Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OWi-Urteil ohne Gründe

Urteil in OWi-Sachen - Fehlende oder nachträgliche Urteilsgründe




Gliederung:


-   Weiterführende Links
-   Allgemeines



Weiterführende Links:


Bußgeldverfahren / Ordnungswidrigkeitenverfahren

Die Hauptverhandlung im Ordnungswidrigkeitenverfahren

Abweichen vom Regelfahrverbot

Die Beweiswürdigung in Straf- und Bußgeldsachen

Einlassungen des Betroffenen

Geschwindigkeitsschätzungen

- nach oben -




Allgemeines:


OLG Brandenburg v. 14.01.2009:
Allein die Tatsache, dass das Amtsgericht von einer Begründung des Urteils in einer Bußgeldsache abgesehen hat, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, führt noch nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Vielmehr muss auch in einem solchen Fall die Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen, nach denen die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist. Die Ansicht, dass bei Fehlen der Urteilsgründe die Rechtsbeschwerde stets zuzulassen sei, da die Zulassungsvoraussetzungen nur an Hand der Urteilsgründe überprüft werden könnten, ist unzutreffend.

OLG Celle v. 30.08.2011:
Übersendet das Amtsgericht vor Absetzen der Urteilsgründe den Vorgang mit dem die Urteilsformel enthaltenen Protokoll über die Hauptverhandlung der Staatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf § 41 StPO, ist darin eine bewirkte Zustellung des Urteils und nicht eine bloße Bitte um Voraberklärung über die Absicht, ein Rechtsmittel einzulegen, zu sehen. Eine nachträgliche Ergänzung des Urteils nach § 77b OWiG ist ausgeschlossen, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits Rechtsbeschwerde durch den Betroffenen erhoben worden ist.

OLG Brandenburg v. 17.11.2011:
Wird ein nicht mit Gründen versehenes Urteil in einer Bußgeldsache der Staatsanwaltschaft gemäß § 41 StPO zugestellt, obwohl die Voraussetzungen des § 77b Abs. 1 OWiG nicht vorgelegen haben, ist eine nachträgliche Ergänzung auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nicht mehr möglich.

OLG Brandenburg v. 21.11.2011:
Allein die Tatsache, dass das Amtsgericht von einer Urteilsbegründung abgesehen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 77b OWiG nicht vorliegen, führt noch nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde; auch in solchen Fällen ist die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des § 80 OWiG erforderlich. Die bei Nichtvorliegen von Urteilsgründen lediglich nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde geboten sein kann, ersetzt nicht die Voraussetzungen des § 80 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG.

OLG Oldenburg v. 10.04.2012:
Ist der Staatsanwaltschaft das Hauptverhandlungsprotokoll mit der Urteilsformel gem. § 41 StPO zugestellt worden, ist die Nachholung der Urteilsgründe - nach Einlegung eines Rechtsmittels durch den Betroffenen - nicht mehr zulässig.

OLG Hamm v. 04.06.2012:
Die Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch setzt voraus, dass die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen zur Tat eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden. Daraus folgt, dass die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam ist, wenn die angefochtene Entscheidung überhaupt keine für das Rechtsmittelgericht beachtlichen Gründe und damit auch keine für das Rechtsmittelgericht beachtlichen Feststellungen enthält.

OLG Hamm v. 04.12.2012:
Ein Urteil, das keine für das Rechtsbeschwerdegericht beachtlichen Gründe enthält, ist auf die Sachrüge hin aufzuheben.

OLG Hamm v. 04.12.2012:
Sobald ein alle erforderlichen Bestandteile (mit Ausnahme der Gründe) enthaltendes Urteil in einer Bußgeldsache - ein solches Urteil kann im Hauptverhandlungsprotokoll enthalten sein - im Wege der Zustellung aus dem inneren Dienstbereich des Gerichtes herausgegeben worden ist, darf es - auch innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist - nicht mehr verändert und damit auch nicht mehr um Urteilsgründe ergänzt werden, es sei denn, die nachträgliche Urteilsbegründung ist ausnahmsweise (namentlich nach § 77b Abs. 2 OWiG) zulässig.

OLG Hamm v. 10.01.2013:
Enthält ein Urteil keine Gründe, ist es bereits deshalb auf die Sachrüge hin aufzuheben. Dem völligen Fehlen von Urteilsgründen ist der Fall gleichzustellen, dass sich bei den Akten zwar eine schriftliche Urteilsbegründung befindet, diese aber keine einzige richterliche Unterschrift trägt, weil in dieser Konstellation der Sache nach lediglich ein Begründungsentwurf und keine endgültig fertiggestellte Urteilsbegründung vorliegt. Die fehlenden Unterschriften können nach dem Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist auch nicht mehr nachgeholt werden.

OLG Hamm v. 10.01.2013:
Die Unzulässigkeit der Nachholung von Urteilsgründen setzt das tatsächliche Vorliegen eines schriftlichen und mithin auch unterzeichneten abgekürzten Urteils sowie dessen willentliche Bekanntgabe an einen Verfahrensbeteiligten, einhergehend mit der daraus ersichtlichen bewussten Entscheidung für die Hinausgabe einer nicht mit Gründen versehenen Urteilsfassung voraus. Die abschließende Unterzeichnung des Hauptverhandlungsprotokolls, welche den Urteilstenor enthält, rechtfertigt angesichts der nach § 271 Abs. 1 Satz 1 StPO gegebenen Verpflichtung zur Unterzeichnung des Hauptverhandlungsprotokolls nicht die Schlussfolgerung, der erkennende (Einzel-)Richter wolle ein abgekürztes Urteil ausfertigen.

BGH v. 08.05.2013:
Im Bußgeldverfahren dürfen die Urteilsgründe auch dann innerhalb der Frist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO zu den Akten gebracht werden, wenn der Staatsanwaltschaft, die an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, auf Veranlassung des Richters zunächst ein von diesem unterzeichnetes Hauptverhandlungsprotokoll, das bereits alle nach § 275 Abs. 3 StPO erforderlichen Angaben enthält und dem ein ebenfalls durch den Richter unterzeichnetes Urteilsformular mit vollständigem Tenor und der Liste der angewandten Vorschriften als Anlage beigefügt ist, mit der Bitte um Kenntnisnahme vom Protokoll der Hauptverhandlung sowie der Anfrage zugeleitet worden ist, ob auf Rechtsmittel verzichtet werde, und der Betroffene, dessen Verzichtserklärung nicht gemäß § 77b Abs. 1 Satz 3 OWiG entbehrlich war, nachfolgend Rechtsbeschwerde eingelegt hat.

OLG Brandenburg v. 17.03.2020:
Das Fehlen von Gründen in einem Strafurteil zwingt in der Regel schon zur Urteilsaufhebung auf die Sachrüge hin (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 338 Rn. 52 m. w. N.). Auch ein Bußgeldurteil ist beim unzulässigen Fehlen von Urteilsgründen in der Regel schon auf die zulässig erhobene Sachrüge hin aufzuheben, weil dem Rechtsbeschwerdegericht in diesem Fall eine Nachprüfung auf sachlich-rechtliche Fehler nicht möglich ist (vgl. OLG Saarbrücken aaO. m.w.N.; OLG Celle NZV 2012, 45 ff.; OLG Bamberg, Beschluss vom 10.11.2011 - 3 Ss OWi 1444/11) . Ebenso unterliegt ein nach § 72 OWiG ergangener Beschluss beim Fehlen einer Begründung auf eine zulässig erhobene Sachrüge hin der Aufhebung im Rechtsbeschwerdeverfahren, wenn die Voraussetzungen für das Absehen von einer Begründung nach § 72 Abs. 6 Satz 1 OWiG nicht vorlagen, etwa weil - wie hier - nicht alle Verfahrensbeteiligten hierauf verzichtet haben.

- nach oben -



Datenschutz    Impressum