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Die Aktivlegitimation des rechtmäßigen unmittelbaren Besitzers

Die Aktivlegitimation des rechtmäßigen unmittelbaren Besitzers




Siehe auch
Aktivlegitimation - Anspruchs- und Klagebefugnis
und
Stichwörter zum Thema Zivilprozess



Dass der unmittelbare rechtmäßige Besitzer einer Sache direkt durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist, entspricht seit jeher herrschender Auffassung, denn der Besitz gehört zu den "sonstigen Rechten" im Sinne dieser Vorschrift (RGZ 170, 1; BGHZ 62, 243; BGH VersR 1976, 943, BGH VersR 1981, 161)

Daher wurde vom BGH z. B. jeweils die Aktivlegitimation eines Leasingnehmers sowie eines Mieters eines Fahrzeugs ausdrücklich bejaht:

- Für einen Leasingnehmer:

BGH (Urteil vom 13.07.1976 - VI ZR 78/75)

- Für einen Fahrzeugmieter

BGH VersR 1981, 161 ff. (Urt. v. 18.11.1980 - VI ZR 215/78)


Zur Frage der Aktivlegitimation des Besitzers eines Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt hat das OLG Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2006 - 4 U 318/06) entschieden:

Ist jemand zum Zeitpunkt der Beschädigung eines Fahrzeugs dessen Besitzer, so hat er auf Grund der Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 1 BGB sein Eigentum bewiesen. Es ist dann Sache der Gegenpartei, die Vermutung gemäß § 292 ZPO durch den Beweis des Gegenteils zu widerlegen. Dieser ist nach dem Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Lebenssachverhalts und Einbeziehung des Ergebnisses einer eventuellen Beweisaufnahme zu führen.

Zur Aktivlegitimation des Leasingnehmers nach Europarecht hat das OLG Köln (Urteil vom 09.03.2010 - 13 U 119/09) geurteilt:

Dem Leasingnehmer stehen als Halter eines beschädigten Unfallfahrzeugs gegen den Verursacher Schadensersatzansprüche zu. Als unmittelbarer Besitzer und als vertraglich gegenüber dem Leasinggeber zur Wiederinstandsetzung Verpflichteter ist der Leasingnehmer aktivlegitimiert und kann die ihm zustehenden Ansprüche als Inhaber eines Direktanspruchs gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend machen.

Zu den Darlegungsanforderungen hat in neuerer Zeit das OLG Saarbrücken (Urteil vom 08.05.2014 - 4 U 393/11) ausgeführt:

"Zunächst unterliegt die Berufung nicht bereits deshalb der Zurückweisung, weil der Kläger die Aktivlegitimation nicht beweisen konnte. Entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis dafür erbracht, dass er zum Zeitpunkt des Schadensereignisses Eigentümer des im Tatbestand bezeichneten Fahrzeugs war:

a) Hierbei streitet bereits die Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB für die Eigentümerstellung des Klägers, der zum Zeitpunkt des Unfalls unmittelbarer Besitzer des Pkws war. Die gesetzliche Vermutung enthebt den Besitzer im Grundsatz auch von der Darlegungslast, dass und auf welcher Grundlage er oder derjenige, von dem er sein Besitzrecht ableitet, mit dem Besitzerwerb Eigentum erworben hat (BGHZ 156, 310, 319; BGH, Urt. v. 4.2.2002 - II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102; Senat, NJW-​RR 2013, 1498; Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 1006 Rdnr. 1; MünchKomm(BGB)/Baldus, 6. Aufl., § 1006 Rdnr. 42; Gursky in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 1006 Rdnr. 42). Mit dieser Rechtsauffassung ist es nicht vereinbar, eine „erfolgreiche Berufung auf die Vermutung des § 1006 Abs. 1 Satz 1 BGB“ erst dann zu erlauben, wenn „der Besitzer seiner sekundären Darlegungslast zu den Umständen seines Besitz- und Eigentumserwerbs genüge“ (so aber OLG Hamm, MDR 2014, 403). Vielmehr genießt der Besitzer die Rechtswohltat des § 1006 Abs. 1 BGB bereits dann, wenn er seinen unmittelbaren Besitz nachweist und die Rechtsbehauptung aufstellt, Eigentümer der Sache zu sein (Baumgärtel in: Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 1006 Rdnr. 9; Senat, NJW-​RR 2013, 1498).




Von diesem materiellen Gehalt der Darlegungs- und Beweislast ist die Frage zu unterscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Besitzer in Anwendung der zu § 138 ZPO entwickelten prozessualen Grundsätze zur sog. sekundären Darlegungslast (vgl. hierzu: Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 138 Rdnr. 37; MünchKomm(ZPO)/Wagner, 4. Aufl., § 138 Rdnr. 22; PG/Prütting, ZPO, 5. Aufl., § § 138 Rdnr. 11; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 138 Rdnr. 8 f.) gehalten ist, seinerseits zu den Umständen des Eigentumserwerbs vorzutragen. Um einen inneren Widerspruch zum materiellen Inhalt der Beweisvermutung zu vermeiden, überzeugt es nicht, den Besitzer bereits dann sekundären Darlegungslasten zu den Umständen seines Eigentumserwerbs aufzuerlegen, wenn der Beweisgegner den Eigentumserwerb schlicht bestreitet (so aber Gursky aaO, § 1006 Rdnr. 49; MünchKomm(BGB)/Baldus, aaO, § 1006 Rdnr. 45): Im Fall des unstreitigen Eigentums besitzt die gesetzliche Beweisvermutung keine prozessuale Funktion, deren Sinn gerade darin besteht, die Rechtsanwendung bei streitiger Eigentumslage zu erleichtern. Mithin ist eine sekundäre Darlegungslast des Besitzers nur dann anzuerkennen, wenn die Gegenpartei ihrerseits qualifizierten Vortrag zu dem Erwerbsvorgang hält, der eine fehlende Eigentümerstellung des Besitzers zumindest mit einiger Wahrscheinlichkeit nahelegt (vgl. PWW/Englert, BGB, 8. Aufl., § 1006 Rdnr. 4; vgl. auch BGH, Urt. v. 13.12.2012 - I ZR 236/11, TranspR 2013, 286: Auch im Transportrecht ist es in st. Rspr. anerkannt, dass sekundäre Darlegungslasten nicht allein daraus resultieren, dass der Beweisführer keine Kenntnis von den zu beweisenden Umständen besitzt, während der Beweisgegner die Aufklärung unschwer leisten kann. Der Beweisgegner ist nur dann zur sekundären Darlegung gehalten, wenn die offenzulegenden Umstände - konkret: Mängel bei der Organisation des Warenumschlags - mit gewisser Wahrscheinlichkeit naheliegen). Diese Grenze ist im Anwendungsbereich des § 1006 Abs. 1 BGB nicht erreicht, wenn der Beweisgegner die Eigentümerstellung mit der spekulativen Behauptung bestreitet, dass der Besitzer nicht über die finanziellen Mittel zum Aufbringen des Kaufpreises verfügt habe.

Die Voraussetzungen einer sekundären prozessualen Darlegungslast des Besitzers sind im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt nicht zu vertiefen, nachdem der Kläger Vortrag zu dem Erwerbsvorgang gehalten hat.

Da die Vermutung auch den Eigenbesitz des Besitzers umfasst, ist die Vermutung erst dann widerlegt, wenn die Beklagte beweisen kann, dass der Kläger entweder Fremdbesitzer war oder aber trotz Erwerb zu Eigenbesitz aus anderen Rechtsgründen kein Eigentum erwerben konnte (vgl. Palandt/Bassenge, aaO, § 1006 Rdnr. 4, 6)."

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