OVG Saarlouis v. 03.07.2008:
Ein Mitgliedstaat kann es ablehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus dem nach dem Entzug der Fahrerlaubnis von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt, wenn auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein selbst oder anderen vom Antragstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG (EWGRL 439/91) aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war.
VG Weimar v. 27.08.2008:
Die Ablehnung der Anerkennung einer in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis ist nur dann möglich, wenn auf der Grundlage von Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedsstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung sein Inhaber, auf den im Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs seiner früheren Fahrerlaubnis angewendet worden ist, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedsstaats hatte (im Anschluss an EuGH, Urteile vom 26.06.2008 ([C-334/06, C-335/06 und C-336/06]). Eine Ablehnung der Anerkennung unter Rückgriff auf Unterlagen aus dem Gebiet des Aufnahmemitgliedstaats ist damit ausgeschlossen.
OVG Münster v. 05.02.2009:
Es liegt offenkundig ein Scheinwohnsitz vor, wenn sich aus den auf den eigenen Angaben des Inhabers eines polnischen Führerscheins beruhenden Meldeunterlagen ein durchgängiger Wohnsitz in Deutschland ergibt. Ein Zweitwohnsitz in Polen reicht für das europarechtliche Wohnsitzerfordernis nicht aus. Auch eine polnische Arbeits- und Aufenthaltskarte ändert hieran nichts.
VGH München v. 20.02.2014:
Bei ihrer Bewertung der vom Ausstellermitgliedstaat stammenden Informationen können die nationalen Gerichte insbesondere den etwaigen Umstand berücksichtigen, dass diese Informationen darauf "hinweisen", dass sich der Inhaber des Führerscheins im Gebiet des Ausstellermitgliedstaats nur für ganz kurze Zeit aufgehalten und dort einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck errichtet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung des Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen. Zu solchen Hinweisen zählen auch wiedergegebene Mitteilungen eines Zimmervermieters.
VGH München v. 20.05.2015:
Ist in einem polnischen Führerscheindokument eine polnische Adresse eingetragen, enthält aber die amtliche Auskunft des zuständigen polnischen Ministeriums die Angabe, dass über eine Unterkunft, zu persönlichen oder beruflichen Bindungen, Behördenkontakten sowie Eigentumsinteressen nichts bekannt sei, ergeben sich Zweifel an der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes. Ein ordentlicher Wohnsitz setzt eine Unterkunft sowie persönliche oder berufliche Bindungen voraus.
VGH München v. 08.06.2015:
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Betreffende seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsmitgliedstaat oder im Inland hatte, sind die Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats nicht nur auf die Informationen beschränkt, die sich dem verfahrensgegenständlichen Führerschein entnehmen lassen oder die vom Ausstellungsmitgliedstaat herrühren. Liegen unbestreitbare Informationen aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vor, nach denen die Möglichkeit besteht, dass es sich um einen Scheinwohnsitz handelt, sind alle Umstände, die dem nationalen Gericht in dem anhängigen Verfahren bekannt geworden sind, mit einzubeziehen.
VGH München v. 11.05.2016:
Die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis ist zu versagen, wenn sich aus Auskünften des Gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Verbindung mit Inlandserkenntnissen Hinweise ergeben, dass es sich bei dem vom Betroffenen behaupteten Wohnsitz um einen Scheinwohnsitz gehandelt hat. Dies ist u.a. der Fall, wenn unter der vom Betroffenen angegebenen Anschrift mit 6 Wohnungen gleichzeitig 38 deutsche Staatsangehörige gemeldet waren.