Das Verkehrslexikon

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Bedingter Vorsatz - dolus eventualis

Bedingter Vorsatz - dolus eventualis




Gliederung:


   Einleitung
Weiterführende Links
Allgemeines
Mordmerkmal Verdeckungsabsicht

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Einleitung:


In fast allen Gebieten des Straßenverkehrsrechts im weitesten Sinn, in denen für die Auslösung bestimmter Rechtsfolgen die Feststellung vorsätzlichen Handelns erforderlich ist, genügt auch die Feststellung, dass die entsprechende tatbestandliche Handlung bedingt vorsätzlich vorgenommen wurde.


Wichtig ist in diesem Zusammenhang die scharfe Trennung von bewusster Fahrlässigkeit von der Rechtsfigur des bedingten Vorsatzes. Man kann hierfür folgende "Faustformel" verwenden:

   Bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter zwar mit dem Eintritt eines bestimmten Erfolges rechnet, jedoch hofft, dieser Erfolg werde nicht eintreten.

Bedingter Vorsatz liegt hingegen vor, wenn der Täter nicht nur mit dem Eintritt eines bestimmten Erfolges rechnet, sondern diesen Erfolg billigend in Kauf nimmt.

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Weiterführende Links:


Stichwörter zum Thema Verkehrsstrafsachen

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Allgemeines:


BGH v. 15.12.1967:
Mit Gefährdungsvorsatz im Sinne von StGB § 315b handelt, wer die Umstände kennt, welche die Schädigung eines der in StGB § 315b Abs 1 bezeichneten Rechtsgüter als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und den Eintritt der Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nimmt.

OLG Köln v. 03.05.2011:
Für den subjektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB ist Vorsatz erforderlich, wobei bedingter genügt. Dieser muss sich auch darauf erstrecken, dass es zu einem Unfall i.S.d. § 142 StGB gekommen ist. Der Täter muss erkannt oder wenigstens mit der Möglichkeit gerechnet haben, dass ein nicht ganz unerheblicher Schaden entstanden ist. Es reicht daher nicht aus, dass der Angeklagte die Entstehung eines nicht unerheblichen Schadens hätte erkennen können und müssen, denn damit ist nur Fahrlässigkeit erwiesen. Allerdings schließt das Nichterkennen eines (Fremd-)Schadens infolge nachlässiger Nachschau die Annahme bedingten Vorsatzes nicht zwingend aus. Es können Umstände (z.B. heftiger Anprall, Schaden am eigenen Fahrzeug u.a.) vorliegen, die beim Täter trotz eines solchen Nichterkennens die Vorstellung begründen, es sei möglicherweise ein nicht ganz unerheblicher Schaden entstanden. Solche Umstände bedürfen dann aber eingehender Darlegung und Würdigung im tatgerichtlichen Urteil, um dem Revisionsgericht die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die aus ihnen gezogene Schlussfolgerung auf bedingten Vorsatz des Täters frei von Rechtsfehlern ist.

OLG Nürnberg v. 02.08.2013:
Der Haftpflichtversicherer ist im Verhältnis zum Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer vorsätzlich und widerrechtlich den Schaden des Dritten herbeigeführt hat (§ 103 VVG). Vorsatz - auch im Sinne des § 103 VVG - bedeutet das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs; der Handelnde muss also den rechtswidrigen Erfolg seines Verhaltens voraussehen und trotzdem den Willen haben, sich entsprechend zu verhalten; zum Vorsatz gehört auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Tat; bedingter Vorsatz genügt. Die Beweislast hierfür liegt beim Versicherer.




BGH v. 01.03.2018:
Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivation und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände - insbesondere die konkrete Angriffsweise - mit in Betracht zieht.

25.04.2019:
Bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit unterscheiden sich darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und auf deren Ausbleiben vertraut, während der bedingt vorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des schädlichen Erfolges um des erstrebten Zieles willen billigend in Kauf nimmt oder sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet. Dabei kann schon eine Gleichgültigkeit gegenüber dem zwar nicht angestrebten, wohl aber hingenommenen Tod des Opfers die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes rechtfertigen.

BGH v. 06.08.2019:
  1.  Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt - Wissenselement - und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein - Willenselement. Beide Elemente sind umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen.

  2.  Bei riskanten Verhaltensweisen im Straßenverkehr, die nicht von vornherein auf die Verletzung einer anderen Person oder die Herbeiführung eines Unfalls angelegt sind, ist zu beachten, dass eine vom Täter als solche erkannte Eigengefährdung dafür sprechen kann, dass er auf einen guten Ausgang vertraut hat

BGH v. 24.03.2021:
  1.  Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement).

  2.  Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und er ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.


BGH v. 03.08.2023:
Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Erfolg als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit dem Eintritt des Erfolges abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Elemente im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend zu prüfen und durch tatsächliche Feststellungen zu belegen.

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Mordmerkmal Verdeckungsabsicht:


BGH v. 29.01.2020:
Verdeckungsabsicht und bedingter Tötungsvorsatz schließen einander nicht grundsätzlich aus, sondern können auch zusammen bestehen. So ist Verdeckungsabsicht etwa anzunehmen, wenn der Täter durch die Vornahme seiner Verdeckunghandlung vorsätzlich eine Person zu Tode bringt, von der ihm - wie er weiß - überhaupt keine Entdeckung droht.Geht der Täter dagegen davon aus, dass nur der Tod des Opfers zur Vortatverdeckung führt, können Verdeckungsabsicht und lediglich bedingter TötStichwörter zum Thema Verkehrsstrafsachenungsvorsatz nicht nebeneinander angenommen werden. Hiervon wird in der Regel auszugehen sein, wenn das Opfer den Täter kennt und er deshalb befürchtet, durch dessen Angaben überführt zu werden, falls es überlebt.

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