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Rotes Ampellicht überfahren - Stoppschild - grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls - grobe Fahrlässigkeit
Rotes Ampellicht und grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls
Gliederung:
Einleitung:
Das Missachten einer Rotlicht abstrahlenden Ampel stellt einen der am schwersten wiegenden Verkehrsverstöße dar und führt gem. § 81 Abs. 2 VVG in der Regel zu einer Kürzung der Leistung des Versicherers in der Fahrzeugversicherung - im Extremfall auch zum völligen Wegfall.
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Allgemeines:
Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung
Die grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls in der Voll- oder Teilkaskoversicherung
BGH v. 29.01.2003:
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem das Nichtbeachten des Rotlichts einer Verkehrsampel stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen ist. Aus der Entscheidung BGH, 8. Juli 1992, IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147 ergibt sich nichts anderes.
OLG Düsseldorf v. 18.11.2008:
Der Fahrer eines gemieteten PKW, der nicht selbst Mieter ist, genießt bei im Mietvertrag vereinbarter Haftungsbefreiung den üblichen Schutz einer Fahrzeugkaskoversicherung, wenn er berechtigter Fahrer im Sinne dieser Versicherung ist. Ein solcher Fahrer haftet dem Vermieter für die Folgen eines Rotlichtverstoßes, wenn nicht besondere Umstände sein Verhalten als nicht grob fahrlässig erscheinen lassen..
LG Essen v. 05.02.2010:
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem die Missachtung des roten Ampellichts stets als grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls anzusehen ist. Vielmehr obliegt es der tatrichterlichen Würdigung, ob die Fahrlässigkeit als einfach oder grob zu bewerten ist.
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Rotlicht:
BGH v. 08.07.1992:
Ein Augenblicksversagen ist allein noch kein Grund, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind.
OLG Frankfurt am Main v. 21.10.1999:
Ein grob fahrlässiger Rotlichtverstoß liegt auch dann vor, wenn ein ortsunkundiger auf einer Geradeausspur befindlicher Versicherungsnehmer bei Rotlicht zwar zunächst angehalten hat, dann aber in der irrigen Annahme angefahren ist, die für den Rechtsabbiegeverkehr auf Grün umgesprungene Ampel gelte auch für ihn.
OLG Koblenz v. 17.10.2003:
Bei einem Rotlichtverstoß können subjektive Besonderheiten im Einzelfall von dem schweren Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entlasten Zu solchen Einzelheiten können neben dem Heranfahren, Anhalten und Wiederanfahren bei Rotlicht aufgrund Fehldeutung eines im Blickfeld des Fahrers liegenden optischen Signals auch die Fehlreaktion aufgrund eines akustischen Signals - Hupen eins anderen Fahrzeugs - gehören.
OLG Hamm v. 08.09.2004:
Bei einem Rotlichtverstoß kann der Vorwurf des subjektiv grob fahrlässigen Verhaltens entfallen, wenn der vor der Ampel wartende VN geltend macht, wegen seiner im Sterben liegenden Mutter in Gedanken versunken und durch ein Hupen aufgeschreckt und zum Losfahren veranlaßt worden zu sein.
OLG Hamburg v. 17.11.2004:
Es liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn ein Kfz-Führer bei einer mehrspurigen Kreuzung mit mehreren Lichtzeichen einen Rotlichtverstoß begeht, da eine derart komplexe Situation einen sorgfältigen Autofahrer zu erhöhter Vorsicht veranlassen muss.
KG Berlin v. 21.02.2006:
Das zu frühe Losfahren bei Rot ist grobfahrlässig. Es gibt keine Regel, dass ein Rotlichtverstoß bereits deshalb als nur einfach fahrlässig bewertet werden muss, weil der Verkehrsteilnehmer zunächst bei rotem Ampellicht angehalten hatte und dann aufgrund der vorangegangenen Kommunikation mit einem anderen Verkehrsteilnehmer unaufmerksam war und zu früh losgefahren ist.
OLG Celle v. 25.07.2006:
Auf ein "Phantomgrün" einer bei Sonneneinstrahlung Rotlicht abstrahlenden Ampel kann sich der Fahrzeugführer nicht berufen, wenn sich an der Kreuzung seitlich noch eine weitere Ampel befindet, bei der wegen einer Sonnenblende das Rotlicht zu sehen ist. Das Übersehen des Rotlichts ist grobfahrlässig.
OLG Köln v. 27.02.2007:
Es gibt keinen Grundsatz, nach dem das Nichtbeachten des Rotlichts stets als grob fahrlässige Herbeiführung anzusehen ist. Aus einem objektiv groben Pflichtverstoß kann nicht regelhaft auf die subjektive Unentschuldbarkeit geschlossen werden. Zulässig ist es jedoch, vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit zu schließen.
LG Münster v. 20.08.2009:
Unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer einfach aus Unachtsamkeit das Rotlicht übersehen hat oder ob er aufgrund der Blendung durch die Sonne bei unsicherer Lichtzeichenregelung unvorsichtig in den Kreuzungsbereich hineingefahren ist, ist die Schwere der groben Fahrlässigkeit jedenfalls so hoch zu bewerten, dass eine mindestens 50- %-ige Leistungsfreiheit sachgerecht ist. Damit wird berücksichtigt, dass das Missachten des Rotlichts im Straßenverkehr einen besonders gravierenden Pflichtverstoß darstellt und jegliche Unachtsamkeit in diesem Bereich als besonders schwerwiegend anzusehen ist.
LG Essen v. 05.02.2010:
Eine mehrspurige Kreuzung mit mehreren Lichtzeichen erfordert eine erhöhte Vorsicht des Autofahrers im Hinblick darauf, welches der Lichtzeichen für ihn gilt. Insofern verhält sich ein Autofahrer, der zudem durch ein Gespräch abgelenkt war, grob fahrlässig, wenn er sich vor dem Einfahren in die Kreuzung nicht durch einen Blick auf die Lichtzeichenanlage darüber vergewissert hat, das diese für ihn Grünlicht zeigt.
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Stoppschild:
Stoppschild und grobfahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls
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