beklagten, den von ihr behaupteten vorgetäuschten Diebstahl darzulegen und zu beweisen. Ein entsprechender substantiierter Vortrag und Beweisantritt ist jedoch trotz entsprechenden Hinweises nicht erfolgt und mag aus tatsächlichen Gründen auch nicht möglich sein.
c. Zudem scheitert die Leistungspflicht der Beklagten dem Grunde nach auch nicht an § 61 VVG a.F., auch wenn der Kläger den Kfz-Schein dauerhaft hinter der Sonnenblende im PKW aufbewahrt hat. Leistungsfreiheit gemäß § 61 VVG a.F. tritt nur dann ein, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Dies setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer den vertraglich vorausgesetzten Sicherheitsstandard deutlich unterschreitet, ihm dies auch in besonderem Maße vorwerfbar ist und das Versäumnis für die Entwendung des Fahrzeugs ursächlich ist (vgl. LG Köln, Urteil vom 15.01.2009, 24 O 365/08). Nach Ansicht des Senates fehlt es dabei schon an einem grob fahrlässigen Verhalten des Klägers. Mit Hinblick auf die zumindest nicht ungewöhnliche, wenn auch durchaus kritisch zu sehende Praxis, den Fahrzeugschein im PKW aufzubewahren, dürfte dies jedenfalls im Regelfall keine deutliche Unterschreitung üblicher Sicherheitsstandards darstellen (so im Ergebnis auch BGH NJW-RR 1996, 734). Auf den Umstand, dass es im Rahmen des § 61 VVG a.F. Sache des Versicherers ist, zu beweisen, dass das Kfz ohne den Schein im Auto nicht entwendet worden wäre, (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 23.03.1995, 1 U 152/94; OLG Jena, Urteil vom 05.08.1999, 4 U 135/98) mit den entsprechenden damit einhergehenden Beweisschwierigkeiten, kommt es deshalb nicht entscheidend an.
d. Ebenso wenig kann sich die Beklagte darauf berufen, gemäß §§ 23, 25 VVG a.F. leistungsfrei geworden zu sein. Dies würde voraussetzen, dass eine gemäß § 29 Satz 1 VVG a.F. nicht unerhebliche Gefahrerhöhung nach Vertragsschluss eingetreten ist; es reicht einfache Fahrlässigkeit als Verschuldensform aus (vgl. zur Beweislast Prölls/Martin-Prölls, aaO, § 25 VVG RN 2). Überwiegend wird insofern vorausgesetzt, dass ein Zeitmoment hinzukommt, also die Gefahrerhöhung von einer gewissen Dauer ist (vgl. etwa LG Köln, aaO, m.w.N.). Der Senat ist dabei zu dem Schluss gelangt, dass allenfalls eine unerhebliche Gefahrerhöhung durch das Belassen des Fahrzeugscheins hinter der Sonnenblende eingetreten ist. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass das bloße Vorhandensein des Fahrzeugscheins im PKW – anders etwa als ein im Fahrzeug zurückgelassener Zweitschlüssel – dem Dieb das Entwenden an sich nicht erleichtert. Ebenso erscheint es eher fernliegend, dass der Diebstahlsvorsatz durch einen von außen nicht sichtbaren Fahrzeugschein erst hervorgerufen wird (ebenso OLG Oldenburg, Urteil vom 23.06.2010, 5 U 152/09). Dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend – nichts dafür ersichtlich ist, dass die betreffende Handhabung einem größeren Personenkreis bekannt gewesen ist. Allenfalls könnte sich ein Täter, der beim Durchsuchen des PKW nach Wertgegenständen den Schein vorfindet, spontan zum Entwenden des gesamten Fahrzeugs entschließen. Dies dürfte aber in der Regel nicht der Fall sein: Bei denjenigen, die ein Fahrzeug aufbrechen und Stehlenswertes mitnehmen, handelt es sich im Allgemeinen um einen Täterkreis, dem es um „schnelles Geld“ und nicht um Diebstahl bzw. Verwertung des PKW geht (so auch OLG Oldenburg, aaO).
Allerdings hält das Gericht an der im Hinweisbeschluss vom 22.03.2010 vertretenen Auffassung fest, dass das dauerhafte Belassen des Fahrzeugscheins durchaus eine gewisse Erleichterung für einen Dieb (bzw. den Hehler und damit für die Absetzmöglichkeiten des Diebes) bedeutet, da die Verwertung des Fahrzeugs begünstigt wird. Denn die Chancen, bei einem etwaigen Grenzübertritt oder einer Verkehrskontrolle nicht aufzufallen, erhöhen sich, wenn problemlos ein Originalpapier vorgelegt werden kann. Gleichwohl ist damit die Erheblichkeitsschwelle insbesondere in Hinblick darauf, dass ein Dieb sich ohnehin veranlasst sehen muss, den Fahrzeugbrief zu fälschen und solche Fälschungen auch regelmäßig vorgenommen werden, nicht überschritten (wie hier OLG Koblenz, aaO; anders OLG Celle, NJW-RR 2008, 545). Zudem handelt es sich nur um einen sehr kurzfristigen Vorteil, da die Erleichterung gänzlich entfällt, sobald das Fahrzeug zur Fahndung ausgeschrieben wird. Ab diesem Zeitpunkt kann der Täter den Originalfahrzeugschein nicht mehr verwenden, sondern muss auf eine Fälschung zurückgreifen. Zusätzlich muss er, zumindest beim Verbringen des Fahrzeugs in Staaten außerhalb der Europäischen Union, die Fahrzeugidentifikationsnummer am Fahrzeug und in den Papieren verändern, da diese an der Grenze kontrolliert wird. Angesichts der kurzen Zeitspanne, innerhalb derer das Vorhandensein des Originalfahrzeugscheins einen Vorteil darstellt und der Unsicherheit für den Täter, wann diese Spanne endet, dürfte der Täter darauf angewiesen sein, bereits vor der Tat für gefälschte Papiere zu sorgen. Insgesamt erleichtert damit der im Fahrzeug vorgefundene Fahrzeugschein die Verwertung des PKW nur sehr bedingt (ebenso OLG Oldenburg, aaO). Damit ist die Beklagte entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts nicht gemäß §§ 23, 25 VVG a.F. leistungsfrei.
e. Die Beklagte ist auch nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung im Sinne des § 6 Abs. 3 VVG a.F. i.V.m. E.5.1 AKB leistungsfrei. Zwar hat der Kläger unstreitig in der Schadensmeldung angegeben, dass das Fahrzeug keinen Vorschaden gehabt habe, obwohl ein solcher - in zweiter Instanz unstreitig – bestanden hat. Gleichwohl scheidet ein diesbezügliches Freiwerden von der Leistung unabhängig von Kausalitätsfragen von vornherein aus, da dem insofern beweisbelasteten Kläger (vgl. Prölls/Martin, aaO, § 6 RN 124) der Nachweis mangelnden Verschuldens gelungen ist. Der Senat geht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon aus, dass der Kläger die objektiv falsche Angabe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gemacht hat, sondern ihm der Vorschaden nicht bekannt war, ohne dass ihm die mangelnde Kenntnis im Sinne eines erheblich gesteigerten Verschuldens vorwerfbar wäre.
Der Senat hat zur Frage der Erkennbarkeit des Vorschadens den Zeugen E., den Bruder des Klägers, vernommen. Dieser hat u.a. bekundet, bei dem Kauf des betreffenden Fahrzeugs zugegen gewesen zu sein. Der PKW habe sich in einem guten Zustand befunden. Er habe gepflegt ausgesehen, Fehler seien Ihnen nicht aufgefallen. Es sei, soweit erkennbar, nichts zu sehen gewesen, was noch weitere Kosten habe vermuten lassen. Auch über später aufgetretene Probleme, abgesehen von üblichem Verschleiß, sei ihm nichts bekannt. Der Senat sieht keinen Anlass, dem nicht zu folgen. Dabei verkennt er nicht, dass angesichts der Höhe des Kaufpreises die zugleich getätigten Aussagen des Zeugen, man habe keinen schriftlichen Kaufvertrag geschlossen und er wisse auch nicht, ob man sich den Ausweis des Verkäufers habe zeigen lassen, zumindest ungewöhnlich erscheint, auch wenn der Verkäufer „nett rüber gekommen“ sein sollte. Letztlich ist aber die Begründung des Zeugen, man habe dies aus Unerfahrenheit so gemacht, nicht zu widerlegen. Hieraus folgt auch nicht, dass dem Kläger bezüglich der Unkenntnis von dem Vorschaden der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen wäre: Der Abschluss eines schriftlichen Kaufvertrages hätte zwar der besseren Aufklärbarkeit der „Vorgeschichte“ des PKW gedient, nicht ohne weiteres aber den Vorschaden offenbart. Dementsprechend scheidet ein diesbezügliches Verschulden aus.
2. Der Höhe nach besteht der Anspruch jedoch nur teilweise. Die Beklagte hat bestritten, dass der Wert des Fahrzeugs EUR 7.000,00 überstiegen hat. Zwar hat der Kläger zum Beweis seiner Behauptung, das Fahrzeug sei zum maßgeblichen Zeitpunkt noch mindestens EUR 12.000,00 wert gewesen, Sachverständigengutachten angeboten. Insofern fehlt es aber an ausreichendem Vortrag zur Beseitigung des Vorschadens. Der Kläger will aus dem Umstand, dass keine Vorschäden erkennbar gewesen seien, darauf schließen, dass eine fachgerechte Reparatur in einer Fachwerkstatt erfolgt sei. Hierbei handelt es sich aber letztlich um eine unsubstantiierte Behauptung ins Blaue hinein, die sachverständigen Feststellungen nicht zugänglich ist. Dementsprechend kam mangels hinreichenden Vortrages die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht.
3. Der Kläger kann von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Verzuges die geltend gemachten Zinsen sowie grundsätzlich auch die Freihaltung von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen, §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB. Da der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag dem Kläger jedoch nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe zusteht, waren auch die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren entsprechend zu reduzieren.
4. Die Revision wird zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO vorliegen. Anders als das OLG Oldenburg (aaO) geht der Senat davon aus, dass die unterschiedlichen Auffassungen verschiedener Oberlandesgerichte (vgl. OLG Celle, aaO) zur Frage der Gefahrerhöhung bei dauerndem Belassen des Kfz-Scheins im Fahrzeug die Zulassung der Revision unter dem Aspekt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gebieten.
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.