Das Verkehrslexikon
MPU bei Nachtrunk-Behauptung
Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung bei Nachtrunk-Behauptung
Gliederung:
Einleitung:
Die MPU-Anordnung nach Verkehrsteilnahme erfolgt in der Regel bei mehr als 1,6 ‰, sofern es sich nur um eine Tat handelt, oder unabhängig von der Blutalkoholkonzentration, sofern es sich um die mehrfache Teilnahme am Verkehr unter Alkoholeinfluss handelte. Daneben kann die Fahrerlaubnisbehörde allerdings auch ohne sicheren vorangegangenen Nachweis bestimmter Alkoholkonzentrationen aus sonstigen Erkenntnisquellen - z. B. den Angaben des Betroffenen über sein Trinkverhalten - auf die Möglichkeit von Alkoholmissbrauch schließen und eine MPU anordnen.
Insbesondere wird in vielen Fällen, in denen sich der Betroffene im Strafverfahren mit einer Nachtrunk-Einlassung verteidigt hat, die ihm nicht widerlegt werden konnte, die Höhe der nachgewiesenen Blutalkoholkonzentration für sich schon den Verdacht auf Alkoholmissbrauch nahelegen.
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Weiterführende Links:
Stichwörter zum Thema medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU)
Nachtrunk - Alkoholkonsum nach dem relevanten Ereignis
Stichwörter zum Thema Alkohol
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Allgemeines:
VGH Mannheim v. 17.01.2000:
Nimmt ein Kfz-Führer nach einem Unfall, bei dem er bereits zu 0,8 ‰ alkoholisiert war, weiteren Alkohol zu sich, was insgesamt zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,97 ‰ führt, dann liegt die Annahme von Alkoholmissbrauch nahe, sodass die Anordnung zur Beibringung einer positiven MPU gerechtfertigt ist.
VG Sigmaringen v. 19.01.2001:
Der häusliche Trunk ohne Verkehrsteilnahme unter Alkohol kann die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen bei einem Berufskraftfahrer, der einerseits sehr alkoholgewöhnt ist und andererseits regelmäßig fahren muss (hier: Nachtrunk von 2,5 l Weißbier und BAK von 1,57 Promille nach leichtem Verkehrsunfall).
VG Augsburg v. 11.05.2004:
Tatsachen für die Annahme von Alkoholmissbrauch sind gegeben, wenn ein Kraftfahrer ein Fahrzeug mit einer BAK von 1,1 Promille führt, Fahrerflucht begeht und zwei Stunden später einen BAK-Wert von 2,26 Promille erreicht.
OVG Koblenz v. 09.12.2020:
Der Annahme einer Trunkenheitsfahrt steht die Behauptung des Fahrerlaubnisinhabers nicht entgegen, er habe erst nach dem Unfall aufgrund eines unfallbedingten Schocks Alkohol zu sich genommen. Wird der Fahrer eines Fahrzeuges bei einer Unfallaufnahme unter Alkoholeinfluss angetroffen, spricht eine lebensnahe Betrachtung dafür, dass die Alkoholaufnahme vor Antritt der Fahrt erfolgt ist. Macht der Fahrerlaubnisinhaber hiervon abweichend einen sog. Nachtrunk geltend, obliegt es zunächst ihm, die näheren Umstände dieses eher ungewöhnlichen Ablaufs zeitnah durch konkrete Angaben glaubhaft darzulegen. Mangelt es insoweit an substantiierten und schlüssigen Darlegungen, ist der geltend gemachte Nachtrunk als unglaubhafte Schutzbehauptung anzusehen, ohne dass es auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung ankommt. Auch bedarf es keines Gegenbeweises der Fahrerlaubnisbehörde.
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