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"Worauf die Erstrichterin ihre Überzeugungsbildung hinsichtlich der Tinnitus-Verschlechterung gestützt hat, hat sie nach umfangreicher Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung der gutachterlichen Äußerungen sowie der schriftlichen Angaben des behandelnden HNO-Arztes ... in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt. Allein die Tatsache, dass es zur Feststellung einer Tinnitusverstärkung kein objektives Untersuchungsverfahren gibt, schließt nicht aus, dass das Gericht insoweit aus den Angaben der Geschädigten und aus deren Verhalten nach dem Unfallereignis Schlüsse zieht und darauf eine entsprechende Überzeugungsbildung stützt.
Die Erstrichterin hat insbesondere ausgeführt, warum sie den Angaben der Gutachterin ... Gutachten vom 29. Juli 2008 insoweit nicht gefolgt ist, als die Gutachterin dort ausführte, dass aufgrund der bestehenden zeitlichen Latenz eine Verstärkung des Ohrgeräusches auf der linken Seite nicht wahrscheinlich sei. Denn insoweit ging die Gutachterin von falschen zeitlichen Voraussetzungen aus, da die Klägerin nicht erst nach 8 Monaten, sondern bereits 6 Tage nach, dem Unfallereignis einen HNO-Arzt aufsuchte und dort über eine Tinnitus-Verschlimmerung berichtete, wie der behandelnde HNO-Arzt ... angab. Unter Berücksichtigung dieser veränderten Voraussetzungen hat die Sachverständige ... im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung ihre ursprünglichen Angaben relativiert und ausgeführt, dass es durchaus möglich sei, dass sich allein durch den unfallbedingten Stress eine Tinnitus-Verletzung/-verstärkung ergeben hat. Ein objektives Untersuchungsverfahren für die Tinnitus-Verstärkung gebe es nicht. Im Rahmen ihrer davon abweichenden Beurteilung im Gutachten sei für sie entscheidend gewesen, dass die Klägerin keine zeitnahe Therapie durchgeführt habe. Die Beweiswürdigung der Erstrichterin ist aus berufungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Aufgrund der Beweiserhebung gelangte sie nachvollziehbar zu der Überzeugung, dass zwar keine Verschlechterung des Hörvermögens eingetreten sei, ebenso wenig die weiteren Beeinträchtigungen/die erst durch die Zunahme des Ohrgeräuschs verursacht worden sein sollen, wie Schlafstörungen und Schwank- und Drehschwindelbeschwerden, wohl aber eine linksseitige Verstärkung des Tinnitus. Insoweit stützte sie sich auf die Angaben der Sachverständigen unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen des unmittelbar nach dem Unfall aufgesuchten HNO-Arztes ... und den Angaben der Klägerin selbst. Da es kein objektives Untersuchungsverfahren gibt, eine Tinnitus-Verstärkung auch ohne Hinzutreten einer Kopf- oder HWS-Verletzung ausgelöst werden könne und sich die Klägerin bereits kurze Zeit nach dem Unfall in fachärztliche Behandlung begab, ist sie in nicht zu beanstandender Weise nach Erhebung sämtlicher in Betracht kommender Beweise zu der Überzeugung gelangt, dass eine Tinnitus-Verstärkung eingetreten ist. Aus der Tatsache, dass sich die weiteren Beschwerden nicht erweisen ließen, folgt nicht zwangsläufig, dass die Angaben der Klägerin bzgl. der Tinnitus-Verstärkung unzutreffend sind. Diese können schon allein aufgrund der psychischen Belastung durch den Unfall ausgelöst worden sein. Der Schädiger hat auch für solche Unfallfolgen einzustehen, die allein aufgrund einer individuellen seelischen Reaktion bedingt sind.
Auch der Umstand, dass die Klägerin während ihres Krankenhausaufenthaltes vom 15. März bis 21. März 2001 nicht über eine Tinnitus-Verstärkung klagte, steht dem nicht entgegen. Es ist nachvollziehbar und lebensnah, dass damals für die Klägerin andere Probleme im Vordergrund standen."
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