OLG München v. 02.06.2006:
Einen Fahrzeugführer trifft das alleinige Verschulden an einem Unfall, wenn er zur Nachtzeit auf eine Landstraße mit einer Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h ungebremst mit einem (alkoholisierten) Fußgänger kollidiert, der ihm am linken Fahrbahnrand entgegenkommt. Der Umstand, dass der Fußgänger dunkle Kleidung trug und insofern schwer erkennbar war, ändert an dieser Beurteilung nichts. Das Tragen dunkler Kleidung beinhaltet für sich kein haftungsrechtlich relevantes Fehlverhalten.
OLG Celle v. 12.05.2010:
Für eine Mitursächlichkeit der bestehenden Alkoholisierung eines Fußgängers an der Unfallentstehung spricht ein Anscheinsbeweis erst ab einem Blutalkoholgehalt von mehr als 2 ‰. Trunkenheit eines Fußgängers ist mitursächlich für einen von ihm erlittenen Unfall war, sofern ein nüchterner Fußgänger dieselbe Verkehrslage hätte meistern können.
OLG Köln v. 25.11.2010:
Das allenfalls leichte Verschulden eines Kfz-Führers und die Betriebsgefahr des von ihm geführten Fahrzeugs treten hinter dem groben Eigenverschulden eines stark alkoholisierten Fußgängers, der dunkel gekleidet bei Dunkelheit auf der dunklen Fahrbahn liegt, vollständig zurück.
OLG Köln v. 28.09.2012:
Unterhalb des absoluten Grenzwertes, der bei Fußgängern bei etwa 2,0 Promille liegt, setzt eine zur Leistungsfreiheit in der Unfallversicherung führende alkoholbedingte Bewusstseinsstörung voraus, dass entweder alkoholtypische Ausfallerscheinungen vorliegen oder das festgestellte verkehrswidrige Verhalten typischerweise durch Alkoholgenuss bedingt ist. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die versicherte Person an einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung litt, trägt der Versicherer, wobei es hinsichtlich der Alkoholisierung grundsätzlich genügt, wenn er sich auf einen im Ermittlungsverfahren festgestellten Blutalkoholkonzentrationswert beruft.
OLG Celle v. 19.03.2015:
Überquert eine Fußgängerin in deutlich alkoholisiertem Zustand (hier: 1,75 Promille Blutalkoholgehalt) bei Dunkelheit und schlechter Beleuchtung eine Straße, ohne dabei die Verkehrsverhältnisse zu beachten, entfällt hierbei die Betriebsgefahr seitens eines mit ihr deshalb kollidierenden Kraftfahrzeugs, weil dieser Unfall durch das grob verkehrswidrige Verhalten der Fußgängerin verursacht worden ist.
OLG Hamm v. 17.04.2015:
Das erhebliche Verschulden eines mit 2,49 Promille alkoholisierten Fußgängers, der bei dem Versuch, sich seitlich an einem auf einem Kundenparkplatz langsam vorwärts fahrenden Lastzug abzustützen, zwischen die Hinterachsen des Sattelaufliegers gerät, rechtfertigt im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung das Zurücktreten der allein einzustellenden Betriebsgefahr und führt zur Verneinung jeglicher Haftung. - Die im Unfallzeitpunkt gemessene Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille begründet die alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit eines Fußgängers, wenn dieser zuvor durch eine Verhaltensweise (Torkeln, starkes Schwanken) aufgefallen ist, die typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Fußgänger ist.
OLG München v. 12.06.2015:
Das Sichtfahrgebot gilt auch gegenüber einem bei Dunkelheit auf der rechten Fahrbahnseite gehenden volltrunkenen Fußgänger. Das Sichtfahrgebot soll nicht nur vor Kollisionen mit Entgegenkommenden, sondern auch davor schützen, auf Hindernisse aufzufahren.
OLG Jena v. 15.06.2017:
Das Laufen eines alkoholisierten Fußgängers auf einer unbeleuchteten Straße zur Nachtzeit in dunkler Kleidung stellt einen so groben Verkehrsverstoß dar, dass eine Mithaftung des Halters bzw. Führers des beteiligten Kfz entfällt, wenn die Betriebsgefahr des Fahrzeugs nicht erhöht war.