Die Befriedungsgebühr (zusätzliche Verfahrensgebühr – Erledigungsgebühr) ist nach Beginn einer Hauptverhandlung ausgeschlossen.
Gründe:
Gegen den Betroffenen, der als selbständiger Spediteur tätig ist, wurde wegen des Verdachts einer Geschwindigkeitsübertretung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren betrieben. In der Hauptverhandlung, die am 1. Oktober 2008 in M. stattfand, ließ sich der Betroffene über seinen Verteidiger dahingehend ein, dass nicht er selbst, sondern ein ihm bekannter Zeuge den Geschwindigkeitsverstoß begangen habe. Nachdem die Verhandlung daraufhin ergebnislos vertragt wurde, kam es zu weiteren polizeilichen Ermittlungen, in deren Verlauf sich die Einlassung des Betroffen bestätigte. Das gegen ihn gerichtete Verfahren wurde daraufhin durch einen vom 3. November 2008 datierenden Beschluss nach § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.
Unter dem 19. November 2008 stellte sein Verteidiger einen Kostenantrag, in dem er beantragte, die ihm zu erstattenden Kosten auf 636,16 Euro (inkl. MWSt.) festzusetzen. Ein Teilbetrag in Höhe von 160,65 Euro (brutto) entfiel hierbei auf die nach Ansicht des Verteidigers entstandene Erledigungsgebühr nach VV 5115 RVG.
Darüber hinaus bezifferte er die dem Betroffenen selbst entstandenen Aufwendungen auf insgesamt 81,5 Euro. Ein Teilbetrag in Höhe von 60,00 Euro entfiel insoweit auf den vermeintlichen Verdienstausfall des Betroffenen.
Mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 24. April 2009 wurde der zu ersetzende Betrag auf insgesamt 506,01 Euro festgesetzt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass zum einen die Erledigungsgebühr abzusetzen sei. Eine verfahrensfördernde Handlung, die erst nach der ersten Hauptverhandlung vorgenommen worden sei und zur Einstellung geführt habe, sei nicht ersichtlich. Zum anderen sei auch der angemeldete Verdienstausfall auf einen Betrag von neun Euro zu kürzen, da höhere Auslagen nicht glaubhaft gemacht worden seien.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betroffene mit seiner fristgemäß eingelegten sofortigen Beschwerde. Hinsichtlich des Verdienstausfalles beruft er sich auf eine am 28. April 2009 zur Akte gereichte Bestätigung (vgl Bl. 82 d.A.), in der erklärt wird, dass der Betroffene, um den Gerichtstermin am 1. Oktober 2008 wahrnehmen zu können, in seinem Betrieb einen namentlich näher bezeichneten Ersatzfahrer einsetzen und hierfür 60,00 Euro aufwenden musste.
Darüber hinaus vertritt er die Auffassung, dass auch die Gebühr nach VV 5115 RVG entstanden sei. Der Tatbestand der Norm sei bereits dann erfüllt, wenn ein irgendwie geartetes Handeln des Verteidigers vorhanden sei, welches sich in kausaler Art und Weise auf die spätere Einstellung ausgewirkt habe. Eine Mitwirkung in diesem Sinne sei aufgrund des in der Hauptverhandlung erfolgten Bestreitens der Fahrereigenschaft anzunehmen.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.
Begründet ist die Beschwerde in Höhe eines Betrages in Höhe von 51,00 Euro. Denn mit der zur Akte gereichten Bestätigung hat der Betroffene glaubhaft gemacht, dass er aufgrund des Gerichtstermins am 1. Oktober 2008 in seiner Spedition einen Ersatzfahrer einsetzen musste und ihm hierdurch Kosten in Höhe von 60,00 Euro entstanden sind.
Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch unbegründet. Denn die Gebühr nach VV 5115 RVG ist vorliegend nicht entstanden. Ihrem Wortlaut nach entsteht eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr unter anderem dann, wenn das Verfahren aufgrund einer anwaltlichen Mitwirkung, durch welche die Hauptverhandlung entbehrlich wurde, eingestellt wurde.
Nach Auffassung der Kammer steht der Anwendbarkeit dieser Norm im vorliegenden Fall schon entgegen, dass es bereits zu einer Hauptverhandlung gekommen ist. Schon der Wortlaut der Norm legt nahe, dass der Tatbestand nur im Fall der vollständigen Vermeidung einer Hauptverhandlung erfüllt ist.
Für dieses restriktive Verständnis sprechen auch Sinn und Zweck der Norm. Denn durch die Gebühr nach VV 5115 RVG soll verhindert werden, dass sich eine auf Vermeidung einer Hauptverhandlung gerichtete anwaltliche Mitwirkung infolge des Wegfalls der Hauptverhandlungsgebühr als wirtschaftlich nachteilig herausstellt. Nach Auffassung der Kammer schließt daher die Einstellung nach dem Beginn einer Hauptverhandlung das Entstehen der Erledigungsgebühr grundsätzlich aus (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 39. Auflage, 4141 VV RN 3 m.w.N.).
Ob dem Entstehen der Gebühr darüber hinaus entgegensteht, dass vorliegend durch eine in – und nicht nach – der Hauptverhandlung erfolgte Handlung des Verteidigers die zur Einstellung führende Ursachenkette in Gang gesetzt wurde, kann hiernach dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO.