Das Verkehrslexikon

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Beschleunigungsstreifen - Verzögerungsstreifen - Seitenstreifen - Bundesautobahn- BAB - Autobahn - Hauptfahrbahn - Nebenfahrbahnen

Einfädelungsstreifen - Ausfädelungsstreifen - Seitenstreifen - Nebenfahrbahnen


Siehe auch Rechtsüberholen und Stichwörter zum Thema Überholen





Die Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen dienen dem Tempogewinn und der Geschwindigkeitsverminderung beim Ein- und Ausfahren bzw. auch dem Abbiegen auf Autobahnen. Sie werden durch dicke - unterbrochene - Leitlinien von der Hauptfahrbahn getrennt. mit der Novellierung der StVO 2013 haben sie ihren Namen verändert in Ein- und Ausfädelungsstreifen.

Sie sind nach herrschender Auffassung kein Bestandteil der Hauptfahrbahn der Autobahn, sondern selbständige Fahrbahnen (vgl. die Nachweise bei Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2004, Rdnr. 25a zu § 2 StVO und Rdnr. 20 zu § 5 StVO).

Aus diesem Grund stellt das schnellere Fahren auf Beschleunigungsstreifen gegenüber dem Richtungsverkehr auf der Hauptfahrbahn der Autobahn auch kein verbotenes Rechtsüberholen dar (BayObLG DAR 1970, 276; OLG Koblenz DAR 1987, 158; OLG Düsseldorf DAR 1981, 19; OLG Hamm DAR 1975, 277).




Ob dies auch uneingeschränkt auf Verzögerungsstreifen gilt, war strittig (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., 2004, Rdnr. 25a zu § 2 StVO).

Für die Zulässigkeit des schnelleren Fahrens auch auf Verzögerungsstreifen haben sich u. a. ausgesprochen: OLG Düsseldorf VRS 107, 109; OLG Hamm DAR 1975, 277; Mersson DAR 1983, 283; Janiszewski DAR 1989, 410.

Gegen das schnellere Fahren auf Verzögerungsstreifen traten hingegen u. a. ein: Seidenstecher DAR 1989, 412; Bouska DAR 1989, 163 (nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2a StVO vorliegen).

Hält man das Rechtsüberholen auf dem Verzögerungsstreifen für zulässig, kommt es beim Beschleunigen zum Zweck des Einfahrens in die Autobahn bei kombinierten Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen auf das fiktive Ende des Beschleunigungsstreifens und den fiktiven Beginn des Verzögerungsstreifens nicht an, weil beide gleich zu behandeln sind.

Zum Rechtsüberholen auf Ausfahr-(Verzögerungs-)streifen führte Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38.Aufl., 2004, § StVO, § 18 Rdnr. 20 aus:

   "Zweigen ein oder mehrere Fahrstreifen nach rechts in eine andere Richtung ab, so ist es Abbiegern nach der neuen Vorschrift des § 42 VI Nr. 1 f nunmehr ausdrücklich erlaubt, dort ab Beginn einer breiten Leitlinie "schneller als auf der durchgehenden Fahrbahn" zu fahren, also rechts zu überholen, s. dazu § 7 Rz. 15. Das gilt jedoch nach S 2 der Bestimmung nicht für Verzögerungsstreifen (Ausfahrstreifen). Danach dürfte auf ihnen, wenn die Voraussetzungen des § 7 IIa vorliegen, Bouska DAR 8, 163, anders als auf Einfahrstreifen, der durchgehende Verkehr grundsätzlich (Ausnahmen: § 7 II, IIa) nicht überholt werden, Seidenstecher DAR 89, 412 (krit. zu einer unterschiedlichen Behandlung von Beschleunigungs- und Verzögerungsstreifen Felke DAR 88, 77, 89, 180). Gegen eine Gleichstellung des Ausfahrstreifens mit dem Beschleunigungsstreifen hinsichtlich des Rechtsüberholens könnte sprechen, daß dies zu gefährlichen Situationen führen kann, wenn der Nachfolgende früher als der Vorausfahrende auf den Verzögerungsstreifen wechselt.

Trotz § 42 VI Nr 1f letzter Satz wird aber der Verzögerungsstreifen (ebenso wie der Beschleunigungsstreifen) wohl überwiegend als selbständige Fahrbahn angesehen; dann jedoch stellt das Schnellerfahren auf ihm kein Überholen im Rechtssinne dar (s. § 2 Rz 25a, § 5 Rz 20), Dü VRS 107, 109, Ha DAR 75, 277, Janiszewski DAR 89, 410; Messon DAR 83, 283."

Der letzteren Ansicht ist wohl zuzustimmen; der aufgezeigten Gefahrenlage ist dadurch zu begegnen, dass der die Fahrbahn Wechselnde (Ausfahrwillige) dabei alle Vorschriften über den Fahrstreifenwechsel analog zu beachten hat, also eine Gefährdung oder Behinderung des auf dem Verzögerungsstreifen bereits befindlichen Kfz zu vermeiden hat.




Letztlich bedeutet das, dass § 42 Abs. 6 Nr. 1f letzter Satz ein Missgeschick des Verordnungsgebers war, indem er eine leerlaufende Vorschrift geschaffen hat, indem er die rechtliche Qualität des Verzögerungsstreifens als eigene Fahrbahn ignoriert hat.

Die u. a. für das Ausfädeln anzuwendende Norm § 7a StVO schreibt jetzt vor:

   (1) Gehen Fahrstreifen, insbesondere auf Autobahnen und Kraftfahrstraßen, von der durchgehenden Fahrbahn ab, darf beim Abbiegen vom Beginn einer breiten Leitlinie (Zeichen 340) rechts von dieser schneller als auf der durchgehenden Fahrbahn gefahren werden.

(2) Auf Autobahnen und anderen Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften darf auf Einfädelungsstreifen schneller gefahren werden als auf den durchgehenden Fahrstreifen.

(3) Auf Ausfädelungsstreifen darf nicht schneller gefahren werden als auf den durchgehenden Fahrstreifen. Stockt oder steht der Verkehr auf den durchgehenden Fahrstreifen, darf auf dem Ausfädelungsstreifen mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht überholt werden.

Auch der Seitenstreifen und die Nebenfahrbahnen sind zwar Bestandteile der Autobahn, gehören jedoch nicht zur Hauptfahrbahn, vgl. OLG Bamberg (Beschluss vom 16.01.2008 - 2 Ss OWi 1687/07):

   "Aufgrund dieser Feststellungen hat das Amtsgericht den Betroffenen zu Recht in objektiver Hinsicht wegen Verstoßes gegen das Verbot, auf der Autobahn rückwärts zu fahren (§ 18 Abs. 7 StVO) schuldig gesprochen, da zur Autobahn nicht nur die durchgehenden Fahrbahnen, sondern auch die Zu- und Abfahrten, deren Beginn und Ende mit den Verkehrszeichen 330 bzw. 334 gekennzeichnet sind, sowie die Seitenstreifen und Nebenfahrbahnen gehören (BayObLGSt 1979, 166/167; OLG Düsseldorf VRS 71, 459; vgl. auch Hentschel Straßenverkehrsrecht 39. Aufl. StVO § 18 Rn. 14, 14b).

... Dass das Rückwärtsfahren auf dem Seitenstreifen sowie der Beschleunigungsspur der Einfahrt bzw. der Verzögerungsspur der Ausfahrt den Ordnungswidrigkeitentatbestand des §§ 18 Abs. 7, 48 Abs. 1 Nr. 18 StVO i.V.m. § 24 StVG zweifelsohne erfüllt, wurde bereits ausgeführt. Hier von zu unterscheiden ist jedoch die Rechtsfolgenbemessung, die sich aus dem Bußgeldkatalog nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BKatV ergibt, und die ihrerseits eine tatbestandsmäßige Verkehrsordnungswidrigkeit voraussetzt (Göhler OWiG § 17 Rn. 28).



c) Aus Ziffer 83 des Bußgeldkatalogs ergibt sich folgende Staffelung der Regelahndung: Das Rückwärtsfahren in einer Ein- und Ausfahrt einer Autobahn wird nach Ziffer 83.1 des Bußgeldkatalogs mit einer Regelgeldbuße von 50 €, auf der Nebenfahrbahn oder dem Seitenstreifen nach Ziffer 83.2 mit einer Geldbuße von 100 €, und auf den durchgehenden Fahrbahnen nach Ziffer 83.3 mit einer Regelgeldbuße von 150 € und einem Regelfahrverbot von einem Monat geahndet.

Der Betroffene ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht auf der Hauptrichtungsfahrbahn (= durchgehenden Fahrbahn) rückwärts gefahren, sondern „nur“ auf dem Seitenstreifen und der Beschleunigungsspur der Einfahrt und der Verzögerungsspur der Ausfahrt. Der Beschleunigungsstreifen und der Verzögerungsstreifen sind zwar Bestandteil der Autobahn, jedoch nicht Teil der Richtungsfahrbahn (BayObLG DAR 1970, 276; OLG Hamm Beschluss vom 10.01.1978, Az. 1 Ss OWi 1986, 77 online abrufbar unter juris.de; vgl. auch Hentschel StVO § 2 Rn. 2a m.w.N.). Sie sind daher als Nebenfahrbahnen anzusehen."

Siehe auch die Module
Ausfahren aus der Autobahn
und
Einfahren in die BAB


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