Zum Deckungsumfang in der Teilkaskoversicherung gehören entgegen einer vielfach in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht auch diejenigen Fahrzeugschäden, die bei einem Einbruchdiebstahl aus dem Fahrzeug durch diesen verursacht wurden.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag.
Der Kläger hat mit der Beklagten einen Versicherungsvertrag über eine Teilkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 150,00 € abgeschlossen. Auf den als Anlage K1 vorgelegten Versicherungsschein wird Bezug genommen. Am 27.08.2008 wurde auf dem Firmenparkplatz der Firma Dehner in München das Verdeck des Fahrzeugs Cabriolet Marke Fiat, amtl. Kennzeichen M-I 3 des Klägers aufgeschnitten und eine im Pkw befindliche Jacke entwendet. Der Nettoschaden am Fahrzeug beträgt 832,84 €. Die Beklagte lehnte die Regulierung des am Pkw entstandenen Schadens mit Schreiben vom 10.12.2008 ab. Der Klägervertreter forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.01.2009 außergerichtlich zur Zahlung auf. Es entstanden außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 120,67 €. Die Anwaltsgebühren wurden vom Kläger beglichen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass wegen des Wortlauts des § 12 der Versicherungsbedingungen auch Beschädigungen des Fahrzeugs bei einem Diebstahl von Gepäck oder Transportgut gedeckt sind.
Der Kläger beantragt:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 682,84 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin als Nebenforderung 120,67 € zu bezahlen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass Schäden am Kraftfahrzeug, die bei Diebstahl von nicht versichertem Gepäck und Inhalt entstehen nicht in der Teilkaskoversicherung mitversichert sind.
Das Gericht hat mit Zustimmung beider Parteien vom 15.06.2009 im schriftlichen Verfahren entschieden, wobei als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, der 07.08.2009 bestimmt wurde. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstigen Aktenteilen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Das Amtsgericht München ist gem. § 1 ZPO i.V.m. § 23 Nr. 1 GVG sachlich und gem. § 48 VVG a.F. örtlich zuständig. Hilfsweise ergibt sich die örtliche Zuständigkeit auch aus § 39 ZPO. Nach Hinweis gem. § 504 ZPO lies sich die Beklagte rügelos ein.
II. Die Klage ist begründet.
II. 1. Es besteht ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von 682,84 €.
Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 1 VVG i.V.m. § 12 AKB. Es liegt eine Beschädigung des Fahrzeugs gem. § 12 Nr. 1 AKB vor. Gem. § 12 Nr. 1 I. lit. b) AKB sind in der Teilversicherung solche Beschädigungen umfasst die durch Entwendung, insbesondere Diebstahl herbeigeführt werden. Der Diebstahl der Jacke wurde von der Beklagten nicht bestritten. Ein pauschales Bestreiten des gesamten Sachvortrags ist unbeachtlich (Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 138 Rn. 10a). Das Gericht schließt sich nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung an, dass von § 12 AKB nur solche Beschädigungen erfasst werden, die bei Diebstahl des Fahrzeugs oder von mitversicherten Teilen des Fahrzeugs verursacht werden. Bei den AKB handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, die so auszulegen sind, wie es ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht verstehen muss. Für die Auslegung entscheidend ist neben dem Wortlaut und dem mit der Klausel verfolgten Zweck auch der erkennbare Sinnzusammenhang (BGH NJW-RR 2006, 1177 f.). Aus dem Wortlaut der Klausel ergibt sich die Einschränkung, auf den Ersatz von Beschädigungen des Fahrzeugs, die bei Diebstahl des Fahrzeugs oder mitversicherter Teile des Fahrzeugs entstehen nicht. Eine solche Einschränkung hätte in den Wortlaut der Versicherungsbedingungen aufgenommen werden können. Dies ist trotz des seit Jahrzehnten bestehenden Streits in dieser Frage nicht erfolgt. Die Einschränkung ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Fahrzeugversicherung, die Schäden am Fahrzeug bei Entwendung anderer als versicherter Teile nicht decken will und damit argumentiert es handele sich bei solchen Schäden um vorsätzlich verursachte Schäden, die unter die Vollversicherung fallen müssten (Blumberg, NZV 1997 S. 103, 107 mit Verweis auf LG Aachen (ZfS 1989, 420)). Zwar ist neben dem Wortlaut bei der Auslegung des § 12 AKB auch der mit der Klausel verfolgte Zweck zu berücksichtigen, jedoch ergibt sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht nicht, dass mit dieser Klausel bezweckt war den Leistungsumfang in der Teilkaskoversicherung auf Beschädigungen bei Entwendung des Fahrzeugs oder mitversicherter Teile zu beschränken. Dies ergibt sich weder aus dem Charakter als Fahrzeugversicherung, da hierdurch Beschädigungen des Fahrzeugs versichert werden, die auf verschiedensten Ursachen beruhen. Noch aus der Vergleich mit der unter § 12 Nr. 1 I lit a) AKB ausgeführten versicherten Beschädigung durch Brand oder Explosion spricht für diese Auslegung. Unstreitig sind vom Versicherungsumfang auch Beschädigungen des Fahrzeugs erfasst, die bei einem Brand oder einer Explosion eines anderen Gegenstandes entstehen (Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, 2004, § 12 AKB Rn. 12). Unter Berücksichtigung dieser Unterscheidung zwischen § 12 Nr. 1 I lit. a), b) AKB bei gleichem Wortlaut ist aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers § 12 Nr. 1 I lit b) AKB nicht so zu verstehen, dass bei dem Begriff „Diebstahl“ eine Einschränkung vorzunehmen ist (Blumberg, NZV 1997 S. 103, 107). In der Literatur wird ausgeführt, dass sich die Einschränkung zwar nicht aus dem Wortlaut ergebe, aber es nahe liege eine Entwendungshandlung nur dann als Grundlage für einen Versicherungsschutz im Rahmen der Teilkaskoversicherung anzusehen, wenn sie sich auf das Fahrzeug oder die unter Verschluss verwahrten oder an ihm befestigten Teile bezog (Steifel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage, 2000, § 12 AKB Rn. 42). Dem kann hier nicht gefolgt werden. Im Rahmen der Auslegung ergibt sich dies für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung und aufmerksamer Durchsicht weder aus dem Wortlaut noch aus dem verfolgten Zweck oder erkennbaren Sinnzusammenhang. Die Einschränkung wurde unter Nr. 1 des § 12 AKB bezüglich der versicherten Gegenstände vorgenommen. Eine Einschränkung bezüglich der versicherten Ereignisse ergibt sich hieraus nicht.
Die Einschränkung ergibt sich auch nicht in Vergleich mit dem Umfang der Vollversicherung gem. § 12 Nr. 1 II AKB. Dort ist normiert, dass in der Vollversicherung darüber hinaus Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen betriebsfremder Personen versichert sind. Hieraus kann der Versicherungsnehmer nur den Schluss ziehen, dass Schäden am Fahrzeug, die auf mut- oder böswilligen Handlungen beruhen, in der Teilversicherung nicht ersetzt verlangen kann, sondern nur solche, die, wie § 2 Nr. 1 I lit. b) AKB voraussetzt, durch die Entwendung entstanden sind (BGH, NJW-RR 2006, 1177 f.). Indem § 12 Nr. 1 II lit. f) AKB dies auf alle mut- oder böswilligen Handlungen ausweitet ergibt sich hieraus für einen verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine Einschränkung der Regelung des § 12 Nr. 2 I lit. b) AKB. Unter § 12 Nr. 1 II lit. f) AKB fallen insbesondere Vandalismusschäden. Aus der Formulierung darüber hinaus ergibt sich, dass in der Vollversicherung weitere als die unter I aufgeführten Ereignisse die Versicherungspflicht auslösen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Ausdrucks „darüber hinaus“ ergibt sich, dass hierdurch keine Einschränkung der unter I aufgeführten Ereignisse zu erwarten ist. Der BGH führt aus, dass es eines besonderen kausalen Zusammenhangs zwischen Entwendungshandlung und Schaden bedarf. Dieser liegt hier vor. Der BGH führt im weiteren aus: „Wird der Dieb nach erfolgreicher Entwendung des Fahrzeugs in einen Unfall verwickelt, und wird der Pkw infolgedessen beschädigt oder entstehen die Beschädigungen bei der Spurenbeseitigung durch den Täter, verwirklicht sich bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise ein der Entwendung innewohnendes Risiko, Entwendungshandlung und Schaden stehen in einem adäquaten Ursachenzusammenhang. Unabhängig davon, ob das Fahrzeug selbst oder nur Gegenstände aus dem Wageninneren entwendet werden, ist dies bei Schäden aus reinem Mitwillen nicht der Fall; hier entstehe der Schaden nicht infolge („durch“) der Entwendung, sondern beruht auf einem von der Entwendungshandlung unabhängigen, regelmäßig spontanen Verhalten des Täters.“ (BGH NJW-RR 2006, 1177, 1178). Hieraus kann geschlossen werden, dass grundsätzlich adäquat-kausale Schäden auch bei Entwendung von Gegenständen aus dem Wageninneren zu ersetzen sind, solange es sich nicht um Schäden aus reinem Mutwillen handelt. Reiner Mutwille liegt hier nicht vor.
Hilfsweise ist auszuführen, dass, wie sich auch aus der Tatsache unterschiedlicher Entscheidungen und Literaturauffassungen ergibt, nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt, ob auch Beschädigungen bei einem Diebstahl von Gegenständen aus dem Fahrzeug vom Versicherungsschutz umfasst sind. Es erscheinen beide Auslegungen rechtlich vertretbar. Nach dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken, was hier durch Ergänzung des Wortlautes problemlos möglich gewesen wäre, ist § 305c BGB anzuwenden. Die verbleibenden Zweifel gehen gem. § 305c II BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin und die kundenfreundlichere Lösung setzt sich durch (BGH NJW 2005, 1183, 1184).
Der Schaden beruht hier unstreitig adäquat-kausal auf dem Entwendungsvorgang selbst und wurde nicht aus sonstigen Motiven verursacht. Unstreitig liegt hier kein reiner Vandalismusschaden vor, der nur im Zusammenhang mit der erfolgreichen Entwendung von Gegenständen aus einem Pkw verursacht wurde. Es besteht ein besonderer kausaler Zusammenhang zwischen Entwendungshandlung und Schaden, da der Diebstahl durch Aufschneiden des Verdecks durchgeführt wurde.
Die Höhe des Schadens beträgt unstreitig 682,84 €. Gem. § 249 II 2 BGB ist keine Umsatzsteuer zu erstatten.
II. 2. Es besteht ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 07.04.2009 aus §§ 286 I S. 1, 2, 288, 247 BGB i.V.m. § 308 I ZPO.
II. 3. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 280, 286 II Nr. 3 BGB. In dem Schreiben vom 10.12.2008 ist eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
IV. Das Urteil ist gem. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.