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Bei der gebotenen Abwägung im Rahmen des § 254 Abs. 1 BGB ist in erster Linie das Maß der Verursachung maßgeblich, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. etwa Senatsurteil vom 9. Juli 1968 - VI ZR 171/67 - VersR 1968, 1093, 1094 m.w.N.; vom 20. Januar 1998 - VI ZR 59/97 - VersR 1998, 474, 475). Es kommt danach für die Haftungsverteilung entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1998 - VI ZR 59/97 - aaO; vom 12. Juli 1988 - VI ZR 283/87 - VersR 1988, 1238, 1239 m.w.N.). Die unter diesem Gesichtpunkt vorzunehmende Abwägung kann zwar in besonderen Fallgestaltungen zu dem Ergebnis führen, dass einer der Beteiligten allein für den Schaden aufkommen muss (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1998 - VI ZR 59/97 - aaO). Unter dem Gesichtspunkt der Mitverursachung gemäß § 254 BGB ist eine vollständige Überbürdung des Schadens auf einen der Beteiligten aber nur ausnahmsweise in Betracht zu ziehen (Senatsurteile vom 21. Februar 1995 - VI ZR 19/94 - VersR 1995, 583, 584 und vom 7. Februar 2006 - VI ZR 20/05 - VersR 2006, 663). Ob ein vollständiger Haftungsausschluss gerechtfertigt ist, kann jeweils nur nach einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles entschieden werden (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1991 - VI ZR 69/91 - VersR 1992, 371, 372 und vom 7. Februar 2006 - VI ZR 20/05 - aaO). |
Das Berufungsgericht hat die Anrechnung einer Aufsichtspflichtverletzung der Klägerin oder ihres Ehemanns als Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB zu Recht nicht auf die Verschuldensvermutung des § 832 BGB gestützt. aa) Zwar soll eine Verschuldensvermutung nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung auch im Rahmen des § 254 BGB Anwendung finden. Bei den so genannten Verschuldensvermutungen handele es sich um bloße Beweislastregeln und es sei nicht einsichtig, dem Kläger die betreffenden Beweiserleichterungen zwar im Rahmen der Haftungsbegründung zu gewähren, bei der Verteilung des Schadens im Rahmen des § 254 BGB aber zu versagen (vgl. Belling/Riesenhuber, ZZP 108 (1995), 455, 465 ff.; Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., § 10 XII 3; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S. 584 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 254 Rn. 122; Staudinger/Belling, BGB, Neubearb. 2008, § 831 Rn. 40). Sinn und Zweck der Verschuldensvermutungen liege darin, dem Begünstigten über etwaige nicht in seine Zuständigkeit fallende Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen (Looschelders, aaO). Es vermöge nicht zu überzeugen, dass im Rahmen des § 254 BGB eine andere Beweislastregelung gelten solle als bei der Haftungsbegründung (Staudinger/Schiemann, aaO). Ob eine Sphäre einer der Parteien zuzuweisen sei, hänge nicht von deren "Rolle" als Schädiger oder Geschädigter ab (vgl. Lange/Schiemann, aaO). Der Richter habe bei der Abwägung die höchste nicht ausgeschlossene Verschuldensintensität zu berücksichtigen (vgl. Belling/Riesenhuber, aaO; Looschelders, aaO). bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats können bei der Schadensabwägung nach § 254 BGB indes nur solche Umstände verwertet werden, von denen feststeht, dass sie eingetreten und für die Entstehung des Schadens ursächlich geworden sind. Ein Verschulden, das nur gesetzlich vermutet wird, darf daher nicht berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteile vom 16. Oktober 1956 - VI ZR 162/55, NJW 1957, 99 f.; vom 8. Januar 1963 - VI ZR 35/62, VersR 1963, 285, 286; vom 23. November 1965 - VI ZR 158/64, VersR 1966, 164, 165; vom 10. Januar 1995 - VI ZR 247/94, VersR 1995, 357; vom 21. November 2006 - VI ZR 115/05, VersR 2007, 263 Rn. 15; ebenso Erman/Ebert, BGB, 13. Aufl., § 254 Rn. 84; MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 254 Rn. 110; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rn. 112; Unberath in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 254 Rn. 53). Wird ein Verschulden nur vermutet, so fehlt jeder Anhalt für das Maß dieses Verschuldens, das von der leichtesten Fahrlässigkeit bis zur gröbsten Sorgfaltspflichtverletzung reichen kann. Nur wenn das Maß der Verantwortlichkeit beider Teile feststeht, ist eine sachgemäße Abwägung möglich. Wollte man sie auf Unterstellungen und Vermutungen gründen, so würde man in unzulässiger Weise Gewisses mit Unbekanntem vergleichen und zu keinem gerechten Ergebnis gelangen (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 1956 - VI ZR 162/55, aaO, 100). Nach dieser Rechtsprechung sind Verschuldensvermutungen nur für den Haftungsgrund relevant. Daran wird festgehalten. Auf die Frage, ob die Verschuldensvermutung des § 832 BGB bei einer Schädigung des Aufsichtspflichtigen durch den Aufsichtsbedürftigen überhaupt Anwendung findet, kommt es nicht an. Ein Mitverschulden des Aufsichtspflichtigen gemäß § 254 Abs. 1 BGB kommt - wie vom Berufungsgericht angenommen - nur in Betracht, wenn eine Aufsichtspflichtverletzung feststeht und der Aufsichtspflichtige aus tatsächlichem Verschulden haftet, ohne dass eine entsprechende Anwendung des § 840 Abs. 2 BGB erforderlich ist |