Bei der Instandsetzung eines beschädigten Kraftfahrzeugs schuldet der Schädiger als Herstellungsaufwand nach BGB § 249 S 2 grundsätzlich auch die Mehrkosten, die ohne eigene Schuld des Geschädigten die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen verursacht hat; die Werkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Pkw bei einem Verkehrsunfall in Anspruch, für dessen Folgen sie als Haftpflichtversicherer des Schädigers in vollem Umfang einzustehen hat.
Die Instandsetzungsarbeiten ließ der Kläger nach Einholung eines Gutachtens über Umfang und Dauer von der Reparaturwerkstätte St. ausführen. Ferner mietete er bei der dieser Firma angeschlossenen Sofort-Autoverleih-St. KG für die Dauer von 26 Tagen ein Ersatzfahrzeug; zugleich beauftragte er die Firma mit der Regulierung und Finanzierung des Schadens. Von den ihm in Rechnung gestellten Reparatur- und Mietwagenkosten hat die Beklagte nur einen Teilbetrag erstattet. Sie hat geltend gemacht, die Werkstatt habe unnötige Arbeiten in Rechnung gestellt; außerdem seien zu hohe Preise berechnet worden. Die Instandsetzungsarbeiten seien verzögert worden.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die ihm nicht erstatteten Beträge.
Das Landgericht hat der Klage nur zum Teil, das Oberlandesgericht hat ihr in vollem Umfang stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe:
I. Reparaturkosten
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Geschädigte, wenn er wie hier das Unfallfahrzeug selbst zur Reparatur gibt, nach § 249 Satz 2 BGB von dem Schädiger bzw seinem Haftpflichtversicherer nur den Geldbetrag ersetzt verlangen kann, der zur Herstellung des beschädigten Fahrzeugs erforderlich ist.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind aber bei einer Fallgestaltung wie vorliegend die dem Geschädigten von der Werkstatt in Rechnung gestellten Instandsetzungskosten in der Regel ohne Prüfung ihrer Angemessenheit zugrundezulegen.
2. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
a) Wie der erkennende Senat wiederholt hervorgehoben hat, verlangt § 249 Satz 2 BGB unbeschadet seiner begrifflichen Trennung zwischen den erforderlichen und den vom Geschädigten tatsächlich aufgewendeten Herstellungskosten nicht eine Normierung des geschuldeten Betrages etwa nach dem typischen Durchschnittsaufwand (BGHZ 54, 82, 84ff; 61, 346, 347ff). Die Ersetzungsbefugnis, die das Gesetz in § 249 Satz 2 BGB dem Geschädigten (bei bestimmten Schäden: Verletzung seiner Person oder einer Sache) gewährt, soll ihn davon befreien, die Schadensbeseitigung dem Schädiger anvertrauen oder überhaupt eine Instandsetzung veranlassen zu müssen; sie soll ferner das Abwicklungsverhältnis von dem Streit darüber entlasten, ob die Herstellung durch den Schädiger gelungen ist und vom Geschädigten als Ersatzleistung angenommen werden muss (Prot I 296, 297). Im übrigen lässt diese Regelung die Verpflichtung des Schädigers, den Geschädigten wirtschaftlich so weit wie möglich so zu stellen, als ob der Unfall nicht eingetreten wäre, unberührt (BGHZ 5, 105, 109; 30, 29, 30; Senatsurteil vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 = VersR 1972, 1024, 1025). Deshalb müssen die nach § 249 Satz 2 BGB zur Verfügung zu stellenden Mittel so bemessen sein, dass der Geschädigte durch die Ausübung der Ersetzungsbefugnis, sofern er nur wirtschaftlich vernünftig verfährt, nicht reicher, aber auch nicht ärmer wird, als wenn der Schädiger den Schaden nach § 249 Satz 1 BGB beseitigt. Der danach "erforderliche" Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss. In diesem Sinne ist der Schaden nicht "normativ" zu bestimmen, sondern subjektbezogen (BGHZ 54, 82, 85).
b) Diese nach § 249 Satz 2 BGB mitzuberücksichtigenden Umstände schlagen sich unter anderem in Umfang und Verlauf der Instandsetzungsarbeiten sowie in den Reparaturkosten nieder, die dem Geschädigten von der Werkstatt berechnet werden. Zwar sind diese Kosten begrifflich nur ein Anhalt zur Bestimmung des erforderlichen Reparaturaufwandes iS von § 249 Satz 2 BGB, der sich nach dem richtet, was zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs von dem Geschädigten bei wirtschaftlich vernünftigem Vorgehen aufgewendet werden muss. Auch muss sich der Geschädigte bei der Auftragserteilung sowie bei den weiteren Vorkehrungen für eine ordnungsmäßige, zügige Durchführung der Reparatur von wirtschaftlich vertretbaren, das Interesse des Schädigers an einer Geringhaltung des Schadens mitberücksichtigenden Erwägungen leiten lassen. Es darf aber nicht außer acht gelassen werden, dass seinen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Unfallfahrzeug in die Hände von Fachleuten übergeben hat; auch diese Grenzen bestimmen das mit, was "erforderlich" ist. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Satz 2 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis - sei es aus materiell-rechtlichen Gründen, etwa gar in Anwendung des § 278 BGB, oder aufgrund der Beweislastverteilung - im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten, wohl auch nicht vom Schädiger kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Insoweit besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das "Werkstattrisiko" abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Satz 1 BGB überlassen würde. Die dem Geschädigten durch § 249 Satz 2 BGB gewährte Ersetzungsbefugnis ist kein Korrelat für eine Überbürdung dieses Risikos auf ihn.
Ebensowenig ist eine Belastung mit diesem Risiko deshalb angezeigt, weil der Geschädigte für das Verschulden von Hilfspersonen bei Erfüllung seiner Obliegenheiten zur Schadensminderung nach § 254 Abs 2 Satz 2 iV mit § 278 BGB einstehen müsste. In den Fällen des § 249 Satz 2 BGB, in denen es lediglich um die Bewertung des "erforderlichen" Herstellungsaufwandes geht, ist die Vorschrift des § 254 BGB ohnehin nur sinngemäß anwendbar (vgl BGHZ 61, 346, 351). Selbst wenn in diesem Rahmen gleichwohl auch die durch § 278 BGB bewirkte Risikoverteilung mitberücksichtigt werden müsste, wäre das keine tragfähige Grundlage für eine Entlastung des Schädigers von dem Mehraufwand der Schadensbeseitigung, der, wie ausgeführt, auf ein der Einflusssphäre des Geschädigten entzogenes Verhalten der Reparaturwerkstatt zurückgeht. Hier wirkt sich aus, dass sich der Geschädigte der Werkstatt in erster Linie nicht in Erfüllung von Obliegenheiten zur Schadensminderung, sondern kraft seiner Befugnis zur Herstellung des beschädigten Fahrzeugs bedient und das Gesetz die Kosten hierfür dem Schädiger auferlegt. Eine andere Betrachtung würde das Recht des Geschädigten, die Schadensbeseitigung selbst statt vom Schädiger vornehmen zu lassen, was nicht zuletzt diesem, damit auch seinem Haftpflichtversicherer zugute kommt, dem Sinn des Gesetzes zuwider verkürzen.
Weist der Geschädigte nach, dass er die Instandsetzungsarbeiten unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze veranlasst hat, so können deshalb die "tatsächlichen" Reparaturkosten regelmäßig auch dann für die Bemessung des "erforderlichen" Herstellungsaufwandes herangezogen werden, wenn diese Kosten ohne Schuld des Geschädigten etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise im Vergleich zu dem, was für eine solche Reparatur sonst üblich ist, unangemessen sind.
c) Dem Berufungsgericht ist deshalb darin zu folgen, dass der Geschädigte in solchen Fällen grundsätzlich nicht zunächst darauf verwiesen werden kann, der übersetzten Forderung der Werkstatt seine Einwände entgegenzusetzen, um die Forderung in gerichtlicher Auseinandersetzung auf die angemessene Höhe zurückzuführen. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtung entspricht es der Interessenlage, dass der Schädiger dem Geschädigten die Mittel zur Verfügung stellt, die diesen in die Lage versetzen, das Unfallfahrzeug möglichst rasch wieder nutzen zu können, und selbst die Entscheidung über das Vorgehen gegen die Werkstatt trifft. Da er nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt verlangen kann, ist seine Rechtsstellung gegenüber dieser nicht schwächer als die des Geschädigten; er wird sogar meist durch die Unterstützung seines Haftpflichtversicherers seine Interessen an einer Herabsetzung der Reparaturkosten nachdrücklicher als der Geschädigte verfolgen können.
3. Diese Grundsätze führen freilich nicht dazu, die Reparaturkostenrechnung der Werkstatt dem nach § 249 Satz 2 BGB für die Instandsetzung des Fahrzeugs geschuldeten Betrag ungeprüft gleichzusetzen. Selbstverständlich haben Reparaturen bei der Bemessung des erforderlichen Herstellungsaufwandes auszuscheiden, die nur bei Gelegenheit der Instandsetzungsarbeiten mitausgeführt worden sind. Ferner dürfen die dargestellten Bemessungsgrundsätze nicht dazu führen, dass sich - letztlich zum Schaden der Allgemeinheit - mangelndes Interesse der Vertragsbeteiligten an einer marktgerechten Abwicklung der Instandsetzung im Kostenniveau niederschlägt. An den vom Geschädigten zu führenden Nachweis, dass er wirtschaftlich vorgegangen ist, also bei der Beauftragung aber auch bei der Überwachung der Reparaturwerkstatt den Interessen des Schädigers an Geringhaltung des Herstellungsaufwandes Rechnung getragen hat, dürfen deshalb nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden.
Die Revision meint, dem Kläger sei vorzuwerfen, dass er die Instandsetzungsarbeiten, die Bereitstellung eines Mietwagens und die Finanzierung der Schadensabwicklung in eine Hand gegeben habe. Ihr ist zuzugeben, dass die Einschaltung eines "Unfallhelfers" wegen der besonderen Interessenverknüpfung, die seinem Tätigwerden zugrunde liegt, die Gefahr übersetzter Herstellungskosten vergrößern kann. Das betrifft aber erfahrungsgemäß weniger die Reparaturkosten, als vielmehr die Mietwagenkosten, insbesondere durch Verzögerung der Instandsetzungsarbeiten, sowie unangebrachte Finanzierungsgebühren.
Davon abgesehen müssen die Bedenken gegen eine Schadensabwicklung durch einen "Unfallhelfer" nicht dazu führen, dem Geschädigten allein schon deshalb, weil er diese Dienste in Anspruch nimmt, eine unwirtschaftliche Verfahrensweise vorzuwerfen. Es kann durchaus dem schutzwerten Interesse des Geschädigten entsprechen, sich auf Rechnung des Schädigers eines "Unfallhelfers" zu bedienen (vgl BGHZ 61, 317, 322). Allerdings wird er durch die Einschaltung des "Unfallhelfers" nicht seiner Verantwortung für eine Geringhaltung des Schadens enthoben. Doch befindet er sich insoweit in keiner anderen Lage als ein Geschädigter, der die Dienste eines "Unfallhelfers" nicht in Anspruch nimmt.
II. Mietwagenkosten
Auch die Bemessung der vom Schädiger zu ersetzenden Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zum Ausgleich des Nutzungsentgangs bestimmt sich in einem Fall wie dem vorliegenden gemäß § 249 Satz 2 BGB nach den oben zum Reparaturaufwand dargestellten Grundsätzen (vgl BGHZ 61, 325, 328; 346ff). Auch für diesen Betrag ist von den Kosten auszugehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte. Gegen die Berücksichtigung des Zeitraums, um den die Instandsetzung durch die Einholung des Gutachtens über die Reparaturwürdigkeit des Unfallwagens verzögert worden ist, erhebt auch die Revision keine Beanstandungen. Sie kann sich aber auch nicht gegen die Heranziehung der tatsächlichen Reparaturzeit wehren. Ob sich der Kläger von der Beklagten eine Verzögerung der Reparatur durch die Werkstatt entgegenhalten lassen muss, ist nämlich nach denselben Gesichtspunkten zu beurteilen, die auch die Berücksichtigung unangemessen hoher Reparaturkosten rechtfertigen, zumal Umfang und Dauer der Reparatur eng zusammenhängen. Danach hat als nicht "erforderlich" nur diejenige Zeit des Nutzungsausfalls unberücksichtigt zu bleiben, die der Geschädigte wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflicht zur Geringhaltung des Schadens zu verantworten hat. Für ein Verschulden der Reparaturwerkstatt braucht er nicht nach § 278 BGB einzustehen. Deshalb gehen Verzögerungen, die etwa durch fehlerhafte Organisation des Reparaturbetriebes, Ausfall von Arbeitskräften, unwirtschaftliche oder fehlerhafte Handhabung der Reparatur entstehen, also dem Einfluss und der Kontrolle des Geschädigten entzogen sind, im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich nicht zu seinen Lasten. Auch insoweit muss der Schädiger auch hier auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich von dem Geschädigten etwaige Ansprüche gegen die Werkstatt abtreten zu lassen und sich selbst mit dieser auseinanderzusetzen. Auch hier entfällt selbstverständlich eine Ersatzpflicht für Verzögerungen durch Reparaturarbeiten, die nicht im Zusammenhang mit dem Unfallschaden, sondern nur bei Gelegenheit der unfallbedingten Instandsetzungsarbeiten mit ausgeführt werden.