Es ist einem Geschädigten ein sogenannter Barzahlertarif nicht zugänglich, wenn er weder über eine Kreditkarte verfügt noch sonst in der Lage ist, Vorkasse zu leisten. Dies ist nicht der Fall, wenn der Geschädigte zum Unfallzeitpunkt über keine Kreditkarte verfügt, seine ec-Karte nicht einsetzen kann, weil das Konto wegen erheblicher Belastungen für das Einfamilienhaus nicht über genügend Guthaben verfügt, und weiteres Sparguthaben nicht vorhanden sind.
Gründe:
I.
Auf die Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.
II.
Die Berufung ist zulässig.
Die Beklagtenvertreter haben nach wiederum erhobener Rüge durch die Kläger in der Berufungsverhandlung ihre Bevollmächtigung durch die Beklagte zu 1) durch Vorlage der Originalgeneralvollmacht nachgewiesen.
III.
Die Berufung ist unbegründet.
1. Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2 und 3 StVG, gegenüber der Beklagten zu 1) i.V.m. § 3 Abs. 1 PflVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, auf Zahlung von 1.011,00 EUR.
Dass die Beklagten zu 100 % auf Ersatz des den jetzigen Klägern als Rechtsnachfolgern des früheren Klägers, Herrn ..., bei dem Verkehrsunfall vom 7.3.2006 in Naumburg entstandenen Schadens haften, ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Kläger haben Anspruch auf Ersatz der ihnen entstanden Mietwagenkosten.
a) Mietwagenkosten gehören regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne des § 249 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 15.2.2005, VI ZR 160/04, mit weiteren Nachweisen, in juris, NJW 2005, 1043 f).
Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Danach kommt es grundsätzlich darauf an, ob der berechnete Tarif gerechtfertigt sein könnte, weil die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.ä.) einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, zitiert nach juris).
b) Nach Auffassung der Kammer kommt es nicht darauf an, wie der vom Mietwagenunternehmen in Rechnung gestellte Tarif bezeichnet worden ist, ob als Normaltarif oder als Unfallersatztarif. Maßgeblich ist, welche Leistungen gegenüber dem früheren Kläger erbracht worden sind. Hier sind die Mietwagenkosten vorfinanziert worden, was in der Regel ein entscheidendes Merkmal eines Unfallersatztarifes darstellt. Dass der Tarif nicht als Unfallersatztarif bezeichnet wird oder dass nachträglich eine für den Kunden günstigere Abrechnung erfolgt, ändert nichts daran, dass die oben genannten Voraussetzungen vorliegen müssen, damit die Kläger die aufgewendeten Mietwagenkosten von den Beklagten ersetzt verlangen können.
c) Die Frage, ob ein Unfallersatztarif hiernach auf Grund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist, kann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer „Normaltarif“ in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, zitiert nach juris).
Solche Feststellungen können hier jedoch nicht getroffen werden.
Die Beklagte zu 1) hat lediglich behauptet, dass sie Sicherheiten gestellt hätte, wenn der frühere Kläger bei ihr nachgefragt hätte. Damit haben die Beklagten aber nicht dargelegt, dass dem früheren Kläger ein günstigeres Angebot konkret zugänglich gewesen ist.
d) Ebenso kann die Frage nach der Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs auf Grund unfallspezifischer Kostenfaktoren offen bleiben, wenn es zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum „Normaltarif“ nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den „Normaltarif“ übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre Hierbei ist es im Falle eines Unfallersatztarifs Sache des Geschädigten, darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war. Unterlässt der Geschädigte die Nachfrage nach günstigeren Tarifen, geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 308/07, zitiert nach juris).
Den sich daraus ergebenden Erkundigungspflichten genügt der Geschädigte grundsätzlich nicht dadurch, dass er sich von einem Mitarbeiter der Autovermietung über vergleichbare Tarife von Konkurrenzunternehmen beraten lässt und Einblick in ihm vorgelegte Preislisten oder die Schwacke-Mietpreisliste nimmt (vgl. BGH. Urteil vom 14.10.2008, VI ZR 210/07, zitiert nach juris, dort Rz. 9).
Nur auf diese Weise hat sich der frühere Kläger aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht über Preise anderer Vermieter informiert, wie der Zeuge ... bekundet hat.
Dies kann aber dahinstehen, da die Verletzung der Erkundigungspflicht im vorliegenden Fall nicht kausal für die Höhe der entstandenen Mietwagenkosten geworden ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer ist einem Geschädigten ein sogenannter Barzahlertarif nicht zugänglich, wenn er weder über eine Kreditkarte verfügt noch sonst in der Lage ist, Vorkasse zu leisten. Denn nach Kenntnis der Kammer aus diversen anderen Rechtsstreitigkeiten über Mietwagenkosten kann ein Fahrzeug zum sogenannten Barzahler- oder Selbstzahlertarif nur angemietet werden, wenn die Mietwagenkosten bei Anmietung entweder per Kreditkarte oder gegen Vorkasse beglichen werden (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 19.2.2008, VI ZR 32/07, NJW-RR 2008, 689 ff., zitiert nach juris, dort Rz. 18).
Ein solcher Fall liegt hier vor, da die Kläger behauptet haben, dass der frühere Kläger zum Unfallzeitpunkt über keine Kreditkarte verfügt habe und seine ec-Karte nicht habe einsetzen können, weil das Konto wegen erheblicher Belastungen für das Einfamilienhaus nicht über genügend Guthaben verfügt habe. Auch weiteres Sparguthaben habe der frühere Kläger nicht gehabt. Dieser Klägervortrag ist im Tatbestand des angefochtenen Urteils als unstreitig festgestellt und auch in den Entscheidungsgründen zugrunde gelegt worden. Da der Tatbestand des Urteils gemäß § 314 ZPO Beweis für den mündlichen Parteivortrag erbringt, hat die Kammer den vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde zu legen.
Die Beklagten können im Berufungsverfahren nicht mehr geltend machen, dass der Tatbestand des angefochtenen Urteils unrichtig sei, weil sie schriftsätzlich bestritten hätten, dass der Kläger über keine ec-Karte verfügt habe und er diese zur Finanzierung des Mietwagens nicht habe einsetzen können und dass überhaupt durch die Autovermietung vorfinanziert worden sei. Hinsichtlich der Feststellungen im Tatbestand hätten die Beklagten Tatbestandsberichtigung gemäß § 320 ZPO beantragen müssen. Da ein solcher Antrag nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Urteils zulässig ist, kann er nicht mehr nachgeholt werden.
Für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges der Gruppe 4 für zwei Wochen, die für eine Ersatzbeschaffung des total beschädigten Fahrzeugs angesetzt werden durften, wären mindestens 1.078,42 EUR angefallen, wenn man die Werte der Erhebung des Fraunhofer Instituts für 2008 (Mittelwert 77,03 EUR pro Tag im PLZ-Gebiet 06) zugrunde legt. Nach dem bislang von der Kammer für das Jahr 2006 als Schätzgrundlage zugrunde gelegten Schwacke-AMS 2006 hätte die Rechnung an reinen Mietwagenkosten 1.148,– EUR (Modus pro Tag 82,– EUR im PLZ-Gebiet 066) zzgl. 294,– EUR für eine Haftungsbefreiung, also insgesamt 1.442,– EUR betragen. Welche Schätzgrundlage heranzuziehen ist, kann hier dahinstehen, da auch bei Anwendung der niedrigeren Werte aus der Fraunhofer-Erhebung sich ein Betrag ergibt, den der frühere Kläger nicht vorzufinanzieren in der Lage war.
Ein Geschädigter ist weder verpflichtet, seinen gewohnten Lebensstandard einzuschränken, noch einen Kredit aufzunehmen, um den Schädiger zu entlasten.
e) Da der frühere Kläger danach zu einem Unfallersatztarif anmieten durfte, können die Kläger Ersatz der unter dem 20.3.2006 in Rechnung gestellten Mietwagenkosten verlangen.
Der von der Autovermietung ... verlangte Tarif ist im Vergleich zu anderen Unfallersatztarifen nicht überhöht gewesen. Zum Vergleich zieht die Kammer den Schwacke-AMS 2006 heran, da andere Erhebungen zu Unfallersatztarifen der Kammer nicht bekannt sind Hinsichtlich der Unfallersatztarife ist von Seiten der Beklagten auch nicht eingewandt worden, dass diese in dem Schwacke-AMS 2006 nicht zutreffend abgebildet worden seien.
Nach dem Schwacke-AMS 2006 beträgt der Tagessatz für ein Fahrzeug der Gruppe 4 im PLZ-Bereich 066 im Unfallersatztarif (Modus) 146,– EUR brutto. Die Autovermietung Hofmann hat für die erste Woche 130,– EUR netto und für die 2. Woche 117,– EUR netto abgerechnet, also im Mittel 123,50 EUR netto, das sind bei 16 % MWSt 143,26 EUR brutto. Damit ist der Tarif im Vergleich zu anderen Unfallersatztarifen nicht überhöht. Dass für den früheren Kläger von Anfang an absehbar war, dass das Mietfahrzeug für zwei Wochen benötigt würde, so dass möglicherweise ein günstigerer Wochentarif hätte gewählt werden müssen, ist nicht vorgetragen worden.
Unter Berücksichtigung des von der Beklagten vorgerichtlich auf die Mietwagenkosten gezahlten Betrages von 1.137,96 EUR verbleibt ein Zahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.011,00 EUR (2.249,24 – 100,28 (5 % der reinen Mietwagenkosten) – 1.137,96).
f) Dieser Anspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Parteien bereits abschließend über die Höhe der von den Beklagten zu ersetzenden Mietwagenkosten durch einen Vergleich geeinigt hätten. Die Beklagten behaupten einen Vergleichsschluss allein dadurch, dass die Beklagte zu 1) über einen Teilbetrag Abrechnung erteilt hat, danach auch die Gebühren des Rechtsanwalts bezahlt hat und der frühere Kläger dann 10 Monate lang keine weiteren Ansprüche geltend gemacht hat. Schweigen hat aber grundsätzlich keinen Erklärungswert. Auch hier sind keine Umstände ersichtlich, wonach das Schweigen des früheren Klägers als konkludente Zustimmung zu einem Vergleich oder als konkludenter Verzicht auf weitere Ansprüche anzusehen wäre.
g) Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass geringere Mietwagenkosten angefallen seien, weil die Autovermietung ... nachträglich eine reduzierte Rechnung erstellt habe. Soweit die Autovermietung mit Schreiben vom 16.3.2007 gegenüber der Beklagten zu 1) die Mietwagenkosten anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels berechnet hat, handelte es sich um ein Vergleichsangebot „zur außergerichtlichen Erledigung“, das die Beklagte zu 1) nicht angenommen hat, da sie die vorgeschlagene Zahlung von noch 650,00 EUR nicht erbracht hat.
2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 Abs. 1 BGB.
Die Kläger können Prozesszinsen ab dem 13.10.2007 verlangen, da die Klage den Beklagten am 12.10.2007 zugestellt worden ist.
Dass die Beklagten sich zu einem früheren Zeitpunkt in Verzug mit der Zahlung befunden haben, kann nicht festgestellt werden.
Die Beklagten sind nicht durch das Abrechnungsschreiben vom 19.4.2006 der Beklagten zu 1) ab dem 20.4.2006 in Verzug geraten, da dann keine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB enthalten ist. Eine Mahnung durch die Kläger ist nicht vorgetragen worden.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO Anordnungen gemäß §§ 711, 712 ZPO unterbleiben nach § 713 ZPO, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen. Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
Die Festsetzung des Streitwerts ergeht gemäß §§ 47 Abs. 1 S. 1, 63Abs. 2 S. 1 GKG.