- Die Behörde muss im Klageverfahren den gelegentlichen, d. h. mindestens zweimaligen, Cannabiskonsum beweisen. Dazu muss sie die volle richterliche Überzeugung von mindestens zwei Konsumakten des Fahrerlaubnisinhabers herbeiführen. Gelingt ihr das nicht, darf sie die Fahrerlaubnis nicht entziehen, sondern lediglich Aufklärungsmaßnehmen anordnen.
- Der gelegentliche Cannabiskonsum kann sich aus den Einlassungen des Fahrerlaubnisinhabers im Straf-, Ordnungswidrigkeiten und Verwaltungsverfahren ergeben.
- Der gelegentliche Konsum kann sich auch aus dem Eingeständnis des einmaligen Konsums mehr als sechs Stunden vor der Blutprobe und dem in ihr festgestellten THC-Gehalt ergeben.
- Der gelegentliche Konsum kann sich aus dem THC-COOH-Gehalt des Blutes ergeben.
- Im Verfahren über die Entziehung der Fahrerlaubnis gelten die allgemeinen Regeln über die Verteilung der Beweislast. Eine Tatsachenvermutung (§ 292 ZPO) zugunsten der Behörde besteht nicht. Der Beweis des ersten Anscheins ist ausgeschlossen, weil der Cannabiskonsum ausschließlich willensgesteuert abläuft. Eine Beweislastumkehr ist fahrerlaubnisrechtlich nicht vorgesehen und aus den allgemeinen Regeln nicht abzuleiten. Vor dem Ergreifen der Aufklärungsmaßnahmen, die § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV vorsieht (Drogenscreening), fehlt es an einer Beweisnot der Behörde.
- Diese Grundsätze gelten für das Klageverfahren und nicht für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das nur eine Wahrscheinlichkeitsentscheidung verlangt.
Tatbestand:
Der Kläger führte am 26. Oktober 2010 gegen 0:30 Uhr ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr, obwohl er nach eigenen Angaben zwei bis vier Stunden zuvor Cannabis konsumiert hatte. Die bei ihm genommene Blutprobe erbrachte einen Wirkstoffgehalt von 3,5 ng THC und eine Metabolitkonzentration von 20,9 ng THC-COOH jeweils pro Milliliter Serum. Vor diesem Geschehen ist der Kläger nach dem Inhalt der Verwaltungsakte zwar wegen anderer Delikte im Straßenverkehr auffällig geworden, aber niemals im Zusammenhang mit Rauschmitteln. Auf die Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wandte der Kläger ein, er habe nur einmalig und experimentell Cannabis zu sich genommen. Gleichwohl entzog ihm die Beklagte am 17. Januar 2011 die Fahrerlaubnis und führte neben den Blutwerten u. a. an, dass der Kläger nicht aufgezeigt habe, wie er künftig seinen Cannabiskonsum vom Führen eines Kraftfahrzeuges trennen wolle. Zusammen mit der Entziehung setzte die Beklagte Kosten in Höhe von 153,45 Euro fest.
Gegen den ihm am 20. Januar 2011 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 18. Februar 2011 Klage erhoben.
Er bekräftigt, dass er nicht gelegentlich Cannabis zu sich nehme, sondern dass es sich am 26. Oktober 2010 um einen einmaligen Konsum gehandelt habe. Er habe das Cannabis auch nicht unmittelbar vor der Fahrt konsumiert, sondern nach seiner Erinnerung etwa zwei bis vier Stunden vorher. Er habe sich fahrtüchtig gefühlt und sei auch nach den Feststellungen der Polizeibeamten insoweit unauffällig gewesen. Daneben führt er persönliche Gründe an, aus denen er auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist.
Der Kläger beantragt,die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 17. Januar 2011 aufzuheben.Die Beklagte beantragt,die Klage abzuweisen.Sie ist der Auffassung, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein Erstkonsument von Cannabis noch unter der Wirkung der Droge ein Kraftfahrzeug führe und dann auch noch in eine Polizeikontrolle gerate.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die angegriffene Ordnungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1.§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) weist die Fahrerlaubnisbehörde an, die Fahrerlaubnis (zwingend) zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. § 6 Abs. 1 Nr. 1 c) ermächtigt das Bundesverkehrsministerium, mit Zustimmung des Bundesrates eine Rechtsverordnung zu erlassen über die Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die Beurteilung der Eignung durch Gutachten sowie die Feststellung und Überprüfung der Eignung durch die Fahrerlaubnisbehörde nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 4, 7 und 8. Mit der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist eine solche Rechtsverordnung erlassen worden. Sie legt in ihrem § 46 Abs. 1 Satz 2 fest, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis wegen Eignungsmangels zu entziehen hat, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
Wie sich der Genuss von Cannabis auf die Fahreignung auswirkt, ist in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für den Regelfall (vgl. Vorbemerkung Nr. 3) festgelegt. Die regelmäßige Einnahme von Cannabis lässt die Fahreignung stets entfallen. Die gelegentliche Einnahme von Cannabis lässt die Fahreignung nicht entfallen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen Konsum und Fahren trennt und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Der einmalige Cannabiskonsum wird in der Anlage 4 nicht aufgeführt.
Voraussetzung der Entziehung ist, dass die Nichteignung positiv festgestellt wird. Bedenken an der Kraftfahreignung genügen nicht für die Entziehung der Fahrerlaubnis.Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 25.04 –, NJW 2005, 3081 (= juris Rdn. 17).Regelmäßig konsumiert Cannabis, wer diese Droge täglich oder nahezu täglich zu sich nimmt.Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2009 – 3 C 1.08 –, BVerwGE 133, 186 (= juris Rdn. 14) unter Berücksichtigung der Ergebnisse der BASt-Studie Cannabis und Verkehrssicherheit, November 2006, Heft M, vgl. dazu Gehrmann, Grenzwerte für Drogeninhaltsstoffe im Blut und die Beurteilung der Eignung im Fahrerlaubnisrecht, NZV 2008, 377; OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2010 – 16 B 428/10 – VRS 119 (2010), S. 180 (= juris Rdn. 3).Gelegentlich konsumiert Cannabis, wer das Rauschmittel öfter als einmal,vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Juni 2010 – 16 B 402/10, vom 9. November 2009 – 16 B 1543/09 , vom 16. Oktober 2009 – 16 E 278/09, und vom 20. Juli 2009 – 16 E 209/09; zurückhaltender noch Beschluss vom 11. September 2008 – 16 B 868/08 –; wie hier: OVG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 3. Februar 2010 – 1 S 234.09 –, juris Rdn. 5; VGH Hessen, Beschluss vom 24. September 2008 – 2 B 1365/08 –, NJW 2009, 1523 (= juris Rdn. 5); OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rdn. 20; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. Juli 2006 – 1 M 64/06 –, NJ 2006, 516; VGH Bayern, Beschluss vom 25. Januar 2006 – 11 CS 05.1453 –, BA 2006, 422 (= juris Rdn. 20 ff) mit zutreffender Ablehnung der Rspr. des OVG Hamburg, das als einziges Obergericht in einem einmaligen einen gelegentlichen Cannabiskonsum erkennt (z. B. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Dezember 2005 – 3 Bs 214/05 –, NJW 2006, 1367), zustimmend Kalus, in: Hettenbach u. a., Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. (2010), § 2 Rdn. 180,in voneinander unabhängigen selbstständigen Konsumakten,vgl. OVG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 13. November 2009 – 1 S 102.09 –, juris Rdn. 4 m. w. N.; VGH Bayern, Beschluss vom 20. September 2007 – 11 CS 07.1589 –, Rdn. 13 m. w. N.; eher beiläufig: OVG NRW, Beschluss vom 22. Oktober 2010 – 16 B 1339/10, vgl. auch Pießkalla, Aktuelle Fragen zur Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten unter besonderer Berücksichtigung des Mischkonsums mit Alkohol, NZV 2008, 542,die in einem hinreichenden Zusammenhang zueinander stehen,vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 – 3 C 25.04 –, NJW 2005, 3081 (= juris Rdn. 22): Der erfolgte Betäubungsmittelmissbrauch muss nach Gewicht und unter zeitlichen Gesichtspunkten noch geeignet sein, die Kraftfahreignung in Zweifel zu ziehen,zu sich nimmt.
Der so näher umschriebene gelegentliche Konsum von Cannabis kann sich zunächst aus den eigenen Einlassungen des Fahrerlaubnisinhabers bei einer Polizeikontrolle, in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren sowie dem Verwaltungs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergeben.Vgl. VGH Hessen, Beschluss vom 24. September 2008 – 2 B 1365/08 –, NJW 2009, 1523 zur Einräumung durch den Fahrerlaubnisinhaber.In Betracht kommen darüber hinaus Einlassungen des Prozessbevollmächtigten des Fahrerlaubnisinhabers oder Zeugen. Sind diese Beweismittel unergiebig und gesteht der Fahrerlaubnisinhaber lediglich ein, ein einziges Mal Cannabis konsumiert zu haben, gibt aber an, zwischen Konsumende und Blutentnahme seien mehr als sechs Stunden vergangen, steht der zweimalige Konsum in aller Regel fest, wenn die Blutprobe einen THC-Gehalt von mindestens 1 ng pro Milliliter Serum ergibt.Vgl. zur Ein-Nanogramm-Grenze: Empfehlung der Grenzwertkommission zur Änderung der Anlage zu § 24a StVG, in: BA 44 (2007), S. 311; zur Messgrundlage Vollblut oder Blutserum in Deutschland und in der Schweiz vgl. Haase/Sachs, Drogenfahrt mit Blutspiegeln unterhalb der Grenzwerte der Grenzwertkommission – Straftat (§ 316 StGB), Ordnungswidrigkeit (§ 24a StVG) oder Einstellung (§ 47 OWiG), in: NZW 2008, 221.Der erste Konsumakt liegt mit der eingestandenen Cannabiseinnahme mehr als sechs Stunden vor der Blutentnahme vor. Insofern darf den eigenen Angaben des Klägers Glauben geschenkt werden, da er diese im Rahmen seiner verwaltungsverfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nach § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) und seiner prozessualen Wahrheitspflicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 138 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) macht. Auch wenn der Fahrerlaubnisinhaber im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zum wahrheitsgemäßen Vortrag verpflichtet ist, trifft ihn die Wahrheitspflicht doch im verwaltungsrechtlichen Verfahren nach Abschluss des Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Sind zwischen dem eingestandenen einmaligen Konsum und der Blutprobe mehr als sechs Stunden vergangen, muss es innerhalb der sechs Stunden vor der Blutentnahme zu einem zweiten Konsumakt gekommen sein, weil ein THC-Gehalt von mindestens 1 ng/mL Serum höchstens sechs Stunden lang nachweisbar ist.Vgl. zur Nachweisdauer von THC im Blut: Schubert u.a., Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Aufl. (2005), S. 178; Möller u.a., Leistungsverhalten und Toxikokinetik der Cannabinoide nach inhalativer Marihuanaaufnahme, BA 2006, 361, 365 ("Maastricht-Studie").Diese Form der Nachweisführung ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt.Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. November 2010 – 16 E 1326/10 und vom 22. Oktober 2010 – 16 B 1339/10; ebenso VGH Bayern, Beschluss vom 20. September 2007 – 11 CS 07.1589 –, juris Rdn. 14.Der gegenteiligen Auffassung, die stets davon ausgeht, der Fahrerlaubnisinhaber habe auch im verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren über den Zeitpunkt des eingestandenen Konsums unrichtig ausgesagt, um – wie bei Alkoholkonsum – einen möglichst großen Zeitraum zwischen Konsum und Fahren zu legen, folgt die Kammer nicht. Fahrerlaubnisbehörde und Gericht können über das Rauschmittelkonsumverhalten des Fahrerlaubnisinhabers keine Aussage aus eigener Kenntnis treffen. Wie in anderen Verwaltungsverfahren dürfen sie auch im Fahrerlaubnisverfahren von der Wahrheit der Angaben des Bürgers zunächst ausgehen. Umgekehrt muss sich der Fahrerlaubnisinhaber an seinen Aussagen festhalten lassen. Ohne hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte können Behörde und Gericht kein pflichtwidriges Verhalten in Gestalt eines vollständig wahrheitswidrigen Sachvortrags annehmen. Dazu sind gewichtigere Anhaltspunkte erforderlich als die vermutete Unkenntnis des Fahrerlaubnisinhabers darüber, wie lange der Cannabiswirkstoff im Blut nachweisbar bleibt.Vgl. zur Annahme eines unrichtigen Sachvortrags: OVG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 3. Februar 2010 – 1 S 234.09 –, juris Rdn. 6; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rdn. 32.Der gelegentliche Konsum kann auch ohne Eingeständnis des Fahrerlaubnisinhabers auf der Grundlage des THC-COOH-Gehalts in seinem Blut feststehen. Der rauschauslösende Wirkstoff des Cannabis (Tetrahydrocannabinol, THC) unterliegt den Stoffwechselvorgängen des Körpers. Er wird zur Ausscheidung in andere chemische Verbindungen umgewandelt. Ein Zwischenprodukt (Metabolit) auf diesem Weg ist die rauschunwirksame THC-Carbonsäure (THC-COOH), die länger als sechs Stunden im Blut nachweisbar ist. Jüngere rechtsmedizinische Untersuchungen haben ergeben, dass Werte von mehr als 150 ng THC-COOH pro Milliliter Serum den Schluss zulassen, dass der Proband in einem überschaubaren Zeitraum mehr als einmal Cannabis zu sich genommen hat. Erreicht der Fahrerlaubnisinhaber diesen Grenzwert, steht der gelegentliche Konsum fest.Vgl. VGH Hessen, Beschluss vom 24. September 2008 – 2 B 1365/08 –, juris Rdn. 16 ff.; VGH Bayern, Beschluss vom 16. August 2006 – 11 CS 05.3394 –, juris Rdn. 30 bis 36; VG Saarlouis, Beschluss vom 3. November 2008 – 10 L 859/08 –, juris Rdn. 37; OVG NRW, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – 16 E 410/10 –: bei einer zeitnahen Blutentnahme nach dem Auffälligwerden bzw. dem letzten Cannabiskonsum können 100 ng THC-COOH pro mL Serum für den Nachweis des gelegentlichen Konsums ausreichen; OVG Berlin-Brandenburg , Beschluss vom 3. Februar 2010 – 1 S 234.09 –, juris Rdn. 5: 75 ng/mL genügen (jeweils mit umfangreichen rechtsmedizinischen Nachweisen); zusammenfassend: Zwerger, Berührungspunkte von Toxikologie und Rechtsprechung: Blutwerte nach Cannabiskonsum und Fahreignung, in: ZfSch 2007, 551, sowie Kalus, in: Hettenbach u. a., Drogen und Straßenverkehr, 2. Aufl. (2010), § 2 Rdn. 181 bis 190.Dagegen ist weder die Urin- noch die Haaranalyse geeignet, ein gelegentliches oder regelmäßiges Konsummuster nachzuweisen, weil die Abbauprodukte des THC in diesen Medien zu lange zu finden sind, um hinreichend genaue zeitliche Nachweise zu erhalten.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 – 16 A 2144/09 m. N. aus der Rechtsmedizin.Ist der gelegentliche Konsum mit den vorgenannten Ermittlungsmethoden nicht nachweisbar und haben andere gerichtliche Aufklärungsmaßnahmen (vgl. § 86 VwGO), zu denen auch die eindringliche gerichtliche Befragung des Fahrerlaubnisinhabers gehört, keinen Erfolg gebracht, bleibt die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums unerweislich ("non liquet"). Es finden die im öffentlichen Recht allgemein geltenden Regeln der materiellen Beweislast Anwendung. Sie beantworten die Frage, wer den Prozess verliert, wenn unaufklärbar bleibt, ob ein Tatbestandsmerkmal erfüllt ist.
Sowohl im Zivil- als auch im öffentlichen Recht gilt als Grundregel das sogenannte "Günstigkeitsprinzip". Danach trägt jeder den Rechtsnachteil für die Nichterweislichkeit der ihm günstigen Tatbestandsmerkmale einer Norm. Auf die Anfechtungsklage gewendet bedeutet dies: Die erlassende Behörde trägt die materielle Beweislast für die Tatsachen, die nach der zugrunde liegenden Norm Voraussetzung für die belastende Rechtsfolge sind, die durch den angegriffenen Verwaltungsakt angeordnet wird.Vgl. Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. (2010), § 108 Rdn. 115 m. N. d. Rechtsprechung des BVerwG.Diese Grundregel gilt allerdings nur subsidiär. Sie ist gesperrt, soweit das materielle Recht eine andere Beweislastverteilung vorsieht. Dazu muss sich der Norm entnehmen lassen, dass ihre Rechtsfolge auch eintreten soll, wenn das Tatbestandsmerkmal unerweislich bleibt, insofern also ein non liquet eintritt.
Das Fahrerlaubnisrecht kennt ausdrückliche Beweislastverteilungen. So erlegt es beispielsweise in § 2 Abs. 6 StVG dem Bewerber um eine Fahrerlaubnis ausdrücklich die Pflicht auf, bestimmte Umstände "mitzuteilen und nachzuweisen".Vgl. zur spezialgesetzlich angeordneten Nachweispflicht allgemein: Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. (2010), § 108 Rdn. 109 m. N. d. Rechtsprechung des BVerwG; speziell zu der seit 1998 eingeführten Nachweispflicht im Fahrerlaubnisrecht: Gehrmann NJW 1998, 3537.Eine der Erst- bzw. Wiedererteilung vergleichbare Pflicht, das Fortbestehen der Fahreignung nachzuweisen, findet sich im Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 3 StVG, 46 FeV nicht. Weil § 3 Abs. 1 StVG als Ermächtigungsgrundlage für die Fahrerlaubnisentziehung nur auf § 2 Abs. 7 und 8 StVG verweist, die in § 2 Abs. 6 StVG statuierte Nachweispflicht des Bewerbers aber von der Verweisung ausnimmt, verbleibt es im Entziehungsverfahren bei den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung.Vgl. Weibrecht, Nachweisfragen – MPU – Rechtsprobleme, in: BA 40 (2003), 130, 131.Nach diesen Grundsätzen hat die Fahrerlaubnisbehörde die Voraussetzungen der Entziehungsnorm darzulegen und zu beweisen, insbesondere die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums.Vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 1 M 142/06 –, juris Rdn. 21; Weibrecht, Nachweisfragen – MPU – Rechtsprobleme, in: BA 40 (2003), 130, 131; Jagow/Burmann/Heß, Straßenverkehrsrecht, 20. Aufl. (2008), § 3 StVG Rdn. 7.Die Nachweisanforderungen, die an die Fahrerlaubnisbehörde gestellt sind, sinken nicht, weil es für sie schwer ist, die erforderlichen Tatsachen vor einer (weiteren) Verkehrsauffälligkeit festzustellen.Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, NJW 2002, 2378 (= juris Rdn. 53) zu den nicht abzusenkenden Nachweisanforderungen beim weniger eingreifenden Drogenscreening.Eine gesetzliche Tatsachenvermutung (vgl. § 292 ZPO), dass derjenige, der einmal mit Cannabis verkehrsauffällig wird, nicht zum ersten Mal Cannabis konsumiert hat, findet sich weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der Fahrerlaubnis-Verordnung. Auch ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, das den Fahrerlaubnisinhaber dazu verpflichtete, die Einmaligkeit seines Konsums darzulegen und notfalls zu beweisen, lässt sich der Formulierung der Ermächtigungsgrundlage nicht entnehmen.
Eine Ausnahme von den allgemeinen Beweislastregeln lassen im hier interessierenden Zusammenhang auch die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins nicht zu. Der Beweis des ersten Anscheins dient dazu, die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche volle richterliche Überzeugung aufgrund eines allgemeinen Erfahrungssatzes herbeizuführen. Der Beweis des ersten Anscheins kann aber nur geführt werden, wenn es einen nach der Lebenserfahrung typischen Geschehensablauf gibt.Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1965 – VII C 147.63 –, NJW 1965, 1098; Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. (2010), § 108 Rdn. 160 m. w. N. d. Rechtsprechung des BVerwG.Notwendig ist dazu, dass es um aus der Lebenserfahrung gewonnene Sachverhalte geht, die in vielen Einzelheiten mit dem zu entscheidenden Fall übereinstimmen und regelhaft ablaufen. Diese Voraussetzungen sind beim Cannabiskonsum nicht erfüllt. Dem steht bereits entgegen, dass der Cannabiskonsum nur vom Willen des Konsumenten abhängt. Ist ein Geschehensablauf aber vorwiegend willensabhängig, fehlt es an der Regelhaftigkeit und der Beweis des ersten Anscheins ist nicht anwendbar.Vgl. Greger, in Zöller, ZPO, 28. Aufl. (2010), vor § 284 Rdn. 31; a. A. Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. (2010), § 108 Rdn. 167, jeweils m. w. N.Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass Cannabis-Erstkonsumenten nie als Kraftfahrzeugführer angetroffen werden. Jedenfalls ist der Kammer keine Untersuchung dazu bekannt, wie oft Erstkonsumenten ein Kraftfahrzeug führen und angetroffen werden. Die allgemeine Lebenserfahrung, dass es unwahrscheinlich ist, als Erstkonsument kontrolliert zu werden, beruht auf der allgemeinkundigen Erfahrung, dass ein Kraftfahrer eher selten in eine Verkehrskontrolle gerät und daher zwei Zufälligkeiten zusammentreffen müssen, damit ein Cannabiserstkonsument kontrolliert wird. Für einen gleichmäßigen, vorhersehbaren Geschehensablauf, der regelhaft und immer abläuft, geben solche Wahrscheinlichkeiten aber nichts her.
Der ohne statistische Nachweise allein mögliche und in der Rechtsprechung mitunter zugrunde gelegte Erfahrungssatz, es sei unwahrscheinlich, dass ein Erstkonsument trotz seiner fehlenden Cannabiserfahrung selbst ein Kraftfahrzeug lenkt und dabei auch noch polizeilich kontrolliert wird,vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 7. Juni 2005 – 4 MB 49/05 –, NordÖR 2005, 332 (= juris Rdn. 4); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2007 – 10 S 2302/06 –, BA 44 (2007), 190 (= juris Rdn. 15),genügt im Klageverfahren zur Beweisführung nicht mehr. Denn der Erfahrungssatz zielt schon nicht darauf ab, die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit der Tatsachenbehauptung zu begründen. Er ist lediglich darauf gerichtet, die – wenn auch große – Wahrscheinlichkeit des mehrmaligen Konsums zu belegen.Vgl. Greger, in Zöller, ZPO, 28. Aufl. (2010), vor § 284 Rdn. 29; Höfling, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. (2010), § 108 Rdn. 162, jeweils m. w. N.Der Erfahrungssatz ist darüber hinaus erheblichen tatsächlichen Zweifeln ausgesetzt, weil rechtsmedizinische Untersuchungen ergeben haben, dass der Cannabisrausch schnell abklingt und viele Cannabiskonsumenten sich schon kurz nach dem Konsumende als drogenfrei und fahrfähig fühlen, obwohl das rauschwirksame THC noch mit mindestens 1 ng/mL Serum in ihrem Blut vorhanden ist.
Einem angetroffenen Fahrerlaubnisinhaber kann daher nicht vorgehalten werden, er müsse ein erfahrener Cannabiskonsument sein, weil sich nur erfahrene Cannabiskonsumenten nach dem Konsum ans Steuer setzten. Nur sie könnten die Wirkungen der Droge einschätzen. Der Erstkonsument sei dazu (noch) nicht in der Lage und führe deswegen nach dem Konsum auch kein Kraftfahrzeug.
Auch der Erstkonsument, der bei sich keinerlei Wirkungen der Droge mehr verspürt, geht subjektiv kein besonderes Risiko ein, wenn er aus seiner Sicht völlig unbeeinträchtigt sein Fahrzeug führt. Überdies setzt diese Argumentation voraus, dass es sich bei allen Cannabiskonsumenten um vernünftige und charakterlich gereifte Fahrerlaubnisinhaber handelt, die nach dem Drogenkonsum ohne Weiteres auf ihr Fahrzeug verzichten, wenn sie nicht überzeugt sind, auch objektiv wieder drogenfrei zu sein. Für die Richtigkeit dieser Annahme hat die Kammer keine empirisch abgesicherten Belege gefunden.Vgl. zur kurzen Wirkungsdauer des Rauscherlebnisses vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994 – 2 BvL 43/92 u. a. –, BVerfGE 90, 145 (= juris Rdn. 145 ff.); zu den unterschiedlichen THC-Gehalten im Blut und im Gehirn sowie den Auswirkungen auf die Unfallwahrscheinlichkeit: Drasch u. a., Unfälle und reale Gefährdung des Straßenverkehrs unter Cannabis-Wirkung, in: BA 2006 (43), 441.Die allgemein geltende Beweislastverteilung lässt sich bei der Fahrerlaubnisentziehung wegen Cannabiskonsums auch nicht umkehren. Der unter Cannabiseinfluss fahrende Fahrerlaubnisinhaber muss nicht beweisen, dass er tatsächlich nur einmalig Cannabis konsumiert hat, sondern es bleibt dabei, dass die Fahrerlaubnisbehörde nachweisen muss, dass er mehr als einmal Cannabis zu sich genommen hat.
Die Umkehr der Beweislast wird entweder mit der Unwahrscheinlichkeit des Antreffens nach Erstkonsum gerechtfertigt,vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2007 – 10 S 2302/06 –, BA 44 (2007), 190 (= juris Rdn. 15); VG Freiburg, Urteil vom 2. August 2007 – 1 K 993/07 –, juris Rdn. 15,oder sie wird auf Untersuchungen zur Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss gestützt, die gezeigt hätten, dass auf eine aufgedeckte Alkoholfahrt zahlreiche unentdeckte kommen und es deswegen "erst recht jeglicher Wahrscheinlichkeit widerspricht, dass jemand bereits nach dem erst- und einmaligen Konsum von Drogen in eine polizeiliche Verkehrskontrolle geraten ist".Vgl. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17. Februar 2009 – 4 LB 61/08 –; Beschluss vom 7. Mai 2005 – 4 MB 49/05.Die Kammer kann der Beweislastumkehr jedenfalls im Klageverfahren nicht beitreten, weil sie lediglich auf der Annahme einer (nicht quantifizierbaren) Wahrscheinlichkeit beruht. Diese Annahme vermag nicht zu erklären, warum das von § 108 Abs. 1 VwGO verlangte Beweismaß, nämlich die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit, bei der Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums durch ein anderes Beweismaß, nämlich die fehlende Plausibilität des Entlastungsvortrags bzw. die Wahrscheinlichkeit des zweimaligen Konsums, zu ersetzen ist. Hieran ändert nichts, wenn man das Beweismaß nicht ausdrücklich abändert, sondern – in einem vorhergehenden Schritt – bei der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast vom Günstigkeitsprinzip abweicht.
Auch die Grundsätze der Beweisnot, die Raum für gewisse Erleichterungen in der Beweisführung lassen, sind nicht anwendbar. Denn das Gesetz hält mit § 2 Abs. 8 StVG und § 14 FeV spezielle Vorschriften für Fälle wie den streitgegenständlichen bereit. Begründen Tatsachen – wie etwa eine einzige festgestellte Cannabisfahrt – Bedenken gegen die Fahreignung ("Eignungszweifel"), haben sich diese aber wegen der Unerweislichkeit des gelegentlichen Cannabiskonsums noch nicht zur Gewissheit (§ 11 Abs. 7 FeV) verdichtet, sieht das Gesetz bestimmte Aufklärungsmaßnahmen in Gestalt ärztlicher Untersuchungen ("Drogenscreening") vor. Da vor dem Ergreifen dieser Maßnahmen die Aufklärungs- und damit Beweisführungsmöglichkeiten noch nicht erschöpft sind, fehlt es bereits an der Beweisnot selbst.
Das Straßenverkehrsrecht stellt spezialgesetzlich besondere Aufklärungsmaßnahmen zur Beseitigung der beschriebenen tatsächlichen Ungewissheiten über die Fahreignung zur Verfügung. Diese müssen zunächst ergriffen werden. Erst wenn sie fehlschlagen, kommt eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht.
Die Kammer ist sich bewusst, dass der objektiv unrichtige Erstkonsumeinwand des Fahrerlaubnisinhabers, der keine aktenkundigen Anhaltspunkte für einen zweiten Konsumakt aufweist, häufig nicht beweiskräftig zu widerlegen ist.Vgl. Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehrsrecht (2007), Rdn. 939.Da es aber nicht außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit liegt, dass gerade der betroffene Fahrerlaubnisinhaber die Wahrheit sagt, darf er nicht so behandelt werden, als wäre die Unwahrheit seiner Einlassung nicht nur wahrscheinlich, sondern bereits erwiesen.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes liegen die Dinge wegen der dort stark eingeschränkten Erkenntnis- und Ermittlungsmöglichkeiten anders. Dort muss eine Wahrscheinlichkeitsbeurteilung auf unsicherer Tatsachenlage vorgenommen werden. Die volle richterliche Überzeugung muss nicht herbeigeführt werden, um das in diesem Verfahren gebotene richterliche Ermessen über die Regelung der Vollziehung auszuüben. Bis zum Abschluss der gerichtlichen Ermittlungen im Klageverfahren dürfte im Regelfall nichts dagegen sprechen, von der allgemeinen Lebenserfahrung auszugehen, dass eine Cannabisfahrt nicht gerade nach dem Erstkonsum stattgefunden hat und der Fahrerlaubnisinhaber auch noch ausgerechnet dabei auffällig geworden ist.Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Oktober 2010 – 16 B 468/10 –, vom 29. Juli 2009 – 16 B 895/09 –, DAR 2009, 598 (= juris Rdn. 13 ), vom 11. September 2008 – 16 B 868/08 und vom 26. Juni 2008 – 16 B 697/08 –.Die sich auf Klageverfahren beschränkende Auffassung der Kammer führt nicht dazu, dass eine Fahrt unter Cannabiseinfluss gänzlich folgenlos bleibt. Die Fahrerlaubnisbehörde kann nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FeV eine ärztliche Untersuchung des Drogenkonsumverhaltens anordnen.Vgl. Dauer, in: Hentschel/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 14 FeV Rdn. 14 m. w. N.; zum Ausschluss einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bei einer einmaligen Cannabisfahrt: Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehrsrecht, Rdn. 941 bis 951.Der Fahrerlaubnisinhaber muss sich einer Abstinenzuntersuchung unterziehen, die im Regelfall unangekündigte Drogentests unter forensischen Bedingungen umfasst. Allgemein erscheint in Anlehnung an die verordnungsgeberische Wertung in Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ein Testzeitraum von mindestens neun und höchstens zwölf Monaten zur Beseitigung der aufgetretenen Bedenken als angemessen.Vgl. VGH Bayern, Beschlüsse vom 21. Januar 2006 – 11 CS 05.1453 –, DAR 2006, 349 (= juris Rdn. 33 ff.), und vom 7. April 2006 – 11 Cs 05.2303 –, juris Rdn. 24; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Dezember 2004 – 7 B 11878/04 –, zitiert nach Berr/Krause/Sachs, Drogen im Straßenverkehrsrecht (2007), Rdn. 950 Fn. 516.Hierin liegt zwar eine gravierende Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Betroffenen, die auch auf seine Grundrechte übergreift (allgemeine Handlungsfreiheit, informationelle Selbstbestimmung), denn folgt er der Untersuchungsanordnung nicht, verliert er nach § 11 Abs. 8 FeV seine Fahrerlaubnis.Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2002 – 1 BvR 2062/96 –, NJW 2002,2378 (= juris).Ein solcher Eingriff ist aber vor dem Hintergrund der zu schützenden Rechtsgüter im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr hinzunehmen. Ändert der Fahrerlaubnisinhaber wegen der zu absolvierenden Untersuchungen seine bisherige Konsumpraxis und führt dies bei den Proben zur Drogenunauffälligkeit, hat es nach den gesetzlichen Vorgaben damit sein Bewenden. Die dann negativen Tests haben die aus der Cannabisfahrt erwachsenen Bedenken an der Fahreignung zerstreut. Dieses Ergebnis ist auch materiell gerechtfertigt. Der Fahrerlaubnisinhaber ist während der Testphase abstinent geblieben. Damit zeigt er, dass er auch ohne Cannabis leben kann und er erweist sich doch nicht als so gefährlich für die Sicherheit des Straßenverkehrs, wie es durch die Cannabisfahrt zunächst den Anschein hatte. Kann er den negativen Drogennachweis nicht erbringen, verliert er seine Fahrerlaubnis (nur) etwas später als bei der sofortigen Entziehung.
Das mit der Aufklärungsphase (Dauer des Drogenscreenings) für die Sicherheit des Straßenverkehrs verbundene Risiko nehmen Gesetz- und Verordnungsgeber hin. Wegen der immer noch teilweise ungeklärten Wirkungszusammenhänge beim Cannabiskonsum spräche nichts dagegen, durch Gesetz die Risikoabwägung zugunsten der Sicherheit des Straßenverkehrs zu treffen und die Fahreignung bereits nach der ersten Cannabisfahrt entfallen zu lassen. Unterlassen Gesetz- und Verordnungsgeber eine solche Entscheidung, bindet das die Verwaltungsgerichte. Sie dürfen keine Bewertung des von Cannabis ausgehenden Risikos vornehmen, die von den gesetz- und verordnungsrechtlichen Vorgaben abweicht. Das gilt jedenfalls, solange die gesetzliche Risikoeinschätzung auch mit Blick auf die aus Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz folgende staatliche Schutzpflicht für Leben und Gesundheit noch vertretbar ist. Davon ist schon wegen der bereits genannten Wissenslücken zu Cannabis auszugehen.Vgl. zu den Wissenslücken über die Wirkungszusammenhänge: OVG Saarland, Beschluss vom 8. Januar 2010 – 1 B 493/09 –, ZfSch 2010, 172 (= juris Rdn. 12 ff.); VG Köln, Urteil vom 14. Juni 2010 – 11 K 1059/10 –, juris Rdn. 19 ff.Im Übrigen dürfte nichts dagegen sprechen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde Zwischenergebnisse des Drogenscreenings anfordert, um zugunsten der Verkehrssicherheit schnell eingreifen zu können, wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Abstinenz nicht einhalten kann.
2. An diesen Maßstäben gemessen erweist sich die angegriffene Entziehungsverfügung als rechtswidrig. Der Kläger hat bestritten, gelegentlich Cannabis zu sich zu nehmen. Er hat in der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt, wie es zu dem Cannabiskonsum an dem fraglichen Abend gekommen ist. Es war daher an der Beklagten, den über den eingestandenen Erstkonsum hinausgehenden gelegentlichen Cannabiskonsum nachzuweisen. Diesen Beweis hat sie nicht geführt.
Nach der Verwaltungsakte ist der Kläger am 26. Oktober 2010 erstmals drogenauffällig geworden. Der THC-Gehalt im Blutserum von 3,5 ng/mL passt zu dem angegebenen Ende des Erstkonsums zwei bis vier Stunden vor der Blutentnahme. Der Wert liegt nach seiner Höhe innerhalb der Grenzen, die bei einem Erstkonsum typischerweise erreicht werden. Auch der Anteil der THC-Carbonsäure von 20,9 ng/mL im Blutserum spricht nicht gegen einen Erstkonsum. Zugunsten der Beklagten greifen keine besonderen Beweisregeln oder -erleichterungen ein. Die nach dem Gesetz möglichen Aufklärungsmaßnahmen hat sie nicht ergriffen.
3. Die nach § 22 Abs. 1 VwKostG gleichzeitig angefochtene Kostenfestsetzung ist ebenfalls rechtswidrig. Kosten dürfen nur für rechtmäßige oder unanfechtbare Verwaltungsakte festgesetzt werden. Daran fehlt es hier.
Die Kostenverteilung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vorliegen. Insbesondere weicht die Kammer nicht von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ab, weil es sich zu der hier interessierenden Fallgestaltung noch nicht in einem Hauptsacheverfahren geäußert hat.