Wird ein zur Nachschulung führender Verstoß noch während der Probezeit begangen (Tattag), dann ist die Anordnung zur Teilnahme am Aufbauseminar auch noch zulässig, wenn die Probezeit abgelaufen ist, es sei denn, der Verstoß ist bereits tilgungsreif.
Gem. § 2 a Straßenverkehrsgesetz muss sich ein Führerscheininhaber auf Probe einer Nachschulung bzw. einem Aufbauseminar unterziehen, wenn gegen ihn entweder wegen einer schwerwiegenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit oder wegen zweier nicht schwer wiegender Straftaten oder wegen zweier nicht schwer wiegender aber mit Punkten bedrohter Ordnungswidrigkeiten eine rechtskräftige Bußgeldentscheidung ergangen ist und wenn die Tatzeiten innerhalb der Probezeit lagen (auch wenn die Probezeit zwischenzeitlich abgelaufen sein sollte).
Die Einordnung danach, ob der Verstoß schwerwiegend oder nicht schwerwiegend ist, erfolgt gem. Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnisverordnung.
VG Darmstadt v. 15.02.1990:
Die Rechtmäßigkeit von Anordnungen auf der Grundlage von § 2a II StVG nach Ablauf der Probezeit beurteilt sich - ungeachtet des seitdem verstrichenen Zeitraumes - auch bei inzwischen beanstandungsfreier Teilnahme am Straßenverkehr allein danach, ob die Anknüpfungsentscheidungen zum Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung registerrechtlich noch verwertbar sind.
VG Hamburg v. 08.06.1998:
Die Anordnung der Nachschulung gem. § 2 a II StVG hat auch dann zu erfolgen, wenn seit der Tat schon eine längere beanstandungsfreie Zeit verstrichen ist. Die zeitliche Grenze der Verwertbarkeit dürfte in Anlehnung an die Tilgungsvorschriften im Verkehrszentralregister anzunehmen sein.
Die Straßenverkehrsbehörde hat, wenn gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist auch noch nach Ablauf der Probezeit seine Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen.
VG Koblenz v. 14.12.2020:
Die Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nach einem während der Probezeit begangenem sog. A-Verstoß ist auch nach Ablauf der Probezeit rechtmäßig.
VGH München v. 11.01.2022:
Die Fahrerlaubnisbehörden sind bei Maßnahmen gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gemäß § 2a Abs. 2 Satz 2 StVG an rechtskräftige Entscheidungen über die Straftat oder Ordnungswidrigkeit gebunden. Hierzu bedarf es auch im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) keines ausdrücklichen Hinweises im Bußgeld- oder Strafverfahren.
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