Das Verkehrslexikon

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Dauer der Fahrtenbuchauflage

Dauer der Fahrtenbuchauflage


Der VGH München (Beschluss vom 24.06.2013 - 11 CS 13.1079) hat - in Übereinstimmung mit dem VGH Mannheim (Beschluss vom 28.05.2002 - 10 S 1408/01) ausgeführt:

   "Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548, Rn. 31 und VGH BW, B.v. 28.5.2002 – 10 S 1408/01 – VRS Bd. 103 [2002], S. 140/141). Die Mitwirkung des Halters besteht in diesen Fällen darin, den Fahrer des Tatfahrzeugs zu nennen, das Bestreiten des Verkehrsverstoßes ist entgegen dem Beschwerdevorbringen keine Mitwirkung in diesem Sinn.


In Anwendung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bei einem "qualifizierten Rotlichtverstoß", bei dem die bereits 18,37 Sekunden dauernde Rotphase einer Ampel missachtet wurde, ohne dass es zu einem Unfall oder zur konkreten Gefährdung eines Dritten kam, eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von zwei Jahren als rechtens angesehen (VGH BW, B.v. 28.5.2002 – 10 S 1408/01 – VRS Bd. 103 S. 140). Aus den gleichen Erwägungen hat das Verwaltungsgericht Braunschweig (U.v. 4.6.2008 – 6 A 281/07 – , Rn. 28) die Anordnung, ein Fahrtenbuch für die Dauer von 18 Monaten zu führen, in Reaktion auf die - ebenfalls folgenlos gebliebene - Missachtung einer Verkehrsampel, die lediglich 1,4 Sekunden rotes Licht gezeigt hatte, als rechtmäßig angesehen. Wenn der Antragsgegner den Antragsteller zur Führung eines Fahrtenbuches für die Dauer von einem Jahr verpflichtet hat, so ist dagegen allein schon angesichts des objektiven Unrechtsgehalts der Tat nichts zu erinnern."




Gliederung:


- Allgemeines






Allgemeines:


Fahrtenbuch-Auflage

VGH Mannheim v. 28.05.2002:
Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, insbesondere den betroffenen Fahrzeughalter nicht unangemessen belastet, wird mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich die Behörde bei der Bemessung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage maßgeblich an der Gefährlichkeit der Verkehrszuwiderhandlung für die Sicherheit des Straßenverkehrs orientiert. Anlass zu einer längerfristigen Fahrtenbuchauflage wird vor allem dann bestehen, wenn mit der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung ein Straftatbestand verwirklicht worden ist oder wenn eine Ordnungswidrigkeit begangen wurde, die nach den Bestimmungen der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) nicht nur mit einer Geldbuße, sondern auch mit einem Fahrverbot zu ahnden ist. Hier kommt auch eine mehrjährige Fahrtenbuchauflage in Betracht - hier 2 Jahre nach Rotlichtverstoß -.

VG Braunschweig v. 30.06.2004:
Zur Dauer der Fahrtenbuch-Auflage je nach der Schwere des Verstoßes (1 Punkt = 6 Monate, 3 Punkte = 12 Monate).

OVG Münster v. 05.09.2005:
Drei Jahre Fahrtenbuch-Führen bei Nichtfeststellung des Fzg-Führers nach objektiv feststehender Unfallflucht sind rechtmäßig.




VG Braunschweig v. 10.06.2005:
Eine 15-monatige Fahrtenbuchauflage ist nach einem Rechtsüberholen auf der Autobahn bei mangelnder Mitwirkung des Halters an der Fahrerermittlung bzw. bei subjektiv unmöglicher Mitwirkung wegen "miserablen" Gedächtnisses im Interesse künftiger Gefahrenabwehr rechtmäßig.

VG Braunschweig v. 04.06.2008:
Eine Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 18 Monaten entspricht bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß in aller Regel dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

OVG Lüneburg v. 10.02.2011:
Bei der Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage ist insbesondere das Gewicht des festgestellten Verkehrsverstoßes zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann in die zu treffende Ermessensentscheidung einfließen, ob das erste Mal mit einem Pkw des Fahrzeughalters ein Verkehrsverstoß ohne Fahrerfeststellung begangen wurde oder es sich um einen Wiederholungsfall handelt. Auch das Verhalten des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes sowie etwaige Maßnahmen, die für die Zukunft weitere Verstöße verhindern sollen, kann die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr würdigen. Die vorgesehene Dauer der Fahrtenbuchauflage von neun Monaten bei einem nur mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoß ist als Ermessensentscheidung jedoch ermessensfehlerhaft, wenn nur ein vage, nicht nachvollziehbare Begründung gegeben wird.

VGH München v. 24.06.2013:
Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten.

OVG Münster v. 13.01.2016:
Bei einem unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstoß, der mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre, ist eine Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von 12 Monaten nicht unverhältnismäßig.

OVG Münster v. 13.01.2016:
Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn die Behörde bei einem unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstoß, der mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre, im Wiederholungsfall eine Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von 24 Monaten erlässt.

VG Augsburg v. 24.05.2016:
Die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von zwölf Monaten bei einer Ordnungswidrigkeit, die mit einer Bewertung von einem Punkt im Fahreignungsregister sowie einem Bußgeld von EUR 120,00 belegt ist, ist bei einer deutlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts von 100 km/h um 33 km/h (abzüglich Messtoleranz) nicht zu beanstanden.

OVG Saarlouis v. 18.07.2016:
Die Bemessung der Dauer der Fahrtenbuchauflage steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, die hierbei die zwingenden Vorgaben der Rechtsordnung, insbesondere den Gleichbehandlungs- und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten hat. - Als Kriterium für die zeitliche Bemessung ist wesentlich auf das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung abzustellen. Im Weiteren wird das Verhalten zu würdigen sein, dass der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären.

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