- Für die bis zum 19. Januar 2009 erworbenen EU-/EWR-Fahrerlaubnisse verbleibt es dabei, dass sie dem vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Anerkennungsautomatismus unterfallen und die Nichtanerkennung durch den Aufenthaltsstaat - bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen - der Umsetzung in Gestalt einer konstitutiven Einzelfallentscheidung bedarf. Dass die Fahrerlaubnisbehörde in Fällen von alkoholbedingten Eignungszweifeln auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter Umständen eine Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht hätte treffen dürfen, ist ohne Belang, wenn das betreffende Gutachten tatsächlich erstellt und der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt worden ist.
- Die vom EuGH zur Einhaltung des Wohnsitzprinzips geschaffenen beiden Ausnahme von der Anerkennungspflicht gilt zur Überzeugung des Senats jedenfalls auch dann, wenn aufgrund eines Eingeständnisses des Fahrerlaubnisinhabers oder aufgrund von ihm als eigene Verlautbarung zurechenbarer und trotz Kenntnis der Problemlage nicht substanziiert bestrittener Angaben mit derselben Sicherheit wie in den vom EuGH jüngst entschiedenen Fällen auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG geschlossen werden kann.
die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 6. Juni 2006 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung D. vom 15. Dezember 2006 aufzuheben.Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.Er hat den angefochtenen Bescheid verteidigt und ausgeführt, es könne dahinstehen, ob er den Kläger zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens habe auffordern dürfen. Denn nachdem sich der Kläger untersuchen lassen und ein seine Fahreignung verneinendes Gutachten vorgelegt habe, sei er, der Beklagte, befugt gewesen, die ordnungsrechtlichen Konsequenzen aus diesem aktuellen Untersuchungsergebnis zu ziehen. Dem stehe die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht entgegen.
das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.Die Berufung blieb erfolglos.
BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 2008 - 3 C 26.07 -, DAR 2009, 212, und 3 C 38.07, Juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 -, DAR 2009, 159 = Blutalkohol 46 (2009), 109; anderer Ansicht Bay. VGH, Beschluss vom 7. August 2008 - 11 ZB 07.1259 -, DAR 2008, 662, sowie VGH Bad.-Württ. , Beschluss vom 17. Juli 2008 - 10 S 1688/08 -, NJW 2008, 3512 = VRS 115 (2008), 237 = DAR 2008, 599, und Urteil vom 9. September 2008 - 10 S 994/07 -, DAR 2008, 660.Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV in der am 19. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung vom 7. Januar 2009 (BGBl. I S. 29) nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit des Erlasses eines feststellenden Verwaltungsakts vorsieht. Denn diese Regelung steht in engem Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Art. 11 Abs. 4 der 3. Europäischen Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG) am 19. Januar 2009 (Art. 18 Satz 2 Richtlinie 2006/126/EG) und vermag für die vor diesem Datum erteilten ausländischen Fahrerlaubnisse keine kraft Gesetzes eintretende und nur noch deklaratorisch festzustellende Unwirksamkeit herbeizuführen. Für die bis zum 19. Januar 2009 erworbenen EU-/EWR-Fahrerlaubnisse verbleibt es vielmehr dabei, dass sie dem vom Europäischen Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Anerkennungsautomatismus unterfallen
vgl. EuGH, Urteile vom 29. April 2004 - C-476/01 (Kapper) -, NJW 2004, 1725 = DAR 2004, 333 = NZV 2004, 373, und vom 26. Juni 2008 - C 329/06 und C-343/06 (W.u.a.) -, NJW 2008, 2403 = DÖV 2008, 723 = NZV 2008, 641, sowie C-334/06 bis C-336/06 (Z.u.a.), DAR 2008, 459und die Nichtanerkennung durch den Aufenthaltsstaat - bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen - der Umsetzung in Gestalt einer konstitutiven Einzelfallentscheidung bedarf.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Dezember 2008 - 3 C 26.07 und 3 C 38.07 -, aaO.Der Anwendung von § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StVG sowie § 46 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 2 FeV auf den Fall des Klägers steht auch Europäisches Gemeinschaftsrecht, namentlich die vorliegend noch anzuwendende Richtlinie 91/439/EWG, nicht entgegen.
Vgl. in diesem Sinne zuletzt EuGH, Urteile vom 26. Juni 2008 - C 329/06 und C-343/06 (W.u.a.) -, Rn. 59 und 66, sowie C-334/06 bis C-336/06 (Z.u.a.), Rn. 56 und 63, jeweils aaO.Vorliegend sind nämlich nach der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis neue Umstände eingetreten. Der Kläger hat sich auf Anordnung durch den Beklagten am 11. April 2006 einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzogen. Hierbei sind sachverständige Feststellungen getroffen worden, die sich nicht auf die Fortschreibung der bei der Trunkenheitsfahrt vom 14. August 2004 deutlich gewordenen Alkoholproblematik beschränken, sondern als aktuelle Befunde mit eigenständigem Gehalt zu bewerten sind. Gegen die Heranziehung solcher neuen und eigenständigen Tatsachen - auch wenn sie denselben Fahreignungsmangel betreffen, der vormals zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hatte - spricht auch nicht, dass der Europäische Gerichtshof in den zuletzt genannten Entscheidungen vom 26. Juni 2008 lediglich auf ein „Verhalten“ des jeweiligen Fahrerlaubnisinhabers abgestellt hat, was eher auf ein aktuelles Tun denn auf einen fortbestehenden Zustand hindeuten könnte. Andererseits hat aber der EuGH in vorangegangenen Entscheidungen in diesem Zusammenhang an anderer Stelle auch allgemeiner von bloßen „Umständen …, die nach der Erteilung der … Fahrerlaubnis eingetreten“ sind, gesprochen.
Vgl. EuGH, Beschlüsse vom 6. April 2006 - C-227/05 (H.) -, NJW 2006, 2173 = DAR 2006, 375 = NZV 2006, 498 (Rn. 38), und vom 28. September 2006 - C-340/05 (K.) -, NJW 2007, 1863 = DAR 2007, 77 = NZV 2007, 537 (Rn. 33, 35 und 36).Ein enges Begriffsverständnis, das lediglich neues Verhalten - also insbesondere erneute Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr - nach der Erlangung einer ausländischen Fahrerlaubnis erfassen soll, verbietet sich nach Überzeugung des Senats. Denn viele Eignungsmängel, insbesondere gesundheitlich bedingte Minderungen der Fahrtauglichkeit, sind typischerweise nicht verhaltensbezogen oder weisen - wie etwa eine Alkoholproblematik - sowohl Verhaltenselemente (häufiger übermäßiger Konsum, Neigung zu Trunkenheitsfahrten) als auch Zustandselemente (Abhängigkeit, dauerhafte alkoholtoxische Leistungseinbußen) auf, die nicht isoliert betrachtet werden können. Vorliegend ergibt sich aus dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 11./25. April 2006 nicht allein, dass der Kläger früher Alkoholmissbrauch betrieben hat und nicht in ausreichendem Maße Anhaltspunkte für eine verlässliche Abkehr davon hervorgetreten sind. Vielmehr sprechen die Feststellungen in dem Gutachten dafür, dass der Kläger noch immer Verhaltensweisen und Einstellungen pflegt, die einer positiven Fahreignungsbeurteilung entgegenstehen. Unter anderem ergeben sich aus dem Gutachten schwankende, insgesamt bagatellisierende Angaben des Klägers zu seinem Trinkverhalten, was weiterhin auf eine fehlende Problemeinsicht schließen lässt, ein deutlich über dem Normbereich liegender Gamma-GT-Wert, der einen weiterhin hohen Alkoholkonsum wahrscheinlich macht, sowie weitere körperliche Merkmale, die auf einen erheblichen Alkoholkonsum hinweisen.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. März 1982 - 7 C 69.81 -, BVerwGE 65, 157 = NJW 1992, 2885 = VRS 63 (1982), 223, und vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 -, NJW 2002, 78 = DAR 2001, 522 = VRS 101 (2001), 229, sowie Beschluss vom 19. März 1996 - 11 B 14.96 -, NZV 1996, 332 = DAR 1996, 329 = VRS 92 (1997), 157; vgl. weiter Bay. VGH, Urteil vom 29. Juli 1996 - 11 B 96 285 -, NJW 1997, 1457 = NZV 1996, 509 = VRS 92 (1997), 294, und VGH Bad.-Württ. , Beschluss vom 30. Mai 2003 - 10 S 1907/02 -, NZV 2004, 213 = DAR 2003, 481 = VRS 105 (2003), 317.Abgesehen davon war der Beklagte auch unabhängig vom Ergebnis des medizinisch- psychologischen Gutachtens nicht gehindert, dem Kläger auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG die Befugnis abzuerkennen, von seiner polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Nach der genannten Bestimmung kann es die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat, in dem eine Person ihren ständigen Wohnsitz hat, ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat dieser Person ausgestellt wurde, gegen die zuvor in Deutschland eine Maßnahme nach Art. 8 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG („Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis“) angewandt wurde; zugleich rechtfertigte es diese Bestimmung, den Kläger im Vorfeld der aberkennenden Entscheidung zur Vorlage einer medizinisch-psychologischen Begutachtung aufzufordern.
Vgl. EuGH, Urteile vom 26. Juni 2008 - C-329/06 und C-343/06 (W.u.a.) -, aaO. (Rn. 69 und 71) sowie C-334/06 bis C-336/06 (Z.u.a.), aaO. (Rn. 66 und 68); enger noch Urteil vom 29. April 2004 - C-476/01 (K.) -, NJW 2004, 1725 = DAR 2004, 333 = NZV 2004, 373.Die oben genannten Vorabentscheidungsverfahren betrafen jeweils tschechische Fahrerlaubnisse und waren jedenfalls in der Mehrzahl dadurch geprägt, dass dieser Ausstellerstaat zumindest bis zum Sommer 2006 das Wohnsitzerfordernis nicht geprüft und in die Kartenführerscheine den deutschen Wohnsitz der Führerscheinerwerber eingetragen hat. Der EuGH hat nunmehr - unter nochmaliger Betonung der grundsätzlichen Anerkennungspflicht für EU-/EWR-Fahrerlaubnisse - entschieden, dass die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG einen Mitgliedstaat nicht zur Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis verpflichten, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins dessen Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaates eine Maßnahme des Entzugs einer früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Januar 2009 - 16 B 1610/08 -, aaO., und vom 5. Februar 2009 - 16 B 991/08 -, Juris.Diese Überzeugung wird durch die jüngsten Entscheidungen des EuGH getragen, die erstmals das seit Jahren verbreitet anzutreffende Phänomen des sog. Führerscheintourismus aufgreifen und - wie dargestellt - dem Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG eine entscheidende Funktion bei der Bekämpfung dieses Phänomens zuweisen. Wenn überhaupt, können Zweifel an der Absicht des EuGH, den Führerscheintourismus umfassend und wirkungsvoll einzudämmen, allenfalls aus einer - nicht in den abschließenden Tenor übernommenen - Formulierung in den Gründen der Urteile vom 26. Juni 2008 (Rn. 72 der Rechtssache W.u.a. bzw. Rn. 69 der Rechtssache Z.u.a.) aufkommen. Dort hat der EuGH ausgeführt, der sog. Aufnahmemitgliedstaat sei zu fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahmen berechtigt, wenn ein Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung „zwar nicht anhand von vom Aufnahmemitgliedstaat stammenden Informationen, aber auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen“ festzustellen sei. Dieser „Zwar-Nebensatz“ könnte so verstanden werden, dass Grundlage einer die Geltung der Fahrerlaubnis verneinenden Entscheidung des Aufnahmemitgliedstaates ausschließlich vom Ausstellerstaat herrührende Informationen sein dürfen, nicht aber sonstige Informationen, auch wenn sie zu demselben klaren Schluss auf einen Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis führen. Ein derart enges Verständnis der Entscheidungsgründe würde aber nur dem Umstand Rechnung tragen, dass der EuGH die von ihm entschiedenen Verfahren als Ausschnitt einer Gruppe von Verfahren ansieht, in denen sich die Verletzung des Wohnsitzprinzips auf der Grundlage von vom Ausstellerstaat herrührenden Informationen ergibt. Als weiteres Kriterium hat der EuGH jedoch die „Unbestreitbarkeit“ der Informationen als maßgeblich erachtet. Er hat dieses Kriterium nicht etwa als nachrangig im Verhältnis zur Herkunft der Informationen aus dem Ausstellerstaat angesehen. In Konsequenz daraus müssen aber auch bzw. erst Recht bestimmte „unbestrittene“ Informationen verwertet werden dürfen, um einen Wohnsitzverstoß festzustellen. Denn es fehlt an jeglicher Notwendigkeit, unbestreitbare Hinweise auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG zu ermitteln, wenn der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis freimütig das Fehlen eines den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 iVm Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG genügenden Wohnsitzes ausdrücklich oder auch durch beredtes Schweigen eingesteht. Daher sind jedenfalls vom Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis zugestandene oder ihm als eigene Verlautbarung zurechenbare und trotz Kenntnis der Problemlage von ihm nicht substanziiert bestrittene Angaben einem Nachweis aus schriftlichen Verlautbarungen des Ausstellerstaates gleichzuerachten.
Ähnlich VGH Bad.-Württ. , Beschluss vom 16. September 2008 - 10 S 2925/06 -, VRS 115 (2008), 392, für den Fall, dass auch dem Ausstellerstaat die vom Betroffenen angegebenen, gegen die Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses sprechenden Erkenntnisse vorgelegen haben bzw. ihm bekannt waren oder bei ordnungsgemäßer Prüfung hätten bekannt sein müssen; vgl. auch den Vorlagebeschluss des VGH Bad.-Württ. vom 23. September 2008 - 10 S 1037/07 -, DAR 2008, 718; VG Kassel, Urteil vom 3. November 2008 - 2 K 991/08.KS -, veröffentlicht unter www.fahrerlaubnisrecht.de; in erster Linie auf die Einlassungen des Fahrerlaubnisinhabers stellt auch der BGH im Urteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, BGHZ 178, 51 = NJW 2008, 3558 = DAR 2008, 694, ab; anderer Ansicht OVG Rheinl.-Pf. , Urteil vom 31. Oktober 2008 - 10 A 10851/08 -, DAR 2009, 50.Es gibt keinen Grund, in Fällen offenkundiger Verstöße gegen die Wohnsitzvoraussetzung danach zu differenzieren, ob sich die Offenkundigkeit aus einem Dokument des Ausstellerstaates oder aus Verlautbarungen oder Verhaltensweisen des Fahrerlaubnisinhabers ergibt. Das Wohnsitzerfordernis und seine strikte Beachtung tragen mangels einer vollständigen Harmonisierung der materiellen Bestimmungen über die Fahrerlaubniserteilung zur Bekämpfung des auch vom EuGH als Missstand wahrgenommenen Führerscheintourismus bei. Der EuGH weist in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Generalanwalts in dessen Schlussanträgen ausdrücklich auf die Bedeutung des Wohnsitzerfordernisses für die Einhaltung der materiellen Standards bei der Führerscheinausstellung und damit für die Sicherheit des Straßenverkehrs hin. Dem ist einschränkungslos beizupflichten. Die in Rede stehenden Rechtsgüter - nicht nur das Abstraktum „Sicherheit des Straßenverkehrs“, sondern Leib, Leben und Gesundheit einer nicht eingrenzbaren Vielzahl anderer Verkehrsteilnehmer - sind so gewichtig, dass in derartigen Fällen der Anerkennungsgrundsatz nach Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG zurücktritt. Der unabdingbare Schutz dieser Rechtsgüter schließt es aber auch aus, bei jeweils übereinstimmendem Gefährdungspotenzial Zufälligkeiten wie der Herkunft der Informationen, aus denen zweifelsfrei die Europarechtswidrigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis folgt, entscheidenden Raum zu geben. Die individuelle Schutzwürdigkeit von „Führerscheintouristen“, die einen Scheinwohnsitz angeben und insoweit die ausländischen Fahrerlaubnisbehörden täuschen, ist nicht höher, sondern im Gegenteil geringer als die derjenigen Fahrerlaubnisbewerber, die wie die Kläger der Ausgangsverfahren zu den EuGH-Urteilen vom 26. Juni 2008 im Hinblick auf den Wohnsitz ehrlich gegenüber den ausländischen Behörden waren und deshalb (nur) einen Führerschein mit deutscher Wohnsitzangabe erhalten haben. Belange des Schutzes der Freizügigkeit von Unionsbürgern stehen ohnehin nicht zur Diskussion, wenn sich die Beziehungen des Betroffenen zum Ausstellerstaat auf die Schaffung eines Scheinwohnsitzes und die Erlangung einer europarechtswidrigen Fahrerlaubnis beschränkt haben. Schließlich vermag auch der dem Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG innewohnende Aspekt der gegenseitigen Respektierung von Rechtsakten anderer Mitgliedstaaten keine Differenzierung nach den für den unbestreitbaren Nachweis des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis heranzuziehenden Beweistatsachen oder Beweismitteln zu rechtfertigen. Denn der EuGH hat in den Urteilen vom 26. Juni 2008 zugelassen, dass die jeweiligen Fahrerlaubnisse wegen ihres rechtsfehlerhaften Zustandekommens aberkannt werden können; mit anderen Worten durfte die räumliche Geltung ausländischer Fahrerlaubnisse beschränkt werden, weil die betreffenden ausländischen Behörden das europäische Führerscheinrecht unrichtig angewandt hatten. Im Vergleich zu einem solchen Verdikt der flagranten Missachtung des Europarechts greift eine nachträgliche Geltungsbeschränkung von Fahrerlaubnissen weniger empfindlich in die Befugnisse und Verantwortlichkeiten des Ausstellerstaates ein, wenn dessen Fahrerlaubnisbehörde vom betreffenden Fahrerlaubnisbewerber über seine Aufenthaltsverhältnisse getäuscht worden ist und davon ausgegangen werden kann, dass die Behörde ohne diese Täuschung selbst von der Fahrerlaubniserteilung Abstand genommen hätte.