Zwar erlischt nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis eines Krades durch den Einbau eines Racingschalldämpfers wegen Verschlechterung des Geräuschverhaltens, jedoch verliert es dadurch nicht seine Zulassung. Betriebserlaubnis und Zulassung sind nicht dergestalt miteinander verknüpft, dass beide miteinander stehen und fallen. Die Zulassung muss durch Verwaltungsakt ausdrücklich widerrufen werden. Das Benutzen des Krades unter Geräuschbelästigung wird mit einem Verwarnungsgeld von 25,00 € angemessen geahndet.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Suhl verurteilte den Betroffenen am 2.10.2007 wegen einer am 11.03.2007 verübten Verkehrsordnungswidrigkeit des fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs ohne erforderliche EG-Typengenehmigung, Betriebserlaubnis oder Zulassung im öffentlichen Straßenverkehr zu einer Geldbuße von 50 € und stützte dies auf §§ 3 Abs. 1, 48 Abs. 1, Nr. 1a) der Fahrzeugzulassungsverordnung und §§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO.
Durch den Anbau eines Racingschalldämpfers vom Typ Viper ohne Zulassung an das Kraftrad des Betroffenen sei das zulässige Standgeräusch von 93 dB um 6 dB überschritten worden. Damit sei die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erloschen gewesen und der Betroffene habe das Fahrzeug nicht mehr im Verkehr führen dürfen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit dem am 8.10.2007 eingegangenen Antrag des Verteidigers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er begehrt, das Urteil nach Zulassung der Rechtsbeschwerde mit den tatsächlichen Feststellungen aufzuheben. Mit dem Anbau des Schalldämpfers sei die Zulassung nicht erloschen. Selbst das Fehlen einer Betriebserlaubnis hebe nicht die Zulassung auf. Der Betroffene habe allenfalls ein unvorschriftsmäßig ausgerüstetes Fahrzeug in Betrieb genommen.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat zu dem Antrag unter dem 1.12.2008 Stellung genommen und beantragt, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Sie hält die Rechtsbeschwerde auch für begründet, denn nach der nunmehr geltenden Rechtslage führe das Erlöschen der Betriebserlaubnis nicht zum Verlust der Zulassung. Es sei aber mit Inbetriebnahme des Fahrzeugs nach dem Schalldämpferanbau mit der Verschlechterung des Geräuschpegels ein Fahrzeug nach Erlöschen der Betriebserlaubnis entgegen § 30 Abs. 1 StVZO in Betrieb genommen und damit eine Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO begangen worden.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt daher, das amtsgerichtliche Urteil abzuändern und den Betroffenen wegen fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs ohne die erforderlich Betriebserlaubnis zu einem Bußgeld von 25 € zu verurteilen.
Der Einzelrichter beim Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 12.1.2009 die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Betroffene nur wegen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen verkehrsüblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt, nach §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 25 € zu verurteilen war.
1. Das Urteil des Amtsgerichts Suhl konnte nicht unverändert Bestand haben, weil § 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO (Inbetriebsetzung eines Kraftfahrzeugs … ohne die erforderliche Zulassung oder … ohne die erforderliche Betriebserlaubnis), auf den die Verurteilung gestützt wird, zum Zeitpunkt der Tathandlung und der Entscheidung aufgehoben war.
a) Die Inbetriebnahme ohne Zulassung ist in § 48 Nr. 1a i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV als Ordnungswidrigkeit erfasst. Der Betroffene hat jedoch kein Kraftfahrzeug ohne Zulassung in Betrieb genommen.
Zwar ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs wegen Verschlechterung des Geräuschverhaltens erloschen. Das Amtsgericht ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass mit der Veränderung am Kraftrad neben der Betriebserlaubnis auch die Zulassung erloschen sei. Betriebserlaubnis und Zulassung sind nicht dergestalt miteinander verknüpft, dass beide miteinander stehen und fallen.
Nach § 3 der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) ist die Typengenehmigung oder Betrieberlaubnis Voraussetzung für den Verwaltungsakt der Zulassung des Fahrzeugs. Ein späterer Fortfall der Betriebserlaubnis ist indes keine auflösende Bedingung für den Verwaltungsakt der Zulassung. Dafür geben der Wortlaut der Verordnung und die vom Verordnungsgeber verfasste Begründung nichts her (siehe Begründung zur FZV in VBl 2006, 603, vgl. auch Albrecht/Janker SVR 2007, 401, 402; Huppertz DAR 2008, 275). Da der Verwaltungsakt regelmäßig in der Ausgabe der Zulassungspapiere, also Zulassungsbescheinigung Teil I (entspricht dem vormaligen Kfz-Schein) und Teil II (vormals Kfz-Brief), sowie der Stempelung des Kennzeichens besteht, ist auch nicht zu erkennen, dass der konkrete Verwaltungsakt unter eine Bedingung nach § 36 VwVfG gestellt worden wäre.
Der Verwaltungsakt der Zulassung wird auch nicht nachträglich rechtswidrig. Die Zulassung bleibt rechtmäßig und bestandskräftig. Sie kann aber nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn ihre Voraussetzungen – hier die Betriebserlaubnis – durch nachträgliche Änderungen entfallen sind. Es gilt sinngemäß dasselbe wie für den Bestand einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese ist Zulassungsvoraussetzung. Ihre Beendigung führt aber ebenfalls nicht zum Fortfall der Zulassung, sondern es ist von der Zulassungsbehörde gesondert einzuschreiten und die Nutzung des Fahrzeugs zu untersagen, das Fahrzeug also stillzulegen. Ebenso muss nun die Vorgehensweise bei Veränderungen sein, die die Typgenehmigung oder Betriebserlaubnis betreffen. Auf diese Parallele wurde schon vom Verordnungsgeber in der Begründung ausdrücklich hingewiesen (Begründung zu § 3 FZV, VBl 2006, 603).
b) Die Inbetriebnahme eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs ohne Betriebserlaubnis ist zwar grundsätzlich nicht erlaubt, erfüllt aber als solche keinen Ordnungswidrigkeitentatbestand.
Nach § 19 Abs. 5 StVZO ist die Inbetriebnahme von zulassungspflichtigen Fahrzeugen mit nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StVZO erloschener Betriebserlaubnis nur für solche Fahrten zulässig, die der Erlangung einer neuen Betriebserlaubnis dienen. Um eine solche Fahrt handelte es sich hier nicht. Denn der Betroffene befand sich mit dem Kraftrad außerhalb seines Landkreises und nicht auf dem Weg zur Zulassungsstelle. Einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt die darüber hinausgehende, von § 19 Abs. 5 StVZO nicht mehr gedeckte Inbetriebnahme eines zulassungspflichtigen Kraftfahrzeugs ohne Betriebserlaubnis zu anderen Zwecken gleichwohl nicht.
c) Dennoch besteht bei Erlöschen der Betriebserlaubnis ohne Fortfall der Zulassung nicht generell eine vom Amtsgericht Suhl und Albrecht/Janker (SVR 2007, 401, 404) befürchtete Gesetzeslücke.
Zumindest in denjenigen Fällen, die nicht bloßes Formalunrecht darstellen, sondern mit Gefahren, Behinderungen oder Belästigungen verbunden sind, bleibt eine Ahndung möglich (vgl. Huppertz DAR 2008, 275, 276). Denn § 30 StVZO verbietet es, Fahrzeuge in Betrieb zu nehmen, die nicht verkehrssicher sind oder durch deren Gebrauch mehr als unvermeidbare Gefahren oder Belästigungen entstehen.
Die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs, dessen Geräuscheigenschaften durch nachträgliche, bauliche Änderungen so verschlechtert sind, dass diejenigen Höchstschallpegel, die mit der Zulassung festgelegt wurden, überschritten werden, verstößt gegen § 30 StVZO. Ein solcher Verstoß ist nach §§ 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG bußgeldbewehrt. § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO ist nicht auf die Fälle fehlender Verkehrssicherheit, die sicherlich die gravierenderen sind, beschränkt. Auch eine vermeidbare Behinderung oder Belästigung durch den verkehrsüblichen Betrieb nach einer Veränderung am Fahrzeug unterfällt § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO.
2. Der Senat konnte ohne Zurückverweisung in der Sache entscheiden, da die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zur abschließenden Beurteilung des Verhaltens des Betroffenen als Ordnungswidrigkeit der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen verkehrsüblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt (§§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG), genügen. Es ist auch auszuschließen, dass der Betroffene sich bei Kenntnis der Rechtsauffassung des Senats anders verteidigt hätte. Der Betroffene handelte zumindest fahrlässig.
3. Für die Ahndung ist nicht Nr. 178 des Bußgeldkatalogs maßgeblich. Die dortige Regelung betrifft einen Verstoß gegen § 5 FZV und setzt somit eine vorherige Untersagung voraus.
Auch Nr. 175 des Bußgeldkatalogs, der den Regelsatz der Geldbuße u.a. für die Inbetriebnahme ohne Betriebserlaubnis oder Typgenehmigung bestimmt, geht insoweit ins Leere, als die Inbetriebnahme ohne Betriebserlaubnis – wie oben ausgeführt – schon gar keinen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt, an den angeknüpft werden könnte. In den im Bußgeldkatalog zitierten Vorschriften der FZV findet sich gerade kein Verbot der Inbetriebnahme von Kraftfahrzeugen ohne Betriebserlaubnis. Insoweit erfolgte keine vollständige Anpassung des Bußgeldkatalogs an die neue Verordnungslage.
Den Verstoß das Verbot der Inbetriebnahme eines belästigenden Fahrzeugs nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 letzte Variante StVZO behandelt der Bußgeldkatalog nicht.
Nach den allgemeinen Regelungen der § 24 Abs. 2 StVG, 17 Abs. 1, 2 OWiG kann die fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße zwischen 5 und 500 € geahndet werden.
Die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs, das nicht Gefahren, sondern lediglich Belästigungen verursachen kann, die nicht von der Betriebserlaubnis gedeckt sind, ist weniger schwerwiegend als die Inbetriebnahme eines verkehrsunsicheren Fahrzeugs. Für letzteres bestimmt der Bußgeldkatalog in Nr. 214 einen Regelsatz von 50 €. Für die bloß belästigende Inbetriebnahme eines Fahrzeugs mit defekter Schalldämpferanlage sieht Nr. 219 des Bußgeldkatalogs einen Regelsatz von 20 € Geldbuße vor. Der Senat hat deshalb hier, wo es sich nicht um einen Defekt, sondern eine bewusst herbeigeführte Veränderung handelte, eine Geldbuße von 25 € festgesetzt.
4. Möglicherweise hat der Verurteilte eine weitere Ordnungswidrigkeit dadurch begangen, dass er eintragungspflichtige Änderungen am Fahrzeug der Zulassungsstelle nicht mitteilte. Mitzuteilen sind Änderungen, die in der Zulassungsbescheinigung (bzw. bei alten Papieren im Kraftfahrzeugschein und im Kraftfahrzeugbrief) einzutragen sind, ebenso wie Änderungen der Abgas- oder Geräuschwerte, die sich auf die Kraftfahrzeugsteuer oder Verkehrsverbote auswirken. Das Unterlassen dieser Mitteilung kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 48 Nr. 12 FZV i.V.m. § 24 StVG darstellen. Darauf kommt es hier jedoch nicht an. Denn ein solcher Vorwurf gegenüber dem Betroffenen ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Indes könnte eine solche Ordnungswidrigkeit noch andauern und somit verfolgbar sein.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 3 und 4 StPO. Eine Belastung mit den Kosten des Rechtsmittels erschien unbillig, da das vom Betroffenen mit der Rechtsbeschwerde verfolgte Ziel erreicht wurde. Zwar hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag die Aufhebung und Zurückverweisung beantragt und die Möglichkeit einer eigenen Sachentscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht nicht berücksichtigt. Der Betroffene hat aber in der Beschwerdeschrift deutlich gemacht, dass eine Verurteilung, so wie sie nun im Tenor enthalten ist, die sachlich richtige und vom Betroffenen akzeptierte Entscheidung wäre. Eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Änderung der angewandten Vorschriften und Absenkung der Geldbuße wäre nicht zulässig gewesen.