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Fahrtenbuch-Auflage: nötiger Ermittlungsumfang

Fahrtenbuch-Auflage: Erforderlicher Ermittlungsaufwand




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Stichwörter zum Thema Fahrtenbuch

Fahrtenbuch allgemein

Zeugnisverweigerungsrecht und Fahrtenbuchauflage

Mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers und Fahrtenbuchauflage

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Allgemeines:


OVG Lüneburg v. 08.11.2004:
Zum Umfang der Ermittlungspflicht im Ordnungswidrigkeitenverfahren, wenn in einem Geschäftsbetrieb ein Geschäftsfahrzeug von mehreren Betriebsangehörigen benutzt wird und die Betriebsleitung keine organisatorischen Vorkehrungen zur Feststellung des verantwortlichen Fahrers getroffen hat.

OVG Berlin v. 14.06.2005:
Die Polizei muss bei der Ermittlung des als Täter in Betracht kommenden Fahrzeugführers in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen treffen, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, können sich auch an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben.

VG Braunschweig v. 21.07.2006:
Zur Notwendigkeit weiterer Ermittlungen, wenn der Halter nach einer durch ein Radargerät dokumentierten Geschwindigkeitsüberschreitung im Verfahren auf Anordnung eines Fahrtenbuchs die Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung bestreitet und zur Pflicht des Halters, den das Fahrzeug nutzenden Personenkreis zu bezeichnen.

OVG Lüneburg v. 31.10.2006:
Lehnt der Fahrzeughalter erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters daran, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich zur Sache nicht äußern zu wollen. Der Behörde werden in diesen Fällen weitere Ermittlungsversuche, die über die Anhörung des Fahrzeughalters hinausgehen, grundsätzlich nicht zugemutet.

OVG Saarlouis v. 07.05.2008:
Durch die Fahrtenbuchauflage soll - auch - der Gefahr weiterer Verkehrsverstöße mit dem betreffenden Fahrzeug begegnet werden. Für den Umfang der im Einzelfall gebotenen Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer ist das Aussageverhalten des Fahrzeughalters von maßgeblicher Bedeutung. Ohne konkrete Anhaltspunkte sind Ermittlungen im Familienkreis des Halters nicht erfolgversprechend.

VG Oldenburg v. 01.10.2008:
Die Fahrerfeststellung war nicht unmöglich, wenn ein Ermittlungsbeamter der Bußgeldbehörde beim Halter einen Verdächtigen angetroffen hat, der der Person des Fahrers auf einem deutlichen Beweisfoto ähnelt, und der Beamte dennoch nicht die Personalien dieses Verdächtigen festgestellt oder sonstige Ermittlungsschritte gegen ihn unternommen hat.

VG Gelsenkirchen v. 18.01.2010:
„Unmöglichkeit“ der Fahrerermittlung im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist anzunehmen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen Maßnahmen ergriffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben. Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit der Behörde dürfen sich an den Erklärungen des Fahrzeughalters ausrichten. Der Grund für die Unmöglichkeit ist unerheblich, solange nicht ein Ermittlungsdefizit der Behörde ursächlich gewesen ist.

VGH Kassel v. 10.04.2014:
Hat die Bußgeldstelle Zweifel, ob ein verdächtigter Kfz-Führer Täter einer Verkehrsordnungswidrigkeit ist, dann muss sie im Rahmen der notwendigen Ermittlungen den Kfz-Halter als Zeugen hören, bevor sie davon ausgehen kann, dass der Fahrzeugführer nicht ermittelt und deshalb eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden kann.

OVG Saarlouis v. 04.05.2015:
Zum Einwand des - sich nach Ablauf der Verfolgungsverjährung als Fahrer zu erkennen gebenden - Fahrzeughalters, dass das Fahrerfoto ihn eindeutig als Fahrer des Fahrzeugs erkennen lasse und die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers daher auch ohne seine Mitwirkung möglich gewesen sei.

VG Oldenburg v. 08.06.2015:
Sendet eine Firma als Halterin des Geschäftsfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, den ihr als Zeugin übersandten Fragebogen nicht an die Ermittlungsbehörde zurück, so wirkt sie im Bußgeldverfahren nicht wie erforderlich an der Fahrerermittlung mit. Daher braucht die Ermittlungsbehörde in der Regel keine weiteren eigenen Schritte zur Fahrerermittlung zu unternehmen.

VGH Mannheim v. 08.09.2015:
Für die Beurteilung, welche Maßnahmen nach der konkreten Sachlage für die Ermittlung des Fahrzeugführers nötig und möglich, aber auch angemessen und zumutbar sind, kommt es entscheidend auf die Ex-ante-Sicht der zuständigen (Bußgeld-)Behörde an. - Steht der Kfz-Halter unter Betreuung, so führt dies nicht zu einer gesteigerten Ermittlungspflicht, wenn die zuständige (Bußgeld-)Behörde von der Betreuung keine Kenntnis hatte.

VGH München v. 25.01.2016:
Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab. Die Behörde hat in sachgemäßem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen zu treffen, die in gleich gelagerten Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen. Verweigert der Fahrzeughalter seine Mitwirkung bei der Ermittlung des Fahrzeugführers, sind weitere Ermittlungen in der Regel nicht zumutbar.



VGH München v. 18.02.2016:
Auch dann, wenn der Fahrzeughalter seiner Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich der Fahrerfeststellung nicht nachkommt, muss die Verfolgungsbehörde naheliegende und mit wenig Aufwand realisierbare Ermittlungen zur Fahrerfeststellung durchführen und dokumentieren.

VGH Münster v. 07.02.2017:
Bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte kann die Bußgeldbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass die im Fahrzeugregister eingetragene Person auch tatsächlich der Halter ist, und sich auf die Anhörung dieser Person beschränken. Sie ist nicht verpflichtet, die Haltereigenschaft des Zulassungsinhabers von Amts wegen infrage zu stellen und entsprechende Aufklärungsmaßnahmen vorzunehmen.

AG Tübingen v. 27.03.2020:
Benennt der Halter einen Fahrzeugführer mit Wohnsitz im Ausland, ist dies allein noch kein Grund, um von unangemessenem Aufwand auszugehen. Dies ist vielmehr im Einzelfall abzuwägen (so auch VG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2015 - 6 K 7123/13 - DAR 2016, 220). In die Abwägung fließt dabei nicht nur ein, wie erfolgversprechend eine Anhörung und Täterermittlung im Ausland ist, sondern auch, wie schwer der Verstoß wiegt und welche Folgen den Halter treffen.

VG Gelsenkirchen v. 04.01.2021:
  1.  Die Behörden sind nicht gehalten, bestimmte Ermittlungsmethoden anzuwenden, insbesondere den Täter eines Verkehrsverstoßes (etwa durch Anhalteposten) auf frischer Tat zu stellen. Zu den angemessenen Maßnahmen gehört jedoch grundsätzlich, dass der Halter möglichst umgehend, im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann.

  2.  Die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrers im Tatzeitpunkt beruht nicht auf einem Ermittlungsdefizit der Behörde, wenn der Halter geltend macht, sich im einzelnen nicht erinnern zu können. da er sein Motorrad mehrfach zu Probefahrten wegen eines beabsichtigten Verkaufs verliehen zu haben. Es hätte dem Halter obgelegen, einen höheren Sorgfaltsmaßstab an die Dokumentation der mit dem auf ihn als Halter zugelassenen Fahrzeug durchgeführten Fahrten obwalten zu lassen.

AG Tübingen v. 03.04.2020:
Gibt der Halter eines Fahrzeugs in der Anhörung wegen eines Parkverstoßes den Namen eines Fahrzeugführers auch ohne weitere persönliche Daten an, sind der Verwaltungsbehörde zumindest einfache Nachforschungen zumutbar, um den Fahrzeugführer zu ermitteln.

OVG Lüneburg v. 14.04.2021:
Es hängt unter anderem von dem - sei es auch durch überobligatorische Anstrengungen - erreichten Zwischenstand der Ermittlungen zur Identifikation des Fahrzeugführers ab, ob daraufhin in Betracht zu ziehende weitere Ermittlungen der Verfolgungsbehörde im Bußgeldverfahren ihrerseits (noch) überobligatorisch wären.

VGH Kassel v. 28.07.2021:
Die Fahrerlaubnisbehörde ist zu weiteren Ermittlungen nicht verpflichtet, wenn der Fahrzeughalter bei seiner Anhörung zu einer beabsichtigten Fahrtenbuchauflage nur vage Angaben zu einem in Frage kommenden großen Personenkreis macht und es deshalb an hinreichend konkreten Beweisanzeichen fehlt, die auf die Person des Fahrzeugführers hindeuten.
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